9124/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0259-I/A/15/2011

Wien, am 11. November 2011

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 9231/J der Abgeordneten Dr. Franz Josef Huainigg, Kolleginnen und

Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

Einleitend ist festzuhalten, dass zur vorliegenden Anfrage auch eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde, die in den nachstehenden Ausführungen ihre Berücksichtigung findet.

 

Fragen 1 bis 4:

Gemäß aktuellen Informationen der Österreichischen Wachkoma Gesellschaft (www.wachkoma.at) beträgt die Prävalenz (Anzahl der erkrankten Personen) im

Bereich der Wachkoma-Langzeitbetreuung 389 Personen im Jahr 2011. Diese Zahl dürfte sich auf Personen beziehen, die in stationären Einrichtungen (primär des

Sozialbereichs) betreut werden, davon weisen rund 270 Personen das Vollbild der Erkrankung auf.

 

MCS (minimal conscious state)

Darunter: VS (vegetative state)

Burgenland

19

18

Kärnten

18

17

Niederösterreich

90

74

Oberösterreich

50

32

Salzburg

21

18

Steiermark

58

?

Tirol

25

20

Vorarlberg

20

18

Wien

88

72

Österreich

389

269

Quelle: http://www.wachkoma.at/Informationen/Jahrestagung_2011/Donis_Johann_JT2011.pdf, Seite 59 und 61

Die genaue Zahl an Wachkoma-Patient/inn/en in den österreichischen Krankenhäusern und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer dieser Patient/inn/en im Krankenhaus ist dem Bundesministerium für Gesundheit nicht bekannt, da in den dem Bundesministerium zu meldenden Berichten primär die in den Krankenanstalten behandelten Erkrankungen und keine Zustandsbilder gemeldet werden.

 

•   Für das Zustandsbild „Wachkoma“ ist in der Internationalen statistischen Klassifi­kation der Krankheiten (ICD-10) kein eigener eindeutiger Diagnosecode zur Verschlüsselung vorgesehen.

•   Als Entlassungsdiagnosen werden die medizinischen Gründe für den stationären Aufenthalt (z.B. Verletzungen des Kopfes, Hirninfarkte, infektiöse Erkrankungen), die nach dem Diagnosenschlüssel ICD-10 verschlüsselt werden, angegeben, nicht jedoch Zustandsbilder der Patientin/des Patienten erfasst. So können unter­schiedliche medizinische Ursachen das Zustandsbild „Wachkoma“ zur Folge haben, wobei diese medizinischen Erkrankungen nicht automatisch in jedem Fall auch das Vorliegen eines Wachkomas bedeuten.

 

Fragen 5 bis 7:

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hält grundsätzlich fest, dass gemäß § 120 Z 1 ASVG die Krankenversicherungsträger zur Erbringung von Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit, nicht aber für die Pflege zuständig sind. Diese fallen damit in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Selbstverständlich erhalten die Wachkomapatient/inn/en im Krankheitsfall die notwendigen medizinischen Leistungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Die Finanzierung von Leistungen für Komapatient/inn/en unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Leistungsfinanzierung anderer Diagnosegruppen. Ein Anspruch auf die gesetzlich vorgesehenen Leistungen aus der Krankenversicherung besteht, sofern und solange der Versicherungsfall der Krankheit vorliegt (vgl. § 117 Z 2 ASVG).


Bei Pflege zu Hause werden sämtliche Leistungen aus der Krankenversicherung erbracht, wie ärztliche Hilfe, Logo-, Physio- und Ergotherapie, Heilmittel und Heilbehelfe (elektrisches Krankenbett, Beatmungsgerät, Rollstuhl, Patient/inn/enlifter, Orthesen, Inkontinenzversorgung, Sondennahrung etc.) und Hilfsmittel sowie medizinische Hauskrankenpflege. Dies gilt ebenso bei Pflege in Pflegeeinrichtungen, teilweise im Rahmen entsprechender Verträge mit den Ländern als Träger von Pflegeheimen (im Wege von Pauschalvereinbarungen).

