9009/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.09.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

Beschreibung: Logo-solo

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0207-III/4a/2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 6. September 2011

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9123/J-NR/2011 betreffend der skandalösen Vorgänge im Theater der Jugend, die die Abg. Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen am 8. Juli 2011 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Erkundung von persönlichen Meinungen nicht vom parlamentarischen Anfragerecht umfasst ist. Es steht jedoch außer Frage, dass es sich bei dem im Theater der Jugend zur Aufführung gelangten Theaterstück „Wir pfeifen auf den Gurken­könig“ – ein Stück namens „Warten auf den Gurgenkönig“ ist im Übrigen nicht bekannt – um die Arbeit von international anerkannten Künstlerinnen und Künstlern und damit um ein Kunstwerk handelt, für das der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Freiheit der Kunst anzu­wenden ist.


Die literarische Vorlage stammt von Christine Nöstlinger, einer der wichtigsten Autorinnen unseres Landes, ausgezeichnet mit dem Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis, quasi dem „Nobelpreis für Kinderliteratur“. Für die Bearbeitung und Regie zeichnete die aus Innsbruck stammende Susanne Lietzow verantwortlich, die sich bei der Umsetzung der Geschichte des künstlerischen Mittels der Überhöhung sowohl in der Figurenzeichnung wie in der Sprache bedient.

 

Zu Fragen 2 bis 4:

Das Theater der Jugend hat seit mehr als 70 Jahren Generationen von Theaterpublikum heran­gezogen und zählt somit zu den ältesten Institutionen, die sich professionell unter Einbeziehung von Schulen und Pädagoginnen und Pädagogen mit Kunstvermittlung an Kinder und Jugend­liche befassen. Der seit 2002 tätige Direktor Thomas Birkmeir verfolgt mit seinen Produktionen die Intention, wichtige, für die Jugend brisante Themen auf der Bühne zur Diskussion zu stellen und ihr dabei auch gleichzeitig Theater als lebendige und unverändert faszinierende künstlerische Ausdrucksform zu vermitteln.

 

Auch in der Spielzeit 2010/2011 bewies das Theater der Jugend mit Produktionen wie „Die 39 Stufen“ oder „Cymbelin“ seine herausragende künstlerische Qualität. Künstlerische Arbeit bedeutet immer auch Herausforderung und es gibt kein Theater, das ausschließlich Produk­tionen anbietet, die jedermann gefallen. Inhaltliche Zugänge und Geschmack sind sehr indivi­duelle Erfahrungen, auch diese Geschmacks- und Meinungsbildung können Kinder und Jugend­liche bei ihrem Theaterbesuch lernen.

 

Darüber hinaus bietet das Theater der Jugend theaterinteressierten Kindern und Jugendlichen eine Vielzahl von Möglichkeiten, Theaterluft zu schnuppern und spannende Erfahrungen vor, auf und hinter der Bühne zu sammeln. Jährlich arbeiten Theaterpädagoginnen und -pädagogen mit über 50 Schulen in und um Wien zusammen, damit die rund 2.300 Kinder das Theater sowohl theoretisch als auch praktisch kennen lernen.

 

Neben zahlreichen theaterpädagogischen Vor- und Nachbereitungen zu den Stücken des Theaters der Jugend bieten die Theaterpädagoginnen und -pädagogen Theaterklubs in Schulen an. Dabei werden in einem zweimonatigen Spielprozess gemeinsam mit der Klasse zu einer Thematik Szenen erfunden und improvisiert und diese am Ende der Probenzeit als Performance vor Publikum präsentiert.

 

Die Bühnenführung ist ein spezielles Angebot, das den Zuschauerinnen und Zuschauern beim Blick hinter die Kulissen so manches Theatergeheimnis verrät. Die Kinder und Jugendlichen dürfen sich mit Bart und Perücke maskiert verwandeln und auf der Bühne im grellen Scheinwerferlicht sonnen. Der Probenbesuch bietet dem Publikum die Möglichkeit, das Stück noch während des Probenprozesses zu sehen. In der Kostümwerkstätte werden die einzelnen Produktionsschritte beobachtet und natürlich darf ein Anprobieren von diversen kuriosen Kostümen nicht fehlen.


Für alle theaterbegeisterten Kinder, die es genießen, in fremde Rollen zu schlüpfen, sind die Theaterklubs genau das Richtige. In verschiedene Altersgruppen eingeteilt machen sich die Spielerinnen und Spieler der Theaterklubs auf eine Reise: ein- bis zweimal pro Woche wird geprobt, gespielt und improvisiert. Jede bzw. jeder wird eingeladen, an der Entstehung einer eigenen Geschichte mitzuwirken, um diese schlussendlich vor großem Publikum auf die Bühne des Theaters im Zentrum zu bringen.

 

Angesichts dieses Leistungsumfanges und der Bedeutung dieser Einrichtung erachte ich die jährliche Förderung des Theaters der Jugend für gerechtfertigt.

 

Zu Fragen 5 bis 7:

Die Verantwortlichen des Theaters der Jugend sind stets bemüht, die Produktionen dem Alter entsprechend einzustufen. Bei dieser sensiblen Tätigkeit steht sowohl bei der Stückauswahl als auch beim inszenatorischen Schaffensprozess ein in den Vereinsstatuten vorgegebener pädagogischer Beirat hilfreich zur Seite – bestehend aus Mitgliedern des Stadtschulrates für Wien bzw. der Landesschulräte für Wien, Niederösterreich und Burgenland sowie Eltern­vertreterinnen und -vertretern als auch Angehörigen des Katholischen Familienverbandes. Diesen Fachleuten sind die Möglichkeiten bekannt, wie Kinder Botschaften dechiffrieren und aufnehmen, nämlich in der Weise, dass sie je nach Erfahrungsstand sehr wohl auch gesell­schaftspolitische Themen und Mechanismen erkennen und verarbeiten können. Da Theater­besuche von Kindern zwischen sechs und 10 Jahren regelmäßig in Begleitung erfolgen, sollte es auch für Erziehungsberechtigte sowie Pädagoginnen und Pädagogen selbstverständlich sein, nach Theateraufführungen spannende Themen in einem gemeinsamen und anregenden Gespräch weiter zu erörtern. Wenn dieses anschließende Miteinander Reden im kleinen Kreis eintritt, hat Kunst ihren Auftrag im besten Sinne erfüllt.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.