9435/AB XXIV. GP
Eingelangt am 19.12.2011
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0305-I/A/15/2011
Wien, am 19. Dezember 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 9594/J der Abgeordneten Tamandl, Höllerer, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Derzeit besteht keine Nachfolgeregelung zur Gütezeichenverordnung aus dem Jahr 1942, die Ende 2009 außer Kraft trat, weswegen es derzeit nicht möglich ist, neue Gütezeichen zuzulassen.
Grundlage für das AMA-Gütezeichen ist § 21a Abs. 2 des AMA-Gesetzes 1992 und dient vorrangig der Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und -sicherung landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Im Unterschied dazu ist Zweck einer gesetzlichen Grundlage für Gütezeichen die verlässliche Information der Verbraucher/innen über eine bestimmte genormte und durch Gütezeichen erkennbare definierte Qualität (über den gesetzlichen Mindestnormen) von Waren (einschließlich Lebensmittel) und Dienstleistungen, Transparenz hinsichtlich Kriterien und Procedere der Anerkennung, der Anwendung und der Kontrolle quer über alle Waren und Dienstleistungen, ein verlässliches und transparentes Kontrollregime sowie gleiche Zugangs- und Verwendungsbedingungen für alle interessierten Anwender/innen. Diese Grundvoraussetzungen für staatliche anerkannte Gütezeichen sollten daher meiner Ansicht nach in einem Gütezeichengesetz für alle Waren und Dienstleistungen einheitlich festgelegt werden.
§ 21a Abs. 2 AMA-G wäre durch ein neues, modernes Gütezeichengesetz meiner Ansicht nach nicht tangiert.
Frage 2:
§ 5 Abs. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. Nr. 13/2006 in der geltenden Fassung, verbietet das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit zur Irreführung geeigneten Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels (Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart).
Somit regelt § 5 Abs. 2 des LMSVG umfassend das Verbot der Irreführung.
Um der Irreführung durch Angaben auf diversen Lebensmitteln Einhalt zu gebieten, wurde im Rahmen der österreichischen Codexkommission ein Arbeitsteam zur Thematik „Täuschungsschutz“ eingesetzt. Die Aufgabe dieses Arbeitsteams ist es, Begriffsbestimmungen und Beurteilungsgrundsätze zu erarbeiten, um den Lebensmittelgutachter/innen ihre Beurteilung zu erleichtern, die Beurteilungsgrundsätze an die heutige Konsumentenerwartung im Zusammenhang mit Auslobungen und Kennzeichnungen auf Lebensmitteln anzupassen und Leitlinien für Lebensmittelunternehmer/innen zur Verfügung zu stellen. Das Arbeitsteam, das aus Vertreter/innen der beteiligten Verkehrskreise besteht, hat bereits im Frühjahr 2011 eine Leitlinie betreffend die Frage des Täuschungsschutzes bei Herkunftsangaben verabschiedet, die im Mai 2011 als Codex-Leitlinie mittels Erlass verlautbart wurde. Gegenwärtig wird an weiteren Konkretisierungen von täuschungsrelevanten Fragestellungen gearbeitet.
Fragen 3 und 4:
Zunächst ist festzuhalten, dass Gütezeichen von Handels- oder Herstellermarken zu unterscheiden sind; sie zeichnen sich durch ein definiertes handels- oder herstellermarkenübergreifendes Qualitätskriterium bzw. Set an Qualitätskriterien aus. Die Auslobung dieses Qualitätskriteriums bzw. Sets an Qualitätskriterien steht einer Vielzahl an Produzentinnen und Produzenten offen, welche daran ein Interesse haben. Das jeweilige Lastenheft wäre durch die im Gesetz zu definierende Behörde zu bestätigen, somit eine staatlich anerkannte Norm.
Zu den Aufgaben eines Gütezeichenbeirats, eingerichtet aufgrund eines neuen Gütezeichengesetzes, könnte die Beurteilung zählen, ob am Markt befindliche Wort-Bild-Marken als „Scheingütezeichen“ einzuordnen und damit mit dem Gütezeichengesetz unvereinbar sind. Dies würde auf transparentem und effizientem Wege helfen, den in der Anfrage angesprochenen „Zeichendschungel“ zu lichten.
Im Regierungsprogramm ist ein Gütezeichengesetz angedacht, das neue Qualitäts- und Kennzeichnungsregelungen bringen soll, welche von einer einzigen unabhängigen Stelle kontrolliert werden.
Durch dieses Gütezeichengesetz sollen insbesondere Maßnahmen zur Unterstützung der Qualitätssicherung – auch in der Lebensmittelproduktion - geschaffen werden.
Eine Hilfestellung für die Konsumentinnen und Konsumenten kann erst mit der Festmachung der Zuständigkeit im geplanten Gütezeichengesetz erfolgen. Markenrechtliche Fragen fallen weiterhin nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Gütezeichen sind freiwillige Auslobungsmodelle, die Finanzierung erfolgt privat.
Frage 5:
Die jeweils nach dem Bundesministeriengesetz für die Kennzeichnung der mit den entsprechenden Gütezeichen zu kennzeichnenden Waren und Dienstleistungen zuständigen Bundesminister/innen sollten auch für die Anerkennung von neuen Gütezeichen zuständig sein, gegebenenfalls in Einvernehmen mit anderen Bundesminister/innen, falls das Set an besonderen Eigenschaften, welches die Grundlage für das Gütezeichen darstellt, deren Zuständigkeit berührt. Im Entwurf eines Gütezeichengesetzes ist demnach angedacht, dass Gütezeichen auf dem Gebiet der Lebensmittel und kosmetischen Mittel bzw. für Dienstleistungen der Gemeinschaftsverpflegung bzw. Dienstleistungen der Gesundheitsförderung, als hierfür zuständig, von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit zugelassen werden, die bzw. der hierbei von einem Beirat beraten wird.
Frage 6:
Es ist vorgesehen, dass – wie auch im Biobereich und bei den EU-geschützten Bezeichnungen unabhängige akkreditierte Kontrollstellen die Einhaltung der hinterlegten Anforderungen an die Auslobung („Lastenheft“) kontrollieren.
Frage 7:
Die Dauer der Akzeptanz eines Gütezeichens ist von vielen Faktoren abhängig, u. a. vom Inhalt der Spezifikation, von der Größe und damit der Werbemacht der teilnehmenden Unternehmen und natürlich auch vom Zeitgeist, d.h. ob ein neues Gütezeichen die Vorstellungen der Verbraucher/innen von besonderen Qualitäten auch tatsächlich trifft. Daneben kann die Akzeptanz eines Gütezeichens steigen, wenn es z.B. von Dienstleistungen ausschreibenden öffentlichen Stellen als Ausschreibungskriterium (Mindestqualitätsanforderung) definiert wird. Würde das in der Anfrage als kaum bekannt genannte Gütezeichen der ÖGE für Großküchen häufiger als Kriterium bei Ausschreibungen für Verpflegungsdienstleistungen im öffentlichen Bereich wie z.B. für Kindergärten (wie z.B. in Wien der Fall) definiert, stiege dessen Bekanntheitsgrad sicherlich.
In Österreich ist als erfolgreiches Modell an die Auslobung von aus „gentechnikfreier Produktion“ stammenden Erzeugnissen zu denken. Die Kriterien dafür wurden auf Vorschlag der ARGE gentechnikfrei in einer Codex-Richtlinie unter Einbindung aller beteiligten Verkehrskreise festgelegt. Dieses Modell sollte eine Anerkennung als staatlich anerkanntes Gütezeichen erfahren auch für andere zeitgemäße Auslobungen angedacht werden.