9837/AB XXIV. GP

Eingelangt am 25.01.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0347-I/A/15/2011

Wien, am 24. Jänner 2012

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 10046/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Eingangs möchte ich festhalten, dass ich LIVE als sehr wichtiges Instrument zur Erhöhung der Transparenz, aber auch zur Hintanhaltung von unkorrekten Vorgangsweisen sehe.

Wie im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, 254 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XXI.GP, vom 30. 6. 2000 ausgeführt, verfolgt die Informationspflicht das Ziel, das Kostenbewusstsein der Versicherten zu stärken und den Umfang der individuell erbrachten Sachleistungen zu dokumentieren; sie ist daher grundsätzlich nicht konzipiert, um Abrechnungsmissbrauch aufzudecken.


Zu den nachfolgenden Ausführungen ist festzuhalten, dass diesen eine zur vorliegenden Anfrage eingeholte Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zugrunde liegt.

 

Druck und Versand von LIVE erfolgen für alle Träger durch das LIVE-Competence-Center. Am Leistungs-Informationsblatt sind die genauen Einzelleistungen nicht aufgelistet. Der bzw. die Versicherte kann aufgrund der Darstellung auf der Leistungsinformation nur kontrollieren, ob er/sie im vergangenen Jahr bei den angeführten Leistungserbringern überhaupt Leistungen bezogen hat.

Wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ausführt, werden Detaildaten den Versicherten beispielsweise von der WGKK und der STGKK ausschließlich über Anforderung übermittelt bzw. können über „LIVE-Online“ eingesehen werden. Nur eine Minderheit der Anspruchsberechtigten bekundet den Wunsch nach Erhalt einer genauen Leistungsaufschlüsselung. Die Nachbetreuung der Versicherten liegt im Zuständigkeitsbereich der Träger. Es liegt im Ermessen des Trägers, ob und wie die LIVE-Rückfragen dokumentiert bzw. gezählt werden. Die Fragen der gegenständlichen Anfrage können daher im gewünschten Detaillierungsgrad nicht beantwortet werden.

 

Frage 1:

Dazu wird seitens des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger generell angemerkt, dass angesichts der jährlich versendeten 6 Millionen LIVE-Informationen Beschwerden bzw. Rückfragen bei allen Trägern in nur sehr geringem Ausmaß vorkommen. Nur die wenigsten Rückfragen sind „Beschwerden“ im Sinne des Wortes und zielen auf eine Richtigstellung der Leistungsinformation ab. Die Versicherten wollen lediglich mitteilen bzw. darauf hinweisen, dass auf ihrem Leistungsblatt Daten über Leistungen angeführt sind, die sie bzw. ihre Angehörigen nicht in Anspruch genommen haben bzw. an deren Inanspruchnahme sie sich nicht erinnern.

 

Bei der WGKK existiert eine Statistik über die Anzahl an Kundenanfragen im Zusammenhang mit dem Leistungsinformationsblatt nur für die Bereiche Heilbehelfe, Spitäler, Transporte und für Zahnbehandler/innen. Im Bereich der sonstigen Vertragsärztinnen und -ärzte werden keine genauen Aufzeichnungen über die einzelnen Anfragen geführt.

 

 

Bereich Heilbehelfe

Bereich Spitäler

Bereich Transporte

Gesamt

2006

37

114

98

249

2007

71

150

116

337

2008

78

209

101

388

2009

95

170

95

360

2010

57

165

103

325

 

338

808

513

1659

Zahnbehandler/innen:

2006: 256

2007: 180

2008: 161

2009: 218

2010: 139

 

Die NÖGKK hat folgende Anzahl an Kundenanfragen wegen nicht erhaltener, aber am Leistungsblatt vermerkter Leistungen verzeichnet:

 

Jahr

Kunden-Anfragen
insgesamt

davon Fälle
falsche VSNR

davon Fälle
nicht fehlerhaft*)

davon Fälle
nicht erbrachte Leistungen

2004

177

143

34

 

2005

351

221

130

 

2006

237

164

72

1

2007

122

73

49

 

2008

143

68

75

 

2009

131

86

45

 

2010

130

71

59

 

2011

99

55

44

 

*) Kund/inn/en konnten sich nicht mehr an die Leistungserbringung erinnern (z.B. Inanspruchnahme einer/eines Vertretungsärztin/-arztes, in Anspruch genommene Leistungen während eines Urlaubes) bzw. hatten nicht unmittelbar Kontakt mit dem Vertragspartner (z.B. Laboruntersuchungen, pathologische Befundungen)

 

Bei der OÖGKK betragen die Anfragen zur Leistungsinformation in Relation zur Versandmenge 0,6 %. „Nicht in Anspruch genommene Leistungen“ stellen dabei einen Schwerpunkt dar.

