9173/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.11.2011
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

                                                                                            Wien, am 16. November 2011

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0310-IK/1a/2011

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 9323/J betreffend „die Teuerungswelle“, welche die Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen am 21. September 2011 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1, 4 und 5 der Anfrage:

 

Betreffend die Treibstoffpreisentwicklung in Österreich ist ein Vergleich mit den anderen EU-Mitgliedstaaten anzustellen. Wie dem Treibstoffpreismonitor auf der Homepage meines Ressorts, welcher aufgrund des Oil Bulletins der Europäischen Kommission erstellt wird, zu entnehmen ist, liegt Österreich deutlich unter den Durchschnittspreisen der EU-Länder. Dies weist darauf hin, dass die Preisentwicklungen, auch unter Berücksichtigung der MöSt-Erhöhung, in Österreich im internationalen Gleichklang erfolgten, was sich im Wesentlichen durch die Bewegungen bei den internationalen Rohölpreisen und den Währungskursen ergibt. Faktum ist, dass die Treibstoffpreise in Österreich zu den günstigsten in Europa gehören, was vor rund zehn Jahren noch nicht der Fall war.


Aufgrund der bekannten Importabhängigkeit Österreichs bei Erdöl und Treibstoffen werden insbesondere Maßnahmen unterstützt, um die Abhängigkeit von Erdöl zu reduzieren. Dazu zählen die Initiativen zur E-Mobilität ebenso wie jene zur Thermischen Sanierung. Die derzeit laufende Aktion zur Thermischen Sanierung soll auch im Jahr 2012 wieder mit weiteren € 100 Mio. fortgesetzt werden. Auch der nachhaltige und sparsame Verbrauch von begrenzten Ressourcen durch die Konsumenten muss forciert werden.

 

Transparenz und Wettbewerb am Treibstoffmarkt stellen ein besonderes Anliegen dar. Deshalb wurde zur Eindämmung der häufigen Preisbewegungen innerhalb eines Tages die Verordnung Standesregeln für Tankstellen erlassen, wodurch im Falle von Preiserhöhungen diese nur um 12 Uhr erfolgen können. Preissenkungen sind jederzeit möglich. Weiters wurde der Spritpreisrechner (www.spritpreisrechner.at) eingerichtet, der den Konsumenten einen Überblick über die günstigsten Tankstellen in ihrem Umfeld ermöglicht.

 

Seitens der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) erfolgt in Österreich bereits seit einigen Jahren, jedenfalls länger als durch das deutsche Bundeskartellamt, eine regelmäßige Marktbeobachtung am Treibstoffmarkt. Folgende Untersuchungen wurden durchgeführt, deren Ergebnisse auf der Homepage der BWB veröffentlicht sind:

 

·           Untersuchung zur Struktur (gesamte Distributionskette) des österreichischen Kraftstoffmarktes

·           Entstehung der Preise der Platts-Notierung

·           Untersuchung der Autobahntankstellen

·           Untersuchung der Treibstoffpreise in Vorarlberg und Salzburg

·           Veröffentlichung eines Treibstoff-Newsletters, der einen Marktüberblick gibt

 

Die BWB geht Hinweisen auf Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche Vorgaben genauestens nach.

 

Das Institut für Höhere Studien (IHS) sowie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) beobachten aktuell im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Jugend und Familie die Inflationsentwicklung. Wesentlich bei den Preissteigerungen in den vergangenen Monaten waren Steigerungen bei Agrarrohstoffen, die insbesondere durch Ernteausfälle in Lieferländern und steigende Nachfrage in Schwellenländern bedingt sind, sowie die steigenden Energiekosten, insbesondere Erdöl, welche sich als Transport- und Logistikkosten ebenso auf die Endverbraucherpreise auswirken.

 

Vergleiche mit anderen Ländern bei Lebensmitteln sind häufig in etlichen Punkten unpräzise. Aufgrund unterschiedlicher Konsumgewohnheiten werden in den einzelnen Mitgliedstaaten teilweise völlig andere Produkte in den Warenkorb aufgenommen, die hinsichtlich der Preisentwicklung so nicht vergleichbar sind, etwa wegen Qualitätsunterschieden, z.B. bei Bioprodukten, welche arbeitsintensiver sind. Ebenso können die Marktstrukturen in einem kleinen Land wie Österreich nicht mit jenen in einem großen Land verglichen werden. Bei der wesentlich höheren Bevölkerungsdichte etwa in Deutschland ist erheblich mehr Umsatz für eine Geschäftsstelle als in Österreich und damit eine bessere Fixkostenverteilung zu erreichen.

