9895/AB XXIV. GP

Eingelangt am 31.01.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-11.500/0009-I/PR3/2011    

DVR:0000175

 
An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 


Wien, am     . Jänner 2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Moser, Freundinnen und Freunde haben am 30. November 2011 unter der Nr. 10002/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Anschlussstelle der A23 an den Landstraßer Gürtel gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 8:

Ø  Die ASFINAG beteuert, dass die Lärmsituation nach Beendigung der Ausbauarbeiten an der Anschlussstelle der A23 an den Gürtel für die unmittelbaren AnrainerInnen verbessert sein wird. Jedoch geht aus Berechnungen der ASFINAG selbst hervor, dass Verbesserungen nur für die unteren Stockwerke der anrainenden Wohnhäuser Hoffmannsthalgasse 2, 4, 6, 8 und 10 bzw. Landstraßer Gürtel 85, 87, 89, 91 und 93 zu erwarten sind! Für die Stockwerke über dem 3. Stock sind demnach keine Verbesserungen bzw. sogar Verschlechterungen bei den Lärmimmissionen zu erwarten. Wieso werden die betroffenen AnrainerInnen mit Halbwahrheiten und Fehlinformationen zur künftigen Lärmsituation konfrontiert?

Ø  Obwohl es sich offenbar beim Projekt des Ausbaus der Anschlussstelle der A23 um eine Rampenverlegung handelt und dafür keine Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend vorgeschrieben ist, ist jedoch laut § 7 Abs. 1 und 3 BStG bei der Planung, beim Bau und bei der Erhaltung von Bundesstraßen auf die Umweltverträglichkeit – und damit auch auf die Zumutbarkeit der Lärmbelästigung – Bedacht zu nehmen.

Wieso hat das BMVIT bei der Vorlage des Projekts zur technischen Projektgenehmigung die geplanten Maßnahmen trotz weiterer Erhöhung der derzeit schon gesetzwidrig hohen Lärmbelastung für viele AnrainerInnen zustimmend zur Kenntnis genommen?

Ø  Ist § 7a Abs. 1 BStG bei der Planung des Ausbauprojektes zur Anwendung gekommen, der u.a. Folgendes vorsieht: „Eine Bestimmung des Straßenverlaufes nach § 4 Abs. 1 ist nur zulässig, wenn bei Bau und Betrieb der Bundesstraße vermieden wird, a) dass das Leben und die Gesundheit von Nachbarn gefährdet werden (…)“?

Ø  Wenn ja, wie wurde das konkret geprüft und sichergestellt? Ist ein vollständiges Lärmgutachten erstellt worden, wenn ja, von wem und mit welchem konkreten Inhalt und Ergebnis?

Ø  Ist Ihnen bekannt, dass lauf ASFINAG-Angaben bereits jetzt die Lärmschwellenwerte nach der EU-Richtlinie 2002/49/EG und den entsprechenden (Umgebungs-)Lärmschutzgesetzen von Bund und Wien für viele AnrainerInnen sowohl tagsüber als auch nachts überschritten werden?

Ø  Ist Ihnen bekannt, dass laut Österreichischem Arbeitsring für Lärmbekämpfung (ÖAL) und Studien des Instituts für Umwelthygiene an der Universität Wien eine ständige Überschreitung der Lärmschwellenwerte von 60 dB am Tag und von 50 dB in der Nacht der EU-Richtlinie 2002/49/EG und des Umgebungslärmschutzgesetzes von Bund und Wien und gesundheitliche Probleme mit sich bringt, u.a. Schlafstörungen, Schwächung des Immunsystems, Bluthochdruck und eine deutliche Erhöhung des Herzinfarktrisikos, bereits bei 65 dB am Tag und 55 dB bei Nacht um bis zu 30%, bei 75 dB bis 90 dB wie an der A23-Anschlussstelle entsprechend höher?

Ø  Wie können Sie es angesichts der Gesundheitsgefährdung der AnrainerInnen durch den bereits bestehenden Lärm verantworten, dass durch den Ausbau der Anschlussstelle der A23 diese Gefährdung für viele AnrainerInnen noch erhöht wird?

Ø  Wie können Sie die Erhöhung der Lärmbelastung vieler AnrainerInnen angesichts Ihrer Dienstanweisung vom Jänner 2011, in der Sie der ASFINAG das Ergreifen von Maßnahmen zur Lärmreduktion an bestehenden Bundesstraßen (Autobahnen und Schnellstraßen) vorschreiben, erklären?

 

 

Wie mir die ASFINAG mitteilt, ist das Projektziel der Ausbaumaßnahmen an der A23 Anschlussstelle Landstraßer Gürtel neben einer Verflüssigung des Verkehrs (und damit verringerte Stauzeiten) auch eine großflächige Verbesserung der Immissionssituation der AnrainerInnen durch Errichtung der Einhausung der Ausfahrtsrampe sowie durch Erhöhung der Lärmschutzwände und Ausführung absorbierender Wandverkleidungen. Zusätzlich wurden den AnrainerInnen eine Förderung des Einbaus von Lärmschutzfenstern bzw. Schalldämmlüfter angeboten.