 

Im Bereich der STGKK werden pro Jahr rund 700.000 Leistungsinformationen versandt. In den letzten fünf Jahren wurden durchschnittlich ca. 290 Fälle aufgezeichnet, in denen es zu Recherchen bezüglich angeblich nicht erhaltener Leistungen durch Vertragspartner gekommen ist (2004: 378, 2005: 790, 2006: 497, 2007: 279, 2008: 304, 2009: 324, 2010: 294, 2011: 241).

 

Bei der TGKK lagen in den Jahren 2003 bis 2010 insgesamt 1.186 Kundenanfragen vor, die sich auf die einzelnen Jahre wie folgt verteilen:

 

2003                                      270

2004                                      381

2005                                      224

2006                                        69

2007                                        40

2008                                        73


2009                                        30

2010                                        99

 

Die SVB erreichen jährlich ca. 300 telefonische Anfragen. Darunter sind auch Beschwerden über nicht erbrachte Leistungen.

 

Wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger weiters mitteilt, kommt es bei den übrigen Trägern gelegentlich zu Rückfragen, denen nachgegangen wird. Es werden jedoch keine Statistiken geführt.

 

Frage 2:

Vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wurden dazu die nachstehenden Daten der SV-Träger zur Verfügung gestellt:

 

Der WGKK liegen folgende Zahlen vor:

 

 

Bereich Heilbehelfe

Bereich Spitäler

Bereich Transporte

Gesamt

2006

4

34

 

38

2007

12

46

 

58

2008

6

37

1

44

2009

4

26

2

32

2010

2

25

 

27

 

28

168

3

199

 

Zahnbehandler/innen:

2006: 19

2007: 13

2008:   9

2009: 13

2010:   3

 

Im Bereich Heilbehelfe wurde für zu Unrecht verrechnete Leistungen eine Gutschrift vom Vertragspartner angefordert und der gutgeschriebene Betrag in einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Im Bereich Transporte wurden Leistungen von den Transportunternehmen zurückgefordert. Im Bereich Spitäler wurden die falsch verrechneten Aufenthalte storniert bzw. berichtigt. Von den Vertragsärzt/inn/en wurden Stellungnahmen angefordert und gegebenenfalls ein Abzug der fehlerhaft in Rechnung gestellten Leistung veranlasst. Im Bereich der sonstigen Vertragsärztinnen/-ärzte kamen in einigen Fällen Verrechnungsfehler zum Vorschein. Bei einem Vertragsarzt konnte eine Vielzahl an verrechneten, jedoch nicht erbrachten Leistungen nachgewiesen werden. Die Folge war eine Rückforderung im Ausmaß von etwa € 50.000,-- sowie die Übermittlung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft.


Bei der NÖGKK wurde bislang nur in einem konkreten Anlassfall von einem Versicherten die Kostenhöhe von € 2.729,35 der von einem Leistungserbringer verrechneten Leistungen hinterfragt. Die Überprüfung ergab, dass der Abrechnung tatsächlich fiktive, nicht erbrachte Leistungen des Vertragspartners zugrunde lagen.

 

Dies führte dazu, dass eine Sachverhaltsdarstellung an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Diese zog neben einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des Vertragspartners sowohl eine finanzielle Wiedergutmachung gegenüber der Kasse als auch letztendlich die Beendigung des Kassenvertrages nach sich.

 

Bei der BGKK stellte sich in der überwiegenden Anzahl der Fälle heraus, dass die Angaben des Leistungserbringers plausibel sind und auch durch die Patient/inn/endokumentation belegt werden können.

