9564/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.12.2011
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.ª Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

           

           

 

              

 

GZ: BMI-LR2220/1037-II/10/2011

 

 

Wien, am       . Dezember 2011

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben am 31. Oktober 2011 unter der Zahl 9670/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Rassistisch motivierte Übergriffe in Ainet/Osttirol“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Die telefonische Anzeigeerstattung erfolgte am 1. August 2009, um 23:57 Uhr. Eine weitere telefonische Anzeige langte am 2. August 2009, um 00:07 Uhr, ein.

 

Zu Frage 2:

Die Sektorstreife Lienz ist 12 Minuten nach der ersten Anzeigeerstattung, somit am
2. August 2009, um 00:09 Uhr, eingetroffen.


Zu Frage 3:

Es waren drei Streifen mit je 2 Beamten vor Ort. Die Sektorstreife Lienz von 00:09 bis
00:30 Uhr, die Verkehrstreife des Bundespolizeikommandos Lienz von 00:15 bis 00:30 Uhr und die Sektorstreife Matrei von 00:25 bis 00:30 Uhr.

 

Zu den Fragen 4 bis 26, 28 bis 48, 56 bis 58 und 63 bis 71:

Beim Eintreffen der Sektorstreife Lienz am alten Sportplatz in Ainet wurden zahlreiche Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma bei ihren Wohnwägen angetroffen. Vier Jugendliche, die sich beim Annähern der Polizei vom Gelände entfernen wollten, wurden von der Streife angehalten, perlustriert und namentlich dokumentiert.

 

Der Sprecher der Roma, (Nationale bekannt) erklärte in deutscher Sprache, dass unbekannte Jugendliche gegen die Fenster der Wohnwägen geklopft hätten, es sei aber niemand verletzt und auch keine Sachen beschädigt worden. Jedoch wären mögliche Ausschreitungen befürchtet worden.

 

Da sowohl die beiden Sprecher der Roma, in deutscher Sprache, als auch die vier Jugendlichen übereinstimmend angaben, dass es keine Handgreiflichkeiten, Be-schimpfungen oder sonstige Auseinandersetzungen gegeben habe, von den einschreitenden Beamten weder Stangen am Gelände vorgefunden noch Beschädigungen an den Wohn-wägen festgestellt werden konnten und die Sprecher der Roma keine Anzeige erstatten, sondern auf eigenen Wunsch sogleich weiterfahren wollten, wurden die Personal- und Fahrzeugdaten der anwesenden Roma nicht erhoben.

 

Nachdem keine strafbaren Handlungen begangen oder behauptet wurden bzw. durch die einschreitenden Beamten festgestellt werden konnten und somit keine weiteren polizeilichen Maßnahmen erforderlich waren, wurde die polizeiliche Intervention am 2. August 2009, um 00:30 Uhr, beendet.

 

Aufgrund mehrfacher Vorwürfe in den Medien wurden die Ermittlungen neuerlich aufgegriffen und die vier Jugendlichen am 17. August 2009 einvernommen. Auch aus den Ver-nehmungen konnten keine Anhaltspunkte für ein verwaltungs- oder strafrechtliches Fehl-verhalten der vier Jugendlichen gewonnen werden.

 

Im Zuge der Erhebungen meldete sich ein weiterer Jugendlicher, der zum Zeitpunkt des Eintreffens der Streife den Stellplatz bereits verlassen hatte. Dieser gab an, dass er in ziemlich alkoholisiertem Zustand bei den Wohnwägen vorbeigegangen sei und aus „Jux“ mit der flachen Hand, aber nicht mit einem Holzstock oder einer Eisenstange gegen einen Wohnwagen geklopft habe. Diese Aussage wurde von einem Zeugen bestätigt. Der Jugendliche wurde daraufhin der Bezirkshauptmannschaft Lienz angezeigt.

 

Weder die Einvernahme jener Gemeindebürgerin in Ainet, die in einem Leserbrief in der Tiroler Tageszeitung vom 24. August 2009 mehrere Vorwürfe erhoben hatte, noch die Befragung von 19 Zeugen, die sich teilweise am Sportfest aufgehalten haben, brachten über Vermutungen und Spekulationen hinaus fundierte Erkenntnisse über allfällige strafbare Handlungen, die gegenüber der Minderheit der Roma in der besagten Nacht begangen bzw. gesetzt wurden.

 

Auch der Bürgermeister der Gemeinde Ainet bestätigte in einem Gespräch, die Vertreter der Roma haben im Zuge der Rückerstattung der hinterlegten Kaution ihm gegenüber beteuert, dass die Wohnwägen in der Nacht nicht beschädigt worden seien. Bei einem Wohnwagen sei lediglich eine konvexe Plexiglasscheibe nach innen gedrückt gewesen, welche jedoch mit einem Handgriff und ohne einen Schaden zu hinterlassen wieder in die ursprüngliche Position gebracht werden konnte.

 

Die Ermittlung der Fahrzeugdaten über die Aufzeichnungen der Verkehrskameras am Felbertauern scheiterte an der technischen Auswertbarkeit durch den Betreiber der Anlage.

 

Nach Abschluss der Ermittlungen wurde der Staatsanwaltschaft Innsbruck ein Abschlussbericht vorgelegt.

 

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat das Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen §§ 105 u.a. Strafgesetzbuch am 11. November 2009 gem. § 190 Abs. 2 Strafprozess-ordnung eingestellt.

 

Zu Frage 27:

Keine.

 

Zu den Fragen 49 bis 51:

Nein.

 

Zu Frage 52:

Eine Person.

 

Zu Frage 53:

19 Personen.


Zu Frage 54:

Keine.

 

Zu Frage 55:

Nein.

 

Zu den Fragen 59 und 60:

Ja.

 

Zu den Fragen 61 und 62:

Das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) wurde am 26. August 2009 über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Das BIA sprach sich jedoch am 27. August 2009 für das Führen von weiteren Ermittlungen durch den Kommandanten des Bezirkspolizeikommandos Lienz aus.

 

Zu Frage 72:

Die Polizeiinspektion Lienz wurde am 20. August 2009 von der Staatsanwaltschaft Innsbruck beauftragt, die Vorwürfe gegen unbekannte Täter wegen §§ 105 Abs. 1, 106, 125, 126 Z 1, 275 und 283 Strafgesetzbuch zu untersuchen.

 

Am 14. September 2009 wurde der Auftrag dahingehend erweitert, auch die Vorwürfe gegenüber der Polizei in die Ermittlungen einzubeziehen.

 

Um die Kennzeichen der Fahrzeuge der Roma nachträglich zu ermitteln, wurde das Bezirkspolizeikommando Lienz am 1. Oktober 2009 von der Staatsanwaltschaft Innsbruck beauftragt, nach Möglichkeit relevante Lichtbilder der Verkehrskameras am Felbertauern einzuholen.