9347/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.12.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0292-I/A/15/2011

Wien, am 12. Dezember 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 9444/J der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Zu den einzelnen Vorschlägen ist zunächst festzuhalten, dass die darin enthaltenen Maßnahmen - soweit sie in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit fallen (vgl. die Ausführungen zu den Fragen 3 und 4) - entweder bereits implementiert wurden oder sich im Umsetzungsstadium befinden bzw., wo dies nicht der Fall ist, noch durch Evaluierungen auf ihren tatsächlichen Nutzen zu prüfen sind. Näheres wird im Folgenden zu den einzelnen Fragen ausgeführt.


Fragen 3 und 4:

Grundsätzlich ist klarzustellen, dass für mich der Schutz misshandelter Kinder oberste Priorität in einer Gesellschaft und ihrer Rechtsordnung hat. Hinsichtlich der in der Anfrage angesprochenen Forderung nach Errichtung eines Gewaltschutzregisters im Zusammenhang mit dem Verdacht der Misshandlung von Kindern ist jedoch auf § 37 Abs. 2 des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 (JWG) hinzuweisen, der wie folgt lautet:

 

„Ergibt sich für in der Begutachtung, Betreuung und Behandlung Minderjähriger tätige Angehörige eines medizinischen Gesundheitsberufes sowie für in der Jugendwohlfahrt tätige oder beauftragte Personen, selbst wenn sie auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, der Verdacht, dass Minderjährige misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden sind, haben sie, sofern dies zur Verhinderung einer weiteren erheblichen Gefährdung des Kindeswohles erforderlich ist, dem Jugendwohlfahrtsträger Meldung zu erstatten.“

 

Auf Grund dieser Bestimmung ist schon seit über 10 Jahren das Jugendamt als zentrale Meldestelle für die Registrierung von gequälten, vernachlässigten, missbrauchten oder misshandelten Kindern vorgesehen. Die Anfrage bezüglich Kinder-Gewaltschutzregister wäre daher an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend zu richten.

 

Abgesehen davon ist jedoch grundsätzlich die Frage zu stellen, ob die Schaffung eines solchen Registers - unabhängig von der ungeklärten Finanzierung und Verwaltung sowie Fragen der Einsichts- und Löschungsrechte und des Datenschutzes -  zur weiteren Verhinderung von Traumatisierungen beiträgt.

 

Weiters ist davon auszugehen, dass vor allem Fachärztinnen/-ärzte für Kinder- und Jugendheilkunde oder Fachärztinnen/-ärzte für Kinder- und Jugendchirurgie auf Grund ihrer Ausbildung und der dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen eine umfassende Kompetenz aufweisen, um in der Lage zu sein, bei Verletzungen an Kindern und Jugendlichen Fremdverschulden (bzw. einen Verdacht) festzustellen und darüber hinaus die fachlichen Anhaltspunkte für Verdachtsmomente der Gefährdung des Kindeswohls bei entsprechenden Verletzungen oder Vernachlässigungszeichen ausreichend zu dokumentieren.

 

Gerade die inhaltlich qualifizierten Meldungen mit fachlichen Anhaltspunkten für Verdachtsmomente sowie die Anzahl solcher Meldungen, die zentralisiert in der zuständigen Jugendwohlfahrtsbehörde eintreffen, sollen die allfälligen weiteren Maßnahmen auslösen; mit eben dieser Intention wurde ja nach Wissensstand des Bundesministeriums für Gesundheit die einheitliche Meldepflicht gemäß § 37 JWG an den Jugendwohlfahrtsträger geschaffen.

 

Die Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung einer Krankenanstalt birgt eine weitere Möglichkeit der näheren Abklärung des Verdachtes.


Eine Beiziehung von Fachärzt/inn/en für Gerichtsmedizin, wie angeregt, scheint vor allem in jenem Zeitpunkt, in dem es sich um erste Verdachtsmeldungen des behandelnden Arztes/Ärztin an die Jugendwohlfahrt handelt, eine überzogene und nicht umsetzbare Forderung zu sein.

 

Inwieweit allenfalls gerichtsmedizinische Fachgutachten zu einem weiter fortgeschrittenen Zeitpunkt, in dem die Jugendwohlfahrt bereits involviert ist, als

ergänzende Beweismittel tatsächlich erforderlich und somit einzuholen wären, wäre getrennt zu betrachten.

 

Frage 5:

Zur Forderung nach einem Trauma-Register ist festzuhalten, dass sämtliche Verletzungen mittels LKF-Pauschalen codiert und abgerechnet werden. Mit dem neuen Ergebnisqualitätsmessungssystem ist es daher möglich, eine Übersicht über Verletzungen zu erstellen, sodass bereits jetzt sämtliche Verletzungen einschließlich Traumen durch das implementierte System der Ergebnisqualitätsmessung bundesweit gut abgebildet und dokumentiert sind.

 

Auch im derzeitigen LKF-Abrechnungssystem sind sämtliche „traumatische“ Verletzungen registriert, somit ist aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit kein Bedarf zur Errichtung eines Trauma-Registers gegeben.

 

Frage 6:

Grundsätzlich wird die Idee von Früherkennungssystemen begrüßt, da sie die Möglichkeit bieten, einen Überblick über das Auftreten diverser Krankheiten zu erhalten und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können.