 

Für die Ausbauarbeiten an der A23 Anschlussstelle Landstraßer Gürtel wurden sowohl eine Detaillärmuntersuchung als auch eine luftreinhaltetechnische Untersuchung durchgeführt und somit auf die Umweltverträglichkeit wie in vergleichbaren Projekten Bedacht genommen.

 

Die Detaillärmuntersuchung der Ausbaumaßnahme zeigt überwiegend Verbesserungen um bis zu 7 dB und keine wahrnehmbaren Verschlechterungen gegenüber dem Unterlassen der Maßnahme (Referenzplanfall). Geringfügige Lärmzunahmen um max. 1 dB liegen unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle (Irrelevanzschwelle) und treten nur vereinzelt in den oberen Geschoßen auf. Jedenfalls kommt es in allen Geschoßen mit einer bestehenden Lärmimmission von > 65 dB am Tag bzw. > 55 dB in der Nacht zu keiner Erhöhung der Lärmpegel.


Zu den Fragen 9 und 12 bis 15:

Ø  Während der aktuellen Bautätigkeit, für die der Abriss der bis vor kurzem vorhandenen Lärmschutzwand notwendig war, werden die AnrainerInnen doppelt durch extreme Lärmimmissionen belastet, einerseits durch den Autobahnlärm, der hier laut Lärmkarte des Lebensministeriums Tag und Nacht die Schwellenwerte mit mehr als 15 dB überschreitet, und zusätzlich durch den Baulärm und den Lärm der Baufahrzeuge. Das ist eine völlig unzumutbare Gesundheitsgefährdung mit enormer Erhöhung des Herzinfarktrisikos über Jahre hinweg.

Können Sie das verantworten?

Ø  Oder ist daran gedacht, die AnrainerInnen, so lange es keine Lärmschutzwand gibt, z.B. durch einen teilweisen aufblasbaren Schallschirm aus Folie oder Membran oder sonstige wirksame Provisorien vor dem Autobahn- und Baulärm zu schützen?

Ø  Wenn beides nicht geplant ist, warum nicht?

Ø  Wenn beides nicht geplant ist, wie können Sie die mit Sicherheit zu erwartenden Gesundheitsschäden vieler AnrainerInnen und die daraus erwachsenden Gesundheitskosten für die Allgemeinheit verantworten?

Ø  Können Sie bereits die Höhe der Gesundheitskosten, die sich durch den Autobahn- und den Baulärm bei Verweigerung jeglicher schützenden Maßnahmen für die AnrainerInnen akkumulieren werden, abschätzen?

 

 

Laut Auskunft der Asfinag wurden bereits in der Planungsphase Maßnahmen aufgrund der Problematik „Baulärm“ getroffen und im Bauvertrag verankert. Durch die gewählte „Deckelbauweise“ wird der wesentliche Teil der Lärmemission auf der Baustelle verhindert. Bei einer Herstellung in offener Bauweise würde über rd. zwei Jahre der Baulärm ungehindert nach außen dringen, dies wird durch den Deckel weitestgehend verhindert. Weiters werden im Zuge der Baumaßnahmen ausschließlich lärmarme Baugeräte zugelassen. Um die AnrainerInnen während der Baumaßnahme besser zu schützen, erfolgte eine Optimierung des Bauablaufes. So wird zuerst der Lärmschutztunnel, der als „natürliche“ Barriere zu den betroffenen Wohnhäusern wirkt, errichtet. Die Wohnhäuser sind dadurch schon von den weiterführenden Baumaßnahmen abgeschottet und die Lärmbelastung für die AnrainerInnen spürbar vermindert. Weiters wurde die Baustelleneinfahrt verlegt und asphaltiert, um die Anfahrtsgeräusche der LKW bei Materialtransporten zu minimieren.

 

Als weitere Maßnahme, um die AnrainerInnen während der Bauarbeiten möglichst vor Bau- und Verkehrslärm zu schützen, wurde einerseits die bestehende Lärmschutzwand so lange wie möglich in der Bestandslage belassen und andererseits wird die neue Lärmschutzwand so rasch wie möglich errichtet. Die derzeitige Situation stellt sich nun so dar, dass noch Teile der alten Lärmschutzwand an der Rampe A 23 Anschlussstelle Landstraße stehen. Auch wurden schon ca. 90 % des Lärmschutztunnels errichtet, der als deutliche Sicht- und Lärmbarriere die Wohnhäuser vom Baustellen- und Verkehrslärm trennt. Gemäß aktuellem Bauzeitplan ist die Errichtung der neuen definitiven Lärmschutzwände entlang der A 23-Rampe mit der Freigabe des Rechtsabbiegers in die Landstraßer Hauptstraße (Juni 2012) geplant. Die ASFINAG ist jedoch bemüht, diese neue Lärmschutzwand bereits im Frühjahr 2012 zu errichten. Die dazu notwendigen Vorarbeiten und Vorabstimmungen wurden schon durchgeführt. Im Sinne der Kosteneffizienz ist die ASFINAG bestrebt, keine Provisorien, sondern die definitiven Lärmschutzmaßnahmen möglichst schnell zu errichten.

