9732/AB XXIV. GP
Eingelangt am
16.01.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
|
|
BMJ-Pr7000/0307-Pr 1/2011 |
||
|
|
|
Museumstraße 7 1070 Wien
|
|
|
Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
|
|||
|
|
|||
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 9804/J-NR/2011
Die Abgeordneten zum Nationalrat Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „statistische Angabe bezüglich bedingte Entlassungen sowie bedingte Entlassung von Sexualstraftätern ohne gesicherte Therapie“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Ich verweise auf die erst vor wenigen Monaten aus Anlass der schriftlichen Anfrage Zl. 8408/J-NR/2011 vom 29. April 2011 an mich durchgeführte Sonderauswertung, wonach bis 8. Mai 2011 die nachstehenden bedingten Entlassungen aus Strafhaften wegen der jeweils genannten führenden Delikte erfolgten (eine Mehrfachzählung derselben Person mit mehreren bedingten Entlassungen ist möglich; ebenso aufgrund der unterschiedlichen Abfragezeitpunkte und der erforderlichen händischen Nachpflege der Rohdaten geringfügige Abweichungen zu früheren Auswertungen):
|
Führendes Delikt |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
Gesamtergebnis |
|
Delikt gegen die Freiheit |
110 |
135 |
133 |
151 |
40 |
569 |
|
Delikt gegen die sexuelle Integrität |
86 |
123 |
122 |
135 |
37 |
503 |
|
Delikt gegen Leib und Leben |
193 |
289 |
313 |
285 |
108 |
1188 |
|
Sonstiges Delikt oder unklare Eingabe |
209 |
308 |
295 |
319 |
111 |
1242 |
|
Suchtmitteldelikt |
398 |
581 |
492 |
401 |
170 |
2042 |
|
Vermögensdelikt |
772 |
1272 |
1316 |
1423 |
465 |
5248 |
|
Gesamtergebnis |
1768 |
2708 |
2671 |
2714 |
931 |
10792 |
Zu 3 und 4:
Auch hiezu verweise ich auf die
erst vor wenigen Monaten aus Anlass der oben genannten Anfrage durchgeführte
Sonderauswertung. Demnach ist eine Verknüpfung
der in den genannten Jahren bedingt entlassenen mit sämtlichen in weiterer
Folge neuerlich verurteilten Personen aus auswertungstechnischen Gründen
mit vertretbarem Aufwand leider nicht möglich. Hilfsweise wurde die Gruppe
der aus der Haft bedingt entlassenen Personen mit jener der wiederum in eine
Justizanstalt eingelieferten Personen verknüpft (Mehrfachzählungen
ein und derselben Person können aufgrund der Art der Auswertung nicht
ausgeschlossen werden; Dateistand auch hier: 8. Mai 2011).
Zu 5 bis 8:
Zu den Fragen betreffend die Therapie von Sexualstraftätern liegen mir – mangels Zuständigkeit des Justizressorts – keine Daten vor.
Zu 9, 10 und 16:
Ganz allgemein gilt nach § 53 Abs 3 StGB, dass das Gericht, wenn ein bedingt entlassener Rechtsbrecher während des vom Gericht bestimmten Zeitraumes eine Weisung trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt oder sich beharrlich dem Einfluss des Bewährungshelfers entzieht, die bedingte Entlassung zu widerrufen und den Strafrest vollziehen zu lassen hat, wenn dies nach den Umständen geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Für Sexualstraftäter und sexuell motivierte Gewalttäter sieht § 52a StGB eine besondere Form der gerichtlichen Aufsicht vor. Wird ein Rechtsbrecher, der wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn diese Handlung begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt oder gegen den wegen einer solchen Handlung eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme angeordnet worden ist, bedingt entlassen, so ist er für die Dauer der Probezeit unter gerichtliche Aufsicht zu stellen, soweit die Überwachung des Verhaltens des Rechtsbrechers insbesondere hinsichtlich der Befolgung einer Therapie-Weisung gemäß § 51 Abs. 3 StGB oder einer Weisung, bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, notwendig oder zweckmäßig ist, ihn von weiteren solchen mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten.
Das Gericht hat während der gerichtlichen Aufsicht das Verhalten des Rechtsbrechers und die Erfüllung der Weisungen mit Unterstützung der Bewährungshilfe, in geeigneten Fällen unter Betrauung der Sicherheitsbehörden, der Jugendgerichtshilfe oder anderer geeigneter Einrichtungen, zu überwachen. Die mit der Überwachung betrauten Stellen haben dem Gericht über die von ihnen gesetzten Maßnahmen und ihre Wahrnehmungen zu berichten. Der Bewährungshelfer hat dem Gericht bei Anordnung der gerichtlichen Aufsicht, soweit dies das Gericht verlangt oder es erforderlich oder zweckmäßig ist, in jedem Fall aber in der ersten Hälfte der gerichtlichen Aufsicht mindestens alle drei, in der zweiten Hälfte mindestens alle sechs Monate zu berichten.
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Erfüllung der den Sicherheitsbehörden gemäß Abs. 2 übertragenen Aufgaben zur Feststellung der Identität einer Person nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes ermächtigt, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie stehe unter gerichtlicher Aufsicht und habe die ihr erteilten Weisungen nicht befolgt oder sonst ein Verhalten gesetzt, das mit den Zwecken der gerichtlichen Aufsicht nicht vereinbar ist.
Zu 11 bis 15:
Einem Rechtsbrecher, der bedingt entlassen wird, kann nach § 179a Abs 1 StVG die Weisung, sich weiterhin einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§ 51 Abs. 3 StGB) oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen (§ 51 Abs. 2 StGB), auch mit der Maßgabe erteilt werden, dass die Behandlung oder die sozialtherapeutische Betreuung für den Verurteilten unentgeltlich durch eine Forensische Ambulanz, durch eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung, durch einen Psychotherapeuten oder durch einen Arzt durchgeführt wird, die oder der sich zur Durchführung solcher Behandlungen und Betreuungen dem Bundesministerium für Justiz gegenüber verpflichtet hat. Die Durchführung einer solchen Behandlung oder Betreuung schließt erforderlichenfalls unbeschadet des § 3 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. Nr. 169 (Anm.: richtig: BGBl. I Nr. 169), ihre Unterstützung durch andere hiefür geeignete Personen ein, die sich hiezu in gleicher Weise verpflichtet haben.
Ist einem bedingt Entlassenen sonst die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, hat der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert, so hat nach § 179a Abs 2 StVG die Kosten der Behandlung oder des Aufenthaltes ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen. Der Höhe nach übernimmt der Bund die Kosten jedoch grundsätzlich nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§ 63 Abs. 4 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967) hat der Rechtsbrecher nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu und soll nach Möglichkeit zumindest dem Grunde nach bereits bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form berücksichtigt werden.
Der Bundesminister für Justiz kann mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der nach Abs. 2 vom Bund zu übernehmenden Kosten Verträge nach bürgerlichem Recht abschließen. Die Vereinbarung von verbindlichen Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundesminister für Justiz kann die Grundsätze der Pauschalierung mit Verordnung festlegen. Dabei ist insbesondere das Betreuungsangebot der gemeinnützigen therapeutischen Einrichtung oder Vereinigung zu berücksichtigen.
Die Kosten für weisungsgemäß zu absolvierende Therapien hat also grundsätzlich der bedingt Entlassene selbst zu tragen, subsidiär werden sie nach den vorstehenden Regelungen vom Bund getragen.
Sonderregelungen bestehen nach dem SMG und nach dem JGG.
Wien, . Jänner 2012
Dr. Beatrix Karl