 

Österreich weist die größte Filialdichte unter den EU-Mitgliedstaaten auf. Diese bessere Nahversorgung bewirkt höhere Kosten und erfordert auf die Verkaufsfläche umgerechnet mehr Personal. Dadurch sind auch weitere Transportwege bei der Anlieferung der Waren an die zahlreichen Filialen in Kauf zu nehmen. Die Margen sind im internationalen Vergleich im Einzelhandel gering. Diese Strukturfaktoren führen dazu, dass Rohstoffkostensteigerungen, sowohl bei Agrarrohstoffen als auch bei Erdöl, rascher weitergegeben werden. Das bestätigt sich darin, dass mittlerweile das Inflationsdifferential wieder geringer geworden ist.

 

Auch die Methodik der Preisvergleiche ist nicht immer verlässlich. Das Herausgreifen bestimmter Produkte gibt ein verfälschtes Bild über die gesamte Preissituation ab. Aktionen, welche in Österreich häufiger als anderswo sind, können nicht ausreichend berücksichtigt werden, kommen aber sehr wohl den Konsumenten beim tatsächlichen Einkauf zu Gute. Auch bei der Inflationsmessung selbst ist zu berücksichtigen, dass die konkret in die Warenkörbe der einzelnen Mitgliedstaaten aufgenommenen Produkte nicht ident sind und von den jeweiligen Konsumgewohnheiten der Bevölkerung abhängen. In Österreich wird von den Konsumenten zu Recht sehr viel Wert auf eine hohe Qualität der Lebensmittel gelegt. Der Anteil von Bioprodukten und gentechnikfreien Erzeugnissen erreicht in Österreich Spitzenwerte. Auch ist festzuhalten, dass der Anteil für die Ausgaben bei Lebensmittel in den vergangenen Jahrzehnten von rund 25 % der Ausgaben auf weniger als 12 % gefallen ist.

 

Eine Beurteilung der Inflation ist nur langfristig sinnvoll. Dies beweist die Tatsache, dass die Inflation in Österreich in Summe in den letzten zehn Jahren unter dem Schnitt der Euro-Länder war.

 

 

Antwort zu den Punkten 2 und 3 der Anfrage:

 

Diese Fragen betreffen grundsätzlich keinen Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.

 

Dessen ungeachtet ist festzuhalten, dass die Spekulation auf Rohstoffmärkten ein internationales Problem ist. Auf dem Sektor der mineralischen Rohstoffe führt eine restriktive Rohstoffexportpolitik von Ländern mit großen Rohstoffvorkommen und gleichzeitig wachsendem Rohstoffverbrauch im Inland zu Versorgungsengpässen in anderen Ländern und somit Preissteigerungen.

 

Seitens der Europäischen Kommission wurde in der im Februar 2011 erschienenen Mitteilung "Grundstoffmärkte und Rohstoffe: Herausforderungen und Lösungsansätze" auf spekulationsgetriebene Preissteigerungen eingegangen. Derzeit finden Beratungen darüber statt, wie diesen Rohstoffpreisspekulationen wirksam begegnet werden kann.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

In den 20 Jahren vor dem EU Beitritt lag die Inflationsrate in Österreich im Durchschnitt bei 4,5%. Von 1995 bis inklusive 2010 lag die Inflation dagegen im Durchschnitt bei nur 1,8%.

 

Die Prognosen gehen von einer deutlich sinkenden Inflation aus. Das WIFO erwartet einen Anstieg der Verbraucherpreise 2011 um 3,1% und 2012 um 2,1%. Das IHS prognostiziert ähnlich mit 3,2% 2011 und 2,1% 2012, jeweils basierend auf den Prognosen vom September 2011.

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Eine wissenschaftliche Studie von IHS und KMU Forschung Österreich bestätigt, dass der Lebensmitteleinzelhandel in Österreich relativ konzentriert ist, sich die Einzelhändler aber einen intensiven Preiswettbewerb liefern. Da die Gewinnmargen relativ gering waren und auch in der Wirtschaftskrise der letzten Jahre Kostensteigerungen wenig weiter gegeben wurden, ist die höhere Inflation 2011 am ehesten mit Nachholeffekten erklärbar. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass nicht nur die Inflation rückläufig ist, sondern dass sich auch der Abstand zwischen österreichischer Inflation und Inflation der Eurozone wieder verringern und die Inflation der Eurozone die österreichische mittelfristig wieder übersteigen wird.

 

Im Übrigen wird auf die Beantwortung zu den Punkten 1, 4 und 5 der Anfrage verwiesen.