9799/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2012
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BM für Wissenschaft und Forschung
Anfragebeantwortung
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BMWF-10.000/0302-III/4a/2011
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
Wien, 18. Jänner 2012
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Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9913/J-NR/2011 betreffend Gentechnik im Grazer Botanischen Garten, die die Abgeordneten Mag. Michael Schickhofer, Kolleginnen und Kollegen am 18. November 2011 an mich richteten, wird nach Einholung der Stellungnahme der
Universität Graz wie folgt beantwortet:
Vorab ist festzuhalten, dass das
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und das Bundesministerium
für Gesundheit mit der Vollziehung des Gentechnikgesetzes, BGBl.
Nr. 510/1994, i.d.F. BGBl. I Nr. 127/2005, betraut sind. Die Beantwortung der
gegen-ständlichen Anfrage bezieht sich daher ausschließlich auf den
Vollziehungsbereich meines Ressorts.
Zu Frage 1:
In den Gewächshäusern wurden transgene Pflanzen der
Arten Ackerschmalwand
(A. thaliana), Raps (B. napus), Tabak (N. tabacum) und
Tomate (S. esculentum) kultiviert.
Zu Frage 2:
Die Kultivierung der transgenen Linien in den Gewächshäusern diente zum größten Teil der Samenproduktion für weiterführende, zukünftige Versuche. In einem kleineren Teil der Versuche wurden transgene Pflanzen mit Phytopathogenen infiziert bzw. Behandlungen wie Trocken-heits- und Salzstress ausgesetzt und die Entwicklung der Symptome untersucht.
Zu Frage 3:
Die Forschungsziele mit den in den Gewächshäusern
angezogenen Pflanzen sind die
Untersuchung des Mechanismus der Stickstoffremobilisierung bei der
Blattseneszenz in Raps und Ackerschmalwand, die Untersuchung der Wirkung von
Cytokinin auf die Schädlings-resistenz in Ackerschmalwand und Tabak, die Untersuchungen
der regulierten Kontrolle von Trockenheits- und Salzresistenz in Tomaten und
Tabak, die Untersuchung der Funktion des Proteins AtPDP1 aus der
Ackerschmalwand bei biotischen und abiotischen Interaktionen in
Tabak und Arabidopsis, die Untersuchung der Funktion von Invertasen bei
Infektion durch Schadpilze und die metabolische Kontrolle der Pollenbildung und
Entwicklung einer Methode zur Verhinderung der Ausbreitung transgener Pflanzen
als biologische Sicherheitsmaßnahme.
Zu Fragen 4 und 5:
In den Gewächshäusern wurden transgene Pflanzen kultiviert,
die in Graz durch Transformation hergestellt bzw. aus den daraus gewonnenen
Samen gezogen wurden sowie zusätzlich
transgene Pflanzen, deren Samen von externen Quellen bezogen wurden.
Anzahl der verwendeten Pflanzenlinien und Arten der Insertionen:
36 Tabak (cytokinin oxidase, invertase inhibitor, isopentenyl transferase,
vacuolar invertase, cell wall invertase)
39 Arabidopsis (T-DNA Mutanten, isopentenyl transferase, histidine kinase, green fluorescent protein, ß-glucuronidase/uidA)
3 Tomate (isopentenyl transferase, invertase inhibitor)
2 Raps (invertase inhibitor)
Zu Fragen 6 und 7:
Die Versuche wurden ab Jänner 2009 bzw. September 2010 durchgeführt und am 15. Juli 2011 eingestellt.
Zu Fragen 8 bis 12:
Alle vorhandenen Rapspflanzen sowie ausgewählte Tabak- und Arabidopispflanzen wurden durch Autoklavieren abgetötet. Von den verbliebenen Tabak- und Tomatenpflanzen wurden die Blüten und Blütenansätze entfernt und autoklaviert. Die Pflanzen wurden am 18. Juli 2011 unter Verwendung spezieller, stabiler Autoklaviersäcke autoklaviert, das autoklavierte Pflanzenmaterial wird für Nachforschungen bereitgehalten.