 

Bei der OÖGKK ergaben sich von den gemeldeten Verdachtsfällen nach entsprechender Prüfung pro Jahr immer einzelne Fälle, wo tatsächlich nicht erbrachte Leistungen verrechnet wurden. Diesfalls wurden Rückforderungen gestellt. Ein Beispiel sind medizinische Geräte, die von Versicherten oft lange nicht mehr benutzt wurden, die Kasse aber laufend Leihgebühr bezahlte. In den jährlichen Evaluierungen wurden diese LIVE-Zusatznutzen festgehalten, aber nie monetär bewertet. Nach Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger  stehen konkrete Zahlen nicht zur Verfügung und können auch nachträglich nicht seriös ermittelt werden.

 

Bei der STGKK musste in ca. 8 % der Recherchen für eine Klärung mit den Vertragspartnern Kontakt aufgenommen werden, dabei handelte es sich hauptsächlich um Rückfragen zu stationären Aufenthalten. Hier lag pro Jahr in ca. 9 bis 10 Fällen eine tatsächliche Falschverrechnung bzw. Fehlzuordnung durch stationäre Einrichtungen vor. Zu einer Verrechnung von nicht erbrachten Leistungen kam es in sehr wenigen Fällen (ein bis zwei Fälle pro Jahr). Die zu viel honorierten Beträge wurden von den Vertragspartnern rückgefordert. Ein Vorsatz zur Falschverrechnung konnte nicht nachgewiesen werden.

 

Der KGKK sind genaue Zahlen nicht bekannt, jedoch kann – wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hier ausführt - gesagt werden, dass „echte Falschverrechnungen“ so gut wie nicht vorkommen.

 

Bei der TGKK wurden in acht der angeführten Fälle nicht erbrachte Leistungen verrechnet. Das zu Unrecht bezogene Honorar wurde einbehalten und bei Nachweis eines dolosen Verhaltens vertragsrechtliche Konsequenzen für den Wiederholungsfall angedroht.

 

Bei der SGKK und der VGKK konnte bisher immer festgestellt werden, dass tatsächlich keine Abrechnungsfehler vorlagen.


Bei der SVB konnte bisher pro Jahr nur in wenigen Einzelfällen nachgewiesen werden, dass tatsächlich eine Verrechnung zu Unrecht erfolgt ist. Da keine systematischen Verstöße nachgewiesen werden konnten, kam es bisher noch nicht zu einer Vertragskündigung.

 

Frage 3:

Dazu wird seitens des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger Folgendes mitgeteilt:

 

„Allgemein ist auszuführen, dass jedem einzelnen Fall nachgegangen wird. Das Ergebnis wird den Versicherten - sofern gewünscht - mitgeteilt bzw. wenn erforderlich, wird das Leistungsblatt richtig gestellt und neu versandt.

 

Die große Anzahl an Rückfragen beschränkt sich auf Informationen zu den Leistungserbringern bzw. zu bestimmten Leistungen, wie beispielsweise Leistungen von Laboratorien und Pathologen (Blut- oder Abstrichbefunde), die direkt vom konsultierten Arzt ohne Wissen des Patienten beauftragt wurden. Am Informationsblatt ist dann beispielsweise der ärztliche Leiter des Labors angeführt, den der Versicherte nicht kennt, weil er ihn persönlich nicht konsultiert hat. Zu Rückfragen führen oftmals auch Leistungen, die von einem Vertretungsarzt (Bereitschaftsdienst) durchgeführt wurden, jedoch vom Hausarzt abgerechnet werden. Diese Anfragen können rasch geklärt werden bzw. kann der Vertragspartner nachweisen, dass die Leistungen tatsächlich erbracht wurden (z. B. durch Vorlage des Anamneseblattes bzw. anderer Patientendokumentationen).

 

Vielfach wird übersehen, dass Leistungen für Kinder bis 14 sowohl beim Vater als auch bei der Mutter angeführt werden und die Leistung tatsächlich jedoch nur einmal erbracht wurde.

 

Ursprünglich war bei Apotheken nur der Name der Apotheke, nicht aber der Apothekenstandort angegeben, sodass insbesondere bei Urlaubsinanspruchnahme aus diesem Grund Rückfragen erfolgten.

 

Vereinzelt kommt es vor, dass Vertragspartner erbrachte Leistungen irrtümlich oder aufgrund von Übertragungsfehlern über falsche Versicherungsnummern abrechnen bzw. sonstige Erfassungsfehler vorliegen (falsche oder unvollständige Patientendaten, falsche oder unvollständige Versicherungsnummern und/oder falsche Krankenversicherungsträger). Das führt in der Folge dazu, dass Versicherte Leistungen auf ihrem Leistungsinformationsblatt finden, die nicht von ihnen in Anspruch genommen wurden. Die Leistung wurde zwar erbracht, jedoch für einen anderen Patienten. Von diesen „Fehlverrechnungen“ kann kein finanzieller Schaden abgeleitet werden, da die Krankenversicherung die Kosten jedenfalls zu übernehmen hatte.


Oft können sich Versicherte auch nicht mehr erinnern, dass sie beim Arzt waren oder wollen vermeintliche oder tatsächliche Verrechnungsfehler einfach nur mitteilen bzw. interessieren sich für die abrechnungstechnischen Hintergründe.

 

Generell werden, soweit vorhanden, die Originalbelege (z. B. Rezepte) aus den Abrechnungen herausgesucht. Es wird kontrolliert, ob die e-card gesteckt wurde. Im Abrechnungsprogramm wird kontrolliert, ob Name und Versicherungsnummer korrekt übermittelt wurden. Auch wird auf etwaige Abrechnungsfehler, die in späteren Abrechnungen bereits korrigiert wurden, geachtet. Ein Großteil der Anfragen kann aufgrund interner Datenerhebungen der Vorwurf von falsch verrechneten Leistungen entkräftet werden. Sollten diese Kontrollen den Sachverhalt nicht aufklären, wird der Vertragspartner um eine schriftliche Stellungnahme ersucht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Fehler nicht absichtlich, sondern versehentlich hervorgerufen wurde. Stellt sich nachträglich heraus, dass die Verrechnung zu Unrecht erfolgte, werden die Kosten rückgefordert bzw. von der nächsten Rechnung einbehalten.“

 

Im Übrigen wird auf die konkreten Angaben der einzelnen Träger zu Frage 2 verwiesen.

 

Frage 4:

Es wird diesbezüglich auf die Ausführungen zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger anmerkt, liegt dem Großteil der Anfragen kein Verrechnungsfehler zu Grunde, sondern meist ein Fehler in den Patient/inn/endaten: Eine tatsächlich erbrachte Leistung wird irrtümlich einem anderen Versicherten zugeordnet. Ein Schaden entsteht daher in diesen Fällen nicht.

 

Frage 5:

Auf Grund der erkannten Fehlverrechnungen konnten nach Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger folgende Schadenssummen festgestellt bzw. vermieden werden:

 

Der WGKK liegen folgende Zahlen vor:

 

 

Bereich Heilbehelfe

Bereich Spitäler

Bereich Transporte

Gesamt

2006

€ 5.414,54

Fonds

 

€ 5.414,54

2007

€ 1.196,46

Fonds

 

€ 1.196,46

2008

€ 1.250,13

Fonds

€ 83,47

€ 1.333,60

2009

€ 4.156,36

Fonds

€ 168,86

€ 4.325,22

2010

€ 2.971,28

Fonds

 

€ 2.971,28

 

€ 14.988,77

 

€ 252,33

€ 15.241,10

 


 

Zahnbehandler/innen:

2006: € 4.649,70

2007: €    911,60

2008: € 1.754,00

2009: € 2.043,70

2010: €    590,60

 

Für den Bereich der sonstigen Vertragsärztinnen/-ärzte wird auf einen markanten Fall (Rückforderung von etwa € 50.000,--) verwiesen.

 

Die NÖGKK berichtet über einen Fall in der Höhe von rund € 2.730,--.

 

Bei der TGKK belief sich der Gesamtschaden der festgestellten Fehlverrechnungen in den Jahren 2008 bis 2009 auf insgesamt € 1.477,01 und ist nachstehender Aufschlüsselung zu entnehmen:

 

2008                                      € 565,89

2009                                      € 382,46

2010                                      € 528,66

 

Bei der SVB liegt der Gesamtschaden pro Jahr infolge der geringen Fallzahl regelmäßig weit unter € 1.000,--.

 

Den übrigen Trägern ist nach Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eine Quantifizierung eines Gesamtschadens durch gemeldete Fehlverrechnungen mangels Daten bzw. entsprechender Aufzeichnungen nicht möglich, er dürfte jedoch marginal sein. Auf die Ausführungen zu den Fragen 2 bis 4 wird verwiesen.