 

 

Zu den Fragen 10 und 11:

Ø  Haben Sie vor, § 43 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) einzuhalten, der besagt, dass „zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe {…} wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist,“ u.a. „für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen“ sind?

Ø  Da diese Regelung insbesondere örtlich oder zeitlich limitierte Geschwindigkeitsbegrenzungen oder auch ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge vorsieht, werden Sie also nach entsprechender Überprüfung, so lange eine durchgehende Lärmschutzwand fehlt, die AnrainerInnen durch die Verordnung a) einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h auf der Strecke der ehemaligen Lärmschutzwand und b) eines Nachtfahrverbots für LKWs über 3,5t auf der A23-Anschlussstelle Gürtel vor dem Autobahn- und Baulärm schützen?

 

 

Gemäß Stellungnahme der zuständigen Magistratsabteilung 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) handelt es sich mit der A23 Südost Tangente und der B221 um die höchstrangigen Verkehrsträger der Bundeshauptstadt. Da nicht davon auszugehen ist, dass durch die Verkehrsbeschränkungen wie LKW-Fahrverbote im Bereich der Baustelle A23/B221 die Anzahl der LKW-Fahrten in Wien abnimmt, muss davon ausgegangen werden, dass eine derartige Beschränkung lediglich die Verkehrs- und damit auch Lärmbelastung der Ausweichstrecken erhöht. Durch die Verlängerung der Wegstrecken würde dadurch die Wiener Gesamtbevölkerung stärker belastet werden.

 

Weiters wäre bei Verordnung eines LKW-Fahrverbotes im Bereich der A23 Abfahrt Landstraßer Gürtel der gesamte Baustellenverkehr gezwungen durch das untergeordnete Straßennetz (Hoffmannsthalgasse, Grasbergergasse) zur Baustelle zuzufahren, was eine verstärkte Belästigung der AnrainerInnen zur Folge hätte.

 

 

Zu Frage 16:

Ø  Ist daran gedacht, die AnrainerInnen für die zusätzliche Lärm-, Abgas- und Staubbelastung und dadurch bedingte Ausgaben etwa für Arztkonsultationen, Reinigung, Ausweichquartiere etc. und für die Verminderung der Lebensqualität während der Bauzeit zu entschädigen, wie das bei der Baustelle Wien Mitte – wo es „nur“ Baulärm, aber keinen Autobahnlärm gab – geschehen ist? Wenn nicht, wie erklären Sie diese unsachlich benachteiligende Ungleichbehandlung der AnrainerInnen?

 


Wie bereits ausgeführt, werden nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 BStG von der ASFINAG eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Beeinträchtigung von AnrainerInnen zu vermeiden oder zu vermindern.

 

In § 24 Abs. 5 BStG wird geregelt, dass Anspruch auf Schadenersatz nur besteht, wenn beim Bau oder Ausbau einer Bundesstraße die ortsübliche Benützung des nachbarlichen Grundes wesentlich beeinträchtigt wird und Organe des Bundes an dieser Beeinträchtigung ein Verschulden trifft, es sich um den Ersatz von Sachschäden an Bauwerken oder um die nicht bloß vorübergehende oder unerhebliche Beeinträchtigung einer rechtmäßigen Nutzung des Grundwassers oder Quellwassers handelt.

 

 

Zu den Fragen 17 und 18:

Ø  Ist Ihnen bekannt, dass die BürgerInneninitiative „Lebensraum Landstraßer Gürtel“ (Bl-LLG) seit vielen Jahren auf die Gefahren des Ausbauprojekts an der A23 Anschlussstelle für die Gesundheit der AnrainerInnen aufmerksam macht, und bereits sinnvolle Alternativen und Verbesserungen vorgeschlagen hat, von der ASFINAG jedoch brüskiert wurde?

Ø  Was sollen die AnrainerInnen und die BI-LLG vom Verantwortungsbewusstsein bei der ASFINAG – und dem BMVIT als Eigentümervertreter – angesichts dieser bisherigen Vorgangsweise bei der A23-Baustelle „ASt Landstraße neu“ halten?

 

Laut ASFINAG wurden zahlreiche Anfragen beantwortet und mit der BürgerInneninitiative „Lebensraum Landstraßer Gürtel“ zahlreiche Gespräche geführt. Eine Vielzahl der von der BürgerInneninitiative vorgeschlagenen Alternativen wurde von der ASFINAG fachlich untersucht und die Ergebnisse mit den VertreterInnen der BürgerInneninitiative diskutiert.