9908/AB XXIV. GP
Eingelangt am 03.02.2012
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BM für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
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NIKOLAUS BERLAKOVICH Bundesminister
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An die Zl. LE.4.2.4/0196-I 3/2011
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 2. FEB. 2012
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Harald Jannach, Kolleginnen
und Kollegen vom 6. Dezember 2011, Nr. 10063/J, betreffend
Pestizid im Grundwasserstrom von Korneuburg
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen vom 6. Dezember 2011, Nr. 10063/J, teile ich Folgendes mit:
Zu den Fragen 1 und 2:
Das Gemeindegebiet von Korneuburg liegt innerhalb der Abgrenzung des Grundwasserkörpers Tullnerfeld (GK100026). Im Rahmen der Messprogramme der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV, BGBl II 2006/479 i.d.g.F.) liegen für den Parameter Thiamethoxam Daten vom 4. Quartal 2008 (Herbst) sowie 2. Quartal 2010
(Frühjahr) vor. Die vorliegenden Messungen wurden somit alle bereits vor dem angesprochenen Störfall der Firma Kwizda im August 2010 durchgeführt. Der Wirkstoff wurde an zwei von insgesamt 11 Messstellen im GWK Tullnerfeld (Gemeindegebiet bzw. Nahbereich von Korneuburg) nachgewiesen, lag aber jeweils unter der Bestimmungsgrenze von 0,03 µg/l. Somit hat es vor dem Störfall an den GZÜV-Messstellen keine Grenzwertüberschreitungen (größer 0,1µg/l) gegeben. Für den Wirkstoff Imidacloprid liegen derzeit keine Daten vor.
Im Rahmen des GZÜV-Messprogramms ist vorgesehen, im Jahr 2013 u. a. die Parameter Thiamethoxam und Imidacloprid flächendeckend in ganz Österreich zu beobachten. Eine der GZÜV-Messstellen liegt direkt im Einzugsbereich der EVN-Brunnen.
Zusätzlich liegen auch Sondenmesswerte (Beweissicherungssonden) über Auftrag der Firma Kwizda vor, welche nach dem Störfall im August 2010 durchgeführt wurden. Nach Auskunft der BH Korneuburg traten demnach z.T. über 80-fache Grenzwertüberschreitungen für den Parameter Thiamethoxam im Jahr 2010 auf, wobei 2011 schon wieder sehr deutliche Belastungsrückgänge festgestellt werden konnten. Für Imidacloprid wurden nur vereinzelt Grenzwertüberschreitungen in wesentlich geringerem Ausmaß aufgezeichnet.
Zu Frage 3:
Nach den der sachlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Korneuburg zur Verfügung stehenden Unterlagen, Untersuchungen und Gutachten ist der Störfall bei der Firma Kwizda Agro GmbH vom August 2010 aufgrund der Entfernung der Betriebsanlage der Firma Kwizda Agro GmbH und der Grundwasserverlagerungsgeschwindigkeit im gegenständlichen Gebiet nicht mit der Verunreinigungsfahne im Stadtgebiet von Korneuburg in Zusammenhang zu bringen.
Zu den Fragen 4 bis 6:
Hingewiesen wird, dass in der gegenständlichen Angelegenheit keine unmittelbare behördliche Zuständigkeit des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gegeben ist.
Von der sachlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Korneuburg wurde hinsichtlich der festgestellten Grundwasserverunreinigung am 4. Oktober 2011 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Korneuburg übermittelt, welche die Ermittlungen aufgenommen und Akten der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg angefordert hat.
Seitens der Firma Kwizda wurden im Betriebsareal und in dessen unmittelbarer Umgebung unverzüglich Sanierungsmaßnahmen gesetzt, die eine Ausbreitung der von dem Störfall ausgehenden Grundwasserverunreinigung mit Thiamethoxam und Imidacloprid bis zum Stadtgebiet Korneuburg verhindert haben. Im Bereich des Firmengeländes bzw. über eine Sperrbrunnenkette südlich davon wird weiterhin Grundwasser abgepumpt und nach einer Reinigung über Aktivkohlefilter in den Donaugraben eingeleitet. Behördliche Aufträge nach der Bestimmung des § 31 Abs. 3 WRG waren bisher nicht erforderlich, da sämtliche erforderlichen Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen von der Firma Kwizda Agro GmbH selbständig durchgeführt wurden. Diese stehen unter laufender Kontrolle der Behörde und der Amtssachverständigen.
Zu Frage 7:
Hinweise, dass die Verunreinigungen durch unsachgemäßen Betrieb bei der land-wirtschaftlichen Bewirtschaftung entstanden sind, bestehen keine.
Zu Frage 8:
Aus derzeitiger Sicht ist die Verursacherfrage für die Verunreinigungsfahne im Stadtgebiet Korneuburg nicht geklärt, sodass die oben erwähnte Sachverhaltsmitteilung an die Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen „Unbekannt“ gerichtet war.
Zu Frage 9:
Es sind zwei Brunnenanlagen im Stadtgebiet Korneuburg und einer im Gemeindegebiet Bisamberg errichtet worden, aus welchen Grundwasser in einer Menge von ca. 10 l/s entnommen wird. Dieses wird nach Reinigung in Aktivkohlefilteranlagen über Schluckbrunnen wieder dem Grundwasser zugeführt. Weiters wird von der EVN Wasser GmbH bei den Anlagen des Brunnenfeldes Bisamberg im Frühjahr 2012 eine zusätzliche Aufbereitungsanlage errichtet, die allenfalls durch die Bepumpung des Brunnenfeldes zugezogene Verunreinigungen entfernen wird. Diese Anlage wurde vom Landeshauptmann von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde bereits bewilligt.
Zu den Fragen 10 und 11:
Im Sinne der österreichischen Bienenschutz- und Beizmittelstrategie wurde bereits seitens aller betroffenen Stellen zum Schutz der Umwelt, insbesondere der Bienen, ein gesamtheitliches Maßnahmenpaket erarbeitet, welches unter anderem sehr restriktive
Auflagen und Vorschriften für den Einsatz von insektiziden Beizmitteln enthält. Mit diesen restriktiven Auflagen und Vorschriften wurde seitens der zuständigen Behörde (Bundesamt für Ernährungssicherheit) Vorsorge für eine bestimmungsgemäße und sachgerechte Verwendung der Beizmittel sowie des gebeizten Saatgutes getroffen.
Mit der Genehmigung des mehrjährigen Forschungsprojekts „MELISSA“ im Jahr 2009 wurde die Möglichkeit geschaffen, dass in Österreich die Bienenverluste in Mais- und Rapsanbaugebieten untersucht werden und mögliche Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aufgeklärt werden können. Im Hinblick auf die Bienengesundheit werden die Fortschritte und Untersuchungen laufend verfolgt und nach Vorliegen und Auswertung des Abschlussberichtes werden weitere geeignete Schritte veranlasst.
Zu den Fragen 12 und 13:
Die Problemlösung erscheint durch die sachlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde sichergestellt.
Zu Frage 14:
Bis dato wurden die Kosten der Erkundung und Sanierung zur Gänze von der Firma Kwizda Agro GmbH getragen.
Zu Frage 15:
Die Dauer der Kontamination des Grundwassers bzw. der Sanierungsmaßnahmen ist derzeit nicht abschätzbar.
Der Bundesminister: