939/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.04.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0042-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 897/J-NR/2009

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Manfred Haimbuchner und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Skandal in der Buchhaltungsagentur“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Am 27. Februar 2008 langte bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger ein.

Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Buchhaltungsagentur des Bundes enthielt diese Anzeige jedoch nicht. Verdachtsmomente in diese Richtung wurden erst im Jänner 2009 in mehreren – jeweils an die Staatsanwaltschaft Wien gerichteten – Anzeigen bzw. Sachverhaltsdarstellungen geäußert.

Unter anderem langte am 27. Jänner 2009 eine Sachverhaltsdarstellung des Vorstandsvorsitzenden des AMS Österreich vom 23. Jänner 2009 ein. Weiters übermittelte am 29. Jänner 2009 das Büro für Interne Angelegenheiten des Bundesministeriums für Finanzen als Vorausinformation zu den zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Malversationen eine Kurzanzeige gegen eine Person. Schließlich brachte auch der Amtsleiter der Buchhaltungsagentur des Bundes am 30. Jänner 2009 eine Sachverhaltsdarstellung ein.

Zu 4:

Das von der Korruptionsstaatsanwaltschaft am 4. Februar 2009 übernommene Strafverfahren wird gegen fünf Beschuldigte geführt.

Zu 5:

Ich ersuche um Verständnis, dass hiezu aus Gründen des Datenschutzes und der Amtsverschwiegenheit keine Auskünfte erteilt werden können.

Zu 6 bis 10:

Die in der Anfrage angesprochene Überweisung eines Betrages von rund 450.000 Euro wurde der Staatsanwaltschaft Wien erstmals aufgrund der bereits erwähnten Kurzanzeige des Büros für Interne Angelegenheiten des Bundesministeriums für Finanzen sowie der Sachverhaltsdarstellung des Amtsleiters der Buchhaltungsagentur des Bundes vom 30. Jänner 2009 bekannt.

Zu 11 bis 14:

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft führt auch wegen des in diesen Punkten angesprochenen Verdachtes Ermittlungen gegen fünf Beschuldigte, insbesondere jedoch gegen zwei Personen. Wiederum ersuche ich aus Gründen des Datenschutzes und der Amtsverschwiegenheit um Verständnis, dass ich hiezu keine näheren Auskünfte erteilen kann.

Zu 15 bis 19:

Den mir vorliegenden Berichten der staatsanwaltschaftlichen Behörden zufolge sind keine weiteren Verfahren im Zusammenhang mit der Führung der Buchhaltungsagentur des Bundes bekannt.

Zu 20:

Vorauszuschicken ist, dass sich die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (Korruptionsstaatsanwaltschaft – KStA) im Hinblick auf ihre funktionale Zuständigkeit für die Verfolgung bestimmter strafbarer Handlungen, die nach dem 1. Jänner 2009 begangen wurden, noch in einem sukzessiven Aufbauprozess befindet. Derzeit sind dort – neben dem Leiter – zwei weitere Staatsanwälte/innen und ein dritter Staatsanwalt mit der Hälfte seiner Arbeitskapazität sowie vier Kanzleikräfte tätig. Bis Juni 2009 ist der Einsatz von insgesamt fünf Staatsanwälten/innen geplant.

Zu 21 und 23:

Bis Mitte Februar 2009 wurden bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft 80 Straffälle anhängig. Die Aufteilung der anfallenden Strafanzeigen auf die dort tätigen Staatsanwälte/innen erfolgt IT-unterstützt nach dem Zufallsprinzip. Grundsätzlich wird jeder Straffall von einem Staatsanwalt bearbeitet.

Zu 22:

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ist gemäß § 20a StPO in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008, BGBl. I Nr. 109/2007, bundesweit für die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung sowie zur Erhebung der öffentlichen Anklage und deren Vertretung im Hauptverfahren sowie im Verfahren vor dem Oberlandesgericht wegen folgender, nicht der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes unterliegenden strafbaren Handlungen zuständig:

1.      Strafbare Verletzungen der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen gemäß dem 22. Abschnitt des Strafgesetzbuches,

2.      Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung (§ 313 StGB), Geschenkannahme durch Machthaber sowie Förderungsmissbrauch gemäß §§ 153 bis 153b StGB,

3.      Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren gemäß § 168b StGB,

4.      Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragte gemäß § 168c Abs. 2 StGB,

5.      Geldwäscherei gemäß § 165 StGB, soweit die Vermögensbestandteile aus einem in Z 1, 2 oder 4 genannten Verbrechen oder Vergehen herrühren, kriminelle Vereinigung oder kriminelle Organisation gemäß §§ 278 und 278a StGB, soweit die Vereinigung oder Organisation auf die Begehung der in Z 1, 2 oder 4 genannten Verbrechen oder Vergehen ausgerichtet ist.

§ 313 StGB („Strafbare Handlungen untere Ausnützung einer Amtsstellung“) begründet nur dann eine Zuständigkeit der Korruptionsstaatsanwaltschaft, wenn durch dessen Anwendung die Zuständigkeit des Landesgerichtes als Geschworenen- oder Schöffengericht begründet wäre.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ist auch für das Verfahren wegen Rechtshilfe oder strafrechtlicher Zusammenarbeit mit den zuständigen Einrichtungen der Europäischen Union sowie mit den Justizbehörden der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in den vorgenannten Fällen zuständig. Sie ist zentrale nationale Verbindungsstelle gegenüber OLAF und Eurojust, soweit Verfahren wegen der oben genannten Straftaten betroffen sind.

 

. April 2009

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)