9836/AB XXIV. GP

Eingelangt am 25.01.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0342-I/A/15/2011

Wien, am 24. Jänner 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 10000/J der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Es ist geplant, bei der nächsten Novelle der Trinkwasserverordnung (TWV) einen Grenzwert (Parameterwert) für Uran im Trinkwasser festzulegen. Diese Novelle soll noch im ersten Quartal 2012 in Begutachtung gehen.

 

Frage 2:

Der vorgeschlagene Grenzwert (Parameterwert) soll auch den ausreichenden Schutz für Säuglinge und Kleinkinder gewährleisten.


Frage 3:

Grundsätzlich wird festgehalten, dass in den Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht nur eigene Erkenntnisse der Behörde bzw. vergleichbarer nationaler Agenturen einfließen, sondern auch Erkenntnisse anderer Bewertungsgremien.

 

Die EFSA hat den Wert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Uran im Trinkwasser in Bezug auf die tolerierte Tagesdosis (TDI-Wert) in ihren Schlussfolgerungen bestätigt. Der zum Zeitpunkt der EFSA-Bewertung existierende Trinkwasserrichtwert der WHO von 15 µg/l galt für alle Altersgruppen.

 

Der Richtwert der WHO (Guideline Value) gilt für die gesamte Lebenszeit einer Konsumentin/eines Konsumenten für den Konsum von Trinkwasser (Zitat WHO 2004: „A guideline value normally represents the concentration of a constituent that does not result in any significant risk to health over a lifetime of consumption“), es wurde seitens der WHO keine Einschränkung vorgenommen. Der von der WHO für die Festlegung dieses TDI-Wertes verwendete Sicherheitsfaktor beträgt 100 und beinhaltet auch einen die unterschiedlichen Empfindlichkeiten bei Menschen (Teilfaktor 10) beachtenden Faktor, der nach der Veröffentlichung von Konietzka et al. „Vorschlag für einen gesundheitlichen Leitwert für Uran in Trinkwasser“, Umweltmed. Forsch. Prax. 10(2) 133-143 (2005), zitierend Schneider et al. „Berücksichtigung der Risikogruppe Kind bei der Ableitung gesundheitsbezogener Umweltstandards“, im Auftrag des Umweltbundesamtes [Förderkennzeichen 20165202] (2002), www.apug.de/archiv/pdf/kinderempfindlichkeit.pdf) auch eine mögliche höhere Empfindlichkeit von Kindern umfasst. In der Studie von Schneider et al. 2002 wird Folgendes angeführt: „Die Auswertungen haben ergeben, dass der üblicherweise angewendete Intraspezies-Faktor von 10 geeignet erscheint, um auch für die empfindlichste Altersgruppe Neugeborene für ein hohes Perzentil der möglichen Fälle (Stoffe) toxikokinetische Unterschiede ausreichend zu berücksichtigen.“

 

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass seitens der WHO im Jahr 2011 der Richtwert für Uran im Trinkwasser aufgrund epidemiologischer Studien sogar von 15 µg/l auf einen höheren provisorischen Richtwert von 30 µg/l angehoben wurde.

 

Dieser Richtwert wird auch in der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für Richtlinie des Rates zur Festlegung von Anforderungen an den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch“, KOM(2011) 385 endg. - 2011/0170 (NLE)“ vom 27. Oktober 2011 unter Punkt 3.7 als Bezugswert vorgeschlagen: „Der Ausschuss stellt fest, dass die chemische Toxizität von Uran in Anhang III `Leistungsmerkmale und Analysemethoden´ (S. 3) des Richtlinienvorschlags berücksichtigt wird. In belasteten Gebieten mit größeren Uranvorkommen in den geologischen Schichten sollte eine toxikologische Untersuchung des Grundwassers, das zur Verwendung als Trinkwasser bestimmt ist, vorgenommen werden. Eine diesbezügliche Bestimmung sollte in die Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch aufgenommen werden, wobei der vorläufige Richtwert für den Urangehalt von 30 μg/l zu berücksichtigen wäre, der in den WHO-Leitlinien zur Trinkwasserqualität festgelegt ist.“

 

Frage 4:

Da derzeit in der Österreichischen Trinkwasserverordnung, die auf EU-Regelungen beruht, kein entsprechender Parameterwert für Uran im Trinkwasser festgelegt ist, ist eine regelmäßige verpflichtende Untersuchung nicht vorgesehen. Dennoch wurde in Österreich, auch im Rahmen von Schwerpunktaktionen, insbesondere in sensibleren Gebieten, in denen Uran – geogen bedingt – vorkommen kann, Trinkwasser auf Uran untersucht.

