9039/AB XXIV. GP
Eingelangt am 08.09.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Ermittlungspannen der Polizei“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Der in der Anfrage geschilderte Fall ist mir erst aufgrund dieser Anfrage bekannt geworden.
Zu 2, 3 und 6:
Nach dem aus Anlass der Anfrage eingeholten Bericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck hat diese die Berichte der Kriminalpolizei geprüft und die erforderlichen und gesetzlich zulässigen Anordnungen getroffen. So wurden von der Staatsanwaltschaft Innsbruck zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen, wie etwa Observationen und Telefonüberwachungen, angeordnet, um den gegen die Beschuldigten bestehenden Verdacht zu klären. Trotz der als sorgfältig, engagiert und aufwändig beschriebenen Ermittlungen war es jedoch nicht möglich, die Beschuldigten bei einer Suchtgiftübernahme auf frischer Tat zu betreten, zumal diese den drohenden Überwachungsmaßnahmen gezielt, etwa durch Abschalten der Mobiltelefone oder durch die Auswahl von schwer oder gar nicht zu observierenden Treffpunkten, entgegenwirkten.
Nach den mir vorliegenden Informationen konnten keine Ermittlungsfehler festgestellt werden. Hier wurde ferner das grundsätzliche Problem schlagend, dass nicht vorhergesehen werden kann, wie Belastungszeugen letztendlich bei ihrer Einvernahme in der Hauptverhandlung aussagen werden.
Zu 4 und 5:
Nach den mir vorliegenden Informationen konnte von der Polizei aufgrund der Ergebnisse der Gesprächsüberwachung das Vereinbaren eines Treffens im Schlosspark Ambras und die Organisation der Geldbeschaffung für den Suchtgiftankauf erhoben werden. Die vor Ort in Stellung gebrachten Polizeibeamten konnten zwar das Betreten und Verlassen des Schlossparks durch die einzelnen Beschuldigten beobachten. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten beim Suchtgiftübergabeort im Schlosspark war es den observierenden Beamten – aufgrund der sonst zu befürchtenden Vernichtung des Suchtgiftes bei Ansichtigwerden der Beamten – jedoch ohne Gefährdung der Überwachung nicht möglich, die Suchtgiftübergabe selbst zu observieren.
Zu 7:
Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Juli 2011 wurde der in der Anfrage genannte Angeklagte auf Basis seiner geständigen Verantwortung wegen Weitergabe von 200 g Cannabisharz verurteilt. Darüber hinaus wurde er aber von der gegen ihn erhobenen Anklage im Zweifel freigesprochen, weil alle drei Belastungszeugen ihre belastenden Angaben vor der Polizei widerriefen und ein Zeuge zudem ausdrücklich erklärte, dass es sich bei dem Angeklagten nicht um den von ihm geschilderten Lieferanten gehandelt habe.
Gerade in Fällen, in denen eine Aussage nicht durch objektive Beweisergebnisse widerlegt oder untermauert werden kann, kommt – vor allem bei so schwerwiegenden Vorwürfen, wie sie in diesem Verfahren zu beurteilen waren – der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes aufgrund des in der Hauptverhandlung persönlich gewonnenen Eindruckes von der Glaubwürdigkeit eines – zudem widersprüchlich aussagenden – Zeugen entscheidende Bedeutung zu. Wenn das Gericht vor dem Hintergrund des konkreten Aussageverhaltens den ursprünglich belastenden Aussagen nicht mehr so viel Glauben schenkt, dass es darauf einen Schuldspruch stützen kann, besteht in einem Schöffenverfahren keine Erfolg versprechende Möglichkeit, diese – nachvollziehbar mit den unbeständigen und widersprüchlichen Aussagen begründbare – Würdigung des Gerichtes zu bekämpfen. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck das Urteil in Rechtskraft erwachsen lassen.
Zu 8:
Die Anzeigenstatistik ist Teil der Polizeilichen Kriminalstatistik und fällt daher in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres. Dem Bundesministerium für Justiz liegen keine Informationen über Anzeigen gegen marokkanische Staatsangehörige in Innsbruck vor.
Zu 9:
Eine Zuordnung von Verurteilungen zu den jeweiligen Anzeigen (sogenannte Verlaufsstatistik) ist technisch nicht möglich. Nicht jede Anzeige bei der Polizei entspricht einem gerichtlichen Strafverfahren. Vielmehr werden einzelne Strafverfahren oftmals in andere einbezogen bzw. einzelne Tathandlungen aus verfahrensökonomischen Gründen selbständig in einem eigenen Verfahren weiterverfolgt.
Das Bundesministerium für Justiz ist allerdings in die derzeitigen Arbeiten des Bundesministeriums für Inneres betreffend Neuaufstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik eingebunden, um die Harmonisierung der beiden Statistiken voranzutreiben.
Die Gerichtliche Kriminalstatistik der Statistik Austria ermöglicht keine gleichzeitige Auswertung nach Staatsangehörigkeit und LG-Sprengel. Die Verurteilungen marokkanischer Staatsangehöriger in Innsbruck können daher nur geschätzt werden.
Laut Gerichtlicher Kriminalstatistik sind österreichweit folgende Verurteilungen gegen marokkanische Staatsangehörige ergangen:
|
Verurteilungen in Österreich |
Verurteilungen gesamt |
Marokkanische Staatsangehörige |
Anteil |
|
2006 |
43.414 |
51 |
0,1% |
|
2007 |
43.158 |
75 |
0,2% |
|
2008 |
38.226 |
86 |
0,2% |
|
2009 |
37.868 |
94 |
0,2% |
|
2010 |
38.394 |
107 |
0,3% |
Die Gerichtliche Kriminalstatistik für das Jahr 2011 liegt noch nicht vor.