Die Blüten der verbliebenen Ackerschmalwand-Pflanzen wurden
durch Säckchen abgedeckt und die Pflanzen in einen geschlossenen
Klimaschrank in einem Kulturraum gebracht, dort bis zum Absterben gehalten und
die Pflanzenreste danach autoklaviert. Die Pflanzen aus dem
kleinen Zusatzgewächshaus wurden am 19. Juli 2011 in das
Pultgewächshaus verbracht. Bei den nicht abgetöteten Pflanzen wurden
Vorsorgemaßnahmen getroffen um eine Ausbreitung zu verhindern.
Zu Frage 13:
Es wurden die Vorkehrungen gemäß den Vorschriften des Gentechnikgesetzes, BGBl. Nr. 510/1994, idF
BGBl. I Nr. 127/2005, bzw. der Systemverordnung, BGBl. II Nr. 431/2002,
getroffen, um eine unkontrollierte Vermehrung der transgenen Pflanzen zu
verhindern. Die
getroffenen Maßnahmen wurden sowohl durch das zuständige Komitee
für die biologische
Sicherheit als auch bei einer unangekündigten Nachschau durch ein
Kontrollorgan des
Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung für notwendig und
hinreichend befunden.
Zu Fragen 14 bis 17:
Die Versuche mit transgenen Pflanzen sind in den Laborjournalen,
die Aussaat von Samen zur Kultivierung im Gewächshaus ist in den
Wochenplänen der zuständigen Gärtnerin dokumentiert. Die
Umsetzung von neu hergestellten transgenen Einzelpflanzen von der In-vitro-Kultur
auf Erde zur weiteren Kultivierung im Gewächshaus ist in den
Dokumentationen zu den einzelnen
Transformationen protokolliert.
Die Protokolle wurden am 24. Februar 2009 begonnen und beinhalten die Beschreibung der durchgeführten Versuche bzw. das Datum der Aussaat im Gewächshaus. Seit 23. Juli 2011 werden alle Arbeiten mit transgenen Pflanzen im Gewächshaus auch in einem im Gewächshaus aufliegenden Protokollbuch festgehalten.
Kenntnis von den Versuchen mit den transgenen Pflanzen hatten
Mitarbeiter/innen des Instituts für Pflanzenwissenschaften,
Mitarbeiter/innen der Abteilung Forschungsmanagement und -services und
Mitarbeiter/innen der Abteilung für Rechtsfragen und Organisation sowie
die
Sicherheitsfachkraft der Universität.
Zu Fragen 18 und 19:
Die Möglichkeit allfälliger Auskreuzungen wurde wie
folgt bewertet: Eine Auskreuzung von
Tomate und Tabak in andere Pflanzen des Botanischen Gartens ist aus
biologischen Gründen de facto ausgeschlossen. Eine Auskreuzung von
Arabidopsis ist ebenfalls aus biologischen Gründen faktisch
auszuschließen. Eine Auskreuzung von Raps aus dem Gewächshaus ist
aus biologischen und technischen Gründen ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
Zu Fragen 20 bis 21:
Nur eines der Projekte („Untersuchung des Mechanismus der
Stickstoffremobilisierung bei der Blattseneszenz in Raps und
Ackerschmalwand“) wurde über Drittmittel finanziert. Das
grundlagenorientierte Projekt wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG)
finanziert. Die gesamte Projektförderung aus staatlichen Forschungsgeldern
aus Deutschland beträgt € 238.000,--.
Zu Fragen 22 bis 24:
Nachdem dem Bundesministerium für
Wissenschaft und Forschung Informationen über nicht angemeldete Arbeiten
mit transgenen Pflanzen am Institut für Pflanzenwissenschaften der
Universität Graz zugegangen waren, wurde der leitende Wissenschaftler am
15. Juli 2011
zunächst telefonisch kontaktiert und in der Folge per E-Mail angewiesen,
sämtliche Arbeiten mit GVO unverzüglich und bis zu einer
gesetzeskonformen Anmeldung der Arbeiten mit transgenen Pflanzen
gemäß GTG einzustellen. Der zuständige Dekan der
Universität Graz ordnete weiters den unverzüglichen Stopp der
Versuche an. Eine universitätsinterne Untersuchung des Sachverhalts wurde
in Gang gesetzt, der verantwortliche Wissenschaftler wurde schriftlich
verwarnt. In einer Versammlung des Personals des Instituts, das mit den
betroffenen Projekten befasst ist, wurde der generelle Versuchsstopp
erläutert sowie eine klare Anordnungskette festgelegt.
