39/ABPR XXIV. GP

Eingelangt am 28.05.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Präsidentin des Nationalrats

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben am 30. April 2010 an die Präsidentin des Nationalrates die schriftliche Anfrage 39/JPR betreffend verweigerte Auskünfte durch den Verteidigungsminister gestellt.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Einleitend möchte ich betonen, dass das Interpellationsrecht ein wesentliches in der Bundesverfassung und in der Geschäftsordnung des Nationalrates verankertes Kontrollinstrument ist und ich als Präsidentin des Nationalrates stets für die Wahrung dieses Instituts eintrete.

Zuletzt wurde das Thema der parlamentarischen Anfragen etwa in der Präsidialkonferenz vom 19. Februar 2010 (23/II NR, XXIV. GP) ausführlich diskutiert. Als Ergebnis der Beratungen habe ich ein Schreiben an die Bundesregierung gerichtet, das sich mit Problemen im Zusammenhang mit Anfragebeantwortungen auseinandersetzt. Dieses Schreiben wurde dem Ministerrat durch den Bundeskanzler am 6. April 2010 vorgelegt und im Anschluss den zuständigen Bundesministerien zur Stellungnahme übermittelt.

Die Wichtigkeit des Interpellationsrechts habe ich auch - unabhängig davon, ob es sich um schriftliche oder mündliche Fragen handelt - öffentlich immer wieder zum Ausdruck gebracht.


Wie bereits in meiner Beantwortung der Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, 24 JPR, XXIV.GP vom 19. Juni 2009, lade ich auch dazu ein, etwa im Geschäftsordnungskomitee über die Möglichkeiten zur Stärkung der Kontrollrechte nach- zudenken. Ein Aspekt dabei könnte sein, Abgeordneten auf Verlangen das Recht einzuräumen, eine ergänzende Anfragebeantwortung zu fordern.

Zu den Fragen 1 und 3 bis 5:

Die österreichische Bundesverfassung und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates (GOG) begründen keine Prüfungskompetenz des Präsidenten/der Präsidentin dahin, ob der Verpflichtung zur Beantwortung oder Bekanntgabe der Gründe für die Nichtbeantwortung einer Anfrage hinreichend entsprochen worden ist (vgl. Atzwanger/Zögernitz zur Geschäftsordnung-Nationalrat, 3. Aufl., § 91 Anm. 16).

Nach § 92 Abs. 1 GOG können fünf Abgeordnete verlangen, im Nationalrat eine Debatte über die Anfragebeantwortung zu führen. Gegebenenfalls hat der Nationalrat die Möglichkeit, zu beschließen, die Anfragebeantwortung gemäß § 92 Abs. 3 GOG nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Wenngleich das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates keinerlei Hinweise darüber enthält, welche Gründe für die Ablehnung einer meritorischen Beantwortung herangezogen werden dürfen, setzte sich vor dem Hintergrund des Verständnisses der Interpellation als zentralem parlamentarischen Kontrollrecht die Auffassung durch, dass von der Nichtbeantwortung einer parlamentarischen Anfrage nur in restriktiver Weise Gebrauch gemacht werden kann. Als taugliche Gründe werden die rechtliche und tatsächliche Unmöglichkeit sowie die Wahrung von Staatsinteressen gesehen (siehe Kahl zu Art. 52 B-VG, Rn 36f. in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Textsammlung und Kommentar).

Eine gesonderte Regelung hinsichtlich Aktueller Aussprachen in Ausschüssen besteht nicht.

Zur Frage 2:

§ 93 Abs. 4 GOG sieht für Dringliche Anfragen die Verpflichtung des befragten Mitgliedes der Bundesregierung vor, nach der Begründung der Anfrage eine Stellungnahme zum Gegenstand abzugeben oder eine mündliche Beantwortung gemäß § 91 Abs. 4 GOG vorzunehmen. Gibt das befragte Regierungsmitglied eine Stellungnahme zum Gegenstand, jedoch keine Beantwortung ab, so ist das befragte Regierungsmitglied verpflichtet binnen zwei Monaten eine schriftliche Anfragebeantwortung im Sinne des § 91 Abs. 4 GOG abzugeben. Eine analoge Regelung besteht für Fragen von Abgeordneten in Ausschüssen nicht. In der parlamentarischen Praxis der Ausschüsse kommt es jedoch vor, dass Mitglieder der Bundesregierung nicht beantwortete Fragen schriftlich nachreichen. Eine derartige Verpflichtung dazu sieht die geltende Geschäftsordnung nicht vor.

Zur Frage 4:

Das Thema betreffend das Interpellationsrecht, insbesondere die Qualität der Anfragebeantwortungen wurde in der Präsidialkonferenz schon mehrfach erörtert und ich habe - wie eingangs erwähnt - erst im März dieses Jahres ein Schreiben an die Mitglieder der Bundesregierung gerichtet, in dem ich die demokratiepolitische Problematik unzureichend beantworteter Anfragen angesprochen und eine Qualitätsverbesserung nahe gelegt habe. Dieses Schreiben wurde den Mitgliedern der Präsidialkonferenz zur Kenntnis gebracht.

Zur Frage 6:

Dass der Nationalrat eine Bespitzelung von Abgeordneten nicht duldet, wurde mit dem einstimmig gefassten Beschluss vom 10. Juli 2009 auf Einsetzung des jüngsten Untersuchungsausschusses zum Thema Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments" zum Ausdruck gebracht. Ob im dargestellten Fall eine Bespitzelung" von Abgeordneten vorliegt, entzieht sich meiner Kenntnis.

Die Beurteilung der Frage, ob von Mitgliedern der Bundesregierung die parlamentarischen Kontrollrechte ausreichend respektiert werden, obliegt einer politischen Wertung, die von den Mitgliedern des Nationalrates unterschiedlich gesehen werden kann. In diesem Zusammenhang ist letztlich auf die politische Verantwortung der Mitglieder der Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und das in Artikel 74 Abs. 1 B-VG normierte Recht des Nationalrates der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder das Vertrauen zu versagen, hinzuweisen.