963/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.04.2009
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Parlament
1010 Wien
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GZ: BMASK-460.002/0011-III/8/2009 |
Wien, |
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Betreff: |
Parlamentarische Anfrage Nr. 859/J |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 859/J der Abgeordneten Kickl, Neubauer, Ing. Hofer u.a. betreffend Mindestlohn wie folgt:
Bevor ich auf die Fragen im Einzelnen eingehe, möchte ich betonen, dass die kollektivvertragliche Lohnpolitik im autonomen Verantwortungsbereich der kollektivvertragsfähigen Verbände der ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen liegt.
Dessen ungeachtet beobachtet mein Ressort natürlich die Lohnpolitik und deren Entwicklung. Die nachfolgenden Antworten beruhen auf den bei meinem Ressort gemäß Arbeitsverfassungsgesetz hinterlegten und kundgemachten Kollektivverträgen, da gemäß § 11 leg. cit. ein Kollektivvertrag erst mit der Kundmachung Normwirkung erzeugt.
In diesem Zusammenhang ist darauf hin zu weisen, dass Kollektivverträge in der Praxis regelmäßig erst eine gewisse Zeit nach ihrem Abschluss hinterlegt und kundgemacht werden, um dann rückwirkend mit dem vereinbarten Wirkungsbeginn in Kraft zu treten. Es ist daher zwingend, dass in der folgenden Beantwortung Kollektivverträge, die zwar bereits abgeschlossen, aber noch nicht hinterlegt und kundgemacht worden sind, nicht berücksichtigt werden können, da darüber meinem Ressort naturgemäß keine Informationen vorliegen.
Frage 1:
Es sind zwar ganz entscheidende Fortschritte zu beobachten, aber es gibt immer noch einige wenige vereinzelte Bereiche mit einem kollektivvertraglichen Mindestlohn unter 1.000,-- €. Eine Auflistung meines Ressorts aus 2006, die noch 40 Kollektivverträge (zum Teil für ArbeiterInnen oder Angestellte, zum Teil für beide Gruppen) mit einem niedrigeren Mindestlohn enthalten hat, hat sich bis März 2009 auf nur noch 3 Kollektivverträge reduziert.
Mit zu berücksichtigen sind allerdings auch jene Bereiche, in denen es – österreichweit oder in einzelnen Bundesländern - keinen Kollektivvertrag und daher auch keine Mindestlohnregelung gibt. Als Beispiel kann hier die Abfallwirtschaft genannt werden, die für ArbeiterInnen keinen Kollektivvertrag kennt.
Als weiteres Beispiel kann der Bereich der Angestellten bei Notaren dienen: Während in den Bundesländern Wien, Burgenland und Niederösterreich mit 1. 4. 2008, in Oberösterreich mit 1. 3. 2008 und in Tirol und Vorarlberg mit 1. 1. 2008 die kollektivvertraglichen Mindestentgelte über 1.000,-- € liegen, existiert in den Bundesländern Salzburg und Kärnten überhaupt keine kollektivvertragliche Regelung und in der Steiermark stammt die letzte Regelung aus 1992. Ähnliches gilt für den Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Fotografengewerbe: hier gibt es nur in Niederösterreich einen Kollektivvertrag – dieser setzt die Mindestlohnvereinbarung um – nicht aber in den anderen acht Bundesländern.
Aus meiner Sicht sind weiters jene Bereiche, in denen es zwar dem Grunde nach Kollektivverträge gibt, diese aber zuletzt vor 10 Jahren oder länger angepasst worden sind, in lohnpolitischer Hinsicht wie Bereiche ohne Kollektivvertrag zu bewerten. Als Beispiel verweise ich auf den – bundesländerweise getrennt geregelten - Kollektivvertrag für ArbeiterInnen in der Branche Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure, der aus 1991 bzw. 1992 stammt.
Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass in den Bereichen, in denen vom Bundeseinigungsamt Mindestlohntarife erlassen werden, die endgültige Realisierung des Mindestlohns von 1.000,- € mit 1.1.2010 erfolgt.
Frage 2:
Nein, meinem Ressort liegt kein solcher Generalkollektivvertrag vor. Im Hinblick auf die eingangs bereits betonte Kollektivvertragsautonomie fällt die Frage nach dem Grund bzw. der zeitlichen Planung nicht in meinen Verantwortungsbereich.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber darauf verweisen, dass ein zwischen dem Österreichischen Gewerkschaftsbund und der Wirtschaftskammer Österreich geschlossener Generalkollektivvertrag nur für die von der Wirtschaftskammer repräsentierten Wirtschaftszweige gelten würde und nicht für Wirtschaftszweige außerhalb der Zuständigkeit der Wirtschaftskammer Österreich.
