9415/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.12.2011
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-9.500/0011-I/PR3/2011    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 


Wien, am     . Dezember 2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Karlsböck und weitere Abgeordnete haben am 19. Oktober 2011 unter der Nr. 9515/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend  meldepflichtige Ereignisse in Fällen von kontaminierter Kabinenluft – insbesondere Fälle mit dem Nervengift Trikresylphosphat (TKP) gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Ø  Wie viele Fälle, die im Zusammenhang mit kontaminierter Kabinenluft stehen, wurden seit 2008 gemeldet? (z.B. Fume/Smoke Event Smoke oder Low Oil Pressure)

 

Laut Informationen der Austro Control GmbH (ACG) wurden seit 2008 im Durchschnitt fünf Vorkommnisse pro Jahr gemeldet, die in Verbindung mit kontaminierter Kabinenluft stehen.

 

Zu Frage 2:

Ø  Gab es Vorfälle, bei denen das Flugpersonal und/oder die Passagiere im Anschluss medizinisch betreut werden mussten?

 

Nach Informationen der ACG ist kein Vorfall mit kontaminierter Kabinenluft bekannt, bei dem Flugpersonal und/oder Passagiere medizinisch betreut werden mussten.

 

Zu Frage 3:

Ø  Gibt es in diesem Zusammenhang Flugzeugmuster, die besonders häufig in solche Vorfälle verwickelt sind?

 

Nach Informationen der ACG werden in fachspezifischen Medien – soweit bekannt – keine von österreichischen Luftfahrtunternehmen registrierten Flugzeugtypen genannt.

 

Zu Frage 4 und 5:

Ø  Welche Sanktionsmaßnahmen sind vorgesehen, wenn solche verpflichtenden Meldungen unterbleiben?

Ø  Wurden in diesem Zusammenhang Sanktionsmaßnahmen bei Anlassfällen vorgenommen? Wenn ja, wie sahen diese aus?

 

Wird die Meldung meldepflichtiger Ereignisse nach der ZMV unterlassen, so greift die allgemeine Strafbestimmung des Luftfahrtgesetzes (LFG). Gemäß § 169 Abs. 1 LFG begeht, wer diesem Bundesgesetz bzw. den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und es wird seitens der Bezirksverwaltungsbehörde eine Geldstrafe bis zu 22.000,-- Euro verhängt. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Sollte die ACG

von der Unterlassung der Meldung meldepflichtiger Ereignisse Kenntnis erlangen, so würde dieser Vorfall zur Anzeige gebracht werden, um Sanktionen nach § 169 LFG einzuleiten.

Der ACG ist kein diesbezüglicher Anlassfall bekannt, demnach ist davon auszugehen, dass es bisher zu keinen Verwaltungsstrafverfahren kam.

 

Zu den Fragen 6, 8 bis 12:

Ø  Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die Problematik der kontaminierten Kabinenluft (insbesondere mit TKP)?

Ø  Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um mögliche gesundheitliche Gefahren ausschließen zu können?

Ø  Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die gesundheitliche Gefährdung für Risikogruppen (wie z.B. Besatzungsmitglieder, Vielflieger, Schwangere, Kleinkinder bis 7 Jahre und Asthmakranke)?

Ø  Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort den Vorschlag, Luftfahrzeugbetreibern das Nutzen von TKP-freien Triebwerksölen vorzuschreiben?

Ø  Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort den Vorschlag, Luftfahrzeugbetreibern den Einbau entsprechender Filteranlagen vorzuschreiben?

Ø  Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort den Vorschlag, Luftfahrzeugbetreibern den Einbau entsprechender Sensoren zur Messung von Giftstoffen in der Kabinenluft vorzuschreiben?

 

Hinsichtlich der Frage der Beurteilung der exakten Toxikologie von Trikresylphophat (TKP) bzw. zu Fragen zum Ausmaß möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch bestimmte Stoffe für spezielle Risikogruppen muss auf das fachlich zuständige Ressort (BMG) verwiesen werden. 

Die EASA, die für die technische Zulassung von Luftfahrzeugen in der EU zuständig ist, beschäftigt sich seit 2009 mit dem Thema der Luftqualität in Luftfahrzeugen [Advance Notice of Proposed Amendment (A-NPA) No 2009-10, "Cabin Air Quality onboard Large Aeroplanes" vom 28. September 2009 und Comment Response Document (CRD) to (A-NPA) 2009-10 vom 28. Mai 2011]. Die EASA ist zu dem Schluss gekommen, dass zwischen den gemeldeten gesundheitlichen Symptomen und Kontaminationen der Kabinenluft mit Öl- bzw. Hydraulikflüssigkeitsdämpfen kein unmittelbarer Zusammenhang hergestellt werden kann und daher kein Erfordernis besteht, Bauvorschriften oder operationelle Vorschriften zu ändern. Die EASA wird aber trotzdem ihre Beobachtungen zu diesem Thema weiterführen.

 

Zu Frage 7:

Ø  Gibt es in diesem Zusammenhang Überlegungen, die Zivilluftfahrt-Meldeverordnung bei Störfällen mit kontaminierter Kabinenluft zu überarbeiten?

 

Gemäß § 1 Abs. 1 ZMV sind alle Ereignisse zu melden, die ein Luftfahrzeug, seine Insassen oder Dritte gefährden oder gefährden würden, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Beispiele meldepflichtiger Ereignisse im Sinne der ZMV sind in ihren Anlagen 1 und 2 angeführt (diese entsprechen inhaltlich den Anhängen der  Richtlinie 2003/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2003 über die Meldung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt). Eine Subsumption von Störfällen mit kontaminierter Kabinenluft ist jedenfalls unter den Auffangtatbestand von Anlage 1 A. 8) d)  - jedes sonstige Ereignis gleich welcher Art, das als Gefährdung oder mögliche Gefährdung des Luftfahrzeugs oder seiner Insassen an Bord oder am Boden angesehen wurde - möglich. Eine Überarbeitung der ZMV, um Störfälle mit kontaminierter Kabinenluft zu erfassen, ist somit nach Rücksprache mit den zuständigen Expert/innen nicht erforderlich.

 

 Zu den Fragen 13 bis 15:

Ø  Besteht derzeit ein Informationsaustausch zwischen Ihrem Ressort und der Luftfahrtindustrie bezüglich kontaminierter Kabinenluft?

Ø  Wenn ja, wie ist dieser ausgestaltet und welche Problembereiche wurden bisher behandelt?

Ø  Wenn nein, warum nicht?

 

Diesbezüglich darf ich auf die gesetzlichen Bestimmungen des Meldewesens über Vorfälle in der Zivilluftfahrt (LFG und ZMV) und den europäischen Vorgaben zur Erstellung von Rechtsakten auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene (Konsultationsverfahren) verweisen.