Vor der Implementierung von Früherkennungs- bzw. Screeninguntersuchungen ist jedoch (nachvollziehbar, also mit guter Evidenz) sicherzustellen, dass der Nutzen für die Bevölkerung (klinisch relevante Vorteile durch frühere Therapie) eindeutig eventuelle Risiken oder Schädigungen durch falsch negative Befunde, vor allem aber auch durch falsch positive Befunde, übersteigt. Niedrige Knochendichte bedeutet nicht zwangsläufig, eine klinisch relevante Fraktur zu erleiden; umgekehrt können auch bei normaler Knochendichte Frakturen auftreten.

 

Eine vom deutschen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Oktober 2010 herausgegebene Analyse stellt fest, dass Nutzen und Schaden eines Therapiemonitorings mit Hilfe einer Knochendichtemessung mangels Studien unklar und somit nicht belegt sind. Es gibt einen Hinweis auf einen Nutzen für postmenopausale Frauen ohne vorbestehende osteoporosetypische Frakturen, dieser Nachweis beruht aber nur auf einer Studie und reicht aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit nicht aus, um darauf ein nationales Früherkennungssystem aufzubauen.


Im Rahmen des Projektes „Arznei und Vernunft“ wurde von einer Expert/inn/engruppe (Initiative von Ärztinnen und Ärzten, Apotheker/inne/n, Pharmig/Wirtschaftskammer sowie Sozialversicherung) die Leitlinie „Osteoporose – Knochenbruch-Krankheit 2010“ erstellt. Diese Leitlinie enthält umfangreiche Details zur Epidemiologie, Prävention, klinischen Symptomatik, Diagnostik und auch Therapie der Osteoporose. Insbesondere sind die Indikationen zur Durchführung einer weiteren Osteoporoseabklärung inklusive Knochendichtemessung detailliert abgehandelt.

 

Die Evaluierung des Risikoprofils, die Wahrnehmung der Behandlung und die Führung der Patient/inn/en obliegt der behandelnden Ärztin bzw. dem Arzt. Entsprechende Aktivitäten bzw. vertragliche Grundlagen sind bei den Versicherungsträgern vorhanden. Die Leistungskataloge umfassen in diesem Zusammenhang die Diagnostik (Knochendichtemessung) sowie die Therapie der Osteoporose (medikamentöse Behandlung).

 

Anzumerken ist, dass das Vorsorgeuntersuchungsprogramm der Krankenversicherungsträger, welches grundsätzlich bundeseinheitlich gilt, derzeit einer Evaluierung unterzogen wird. Es soll in den nächsten beiden Jahren auch eine inhaltliche Diskussion bzw. Anpassung stattfinden, wobei auch die Aufnahme des Krankheitsbildes Osteoporose in die Vorsorgeuntersuchung einem Diskussionsprozess unterworfen wird.

 

Frage 7:

In Entsprechung der am 8. Juli 2011 vom Nationalrat einstimmig beschlossenen Entschließung 188/E evaluiert mein Ressort derzeit die bestehenden Rechtsvorschriften betreffend Hüftendoprothesen-Register mit dem Ziel, die Schaffung eines zentralen Hüftendoprothesen-Registers zur Darstellung von Langzeitergebnissen im Sinne der Ergebnisqualität rasch weiterzuentwickeln. Im Zuge dieser Arbeiten werden auch die Möglichkeiten der Integration weiterer Endoprothesen - vor allem hinsichtlich der damit verbundenen Kosten und dem damit einhergehenden Nutzen - unter Berücksichtigung der Aktivitäten und Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern geprüft.

 

Frage 8:

Aufgrund des § 5b des Kranken- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG) und den ent­sprechenden Ausführungsgesetzen sind die Träger von Krankenanstalten verpflichtet, im Rahmen der Organisation Maßnahmen der Qualitätssicherung vorzusehen und die Voraussetzungen für interne Maßnahmen der Qualitätssicherung zu schaffen. Diese Maßnahmen haben die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu umfassen. In jeder bettenführenden Krankenanstalt ist dazu eine Kommission für Qualitätssicherung einzusetzen, deren Aufgabe es ist, Qualitätssicherungsmaßnahmen zu initiieren,
zu koordinieren, zu unterstützen sowie die Umsetzung der Qualitätssicherung
zu fördern und die Führung der Krankenanstalt über alle hiefür erforderlichen Maßnahmen zu beraten.


Gemäß § 11e KAKuG hat die Landesgesetzgebung vorzusehen, dass zur Prüfung allfälliger Beschwerden und auf Wunsch zur Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten unabhängige Patient/inn/envertretungen zur Verfügung stehen. Dementsprechend sind in allen Ländern Patient/inn/enanwaltschaften implementiert. Darüber hinaus sind in den meisten Spitälern Ombudsstellen für Patient/inn/enbeschwerden eingerichtet.

 

Weiters wurde bereits im Sommer 2011 ein Qualitätsbericht zu den Qualitäts­managementsystemen in Österreich veröffentlicht, aus dem klar ersichtlich ist, welche Systeme, Qualitätsstandards, Beschwerdemanagements etc. in den österreichischen Krankenanstalten vorhanden sind.