9371/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.12.2011
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0297-I/A/15/2011
Wien, am 14. Dezember 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 9520/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Fragen 1 und 2:
Im Erhebungsjahr 2010 wurden in den österreichischen Krankenanstalten insgesamt 2.286 bariatrische Operationen durchgeführt. Ich darf dazu auf die als Beilage angeschlossene Tabelle verweisen, die die berücksichtigten Codes medizinischer Leistungen und die Aufschlüsselung nach Bundesländern enthält.
Für das Erhebungsjahr 1990 gab es noch keine Dokumentationspflicht für medizinische Leistungen, daher liegen meinem Ressort diesbezüglich keine Informationen vor; auch die gesetzlichen Krankenversicherungsträger verfügen über keine derartigen Informationen.
Frage 3:
Dazu muss ich auf das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung verweisen, das generell keinen Unterschied zwischen einzelnen Krankheiten macht. Ob eine bestimmte Behandlung sinnvoll und notwendig ist, entscheiden Ärztinnen und Ärzte nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft. Selbstverständlich müssen dafür bestimmte – körperliche/zustandsbezogene und sachlich gerechtfertigte, nicht bloß administrative – Voraussetzungen gegeben sein. Insbesondere ist darauf zu achten, dass mit der in Rede stehenden Operation auch Begleitmaßnahmen – wie etwa eine Lebensstiländerung – einhergehen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Eigenverantwortung der Krankenversicherungsträger bei Entscheidungen im Leistungsrecht kann die Vorgangsweise in den jeweiligen Fällen unterschiedlich sein – sie muss den einzelnen Patientinnen und Patienten und ihrer Situation angepasst sein.
Im Regelfall gilt für die meisten Krankenversicherungsträger als Voraussetzung für eine Operation das Überschreiten des Body Mass Index von 40. Die meisten Krankenversicherungsträger verlangen auch das Vorliegen von mehreren, glaubhaft ernsten, aber frustranen Diätversuchen. Auch werden von den Antragsteller/inne/n vielfach anamnetische Daten eingefordert, aus denen ein Bemühen der Patient/inn/en hervorgeht, eine Lebensstiländerung vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann, um dem Wohl der Patientinnen und Patienten bzw. den gesetzlichen Rahmenbedingungen zu entsprechen, jedenfalls von der Regelbeurteilung abgewichen werden.
Frage 4:
Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da die Höhe der Kosten von der Art der Therapie und der Anzahl der in Anspruch genommenen Therapieeinheiten abhängt.
Fragen 5 und 6:
Es ist davon auszugehen, dass sich bariatrisch tätige Chirurg/inn/en mit ihren Indikationsstellungen für derartige Operationen im Rahmen international anerkannter Leitlinien bezüglich des Patient/inn/ensettings bewegen. Psychotherapie kann dabei nur als Teil einer zielgerichteten und auf Lebensstiländerungen abzielenden, umfassenden Betreuung von Patient/inn/en vor und nach bariatrischen Operationen gesehen werden. Bei Kenntnis der näheren Umstände wird der Patientin oder dem Patienten zu einer – vor allem verhaltenstherapeutischen – Psychotherapie geraten.
Zusammengefasst hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger dazu Folgendes berichtet:
Von der WGKK, der NÖGKK, der BGKK, der STGKK, der KGKK, der SGKK, der TGKK, der VGKK und der BKK Wiener Verkehrsbetriebe wird keine verpflichtende Psychotherapie gefordert.
Von der OÖGKK wird vor der Operation eine verpflichtende psychotherapeutische Behandlung (Verhaltenstherapie) bzw. Behandlung durch eine/n Fachärztin/-arzt für Psychiatrie verlangt.
Bei der VAEB ist eine Psychotherapie verpflichtend, falls diese von der Psychologin bzw. Psychotherapeutin oder dem Psychologen bzw. Psychotherapeuten empfohlen wird.
Bei der SVA ist eine verpflichtende Psychotherapie entsprechend den Richtlinien nicht vorgesehen, durchzuführen sind jedoch eine internistische und eine neuropsychiatrische präoperative Abklärung.
Von der BVA wird ein Eingriff unter der Voraussetzung befürwortet, dass andere Maßnahmen (unter anderem auch psychotherapeutische Behandlungen) bereits erfolglos versucht wurden bzw. von vornherein aussichtslos erscheinen.
Bei der SVB wird ab einem BMI von 40 nach entsprechend nachgewiesenen, weniger eingreifenden Versuchen einer Gewichtsreduktion und begleitender Psychotherapie, ein Antrag als Einzelfall geprüft.
Fragen 7 und 8:
Auch dazu erlaube ich mir aus der Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zu zitieren:
Von der WGKK, der NÖGKK, der BGKK, der OÖGKK, der STGKK, der KGKK, der SGKK, der VGKK, der BKK Wiener Verkehrsbetriebe, der SVB und der BVA wird keine verpflichtende Psychotherapie gefordert.
Bei der TGKK erfolgt die psychologische Betreuung nach den Operationen teilweise durch Gruppentherapie an der Klinik für Psychosomatik.
Bei der VAEB ist eine Psychotherapie verpflichtend, falls diese von der Psychologin bzw. Psychotherapeutin oder vom Psychologen bzw. Psychotherapeuten empfohlen wird.
Bei der SVA ist eine weiterführende Psychotherapie postoperativ nur bei gegebener psychiatrischer/psychotherapeutischer Indikation erforderlich.
Frage 9:
Die vorzunehmenden medizinischen Maßnahmen nach starker Gewichtsreduktion unterliegen ebenfalls grundsätzlich einer Einzelfallbeurteilung. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Behandlungen dann als erforderlich anzusehen sind, wenn sie zur Beseitigung eines krankheitswertigen Zustandes, der Gefahr einer Erkrankung (weil es etwa durch den Hautüberschuss zur Entzündung der Haut sowie auch pilz- und/oder bakteriellen Infektionen kommen kann) oder von Bewegungsein-schränkungen (wie etwa der Behinderung des Gangablaufes) dienen. In Frage kommen vor allem die Beseitigung von massivem Hautüberschuss, eine Oberschenkel- oder Oberarmstraffung, eine Mammareduktionsplastik oder die Entfernung einer „Fettschürze“.
Frage 10:
Dieses Erfordernis richtet sich nach den Behandlungsnotwendigkeiten des jeweiligen Falles, eine generelle Regel besteht dafür bei den Krankenversicherungsträgern nicht.
Fragen 11 und 12:
Ich halte grundsätzlich einen ministeriellen erlassmäßigen Eingriff in Behandlungs-abläufe nicht für sinnvoll; die Festlegung solcher Rahmenbedingungen sollte fachlichen Gremien überlassen bleiben.
Frage 13:
Vor bariatrischen Operationen würde sich eine verpflichtende klinisch-psychologische Diagnostik jedenfalls anbieten. Hier könnte zunächst geklärt werden, ob vor bzw. nach der Operation eine klinisch-psychologische Behandlung bzw. psychotherapeutische Behandlung im Sinne von Interventionen hinsichtlich Verhaltensänderung, Lebensstiländerung oder Umgang mit dem eigenem Körperbild als sinnvoll erachtet wird und eine diesbezügliche Empfehlung abgegeben werden.
Fragen 14 und 15:
Nach den meinem Ressort vorliegenden Informationen (Statistik Austria - Versorgungsbilanzen) betrug im Jahr 2010 der Pro-Kopf-Verbrauch an Zucker 37 kg; für das Jahr 1975 liegen keine vergleichbaren Daten vor. Ohne auf Verbrauchszahlen näher eingehen zu wollen, ist es eine erwiesene Tatsache, dass ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung zu fett und zu süß isst und dies nicht nur zu Übergewicht und Fettsucht führt, sondern auch ein hohes Risiko für chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mit sich bringt. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat mein Ressort verschiedene Aktivitäten zur Verbesserung der Essgewohnheiten der Österreicherinnen und Österreicher initiiert: so wurde im meinem Auftrag der "Nationale Aktionsplan Ernährung", kurz NAP.e entwickelt, der zum Ziel hat, die Grundlagen der Ernährung der österreichischen Bevölkerung zu analysieren und deren Ernährung entscheidend zu verbessern. Projekte wie Ernährungspyramiden für Erwachsene und Kinder, Ernährungskampagnen, Rezeptbroschüren für diverse Zielgruppen und die Lebensmittelcharta bringen einheitliche und praktikable Informationen für Konsumentinnen und Konsumenten.
Beilage
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Beilage zu 9520/J |
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Bariatrische Operationen |
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Datenerhebungsjahr 2010 |
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Berücksichtigte Leistungscodes |
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HF220 Sleeve Gastrektomie – offen (LE=je Sitzung) |
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HF230 Sleeve Gastrektomie – laparoskopisch (LE=je Sitzung) |
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HF240 Magenbypass – offen (LE=je Sitzung) |
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HF250 Magenbypass – laparoskopisch (LE=je Sitzung) |
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HF260 Gastric banding – offen (LE=je Sitzung) |
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HF270 Gastric banding – laparoskopisch (LE=je Sitzung) |
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BL (Standort) |
Anzahl Leistungen |
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Österreich |
2.286 |
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Burgenland |
83 |
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Kärnten |
156 |
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Niederösterreich |
465 |
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Oberösterreich |
213 |
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Salzburg |
231 |
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Steiermark |
212 |
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Tirol |
269 |
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Vorarlberg |
109 |
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Wien |
548 |