9787/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
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An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
Wien, am . Jänner 2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Moser, Freundinnen und Freunde haben am 18. November 2011 unter der Nr. 9906/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Eisenbahnkreuzungs-Sicherheit als Familienbetrieb?! Verschleppte Lösungen und bemerkenswerte Einzelentscheidungen im BMVIT gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Nach dem Fiasko bei den Begutachtungsverfahren für die neue EKVO im Dezember 2009 und im Mai 2011 wäre die nun schon jahrelang angekündigte „Auswertung der Stellungnahmen“ überfällig.
a) Ist die Auswertung der Stellungnahmen endlich abgeschlossen?
b) Falls ja, welches Ergebnis hat die Auswertung der Stellungnahmen ergeben?
c) Falls nein, bis wann wird die Auswertung der Stellungnahmen endlich abgeschlossen sein?
Die Auswertung der zahlreichen, zum überarbeiteten Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011 eingelangten Stellungnahmen ist zwischenzeitig erfolgt. Die eingelangten Stellungnahmen wurden – so weit möglich – in den überarbeiteten Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011 eingearbeitet.
Neben zahlreichen kleineren Korrekturen und Klarstellungen ist als wesentlichstes Ergebnis dieser Überarbeitung der Entfall der in den überarbeiteten Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011- im Sinne der Ausschöpfung sämtlicher möglicher Einsparungspotentiale - neu aufgenommenen, als Ersatz für die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus vorgesehenen Bestimmung betreffend die „Einrichtung gemäß § 37 EisbG“, aus Verkehrssicherheitserwägungen zu nennen. An deren Stelle wurde eine neue Bestimmung aufgenommen. Als weiteres wesentliches Ergebnis ist die vollständige Überarbeitung der Übergangsbestimmungen zu nennen.
Zu Frage 2:
Ø Ein wesentlicher Grund für das Scheitern der bisherigen Verordnungsentwürfe war die mangelhafte bis fehlende Kommunikation mit den Beteiligten, die immer wieder angekündigte „breite Diskussion“ fand bis jetzt ganz offensichtlich nicht bzw. nicht im nötigen Ausmaß statt.
a) Hat die „breite Diskussion“ mit allen Beteiligten, also zumindest mit den Eisenbahnen und Straßenerhaltern, endlich stattgefunden?
b) Falls ja, was hat diese Diskussion ergeben und welche Änderungsvorschläge wurden daraufhin eingearbeitet?
c) Falls nein, bis wann wird die „breite Diskussion mit allen Beteiligten“ endlich in der nötigen Qualität stattfinden?
Voranzustellen ist, dass der überarbeitete Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011 u.a. auf der Homepage des bmvit veröffentlicht wurde, sodass jedermann die Möglichkeit hatte, sich in den Prozess der Ausarbeitung dieser Verordnung einzubringen.
Was die angesprochene „breite Diskussion mit allen Beteiligten“ im engeren Sinn betrifft, ist anzumerken, dass zwischenzeitig mehrere Gespräche betreffend den überarbeiteten Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011 mit den unmittelbar Betroffenen stattgefunden haben.
Diesbezüglich sind insbesondere ein Gespräch mit ausgewählten Fachleuten zur Frage der „Einrichtung gemäß § 37 EisbG“, mehrere Gespräche mit Vertreter/innen der WKO – Fachverband der Schienenbahnen sowie ein Gespräch mit Vertreter/innen der Bundesländer, des Städte- und Gemeindebundes sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer zu nennen.
Zu den Fragen 3 und 5:
Ø Ein weiterer wesentlicher Grund für das Scheitern bisheriger Entwürfe war die völlig ungeklärte Kostenfrage (anfallende Kosten, Aufteilung der Kosten) und das damit ausgelöste Misstrauen bei allen Beteiligten. Angesichts der um das x-fache variierenden Kostenangaben ergibt sich der Eindruck, dass bisher vom BMVIT nicht einmal die Größenordnung der Kosten annähernd festgemacht werden konnte.
a) Konnten die Kosten für die angestrebten Maßnahmen und deren Aufteilung endlich einvernehmlich geklärt werden?
b) Falls ja, welche Kosten wurden einvernehmlich ermittelt und welche Aufteilung wurde festgelegt?
c) Falls nein, bis wann werden Ermittlung der Kosten und Aufteilung endlich geklärt?