 

Detailliertere Zahlenangaben sind nicht möglich, da – wie bereits zu den Fragen 1 bis 4 festgestellt – keine elektronisch auswertbare Diagnosenspeicherung erfolgt.

 

Frage 8:

Stationäre Aufenthalte von Wachkomapatient/inn/en in landesgesundheitsfonds­finanzierten Krankenanstalten werden – wie alle anderen Aufenthalte in solchen Krankenanstalten – im Rahmen des Systems der leistungsorientierten Kranken­anstaltenfinanzierung (LKF) finanziert. Dies umfasst auch Aufenthalte in Einheiten der neurologischen Akut-Nachbehandlung (inkl. Neurorehabilitation) der Stufen B und C. Die zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossene Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens trifft Regelungen über die Finanzierungspartner, welche die größten Anteile an der Finanzierung der Krankenanstalten aufzubringen haben: Es sind dies die Sozialversicherung, der Bund und die Länder. Die seitens der Länder und der Gemeinden darüber hinaus als Rechtsträger oder zur Abdeckung der Betriebsabgänge aufzubringenden Mittel sind durch Landesgesetze geregelt. Daneben gibt es aber auch noch weitere Finanzierungspartner. Dabei sind an erster Stelle die Patientinnen und Patienten zu nennen, die in Form von Selbstbehalten (§ 27a KAKuG oder § 447f ASVG) zur Finanzierung der stationären Aufenthalte beitragen, die privaten Krankenversicherungen, Sozialhilfeträger u.a.m. Da die Finanzierung der Krankenanstalten länderweise unterschiedlich geregelt ist, sind die Anteile der jeweiligen Finanzierungspartner vom Bundesministerium für Gesundheit im Detail nicht darstellbar.

 

Aufenthalte in anderen Krankenanstalten (insbesondere Krankenanstalten der Langzeitversorgung) unterliegen (teilweise auch bundesländerweise) unterschiedlichen Finanzierungsregelungen.

 

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Krankenversicherungsträger für die Versorgung in Krankenanstalten (stationär und ambulant) einen maßgeblichen finanziellen Beitrag durch die Zahlung der Pauschalbeträge zur leistungsorientierten Krankenanstalten-finanzierung (§ 447f ASVG) leisten. Es gibt hier keine Differenzierung zu den anderen stationären Anstaltspflegefällen.


Wie lange für Wachkomapatient/inn/en seitens der gesetzlichen Krankenversicherung Kosten für die stationäre Anstaltspflege übernommen werden, liegt in der Entscheidungsbefugnis der Ärztinnen/Ärzte des medizinischen Dienstes der Kassen, die gemeinsam mit den Anstaltsärzt/inn/en das Ende der Behandlungsbedürftigkeit der

Patient/inn/en festzustellen haben. § 144 Abs. 3 ASVG normiert, dass Anstaltspflege oder die medizinische Hauskrankenpflege, welche nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist, nicht gewährt wird. Für diese sogenannten „Procuratio-Fälle“ wird sodann der Sozialhilfeträger (beispielsweise in Wien der Fonds Soziales Wien) zuständig.

 

Ein weiterer Ausschließungsgrund für eine etwaige Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung ergibt sich aus dem Ort der Unterbringung. Gemäß § 144 Abs. 4 ASVG gilt die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Pflege bedürfen, in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen oder in einer

Sonderkrankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dient, nicht als Anstaltspflege.

 

Frage 9:

Für jene Bereiche, die im Zuständigkeitsbereich der Sozialversicherung angesiedelt sind und woraus sich auch meine Zuständigkeit als Gesundheitsminister ergibt, liegt meiner Überzeugung nach eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung vor.

 

Frage 10:

Die Frage der Finanzierung der Pflegevorsorge fällt nicht in den Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.

 

Fragen 11 und 12:

Derzeit sind von mir keinerlei Studien oder Evaluierungen betreffend dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit zum Thema Wachkomma-Patienten in Auftrag gegeben oder geplant.