Darüber hinaus hat die Universität Graz ein „Komitee für
die biologische Sicherheit“ eingerichtet bzw. neu besetzt, um den
verantwortungsvollen Umgang von zukünftigen Forschungsvorhaben sicherzustellen.
Aufgrund der Ermittlungen hat das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bei der zuständigen Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes gegen das Gentechnikgesetz (Durchführung von Arbeiten mit GVO ohne Anmeldung bei der Behörde) eingeleitet.
Am 22. Juli 2011 wurde von der
Universität Graz eine Anmeldung von Arbeiten mit transgenen Pflanzen
gemäß Gentechnikgesetz beim zuständigen Bundesministerium
für Wissenschaft
und Forschung eingebracht. Die Anmeldung wurde bestätigt und – da
die gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllt waren – nicht untersagt. Jedoch bleiben die
Arbeiten mit transgenen Pflanzen am Institut für Pflanzenwissenschaften
auf Beschluss der Universitätsleitung wegen des laufenden Verfahrens gegen
den betroffenen Wissenschaftler bis auf Weiteres ausgesetzt.
Zu Fragen 25 bis 27, 33 und 34:
Arbeiten mit transgenen Tieren werden insbesondere zu Zwecken der
biomedizinischen und entwicklungsbiologischen Grundlagenforschung an den
österreichischen Universitäten und
medizinischen Universitäten sowie Einrichtungen der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften durchgeführt. Arbeiten mit transgenen Pflanzen
erfolgen ebenfalls an den
österreichischen Universitäten, insbesondere der Universität
für Bodenkultur und an
Einrichtungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Arbeiten mit transgenen Tieren oder Pflanzen sind in der
Regel integraler Bestandteil von Forschungsprojekten, die aus unterschiedlichen
Quellen der Forschungsförderung finanziert werden. Gentechnische Verfahren sind jedenfalls ein Bestandteil der
Forschung im Bereich der Medizin und Biologie und die
Forschungsförderungen für Projekte, bei denen mit GVO
gearbeitet wird, werden nicht gesondert ausgewiesen, sodass hierzu keine Daten
verfügbar sind.
Zu Fragen 28 bis 30, 35 und 36:
Der gemeinnützige Verein
„Dialog Gentechnik“ wird vom Bundesministerium für
Wissenschaft und Forschung im Förderzeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2013
mit € 200.000,-- gefördert.
Die Mittel dienen der Förderung von Wissenschaftskommunikation im
Bereich der modernen
Biowissenschaften; die Verwendung dieser Mittel wird durch die zuständige
Fachabteilung des Ressorts kontrolliert.
Der Verein „Dialog
Gentechnik“ ist kein Beratungsorgan, sondern bezweckt
satzungsgemäß die Förderung des Dialoges zwischen Wissenschaft
und Öffentlichkeit und der informierten
öffentlichen Diskussion zu Fragen der Gentechnik einschließlich
verwandter Gebiete der
Biowissenschaften und deren Anwendungsmöglichkeiten. Zur Beratung des Bundes-ministeriums für
Wissenschaft und Forschung in Fragen der Gentechnik werden, wie
gemäß
§ 84 ff GTG vorgesehen, die im Bundesministerium für Gesundheit
eingerichtete Gentechnik-kommission und ihre wissenschaftlichen Ausschüsse
herangezogen.
Zu Fragen 31, 32 und 37:
Zu diesen Fragestellungen liegen keine Daten vor.
Der Bundesminister:
o.Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle e.h.