Ø Aufgrund der Kostenannahmen im Entwurf Mai 2011 haben einige Bundesländer sogar den Konsultationsmechanismus eingeleitet.
a) Konnte der Konflikt mit den Bundesländern über die Kosten des Entwurfs bereits bereinigt werden?
b) Falls ja, welche Regelung wurde getroffen?
c) Falls nein, welche Lösung wird angestrebt?
Als wesentliches Ergebnis des letzten Gesprächs mit den Vertreter/innen der WKO – Fachverband der Schienenbahnen sowie des zuletzt geführten Gesprächs mit den Vertreter/innen der Bundesländer, des Städte- und Gemeindebundes sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer wurde eine Aktualisierung der vom überarbeiteten Begutachtungsentwurf für eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“ vom Mai 2011 betroffenen Anzahl der Eisenbahnkreuzungen mit dem Stand November 2011 (gegliedert nach Eisenbahnunternehmen und nach Bundesländern) samt einer Aktualisierung der Schätzung der aufgrund des Inkrafttretens der gegenständlichen Verordnung zu erwartenden Kosten, unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erhaltungs- und Instandhaltungskosten, vereinbart und bereits an die Betroffenen verteilt. Diese neuerliche Schätzung inkl. der Instandhaltungsaufwendungen für 25 Jahre liegt in etwa im Bereich der Kostenschätzung des bmvit, welche dem letzten Begutachtungsentwurf beigeschlossen war.
Die Kostenregelung bzw. Aufteilung ist im Übrigen nicht Gegenstand der Verordnung, sondern ist in den einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes geregelt.
Zu Frage 4:
Ø Welche Unternehmen aus der Sicherungsindustrie würden von einer Umsetzung der bisherigen, mit auffälliger Hartnäckigkeit ein ums andere Mal von bestimmten Stellen im BMVIT betriebenen EKVO-Änderungs-Entwürfe konkret profitieren?
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Sicherheit an Eisenbahnkreuzungen ein sehr großes Anliegen des bmvit ist. Von vielen Verkehrsexpert/innen wird diese neue Verordnung ausdrücklich begrüßt, da sie nach deren Einschätzung zu wesentlich mehr Sicherheit führen wird.
Der Verordnungsentwurf macht keine Vorgaben zu der von den Eisenbahnunternehmen konkret anzuwendenden Sicherungstechnik.
Zu Frage 6:
Ø Das jahrelange Desaster bei der Erstellung der Eisenbahnkreuzungs-Verordnung kann wohl nicht nur an den zuständigen Bearbeitern alleine liegen. Insbesondere die mangelhafte Abstimmung mit den Beteiligten ist ganz offensichtlich auch ein Problem des internen Managements im BMVIT.
a) Welche Verbesserungen im internen Management des BMVIT sind – insbesondere im Eisenbahnbereich – vorgesehen, damit sich die Umsetzung wichtiger Sicherheitsvorschriften nicht auch zukünftig jahrelang dahinschleppt?
b) Bis wann werden diese Verbesserungen umgesetzt?
Die Ausarbeitung und Umsetzung der angesprochenen, wichtigen Sicherheitsvorschriften, insbesondere auch der „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung neu“, stellt einen äußerst komplexen Vorgang mit unzähligen, teilweise diametralen Interessen dar.
Zu den Fragen 7 bis 9 und 11:
Ø Zwei Söhne des für Eisenbahnrechts-Genehmigungen zuständigen Abteilungsleiters sind in maßgeblichen Positionen bei der ÖBB-Infrastruktur AG tätig. In seinerzeitigen Anfragen hat das BMVIT dies immer als völlig unbedenklich eingestuft.
a) Haben Sie seinerzeit überprüft, ob die positiven Genehmigungsbescheide für den Lainzer Tunnel an die ÖBB einerseits und die zeitnahe Aufnahme der beiden Söhne des zuständigen Abteilungsleiters W. auf gut dotierte Posten bei den ÖBB andererseits in einem völlig unbedenklichen Verhältnis zueinander stehen?
b) Falls ja, was hat diese Überprüfung ergeben?
c) Falls sich ein Persilschein ergeben haben sollte: Wie erklären Sie dies angesichts der damals und seitdem, zB in dieser Anfrage, dokumentierten Fakten?
d) Falls keine Überprüfung erfolgte, wird diese Prüfung wenigstens jetzt nachgeholt?
