973/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.04.2009
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-12.000/0004-I/PR3/2009    

DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

Wien, am     . April 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Schatz, Freundinnen und Freunde haben am 25. Februar 2009 unter der Nr. 1070/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Berücksichtigung der Beschäftigungsbedingungen im geplanten Postmarktgesetz gerichtet. Diese Anfrage beehrte ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Ø      Warum gibt es bis heute kein Postmarktgesetz in Österreich? Warum sind Regelungen wie die Universaldienstverordnung oder Auflagen für neue Marktteilnehmer so ungenau und enthalten keine klaren qualitativen Mindestansprüche für Beschäftigung? Was sind die Gründe für die Verzögerungen?

Ø      Im Herbst wurde anlässlich der sich verschärfenden Situation die Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes seitens Ihres Ministeriums erneut angekündigt und für Frühling 2009 versprochen. Wie weit ist der Entwurf bereits gediehen, wann ist mit seiner Fertigstellung zu rechnen? Wer nimmt an der Erstellung des Entwurfs teil? Welche Interessensgruppen sind eingebunden? Was werden die wesentlichen Eckpunkte dieses Entwurfes sein?

 

Die Frist für die Umsetzung der EU-Postrichtlinie (2008/6/EG) ist der 01. Jänner 2011.

Das Postmarktgesetz ist derzeit in Ausarbeitung. Es ist geplant, den Entwurf dieses Gesetz in der 1. Jahreshälfte 2009 dem Begutachtungsverfahren zuzuleiten.

Im Zuge dieses Verfahrens werden alle Interessensgruppen Stellung nehmen können.


Wesentliche Eckpunkte des Entwurfes werden die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Post-Universaldienstleistungen und klare Wettbewerbsregelungen sein.

 

 

Zu Frage 3:

Ø      Wie stehen Sie zur Einrichtung eines Ausgleichsfonds zwischen allen Anbietern am Postmarkt für die Erbringung des Universaldienstes nach der Liberalisierung? Gibt es schon konkrete Vorschläge dazu?

 

Für die Finanzierung des Universaldienstes sieht die EU-Richtlinie unterschiedliche Möglichkeiten vor, wie z.B. Einzahlungen aller am Postmarkt tätigen Unternehmen in einen Universaldienstfonds – abhängig von ihrem Marktanteil. Eine solche Regelung besteht derzeit schon im Telekommunikationsgesetz.

 

 

Zu Frage 4:

Ø      Wie stehen Sie zu mehr und genaueren Auflagen (als die bisherige Anzeigepflicht) für private Anbieter? Könnten Sie sich vorstellen in einem Lizenzierungsverfahren ähnlich wie in Deutschland auch Auflagen für Beschäftigungsverhältnisse im Postdienstsektor festzulegen? (In Deutschland gilt der Passus „ähnliche Verhältnisse wie beim Universaldienstleister“, darunter könnten z.B. Anstellungsverhältnisse fallen) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

 

Vorschläge betreffend Auflagen für Postdiensteanbieter werden derzeit hinsichtlich ihrer Umsetzung auf ihre verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit geprüft. Das Ergebnis wird im Entwurf zum Postmarktgesetz zu finden sein.

 

 

Zu den Fragen 5, 6 und 8:

Ø      Haben Sie andere Vorschläge zur Eindämmung des Lohn- und Sozialdumpings im Postdienstsektor und zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen? Wie wollen Sie faire und einheitliche Rahmenbedingungen für Beschäftigung im liberalisierten Postmarkt garantieren?

Ø      Das Lohn- und Sozialdumping findet derzeit im Postdienstsektor vor allem durch die Umgehung regulärer Beschäftigungsverhältnisse statt. 90% der Beschäftigten bei den privaten Anbietern sind selbstständig und zu sehr niedrigen Einkommen beschäftigt. ZulieferInnen werden zum Teil nach Stück bezahlt und müssen die Transportkosten selbst übernehmen. Sehen Sie diese Form der Selbstständigkeit als adäquat an? Was wollen Sie unternehmen, um diesen „Wildwuchs“ an Beschäftigungsverhältnissen zu regulieren?

