9847/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.01.2012
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
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An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.110/0001-I/4/2012 |
Wien, am 27. Jänner 2012 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Huber, Kolleginnen und Kollegen haben am 29. November 2011 unter der Nr. 9983/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Enteignung der Tiroler Stammliegenschaftsbezieher gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Ist Ihnen der vorstehend geschilderte Sachverhalt bekannt?
Die geschilderte Problematik ist mir bekannt.
Zu den Fragen 2 und 3:
Ø Hat die Tiroler Landesregierung in irgendeiner Weise auf die Bedenken der österreichischen Bundesregierung wegen der Enteignung von 18.000 Tirolerinnen und Tiroler reagiert? Wenn nein, hat die Bundesregierung eine Stellungnahme urgiert oder anderweitig reagiert; wenn nein, warum nicht?
Ø Wurde der Landeshauptmann von Tirol bzw. die Tiroler Landesregierung in weiterer Folge darauf hingewiesen, dass durch die Vorgehensweise in Tirol die ganze Republik mit Entschädigungszahlungen an geschätzt 18.000 Tirolerinnen und Tiroler belastet wird; wenn nein, warum nicht?
In der Äußerung der Bundesregierung, auf die in der Anfrage Bezug genommen wird, wird darauf hingewiesen, dass „die vorgesehene explizite Sonderstellung der Gemeinde innerhalb der Agrargemeinschaft gleichheitsrechtlichen Bedenken begegnen [könnte]“.
Diese Äußerung erfolgte anlässlich der Beschlussfassung gemäß Art. 98 B‑VG, in deren Rahmen die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluss eines Landtages Einspruch wegen Verletzung von Bundesinteressen bzw., wenn dem Bund zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, wegen Eingriffs in Bundeskompetenzen erheben kann. Damit ist dieser Abschnitt des Gesetzgebungsverfahrens abgeschlossen, weitere Korrespondenzen finden daher nicht statt und haben auch hier, jedenfalls soweit der Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes betroffen ist, nicht stattgefunden.
Ob ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegt, kann jedoch endgültig nur vom Verfassungsgerichtshof entschieden werden. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Erkenntnisse vom 10. Dezember 2010, B 639/10, B 640/10, und vom 28. Februar 2011, B 1645/10; darin hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 33 Abs. 2 lit. c, § 33 Abs. 5 und § 35 Abs. 7 des Tiroler Flurverfassungsgesetz 1996, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 7/2010, bestehen.
Zu Frage 4:
Ø Wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die bereicherten Tiroler Ortsgemeinden solche „Enteigungsgewinne“ nicht verwenden dürfen, bis die Frage der Entschädigung der Opfer durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklärt ist; wenn nein, warum nicht?
Seitens der Bundesregierung besteht zu derartigen Interventionen keine verfassungsrechtliche Handhabe.
Zu Frage 5:
Ø Wird die österreichische Bundesregierung sicherstellen, dass das Land Tirol vollen Regress leistet, wenn die Republik Österreich den geschätzt 18.000 Enteignungsopfern in Tirol volle Entschädigung zu leisten hat; wenn nein warum nicht?
Ganz generell gilt, dass für den Fall, dass Konventionswidrigkeiten einem Land zuzurechnen sind, vom Bund im Fall einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegenüber diesem Land Regress genommen wird.
Zu Frage 6:
Ø Beabsichtigt die österreichische Bundesregierung die Zahlungen an das Land Tirol aus dem Finanzausgleich soweit zu blockieren und einzufrieren, bis der volle Regress des Bundes gegen das Land Tirol wegen dieser Enteignungsmaßnahmen gesichert ist; wenn nein, warum nicht?
Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.
Zu Frage 7:
Ø Wird die österreichische Bundesregierung in gleicher Weise vorgehen, wenn andere Landesregierungen mit vergleichbaren Enteignungsschritten gegen Agrargemeinschaftsmitglieder beginnen; wenn nein, warum nicht?
Ich verweise auf die Beantwortung zu den Fragen 2 bis 6.
Mit freundlichen Grüßen