Ø Abteilungsleiter W. Senior ist für die mehr oder weniger milliardenschweren Entwürfe für die neue EKVO zuständig, mit denen eine flächendeckende technische Sicherung von Eisenbahnkreuzungen erzwungen werden soll, und trifft zugleich Einzelentscheidungen über Eisenbahnkreuzungen, in denen das genaue Gegenteil dieser BMVIT-Linie durchgeboxt wird. Dies verstärkt den Eindruck, dass es bei der Sicherheit an Eisenbahnkreuzungen keine einheitliche BMVIT-Linie gibt.
Wie wird sichergestellt, dass seitens des BMVIT hier künftig eine einheitliche Linie vorgegeben und vollzogen wird?
Ø Einer der beiden Söhne des für eisenbahnrechtliche Genehmigungen zuständigen Abteilungsleiters W. stellt mittlerweise als Bevollmächtigter der ÖBB direkt Anträge beim BMVIT. Berufungsanträge des ÖBB-Sohnes W. werden dann, wie der Fall in Hauslau-Maria Ellend zeigt, gleich von BMVIT-Papa W. antragsgemäß mit Bescheid erledigt.
a) War Ihnen dieser Vorgang bekannt – falls nein wieso nicht?
b) Halten Sie es für unbedenklich, wenn sich – noch dazu durch tödliche Unfälle ausgelöste, also nicht ganz unerhebliche! – eisenbahnrechtliche Verfahren in Ihrem Hause praktisch innerhalb einer Familie (Sprösslings Berufungsantrag, Vaters Berufungsentscheidung) abspielen?
c) Ist beabsichtigt, dieses System fortzusetzen oder auf weitere Felder der Ministerialbürokratie oder des Eisenbahnwesens auszudehnen?
Ø Für die Karriere von W. Junior bei den ÖBB kann es wohl nur von Vorteil sein, wenn die von ihm gestellten Berufungsanträge beim BMVIT so glatt durchgehen.
a) Halten Sie die Rolle von W. Senior im BMVIT aus der Sicht einer womöglichen Befangenheit für völlig unbedenklich?
b) Können Sie ausschließen, dass hier im Einzelfall womöglich unzulässige Vorteile zugewendet wurden?
c) Falls ja, auf Basis welcher konkreten Veranlassungen durch wen?
d) Falls nein, was werden Sie unternehmen?
Zu dem in diesen Fragen anhand zweier konkret genannter Verwaltungsverfahren vorgenommenen Versuch, eine „Befangenheit“ eines (namentlich nicht genannten) Abteilungsleiters des bmvit zu konstruieren, darf ich darauf hinweisen, dass die Befangenheit von Verwaltungsorganen anhand der Bestimmung des § 7 AVG zu beurteilen ist.
Zu Frage 10:
Ø Aufgrund der überraschenden Berufungsentscheidung des BMVIT gegen eine technische Sicherung der Eisenbahnkreuzung in Bahnkilometer 30,9 der ÖBB-Strecke von Schwechat nach Wolfsthal in Hauslau-Maria Ellend wird es dort weiterhin nur ein „Sichtraumdreieck“ geben.
a) Wird das BMVIT im Sinne der überraschenden Berufungsentscheidung gegen den Landeshauptmann von Niederösterreich auch die volle Verantwortung übernehmen, wenn es auf der Eisenbahnkreuzung noch einmal kracht, womöglich mit schweren Personenschäden wie zuletzt?
b) Sieht das BMVIT Probleme bei er Sichtbarkeit der Schienenfahrzeuge sowie bei Nebel, Regen und unsichtigem Wetter als nicht so wichtig an?
c) Gilt das für alle Eisenbahnkreuzungen in Österreich oder nur für diese eine in Haslau-Maria Ellend?
Zu der in dieser Frage kritisierten Berufungsentscheidung betreffend die Überprüfung der Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km 30,984 der ÖBB-Strecke Groß Schwechat – Wolfsthal mit einer Gemeindestraße in Haslau-Maria Ellend gemäß § 49 Abs 2 EisbG durch den Landeshauptmann von Niederösterreich darf ich mitteilen, dass mein Ressort diese Entscheidung im Einzelfall auf der Grundlage der nach wie vor in Kraft stehenden und daher für sämtliche öffentliche Eisenbahnkreuzungen geltenden Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 zu treffen hatte.
Die derzeit noch in Geltung stehende Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 enthält bereits in deren § 21 Verhaltensbestimmungen für die Straßenbenützer bei Vorliegen sichtbehindernder Verhältnisse, die von den Straßenbenützern zu beachten sind.