9294/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.12.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                               Wien, am         Dezember 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0201-I/4/2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9414/J vom 5. Oktober 2011 der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 3.:

Das Bundesministerium für Finanzen ist grundsätzlich stets bemüht, Vorschläge und Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen. Zur Prüfung der Steuerfahndung ist festzuhalten, dass diese wenige Jahre nach Einrichtung dieser Organisationseinheit erfolgte. Daher waren bzw. sind von den 38 Empfehlungen des Rechnungshofes 17 Empfehlungen bereits zum Zeitpunkt der Prüfung in Vorbereitung oder Umsetzung. Es handelt sich dabei um die Empfehlungen betreffend die personelle Ausstattung, Besetzung vakanter Teamleiterfunktionen, Grundausbildungspraktikum bei Steuerfahndung, Prüferressourcen in den Finanzämtern für Fahndungsfälle, Amts- und Rechtshilfefälle, Central Liaison Office, Ausstattung der IT-Fahndungsteams, hauptamtliche Funktion Betrugskoordinator bei den Finanzämtern, Übertragung der Einbringungstätigkeiten der Schnellen Eingreifgruppe auf Finanzpolizeiteams, Zusammenarbeit Finanzämter mit Steuerfahndung, Umsatzsteuerbetrug – legistische Maßnahmen (Reverse Charge), Gastronomie – Verbesserung der


Aufzeichnungssysteme und Steueraufsichtskontrollen durch Finanzpolizei, Lohnsteuerhinter-ziehung – Generalunternehmerhaftung, Ausgleich der Personalverteilung bei Steuer-fahndung, Einhaltung von Informationsabläufen und Zeitvorgaben, formalisierte Anforderung der IT-Fahndungsteams, IT-Vertreterrollen und Aufzeichnung der Falltage.

17 weitere Empfehlungen werden bis Ende 2012 umgesetzt werden bzw. wird mit deren Umsetzung begonnen. Dabei können zwei große Bereiche unterschieden werden, die einerseits den Bereich Gesamtorganisation im Bereich Betrugsbekämpfung betreffen und andererseits alle mit IT-Projekten zusammenhängenden Themen umfassen, die zu einem großen Teil im Rahmen von e-Finanz umzusetzen sein werden. Dies betrifft das Gesamt-konzept der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen sowie die Definition der Zuständigkeiten, Aufgaben und Schnittstellen aller mit Betrugsbekämpfung befassten Einheiten, den Personalentwicklungsplan, die Rekrutierung erfahrener Betriebsprüfer, Organisations-handbuch (teilweise erfolgt), elektronische Rückmeldungen, Evaluierung und Adaptierung der ablauforganisatorischen Stellung der Steuerfahndung, umfassende Softwarelösung, Risikomanagementkonzept für die Steuerfahndung, Evaluierung der Zielvereinbarungen für Steuerfahndung, Entwicklung einer umfassenden IT-Lösung für Controlling und zusätzlicher steuerungsrelevanter Kennzahlen, elektronische Kontrollmitteilung, Evaluierung der Rolle des Fachbereiches und Weiterentwicklung der Kennzahlen.

 

Bei einigen Empfehlungen vertritt das Bundesministerium für Finanzen eine differenzierte Sichtweise zu den Empfehlungen des Rechnungshofes:

 

  1. Der Einsatz von Bediensteten der Finanzämter bei Hausdurchsuchungen ist aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen nur punktuell sinnvoll (beispielsweise wenn bestimmte Umfeldkenntnisse erforderlich sind), weil für derart sensible Tätigkeiten einschlägige Qualifizierungen und ausreichende Praxis erforderlich sind.
  2. Die Nutzbarmachung von Erkenntnissen des Risiko-, Informations- und Analysezentrums ist nur in Teilbereichen möglich, da die Steuerfahndung in konkreten Einzelfällen ermittelt, das Risiko-, Informations- und Analysezentrum hingegen die Risikoanalysen vor allem aus Massendaten erstellt.
  3. Zur zügigen Umsetzung von Reformprojekten ist festzuhalten, dass Vorstudien und Expertengespräche nicht in die dreijährige Projektzeit der Steuerfahndung eingerechnet werden können. Überdies hängt der Erfolg von Veränderungsprojekten nicht nur von der Qualität der Inhalte sondern auch von der Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Für die Erreichung dieser Akzeptanz braucht es ausreichend Zeit.