Ø      Die im Jänner 2009 präsentierte EU-weite ECORYS Studie zur Postmarktliberalisierung zeigt für Österreich einen massiven Rückbau der Beschäftigung und eine starke Zunahme an atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Teilzeitarbeit und das Ersetzen der Stammbelegschaft durch LeiharbeiterInnen auf. Arbeitsplatzverluste bei der Post AG konnten in Österreich nicht durch Arbeitsplatzgewinne bei neuen Konkurrenten wettgemacht werden. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse der Studie? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

 

Das Postmarktgesetz wird sich eingehend mit den Fragen des Wettbewerbs befassen.

Die Ergebnisse der ECORYS Studie sind nicht erfreulich. Selbstverständlich ist, dass die Liberalisierung des Postmarktes in Österreich nicht zu Lasten der Arbeitnehmer/innen gehen darf; das neue Postmarktgesetz soll faire und ausgewogene Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer schaffen und damit auch prekären Arbeitsverhältnissen bei Postdienstanbietern entgegenwirken.

Im Übrigen darf ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 846/J durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.

 

 

Zu Frage 7:

 

Ø      Wie wollen Sie für Mindeststandards bei Bezahlung und Beschäftigungsform des Personals bei Subunternehmen und den Konkurrenten der Post AG und innerhalb der Post AG sorgen? Glauben Sie, dass hier ein Branchen-KV genug ist, um Abhilfe zu schaffen?

 

Bessere Möglichkeiten als einen Branchen-Kollektivvertrag (KV) sehe ich derzeit nicht, da eine gesetzliche Regelung im Postmarktgesetz nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Im Übrigen darf ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 846/J durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.

 

 

Zu Frage 9:

Ø      Wie wollen Sie konkret den angekündigten Personalabbau der Post AG für 2009 verhindern?

 

Es liegt nicht im Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Personalmaßnahmen der Post zu beeinflussen.

 

 

Zu Frage 10:

Ø      Wie stehen Sie zu den Forderungen einer eigenen „Personalagentur“ der ÖIAG für alle ehemals verstaatlichen Betriebe? Haben Sie andere Lösungsvorschläge für nicht mehr benötigte zum Teil hochqualifizierte BeamtInnen?

 

In Bezug auf die Österreichische Post AG bezieht sich diese Frage nicht auf Akte der Vollziehung im Sinne des Art. 52 Abs. 1 B-VG. Eine allfällige Personalagentur, wie sie in der Frage 10 angeführt ist, liegt nicht im Kompetenzbereich des BMVIT.

Im Übrigen darf ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 846/J durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.

 

 

Zu Frage 11:

Ø      Wie stehen Sie zu folgenden Empfehlungen für politische Begleitmaßnahmen der EU-Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG „im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft“? Wie gedenken Sie diese umzusetzen?

Ø      a) Die Empfehlung: „harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz“ (Abs. 6 RL)?

Ø      b) Die Empfehlung: „Erhaltung dauerhafter und qualifizierter Arbeitsplätze bei den Universaldienstanbietern und die Schaffung neuer Arbeitsplätze bei anderen Betreibern, neuen Marktteilnehmern sowie in den Wirtschaftszweigen im Umfeld des Postsektors zu erleichtern, was jedoch nicht zu unlauterem Wettbewerb führen sollte.“ (Abs. 16 RL 2008/6)?

Ø      c) Die Empfehlung: „Bei Bedarf können die Mitgliedstaaten Arbeitsbedingungen in ihren Genehmigungsverfahren unter Beachtung der Grundsätze der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen“ (Abs. 53 RL 2008/6)?

 

Die Empfehlungen der EU-Richtlinie unterstütze ich voll und bin bemüht, sie im Postmarktgesetz – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten – umzusetzen.

Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen unterstütze ich die Bemühungen um einen Branchen-KV, der jedoch mangels rechtlicher Möglichkeiten nicht im Rahmen des Postmarktgesetzes umgesetzt werden kann, sondern in der Sphäre der Sozialpartner liegt.