Frage 3:
Soweit sich die Frage auf einen „Mindestsatz der Notstandshilfe“ bezieht, geht sie ins Leere, da es bei der Notstandshilfe – als vom Arbeitslosengeld abgeleitete Leistung – keine solche Mindesthöhe gibt.
Frage 4:
Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, ist der Mindestlohn noch nicht in allen (aktuellen) Kollektivverträgen umgesetzt.
Es sind dies:
- Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Konditorengewerbe in den Bundesländern Wien und Niederösterreich,
- Kollektivvertrag für ArbeiterInnen in einigen kleineren Sparten der Bekleidungsindustrie Österreichs,
- Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Verlagswesen.
Fragen 5 und 6:
Dieses Problem sehe ich nicht. Die Mindestlohnvereinbarung gilt gerade nicht nur für Vollzeitbeschäftigte, sondern besagt vielmehr, dass für eine Beschäftigung auf Vollzeitbasis der Mindestlohn bei 1.000,-- € liegen soll; daraus ergibt sich aber zwingend der Schluss – und so erfolgte auch die Umsetzung in den Kollektivverträgen – dass der sich daraus ergebende Stundenlohn sowohl für Vollzeit- als auch für Teilzeitbeschäftigte gilt.
Legt ein Kollektivvertrag den Mindestlohn auf Monats- oder Wochenbasis fest, so ist eben die Entlohnung für eine Teilzeitbeschäftigung mittels einer entsprechenden Aliquotierung zu berechnen. Es ist daher mathematisch nicht möglich, dass der so errechnete Stundenlohn für Teilzeitbeschäftigte niedriger ist als der Stundenlohn für Vollzeitbeschäftigte. Dass dies überdies auch rechtlich unzulässig wäre, ergibt sich aus § 19d Abs. 6 des Arbeitszeitgesetzes.
Frage 7:
Dazu liegen meinem Ressort keine Daten vor. Es ist zu berücksichtigen, dass für eine solche Erhebung nicht nur notwendig wäre zu prüfen, wie viele Beschäftigte einem Kollektivvertrag unterliegen - was schon im Hinblick auf Unternehmen mit mehreren Gewerbeberechtigungen nur in einer Einzelfallprüfung möglich wäre - sondern darüber hinaus auch, in welchen Verwendungsgruppen diese eingestuft sind, da in allen Fällen, in denen bis 1.1.2009 noch Löhne unter 1.000,-- € zu finden waren, dies nur einzelne Lohngruppen eines Kollektivvertrags betraf.
Frage 8:
In der zu Frage 1 erwähnten Auflistung von Kollektivverträgen unter 1.000,-- € waren im „Textil und Leder“-Sektor mehrere Kollektivverträge enthalten, diese betrafen praktisch alle Sparten der Bekleidungsindustrie und des Bekleidungsgewerbes, des Kürschnergewerbes und ähnliche Gewerbe, weiters den Bereich der Schuhmacher sowie der Leder erzeugenden und der Leder verarbeitenden Industrie. In praktisch all diesen Kollektivverträgen – ausgenommen einige wenige kleinere Sparten der Bekleidungsindustrie wie z.B. der Schirmindustrie (und hier geht es im Wesentlichen um die Einstufung von Anlernkräften am Beginn der Beschäftigung) – ist der Mindestlohn von 1.000,-- € realisiert worden.
Im Dienstleistungssektor fällt vor allem auf, dass im Bereich der Angestellten bei Ärzten das Mindestentgelt von 1.000,-- € durchwegs in den Kollektivverträgen verankert wurde (zuletzt in Oberösterreich und Kärnten mit 1.1.2009), während dies bei den Angestellten bei Rechtsanwälten nur in Tirol und Wien erfolgt ist. Hier zeigt sich auch, ähnlich dem Bereich der bereits oben dargestellten Situation hinsichtlich der Angestellten bei Notaren, dass das Defizit vor allem in jenen Bundesländern gelegen ist, in denen es seit Jahren bzw. Jahrzehnten keinen Kollektivvertragsabschluss gegeben hat.
Klare Verbesserungen gab es auch im Bereich der Kinos, in denen in allen Bundesländern – außer Salzburg, Vorarlberg und Burgenland, wo es keinen (aktuellen) Kollektivvertrag gibt – die zum Teil eklatant niedrigen Löhne auf 1.000,-- € angehoben wurden.
Besonders hervorzuheben sind schließlich die Kollektivverträge (ArbeiterInnen) für das Textilreinigergewerbe und für Friseure, in denen ebenfalls die Umsetzung der 1.000,-- - Mindestlohnvereinbarung erfolgte.
Mit freundlichen Grüßen