 

Frage 5:

Es ist festzuhalten, dass Uran im Trinkwasser normalerweise geogen bedingt vorkommen kann. Dementsprechend ist mit nur geringen Schwankungen des Urangehaltes zu rechnen. Daher erscheint es nicht als sinnvoll, wie bei anderen Parametern der Trinkwasserverordnung (z. B. Pestizide), eine jährliche oder noch häufigere Untersuchung durchzuführen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass sich die folgenden Aussagen auf limitiertes Datenmaterial stützen, das durch eine Niederösterreichische Schwerpunktaktion geprägt wird. Weiter sind in den Angaben sowohl amtliche als auch Privatproben enthalten. Insbesondere bei den Privatproben sind einige enthalten, die von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) aufgrund ihrer analytischen Möglichkeiten im Auftrag von privaten Labors durchgeführt wurden. Insbesondere zu diesen, aber auch zu anderen Proben liegen teilweise unzureichende Angaben vor.

 

Insgesamt wurden 690 Trinkwasser-Einzelproben (inkl. Privatproben) untersucht, diese Einzelproben umfassen teilweise mehrere Proben einer Wasserversorgungs-anlage (WVA) (Proben aus mehreren Quellfassungen, Stufenproben, Proben vor der Aufbereitung und nach der Aufbereitung). Aus diesem Grund ist eine Aussage bezüglich der Netzproben - dabei handelt es sich um Trinkwasser, das tatsächlich die Verbraucher/innen erreicht - deutlich erschwert. Ohne genaue Kenntnis aller Daten im Umfeld einer WVA, insbesondere im Hinblick auf die Art der Proben (Netzprobe oder Probe vor der Aufbereitung bzw. vor der Mischung; teilweise wie in der Trinkwasserverordnung vorgesehen, Proben aus Brunnen), sind klare Aussagen über den Gehalt im Trinkwasser, das Verbraucher/innen konsumieren, nur schwer möglich.

 

Nachfolgend die Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Jahr und Bundesland inkl. Angabe der Anzahl an Einzelproben, in denen die Urangehalte – unter Außerachtlassung der Messunsicherheit – über 15 µg/l lagen:


Jahr

Bundesland

Anzahl Einzelproben

Ergebnisse (Urangehalt in µg/l)

2008

Niederösterreich

7

0,66 – 17,2 (2 Einzelproben > 15 µg/l)

2008

Oberösterreich

6

< 0,1

2008

Salzburg

2

< 0,4; 1,1

2008

Steiermark

8

< 0,1 – 1,4

2009

Burgenland

3

0,16 – 1,8

2009

Kärnten

3

0,08 – 0,865

2009

Niederösterreich

217

<0,1 – 22,5 (4 Einzelproben > 15 µg/l)

2009

Oberösterreich

12

< 0,05 – 4,83

2009

Salzburg

8

< 0,05 – 0,77

2009

Steiermark

8

0,05 – 6,45

2009

Tirol

5

< 0,1 – 3,2

2009

Vorarlberg

2

1,1; 1,6

2009

Wien

3

23,1 -26,9 (3 Einzelproben > 15 µg/l)

Achtung: sicher kein Wiener Wasser; „Wien“ wegen eines Privatlabors, das die AGES mit der Untersuchung beauftragt hatte; nähere Daten über Ursprung des Trinkwassers sind nicht bekannt

2010

Kärnten

2

17,1; 30,6 (2 Einzelproben > 15 µg/l)

2010

Niederösterreich

306

< 0,1 – 42,2 (6 Einzelproben > 15 µg/l)

2010

Oberösterreich

1

1,1

2010

Salzburg

4

6,1 – 6,9

2010

Wien

14

< 0,1 – 5,8

Großteil Auftrag durch Privatlabors, keine Information über tatsächlichen Ursprung des Trinkwassers

2011

Niederösterreich

69

< 0,1 – 16,3 (1 Einzelprobe < 15 µg/l)

2011

Oberösterreich

3

< 0,1 – 1,9

2011

Salzburg

1

2,9

2011

Wien

6

< 0,1 – 3,2

Großteil Auftrag durch Privatlabors, keine Information über tatsächlichen Ursprung des Trinkwassers

 

Frage 6:

Mit der geplanten Einführung eines Grenzwertes (Parameterwertes) für Uran im Rahmen der nächsten Novelle der Trinkwasserverordnung wird Trinkwasser verpflichtend auf Uran zu untersuchen sein. So kann entsprechend den Bestimmungen der Trinkwasserverordnung jede/r Abnehmer/in bzw. Verbraucher/in den Wert von ihrem/seinem Wasserversorger erfragen. In weiterer Folge ist im Sinne der Transparenz und modernen Konsument/inneninformation auch daran gedacht, in Zusammenarbeit mit den Wasserversorgungsunternehmen eine zentrale Trinkwasserinformationsseite im Internet einzurichten, von welcher für die Verbraucher/innen wesentliche Informationen zu aktuellen Trinkwasseruntersuchungen der Wasserversorgungsunternehmen abrufbar gemacht werden sollen. Erste Gespräche mit der Interessensvertretung der Wasserversorgungsunternehmen wurden diesbezüglich bereits geführt.