9697/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.01.2012
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

BM

 

                                          BMWF-10.000/0305-III/4a/2011

 

Frau                                                                                                                              

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Wien, 12. Jänner 2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9958/J-NR/2011 betreffend universitäre
Demokratie in Gefahr – Rektorswahl an der Kunstuniversität Graz, die die Abgeordneten
Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen am 18. November 2011 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu Frage 1:

Völlig außer Streit gestellt ist, dass gemäß Artikel 81c Bundes-Verfassungsgesetz den
öffentlichen Universitäten Autonomie zukommt, die allerdings im Rahmen der Gesetze
auszuüben ist. Auf Grund der §§ 9 und 45 Universitätsgesetz 2002 unterliegen die Universitäten der Aufsicht des Bundes, womit die Überprüfung der Einhaltung der Gesetze, Verordnungen einschließlich der Satzung gemeint ist. Dieses Aufsichtsrecht umfasst nicht nur die Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie oft irrtümlich angenommen. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung respektiert selbstverständlich den selbständigen Wirkungsbereich der Universitäten und beabsichtigt keinesfalls in den autonomen Wirkungsbereich der Universitäten einzugreifen. Autonomie bedeutet jedoch nicht, dass die Universitäten im rechtsfreien Raum agieren können, rechtlicher Rahmen der Autonomie sind die entsprechenden Gesetze – vor
allem das Universitätsgesetz 2002. Für die Bestellung bzw. Wiederbestellung eines Rektors oder einer Rektorin sind die einschlägigen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002, auch jene betreffend die Säumnis (§ 47 Universitätsgesetz 2002), anzuwenden. Diese gesetzlichen Bestimmungen sehen für die Wahl der Rektorin oder des Rektors einer Universität ein
Zusammenwirken der obersten Organe der Universität, nämlich von Universitätsrat und Senat vor. Kommt aber ein Zusammenwirken nicht zustande und kommt es dabei zu Rechtsverstößen, so hat das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu handeln und gegebenenfalls den rechtmäßigen Zustand herzustellen.

 

Zu Frage 2:

Gemäß § 23a Abs. 2 Z 3 UG hat die Findungskommission einen Vorschlag für die Wahl der Rektorin oder des Rektors zu erstellen. Dieser Vorschlag hat die drei für die Besetzung der Funktion am besten geeigneten Kandidat/inn/en zu enthalten. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass durch die Findungskommission ein Dreiervorschlag zu erstellen ist. Davon kann nur in Ausnahmefällen abgegangen werden, so z.B. dann, wenn die betreffenden
Kandidat/inn/en die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Funktion der Rektorin oder des Rektors bzw. die Ausschreibungskriterien nicht erfüllen.

 

Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit der Erstellung des
Dreiervorschlags durch den Senat vom April 2011 der „Einervorschlag“ des Universitätsrats, der nur deshalb notwendig geworden ist, weil die Findungskommission sich nicht einigen konnte und deshalb säumig wurde, im weiteren Verfahren keine rechtliche Relevanz mehr entfaltet.

 

Zu Frage 3:

Wird in die Kompetenzen eines Organes der Universitäten, zu denen auch die Senate gehören, rechtswidrig eingegriffen, so hat der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung als
Aufsichtsorgan den gesetzmäßigen Zustand mittels aufsichtsbehördlichen Bescheids
herbeizuführen.

 

Zu Frage 4:

Sollten tatsächlich die zuständigen Organe einer Universität betreffend Bestellung oder
Wiederbestellung eines Rektors oder einer Rektorin säumig werden und die Zuständigkeit
infolgedessen auf den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung übergehen, so sollten jedenfalls der Senat und der Universitätsrat beim Bestellungsverfahren angehört werden.

 

Zu Frage 5:

Dazu ist festzuhalten, dass kein Anspruch von Universitätsorganen bzw. Universitäts-angehörigen besteht, dass das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ein
aufsichtsbehördliches Verfahren einleitet und durchführt. Der Universitätsrat hat keine Aufsicht über den Rektor. In dieser Angelegenheit wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung kein aufsichtsbehördliches Verfahren eingeleitet.

 

Der Bundesminister:

o. Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle e.h.