901/AB XXIV. GP
Eingelangt am 08.04.2009
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BM für Arbeit , Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau (5-fach)
Präsidentin des Nationalrates
Parlament
1010 Wien
|
GZ: BMASK-10001/0103-I/A/4/2009 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 846/J der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Fragen 1 bis 4:
Hierbei verweise ich auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 1070/J durch das BMVIT vom Februar 2009.
Fragen 5 und 6:
Unter dem Begriff
„Scheinselbständigkeit“ werden üblicherweise
Erwerbstätige
verstanden, die faktisch wie unselbständig Beschäftigte arbeiten,
jedoch nach der gewählten Vertragsform wie Selbständige behandelt
werden. Dieser Begriff findet sich in keinem Gesetz.
Nach der arbeitsrechtlichen Judikatur ist im
konkreten Einzelfall anhand des wahren wirtschaftlichen Gehalts des Vertrags
und der tatsächlich gelebten Vertragspraxis und den in der Judikatur
genannten Kriterien zu prüfen, welcher Vertragstyp tatsächlich
vorliegt. So kann im Zuge eines Verfahrens das zuständige Arbeits- und
Sozialgericht zum Schluss kommen, dass in Wahrheit eben kein freier
Dienstvertrag oder Werkvertrag vorliegt, sondern ein Arbeitsvertrag, mit den
daraus resultierenden
Ansprüchen.
Im Sozialversicherungsrecht stellt § 539a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) ein Mittel dar, das der Umgehung der Sozialversicherungspflicht entgegen wirken soll. Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgeblich. § 539a Abs. 2 ASVG normiert das Verbot, durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Verpflichtung des Gesetzes, insbesondere die Versicherungspflicht, zu umgehen. Nach § 539a Abs. 3 ASVG ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.
Frage 7:
Ich halte den Kollektivvertrag ganz allgemein und auch im Bereich der Postdienstleistungen für das taugliche Instrument zur Regelung von Mindestlöhnen. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass die Kollektivvertragspolitik in der Autonomie der kollektivvertragsfähigen Verbände liegt.
Zur Frage der „Beschäftigungsform“ – womit wieder die schon in den Fragen 5 und 6 dargestellte Umgehung regulärer Beschäftigungsverhältnisse angesprochen ist – verweise ich auf das dazu Ausgeführte. Rechtlich gesehen ist es jederzeit möglich, Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag geltend zu machen, wenn ein solcher in Wahrheit vorliegt.
Fragen 8 bis 11:
Auch bezüglich dieser Fragen muss ich auf die Zuständigkeit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie für Fragen der Regulierung des Post- und Telekommunikationswesens verweisen, in deren Kompetenz daher insbesondere auch die Umsetzung der Richtlinie 2008/6/EG fällt.
Unabhängig von der ressortmäßigen
Zuständigkeit für das Post- und Telekommunikationswesen steht
für diese Personengruppe selbstverständlich das gesamte
Instrumentarium der österreichischen Arbeitmarktpolitik zur
Verfügung, von der konkreten Vermittlungsunterstützung bis zur
hochqualitativen Qualifizierungsförderung für den Umstieg in eine
neue Beschäftigung.
Mit freundlichen Grüßen