9255/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.11.2011
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0143 -I 3/2011

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 29. Nov. 2011

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Rainer Widmann,

Kolleginnen und Kollegen vom 30. September 2011, Nr. 9388/J,

betreffend Kyoto-Zahlungen

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen vom 30. September 2011, Nr. 9388/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Das Kyoto-Protokoll ist ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag, welcher von den Vertragsparteien einzuhalten ist. Die Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Zielvorgaben sind in einem gesonderten Beschluss zum Kyoto-Protokoll geregelt („Einhaltungsregime“), welcher anlässlich der 1. Vertragstaatenkonferenz unter dem Kyoto-Protokoll (COP/MOP-1, 2005) angenommen wurde. Strafzahlungen im engeren Sinn sind nach dem Einhaltungsregime nicht vorgesehen. Vielmehr sieht das Einhaltungsregime im Fall einer Zielverfehlung, die auch durch den Ankauf von Kyoto-Einheiten im Wege der flexiblen Mechanismen nicht kompensiert wird, die Verpflichtung zur Nacherfüllung der Reduktion in der nachfolgenden Verpflichtungsperiode, erhöht um einen Zuschlag von 30%, vor.


Wenn in der öffentlichen Diskussion oft verkürzt von „Strafzahlungen“ die Rede ist, so sind damit die Kosten für den völlig vertragskonformen Ankauf von Zertifikaten im Wege der sogenannten „Kyoto-Mechanismen“ (JI, CDM, internationaler Emissionshandel) gemeint.

 

Über die völkerrechtlichen Vorgaben hinaus gehend sind die Ziele der einzelnen Mitgliedstaaten auch unionsrechtlich verbindlich, zumal die Genehmigung des Kyoto-Protokolls durch die Europäische Union auf Grundlage einer in allen Mitgliedstaaten rechtsverbindlichen Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates erfolgte.
Ein Verstoß gegen diese Entscheidung (insbesondere durch Nichterreichen des für jeden Mitgliedstaat individuell festgelegten Ziels) gibt der Kommission die Möglichkeit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten.

 

Zu Frage 3:

 

Strafzahlungen im eigentlichen Sinne sind, wie bereits oben erwähnt, nach dem Kyoto-Protokoll nicht vorgesehen. Hingegen können nach Unionsrecht Zwangsgelder oder Pauschalbeträge vom Mitgliedstaat eingehoben werden, sofern der Mitgliedstaat einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (infolge eines Vertragsverletzungsverfahrens) nicht nachkommt (Art. 260 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV).

 

Nachdem die Bundesregierung nicht beabsichtigt, gegen die Vorgaben des Kyoto-Protokolls sowie der oben genannten Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zu verstoßen, ist eine Berücksichtigung von etwaigen Zwangsgeldern oder Pauschalbeträgen im Budget nicht erforderlich.

 

Zu Frage 4:

 

Den Vertragsparteien, welche eine Zielvorgabe einzuhalten haben (sog. „Annex I-Staaten“), steht die Möglichkeit offen, unter Zuhilfenahme der flexiblen Kyoto-Mechanismen ihr Ziel zu erreichen, sollten Maßnahmen im Inland alleine nicht ausreichend sein. Von dieser Möglichkeit macht Österreich seit 2003 im Wege des JI/CDM-Programms nach Umweltförderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993 idgF, Gebrauch.

 

Gemäß Abschnitt 5 UFG kauft Österreich ausschließlich projektbasierte Kyoto-Einheiten zu. Jede angekaufte Tonne an Treibhausgasen resultiert damit aus konkreten Reduktions­maßnahmen, deren Wirkungen unabhängig zu validieren sind. Der Ankauf von Emissionsrechten anderer Staaten, denen keine Reduktionsbemühungen gegenüber stehen („heiße Luft“), ist gemäß Umweltförderungsgesetz ausgeschlossen.


Zu Frage 5:

 

Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der 29. Kommissionssitzung vom 8. November 2011 umfassen die bisherigen Verträge bzw. kommenden Verträge im Rahmen des österreichischen JI/CDM-Programms 78 Projekte. 50% der Ankäufe entfallen auf CDM-Projekte (u.a. VR China, Indien, Brasilien, Madagaskar), 22% auf Green-Investment Schemes (GIS; Tschechische Republik, Estland, Lettland, Bulgarien), 16% auf JI (Ukraine, Tschechische Republik) und 12% auf Fonds und Fazilitäten.

 

Die Verteilung der Projekte auf die einzelnen Länder kann den Jahresberichten des Österreichischen JI/CDM-Programms sowie dem aktuellen 3-Jahresbericht nach § 48 UFG entnommen werden. Sämtliche Berichte sind auch als Downloads über die Internetseite www.ji-cdm-austria.at verfügbar.

 

Zu Frage 6:

 

Keine (siehe Ausführungen zu Frage 4).

 

Zu Frage 7:

 

Nach derzeitiger Datenlage für die Jahre 2008 und 2009 sowie unter Berücksichtigung der erwarteten Emissionsentwicklung für die Jahre 2010 bis 2012 ist davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung des bereits eingeplanten Ankaufs von Reduktionseinheiten (45 Mio. t CO2-Äquivalent) eine Lücke von rund 30 Mio. t CO2-Äquivalent über die gesamte Periode 2008 bis 2012 verbleibt (im Schnitt 6 Mio. t pro Jahr).

 

Zu Frage 8:

 

Das UFG sieht den Ankauf von 45 Mio. Einheiten vor. Darüber hinaus wurden noch keine budgetären Vorkehrungen getroffen.

 

Zu Frage 9:

 

Eine Einschätzung der Preisentwicklung über die nächsten Jahre ist gegenwärtig kaum möglich.

 

Der Bundesminister: