9460/AB XXIV. GP
Eingelangt am 20.12.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9590/J der Abgeordneten August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen wie folgt:
Bevor ich auf die gestellten Fragen näher eingehe, möchte ich aus gegebenem Anlass einen wesentlichen Punkt der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (im Folgenden: BMS) hervorheben:
Die Art. 15a B-VG Vereinbarung des Bundes und der Länder über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (im Folgenden: Vereinbarung) hat keine Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern gebracht. Dies bedeutet insbesondere, dass die Länder gemäß Art. 12 iVm Art. 15 Abs. 6 B-VG nach wie vor in Gesetzgebung und Vollziehung für die BMS zuständig sind. Dies betrifft auch die Datenhoheit zur BMS.
Aus diesem Grund fällt die Beantwortung des überwiegenden Teiles der gegenständlichen Fragen nicht in den Wirkungsbereich meines Ressorts.
Frage 1:
Bemerkt wird, dass die Vereinbarung den Ländern keine Frist für die Umsetzung der BMS vorgegeben hat. Aus diesem Grund ist es zu einem unterschiedlichen Inkrafttreten der Landesgesetze gekommen.
Die BMS ist mittlerweile seit 1.10.2011 in allen Bundesländern umgesetzt.
Im Burgenland, in Niederösterreich, Salzburg und Wien ist die BMS mit 1.09.2010 in Kraft getreten. Anschließend folgten das Land Vorarlberg (8.12.2010) sowie Kärnten und Tirol (jeweils mit 1.01.2011). Zuletzt sind die Mindestsicherungsgesetze der Länder Steiermark (1.03.2011) und Oberösterreich (1.10.2011) in Kraft getreten.
In manchen Ländern wurden einzelne Bestimmungen rückwirkend mit 1.09.2010 in Kraft gesetzt.
Frage 2
Durch die der BMS zugrunde liegende Vereinbarung wurden in bestimmten Kernbereichen Mindeststandards festgelegt (Anspruchsberechtigung, Leistungen, Einsatz der eigenen Mittel und der Arbeitskraft, Kostenersatz und Verfahren).
Eine völlige Vereinheitlichung der Ländergesetze über diese Mindeststandards hinaus war von Bund und Ländern weder beabsichtigt noch hätte eine solche mit dem gewählten Instrument einer Art. 15a B-VG Vereinbarung erreicht werden können. Das Ziel war daher eine Harmonisierung der Landesgesetze.
Da - wie bereits erwähnt - die Zuständigkeit für die Gesetzgebung und Vollziehung der BMS bei den Ländern liegt, können die landesgesetzlichen Grundlagen durchaus Unterschiede aufweisen, soweit der vorgegebene Rahmen der Vereinbarung (= Mindeststandards) eingehalten wird.
Die Vereinbarung hält darüber hinaus ausdrücklich fest, dass es den Ländern unbenommen bleibt, großzügigere Leistungen und Rahmenbedingungen vorzusehen (Art. 2). Die Länder haben die erwähnten Spielräume auch genutzt (z.B. höhere Mindeststandards für Kinder), weshalb Unterschiede in den Gesetzen der Länder weiterhin bestehen.
Frage 3:
In allen Landesgesetzen sind Straf- und/oder Rückforderungsbestimmungen im Falle zu Unrecht bezogener Leistungen vorgesehen.
Fragen 4 und 5:
Gemäß Art. 12 (Zusatzleistungen) der Vereinbarung können die Länder für Sonderbedarfe, die durch die pauschalierten Leistungen (Mindeststandard und Wohnbedarf) nicht gedeckt sind, zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zumindest auf Grundlage des Privatrechts vorsehen. Die Gewährung von einmaligen Aushilfen (z.B. Übernahme von Miet- oder Energiekostenrückständen, Anschaffung von Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen oder Kühlschränken, Übernahme von Kosten für eine Säuglingsausstattung oder eines einfachen Begräbnisses) geht daher nicht über die Vereinbarung hinaus.
Soweit manche Länder z.B. Sonderzahlungen für Kinder (z.B. Salzburg) oder für dauernd erwerbsunfähige Menschen (Wien) gewähren, sind diese dem in der Vereinbarung verankerten Verschlechterungsverbot geschuldet. In allen Ländern - bis auf Kärnten - sind höhere Mindeststandards für Kinder verankert als in der Vereinbarung.
Frage 6:
Die Länder haben sich im Rahmen der Vereinbarung erstmalig zur Übermittlung einer Statistik verpflichtet. Diese Statistik ist Mitte des Jahres mit Daten für das vorangegangene Jahr zu übermitteln (Jahreszahlen und Stichmonat Oktober). Um ein einheitliches Verständnis der zu übermittelten Daten sicherzustellen, wurde gemeinsam mit den Ländern nicht nur der im Anhang zur Vereinbarung befindliche Statistikraster, sondern auch ein Glossarium entwickelt, das ebenfalls einen Teil der Anlage darstellt. Es ist daher davon auszugehen, dass damit die einheitliche Zählweise geklärt ist.
Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Übermittlung laufender oder anderer Daten als jener, die in der Statistikanlage vorgesehenen sind, besteht für die Länder nicht.
Fragen 7 und 8:
Wie die Länder unlängst einhellig anlässlich der konstituierenden Sitzung des Arbeitskreises Bedarfsorientierte Mindestsicherung unterstrichen haben, funktioniert die Zusammenarbeit sowohl mit den örtlichen Gebietskrankenkassen als auch den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservices (AMS). Diesem Befund kann ich mich anschließen. Die Kooperation fußt großteils auch auf Verwaltungsübereinkommen. Sollten vereinzelt Probleme entstehen oder entstanden sein, werden bzw. wurden diese bilateral gelöst. Im Übrigen ist es nicht außergewöhnlich, dass solche Probleme gerade in einer derart weitreichenden Umstellungsphase auftreten können.
Fragen 9 bis 11:
Wie bereits einleitend festgehalten, fällt die BMS in den ausschließlichen Wirkungsbereich der Länder und stellt daher keinen Vollzugsbereich meines Ressorts dar. Ein Monitoring im Sinne der gegenständlichen Anfrage ist auch in der Vereinbarung mit den Ländern nicht vorgesehen.
Es ist jedoch geplant, eines der Kernziele der BMS - nämlich die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben von BMS-Empfänger/inne/n - zu evaluieren. Über das Ergebnis der Studie kann nach deren Vorliegen berichtet werden. Die Statistik der Länder (s. Frage 6) wird ebenfalls publiziert werden. Darüber hinaus ist gemäß Art. 19 der Vereinbarung jedes zweite Jahr ein Arbeitskreisbericht über die Situation der bundesweiten BMS geplant, der das erste Mal 2012 erscheinen wird.
Fragen 12 und 13:
Für eine aussagekräftige Vergleichszahl muss die von den Ländern zu übermittelnde Statistik für das Jahr 2011 abgewartet werden, die erstmals in der zweiten Jahreshälfte 2012 zur Verfügung stehen wird (s. Frage 6).
Soweit bisher BezieherInnenzahlen kolportiert wurden, handelte es sich um vorläufige Monatsstatistiken der Länder, die auf Grund der offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Bekanntgabe noch nicht endgültig sein müssen bzw. im Jahresverlauf schwankende Ergebnisse aufweisen.
Wie die Länder anlässlich der Sitzung des Arbeitskreises Bedarfsorientierte Mindestsicherung berichteten, sind die BezieherInnenzahlen tendenziell im Steigen, insgesamt jedoch innerhalb des Rahmens der prognostizierten Schätzungen geblieben. Inwieweit dieser Anstieg direkt auf die Einführung der BMS zurückgeht bzw. (auch) von anderen Faktoren wie der Wirtschaftslage beeinflusst wird, ist nicht verifizierbar.
Fragen 14 und 15:
Ad Notstandshilfe:
Wie ich bereits in der Plenarsitzung des Nationalrats am 17.11.2011 ausgeführt habe, kann der Gesamtaufwand im Bereich der Arbeitsmarktpolitik seriös erst auf Basis der Evaluierung der BMS beziffert werden.
Ein Bestandteil der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern sind die Änderungen bei der Notstandshilfe: die Einführung eines Ergänzungsbetrages in der Höhe von 95% des zum Arbeitslosengeld gebührenden Ergänzungsbetrages und die Begünstigung bei der Anrechnung des Partnereinkommens, die dazu führt, dass das Gesamteinkommen der Partner nicht geringer ist als der Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare.
Das Bundesrechenzentrum hat den Mehraufwand für diesen Ergänzungsbetrag zur Notstandshilfe auf Basis der LeistungsbezieherInnendaten 2008 mit rund 68,2 Millionen Euro jährlich beziffert. Die Schätzung der finanziellen Auswirkungen bei den Anrechnungsbestimmungen, für die keine Datengrundlagen vorhanden waren, ergab einen Mehraufwand in Höhe von weiteren rund 10 Millionen Euro jährlich.
Nach einer Vergleichsrechnung des Bundesrechenzentrums betrug der tatsächliche Mehraufwand für den Zeitraum 1.09.2010 bis 31.08.2011 rund 74,4 Millionen Euro, also trotz Krise weniger als erwartet, der sich auf die Bundesländer wie folgt verteilt:
|
Bundesland |
Mehraufwand in Mio. € |
|
Burgenland |
2,0 |
|
Kärnten |
5,2 |
|
Niederösterreich |
12,2 |
|
Oberösterreich |
7,1 |
|
Salzburg |
2,3 |
|
Steiermark |
9,1 |
|
Tirol |
3,1 |
|
Vorarlberg |
2,1 |
|
Wien |
31,3 |
Die angeführten Beträge umfassen sowohl die ausgezahlte Notstandshilfe als auch die darauf entfallenden Aufwendungen für Sozialversicherungsbeiträge usw. (im Wesentlichen den Krankenversicherungsbeitrag sowie die Erstattung des Krankengeldes bis zum 56. Tag der Erkrankung).
Der für diese Begleitregelungen zur BMS kalkulierte Mehraufwand hat die tatsächlichen Mehrausgaben somit sehr präzise abgebildet.
Ad Länder:
Gemäß Art. 22 der Vereinbarung ist eine Evaluierung der finanziellen Auswirkungen der Einführung der BMS durch die Vertragsparteien durchzuführen. Diese Evaluierung ist im Jahr 2012 geplant. Im Zuge dieser Evaluierung wird es zu einer Gegenüberstellung der tatsächlichen Ausgaben der Länder im Jahr 2011 und der durch die Maßnahmen des Bundes (z.B. gesetzliche Krankenversicherung für BMS-BezieherInnen) bedingten Einsparungen auf Seiten der Länder kommen.
Hinsichtlich der Frage nach den Gesamtausgaben der Krankenversicherung verweise ich auf die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Gesundheit zur Anfrage Nr. 9591/J.
Frage 16:
Auch hier gilt, dass eine seriöse Erklärung erst nach der Evaluierung der finanziellen Auswirkungen gegeben werden kann.
Frage 17:
Die Ausgaben für die Notstandshilfe werden sich entsprechend der Entwicklung der LeistungsbezieherInnen darstellen.
Bezüglich der prognostizierten Gesamtausgaben in der Krankenversicherung verweise ich wiederum auf die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Gesundheit zur Anfrage Nr. 9591/J. Eine Prognose der Aufwendungen der Länder für das Jahr 2012 liegt mir nicht vor.
Frage 18:
Ende Oktober 2011 waren insgesamt 24.591 BMS-BezieherInnen beim AMS vorgemerkt (vorläufige Werte).
Frage 19:
Als arbeitssuchend werden beim AMS unselbständig Beschäftigte registriert, die einen anderen Arbeitsplatz suchen. Auf MindestsicherungsbezieherInnen trifft dies im Allgemeinen nicht zu.
Frage 20:
Beim AMS sind jene Personen nicht vorgemerkt, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen: Working poor, Kinder und Jugendliche (alleine diese Gruppe umfasst erfahrungsgemäß rund 30% der GesamtbezieherInnenzahl), nicht erwerbsfähige Personen und solche im Pensionsalter, pflegende Angehörige sowie Mütter mit Kleinkindern etc. Diese Personengruppen sind jedoch als Teil der GesamtbezieherInnenanzahl zu verstehen.
Frage 21:
Abgesehen von Einzelfällen ist die Zahl der von den Ländern dem AMS gemeldeten und den beim AMS vorgemerkten Bezieher/inne/n der BMS ident.
Frage 22:
Wie vielen der beim AMS gemeldeten BMS-BezieherInnen eine Maßnahme der Arbeitsmarktförderung angeboten wurde, ist aus folgender Tabelle zu entnehmen:
Angebot zur Teilnahme an Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung (Sept. 2010 bis Okt. 2011):
|
Bundesland |
Personen |
|
Burgenland |
565 |
|
Kärnten |
780 |
|
Niederösterreich |
3.976 |
|
Oberösterreich |
53 |
|
Salzburg |
1.338 |
|
Steiermark |
2.358 |
|
Tirol |
802 |
|
Vorarlberg |
719 |
|
Wien |
31.281 |
|
Österreich |
41.625 |
Frage 23:
Im Zeitraum September 2010 bis Oktober 2011 haben 30.326 Personen an einer AMS-Maßnahme teilgenommen bzw. eine Förderung und/oder Beihilfe erhalten. Der Unterschied ergibt sich aus verschiedenen Gründen: wer vor Maßnahmenbeginn eine Arbeit aufnimmt oder krank wird kann nicht teilnehmen, es werden mehrere Maßnahmen angeboten und davon die individuell am besten Passende ausgewählt, Maßnahmen kommen nicht zustande oder Personen erscheinen nicht zu einer zumutbaren Maßnahme, was zu Sanktionen führen kann (siehe Beantwortung Frage 29).
Teilnahme an einer Maßnahme der Arbeitsmarktförderung (Sept. 2010 bis Okt. 2011):
|
Bundesland |
Personen |
|
Burgenland |
377 |
|
Kärnten |
623 |
|
Niederösterreich |
2.607 |
|
Oberösterreich |
19 |
|
Salzburg |
914 |
|
Steiermark |
1.702 |
|
Tirol |
614 |
|
Vorarlberg |
459 |
|
Wien |
23.084 |
|
Österreich |
30.326 |
Frage 24:
Die Beteiligung der Bundesländer an Maßnahmen des AMS ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:
|
Bundesland |
Landesmittel (inkl. ESF – 3b der Länder) |
Anzahl der Projekte |
Anzahl BMS-Förderfälle |
|
Burgenland |
5.565,54 |
2 |
3 |
|
Kärnten |
228.568,40 |
18 |
154 |
|
Niederösterreich |
471.224,71 |
80 |
320 |
|
Oberösterreich |
451,63 |
1 |
1 |
|
Salzburg |
419.711,37 |
11 |
75 |
|
Steiermark |
247.072,30 |
40 |
308 |
|
Tirol |
128.646,18 |
15 |
154 |
|
Vorarlberg |
151.874,69 |
7 |
103 |
|
Wien |
19.358,70 |
2 |
38 |
|
Auswertung |
1.672.473,51 |
176 |
1156 |
Frage 25:
Die Anzahl der Vermittlungsvorschläge des AMS für BMS-BezieherInnen (Zeitraum September 2010 bis Oktober 2011) ist folgender Tabelle zu entnehmen:
Vermittlungsvorschläge des AMS für BMS-BezieherInnen (Sept. 2010 bis Okt. 2011):
|
Bundesland |
Personen |
|
Burgenland |
270 |
|
Kärnten |
438 |
|
Niederösterreich |
3.012 |
|
Oberösterreich |
20 |
|
Salzburg |
1.120 |
|
Steiermark |
1.405 |
|
Tirol |
695 |
|
Vorarlberg |
495 |
|
Wien |
19.907 |
|
Österreich |
27.362 |
|
Quelle: AMS Österreich |
|
Fragen 26 und 27:
Die Anzahl der Arbeitsaufnahmen von beim AMS gemeldeten Bezieher/inne/n der BMS 2010 bis Juli 2011 (aktuellere Daten sind wegen der notwendigen Nachbetrachtungszeiträume für nachhaltige Arbeitsaufnahmen und der Verzögerung, bis die Beschäftigungsdaten des Hauptverbandes der österr. Sozialversicherungsträger stabil zur Verfügung stehen, nicht verfügbar) sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
Anmeldung zur Beschäftigung beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger von Bezieher/inne/n der BMS (Sept. 2010 bis Juli 2011):
|
Bundesland |
Gesamt |
nachhaltige Beschäftigung (>= 1 Monat) |
|
Burgenland |
184 |
121 |
|
Kärnten |
421 |
231 |
|
Niederösterreich |
2.007 |
1.292 |
|
Oberösterreich |
24 |
14 |
|
Salzburg |
847 |
469 |
|
Steiermark |
926 |
486 |
|
Tirol |
592 |
392 |
|
Vorarlberg |
346 |
225 |
|
Wien |
12.593 |
7.833 |
|
Auswertung |
17.940 |
11.063 |
Die Dauer des vorangegangen Bezugs der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe wird vom AMS nicht erhoben und ist daher in der Auswertung auch nicht enthalten.
Frage 28:
Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung werden aus den unterschiedlichsten Gründen eingestellt, so beispielsweise wegen Arbeitsaufnahme, Krankenstand, Pension, Verhängung einer Sanktion, aber auch aus sonstigen Gründen (wie z.B. bei Rücklangen eines nicht behobenen Schreibens des AMS etc.). Nicht alle Einstellungen sind nachhaltig, weil sie nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wieder aufzuheben sind; in vielen Fällen mündet die ursprüngliche „Einstellung“ auch nur in einer Unterbrechung des Leistungsbezuges (z.B. bei kurzen Erkrankungen).
Im Hinblick auf die Vielfalt an Einstellungsgründen und die dadurch selbstverständliche bedingte Zuordnung zu den „sonstigen Einstellungsgründen“, aber auch auf Grund des Umstandes, dass Leistungsbezüge oft nur unterbrochen werden und der Einstellgrund im Nachhinein statistisch auch nicht mehr abfragbar ist, ist eine detaillierte Aufgliederung der Einstellungsgründe nicht möglich und wäre infolge der dargelegten Einschränkungen nicht aussagekräftig.
Frage 29:
Hier ist zwischen teilunterstützten BMS-Bezieher/inne/n und vollunterstützten BMS-Bezieher/inne/n zu unterscheiden.
Bei teilunterstützten BMS-Bezieher/inne/n wurde im Zeitraum von September 2010 bis einschließlich Oktober 2011 in 2.277 Fällen eine Sanktion wegen Nichtannahme einer Beschäftigung bzw. wegen Nichtantritt einer Schulungsmaßnahme ausgesprochen. In 7.616 Fällen kam es im gleichen Zeitraum zu einer Sanktion wegen Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung.
Bei vollunterstützten BMS-Bezieher/inne/n ist eine zahlenmäßige Aussage nicht möglich, weil das AMS den Trägern der Mindestsicherung keinen „Sperr“-Vermerk, sondern nur Sachverhaltsinformationen zur Verfügung stellt, die neben möglichen - zu einer Einstellung der Mindestsicherung führenden - Gründen auch andere für die Vollziehung der Mindestsicherung relevante Gründe umfassen. Die entsprechenden Textsegmente können automationsunterstützt nicht ausgewertet werden.
Sanktionen nach Bundesländern (Sept. 2010 bis Okt. 2011):
|
Bundesland |
§ 10 Sanktionen |
§ 49 Sanktionen |
insgesamt |
|
Burgenland |
22 |
72 |
94 |
|
Kärnten |
34 |
149 |
183 |
|
Niederösterreich |
239 |
602 |
841 |
|
Oberösterreich |
0 |
6 |
6 |
|
Salzburg |
165 |
305 |
470 |
|
Steiermark |
134 |
178 |
312 |
|
Tirol |
62 |
159 |
221 |
|
Vorarlberg |
44 |
104 |
148 |
|
Wien |
1.577 |
6.041 |
7.618 |
|
Österreich |
2.277 |
7.616 |
9.893 |
Frage 30:
Die Bezirksverwaltungsbehörden haben einerseits die Möglichkeit, über eine Portalsabfrage zum Einzelfall alle für die BMS relevanten Informationen der letzten drei Monate (auch mögliche Sanktionstatbestände) über EDV täglich abzufragen. Andererseits werden am 10. eines jeden Monates diese Informationen über einen standardisierten Datenaustausch (Batchlauf) den Bezirksverwaltungsbehörden übermittelt.
Fragen 31 bis 37, 43 und 44:
Da die BMS in den ausschließlichen Wirkungsbereich der Länder fällt, fallen diese Fragen nicht in den Vollzugsbereich meines Ressorts. Mir liegen daher keine dementsprechenden Daten zur Beantwortung der Fragen vor.
Wie die Länder jedoch anlässlich der konstituierenden Sitzung des Arbeitskreises Bedarfsorientierte Mindestsicherung betont haben, weist die BMS in puncto Missbrauch von Leistungen keine Auffälligkeiten gegenüber der früheren Sozialhilfe auf. Als positive Entwicklung durch die Einführung der BMS wurde in dem Zusammenhang vor allem der regelmäßige Datenaustausch zwischen den Sozialämtern und dem AMS beschrieben, der nunmehr ein unmittelbareres Reagieren auf allfälliges Fehlverhalten ermögliche.
