9156/AB XXIV. GP
Eingelangt am 14.11.2011
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0238-Pr 1/2011 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 9264/J-NR/2011
Der Abgeordnete zum Nationalrat Harald Vilimsky und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Yoga-Stunden und mehr in Justizanstalten“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 4:
Ich schicke voraus, dass das in der Anfrageeinleitung erwähnte Strafverfahren eingestellt worden ist, weil sich die Vorwürfe als haltlos herausgestellt haben.
Yoga-Übungen eignen sich besonders gut für Menschen mit Impulskontrollstörungen aller Art (schizoide Störungen, Borderline, Persönlichkeitsakzentuierungen, Hyperaktivität, Neigung zu Substanzmissbrauch, Antriebslosigkeit etc.). Impulskontrollstörungen sind vielfach Hintergrund von Gewaltdelikten, aber oft auch Basis für Alkohol- und Substanzmissbrauch, die dann als Selbstbehandlungsversuch gegen unerträgliche innere Spannungszustände und Impulsivität zu werten sind. Die jugendlichen Insassen der Justizanstalt Gerasdorf fallen besonders durch Defizite in der Selbstwahrnehmung, geringe emotionale Bandbreite, geringe Achtsamkeit, innere Leere (Langeweile), Empathiemangel, fehlende Entspannungsfähigkeit und permanente innere Spannung und Ladung, Impulsivität sowie dysfunktionale Aggressivität auf. Die Insassen können durch Yoga ihre Konzentrationsfähigkeit erhöhen und eine angemessene Disziplin erlernen. Insofern wirken die durch Yoga erwobenen Fähigkeiten als Rückfallsprävention und sind förderlich für die Persönlichkeitsentwicklung. Für rund 470 Stunden in therapeutischen Einzel- und Gruppensettings in der Justizanstalt für Jugendliche Gerasdorf (womit zahlreiche Insassen erreicht werden konnten) wurden im Jahr 2010 brutto 18.700 Euro ausbezahlt. Yogatrainerinnen und -trainer kamen sehr punktuell im Rahmen der Insassenbetreuung auch in den Justizanstalten Graz-Jakomini und Graz-Karlau zum Einsatz, was im Jahr 2010 Kosten von insgesamt rund 1.100 Euro verursacht hat.
Zu 5 und 6:
Anstaltsspezifisch werden wechselnd und bedarfsbezogen verschiedene Freizeitaktivitäten mit unterschiedlich stark ausgeprägtem therapeutischen und/oder didaktischen Hintergrund angeboten, wobei in erster Linie versucht wird, diese Angebote durch eigene Bedienstete zu erbringen. Im Einzelnen werden darüber hinaus externe Trainerinnen und Trainer insbesondere für Alphabetisierungs-, Deutsch- und Englischkurse, Mathematikunterricht, ECDL-Unterricht, Schreib- und Literaturgruppen, Erste-Hilfe-Kurse, Gesprächsführung, Bewerbungstraining und verschiedene Sportangebote zugekauft, wofür österreichweit 2010 in Summe rund 200.000 Euro ausgegeben wurden.
Zu 7 bis 9:
Die therapeutische Behandlung und Betreuung der Insassinnen und Insassen ist eine Grundaufgabe des Straf- und Maßnahmenvollzugs. Auch hier wird versucht, diese Leistungen primär durch eigene Bedienstete (Psychologinnen und Psychologen, Psychiaterinnen und Psychiater, Sonder- und Heilpädagoginnen und -pädagogen, Psycho-, Ergo- und weitere Therapeutinnen bzw. Therapeuten unterschiedlichster Professionen) in Einzel- und Gruppensettings zu erbringen, was jedoch nicht in allen Bereichen und vollumfänglich möglich ist. Der Zukauf erfolgt einerseits im Wege der Justizbetreuungsagentur, andererseits direkt durch die einzelne Justizanstalt und betrifft insbesondere verschiedenste delikts- und/oder persönlichkeitsstörungsbezogene Therapien, Drogen-, Antigewalt-, Alkohol-, Spielsuchttherapien. Eine zentrale Evidenz der durch die einzelnen Justizanstalten oft auch nur anlass- und einzelfallbezogen zugekauften therapeutischen Leistungen besteht nicht und würde zunächst eine präzise Begriffsdefinition erfordern. Im Hinblick darauf, dass therapeutische Leistungen in erheblichem Umfang auch durch eigene Bedienstete erbracht werden, die im Rahmen ihrer Arbeitszeit aber auch weitere Aufgaben (z.B. die Verfassung von Berichten und Stellungnahmen für Gerichte und Vollzugsbehörden, verschiedene Verwaltungstätigkeiten) zu erbringen haben, sind konkrete Angaben über die Gesamtkosten der Insassentherapien ohne unverhältnismäßigen Erhebungsaufwand nicht möglich.
Wien, . November 2011
Dr. Beatrix Karl