  1. Die Verteilung des Personalbedarfs anhand des Arbeitsanfalls an einzelnen Außenstellen ist de facto nicht oder nur teilweise möglich, da das Auftreten von Betrugsfällen keine örtlichen Regelmäßigkeiten erkennen lässt bzw. durch komplexe Einzelfälle geprägt ist. Das gilt auch für die örtliche Zuordnung der Fachexperten. Aus eben diesem Grund wurde die Steuerfahndung als österreichweite Organisationseinheit konzipiert, die ihre Aufgaben unabhängig vom Standort der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrnimmt.
  2. Das Bundesministerium verfügt über ein umfassendes Management­informationssystem mit einem ausdifferenzierten Ziel- und Kennzahlensystem. Die Entwicklung und Programmierung von Kennzahlen für eine Einheit wie die Steuerfahndung ist auch immer unter Kosten-Nutzen-Aspekten zu betrachten, vor allem deswegen, weil Tätigkeiten im Rahmen der Betrugsbekämpfung sehr stark unter dem in der Regel nur beurteilbaren, aber nicht oder nur bedingt messbaren Qualitätsaspekt zu evaluieren sind.

 

Zu 4. bis 6.:

Der Rechnungshof hat empfohlen, jene Aufgabenbereiche der Steuerfahndung in juristischer und organisatorischer Hinsicht zu evaluieren, die in einem Spannungsfeld zu ihrer ablauf-organisatorischen Stellung stehen. Das Bundesministerium für Finanzen wird dieser Empfehlung nachkommen. Ob, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt daraus juristische und/oder organisatorische Maßnahmen resultieren, kann erst nach Abschluss dieser Evaluierung beurteilt werden.

 

Zu 7.:

Wie der Rechnungshof feststellt, wurden einige Ziele mit der Gründung einer bundesweit zuständigen Steuerfahndung vollständig erreicht, andere nur bedingt. Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen konnte eine Bündelung der Kräfte mit der Möglichkeit, je nach Bedarf einen Ressourcenausgleich zwischen den Standorten vorzunehmen, erreicht werden. Auch wurde ein bundesweiter Kooperationsstandard gegenüber den Finanzämtern geschaffen und es wurden auch erstmals Leistungskennzahlen für den Bereich der Steuerfahndung eingeführt. IT-Fahndungsteams wurden eingerichtet und umfassende
IT-Entwicklungen als Projekt aufgesetzt, die 2012 umgesetzt werden. Auch das Ziel einer
Personalaufstockung in diesem Bereich wurde erreicht, wenn auch auf Grund der Einsparungsvorgaben für das Ressort nicht im angestrebten Umfang. Dessen ungeachtet bewegt sich gerade die Betrugsbekämpfung in einem extrem komplexen und dynamischen Umfeld und kann nur durch umfassende Maßnahmen, die von der Legistik über den Einsatz


moderner IT-Instrumente bis hin zu organisatorischen Maßnahmen und internationalen Kooperationen reichen, ihrer Aufgabenstellung gerecht werden. Das Bundesministerium für Finanzen hat durch zahlreiche Aktivitäten wie z.B. das Betrugsbekämpfungsgesetz 2010, die organisatorische Einrichtung der Finanzpolizei oder Investitionen in die IT bewiesen, dass es die Betrugsbekämpfung als ganzheitliche Aufgabe wahrnimmt und ständig an die aktuellen Anforderungen anpasst.

 

Zu 8. bis 13.:

Wie in der Antwort zu den Fragen 1. bis 3. ausgeführt, sind gerade jene Empfehlungen des Rechnungshofes, die Kommunikation und Kooperation sowie Koordination und Vernetzung in der Steuerfahndung und in der Betrugsbekämpfung betreffen, bereits in Umsetzung. Es darf auf die Funktion des Finanzpolizeikoordinators, die Anwesenheit von Vertretern der Steuerfahndung bei bundesweiten und regionalen Tagungen und die Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Steuerfahndung verwiesen werden. Die vom Rechnungshof angesprochenen „Doppelgleisigkeiten“ waren in der Regel keine tatsächlichen Doppel-gleisigkeiten im Sinne von gleichzeitig von mehreren Stellen gesetzten Maßnahmen. Vielmehr handelt es sich dabei um Bereiche der Betrugsbekämpfung, deren Zuständigkeit sowohl von den jeweiligen Finanzämtern als auch von der Steuerfahndung wahrgenommen werden konnte. Durch eine konsequente Kommunikation zwischen Finanzämtern und Steuer-fahndung sowie die Entwicklung eines einheitlichen IT-Systems werden Aufgaben in diesen Bereichen in Zukunft schneller und klarer zugeteilt werden. Ein Mindestmaß an Flexibilität in der Aufgabenübernahme muss aber erhalten bleiben, um die optimale Bearbeitung sicherzustellen.

 

Zu 14. und 15.:

Die grundsätzliche Ausrichtung der Steuerfahndung in Richtung umfassende spezialpräventive Betrugsbekämpfung sowie damit zusammenhängende nationale und internationale Kooperationen entspricht auch den aktuellen Anforderungen. Ergänzend werden neu oder verstärkt auftretende Anforderungen wie beispielsweise die Bekämpfung der organisierten (Abgaben)Kriminalität, die behördenübergreifende Zusammenarbeit oder die Bekämpfung der Internetkriminalität die laufende Weiterentwicklung der Betrugs-bekämpfung prägen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Fekter eh.