Fragen 38 bis 42:
Diese Fragestellungen fallen in die Zuständigkeit des Landes Wien.
Von Gesetzes wegen steht gemäß § 4 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ein Anspruch auf Mindestsicherung nicht zu, wenn die Person bereits eine für Erwerbszwecke geeignete abgeschlossene Ausbildung oder eine Schulausbildung auf Maturaniveau hat und ihre Arbeitskraft allein deshalb nicht voll einsetzen kann, weil sie eine weiterführende Ausbildung absolviert.
Fragen 45 und 46:
Der Vollzug hinsichtlich der Krankenversicherung fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, sodass ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 9591/J durch den Herrn Bundesminister für Gesundheit verweise.
Frage 47:
Wie bereits zu Frage 2 festgehalten wurde, eröffnet die Vereinbarung den Ländern ausdrücklich die Möglichkeit, höhere Leistungen oder großzügigere Rahmenbedingungen vorzusehen als in der Vereinbarung verankert.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Länder davon ohne sachlichen Hintergrund Gebrauch gemacht haben. So ist etwa die Übernahme der tatsächlichen angemessenen Wohnkosten mit Rechtsanspruch in den Ländern Tirol und Vorarlberg den im Vergleich zu anderen Ländern hohen Mietkosten geschuldet. Auch die laufenden höheren Mindeststandards in Oberösterreich tragen insbesondere dem Verschlechterungsverbot Rechnung. Dasselbe gilt für die Sonderzahlungen für Kinder in Salzburg. In Niederösterreich wurde aus sozialen Erwägungen auf den Kostenersatz auch bei Ehegatten verzichtet.
Im Übrigen wäre anzumerken, dass die Länder gemäß § 2 Finanz-Verfassungsgesetz (F-VG 1948) den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, selbst tragen müssen. Dies gilt auch für die BMS und wurde in der Beilage zum Paktum zum Finanzausgleich 2008 betreffend Mindestsicherung in Pkt. 11 (Finanzierung) noch einmal bekräftigt.
Exkurs Wien:
Zu der immer wieder angezogenen Debatte rund um die Personenzahlen des Landes Wien im Verhältnis zum Land Niederösterreich möchte ich Folgendes feststellen:
Der Umstand, dass das Land Wien gegenüber dem Land Niederösterreich überproportional viele LeistungsbezieherInnen hat, ist nichts Neues und steht in keinem Zusammenhang mit der Einführung der BMS. Dies kann anhand der Aufzeichnungen von Statistik Austria bis in die 1990er Jahre nachvollzogen werden. Die Personendominanz Wiens ist somit ein jahrzehntelanges Faktum und hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Diese Faktoren, die im Übrigen auch innerhalb eines Landes (Stadt-Landgefälle) auftreten können, führen dazu, dass die Sozialhilfedichte im urbanen Bereich generell am größten ist. Dazu gehören etwa:
· Zuzug aus dem ländlichen Bereich zur Arbeitsuche
· höhere Wohnkosten
· Anonymität der Stadt: diese erleichtert die Antragsstellung im Vergleich zum ländlichen Bereich (Stichwort Verzicht auf Leistung aus Scham und Angst vor Stigmatisierung)
· schwächere familiäre Unterstützungsstrukturen (Stichwort: Singularisierung der Haushalte im städtischen Umfeld)
· stärkere Ausprägung des nach höher qualifizierten ArbeitnehmerInnen verlangenden Dienstleistungssektors im urbanen Bereich und insbesondere in Wien: diese erschwert den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben von schlecht qualifizierten BMS-Bezieher/inne/n
· höhere Arbeitsmarktkonkurrenz.
Hinzu kommt im Falle Wiens, dass im Vergleich zum Land Niederösterreich traditionell etwa auch einkommensschwachen Pensionistenhaushalten eine Mietzinsbeihilfe aus dem Titel der Sozialhilfe gewährt wird und gerade für Menschen mit Behinderungen günstigere Bestimmungen existieren. Diese Rahmenbedingungen wurden im Zuge der Einführung der BMS im Sinne des Verschlechterungsverbotes und aus sozialen Erwägungen nicht angetastet. Wien gewährt weiters den höchsten Mindeststandard für Kinder.