138/E XXIV. GP

 

Entschließung

des Nationalrates vom 30. November 2010

betreffend Novellierung des GWG im Zusammenhang mit der Umsetzung des 3. Binnenmarktpaketes für den Energiebereich der Europäischen Union

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat möglichst rasch, längstens bis Ende Februar 2011 einen Gesetzentwurf zukommen zu lassen, mit dem

-       die europäischen Vorgaben des 3. Energiepakets im Gasbereich (Richtlinie 2009/73/EG „Erdgas­binnenmarktrichtlinie“ sowie Verordnung (EG) Nr. 715/2009 („Zugangsverordnung“) in öster­reichisches Recht (Gaswirtschaftsgesetz IV; „GWG IV“) umgesetzt werden,

-       durch geeignete Regelungen für die Fernleitungsebene die Voraussetzungen geschaffen werden, die Stellung Österreichs als Drehscheibe im europäischen Gasverbund zu erhalten und auszubauen,

-       auf der Verteilerebene die bewährten und mit beträchtlichem Aufwand etablierten Strukturen erhalten bleiben,

-       vertikal integrierte Unternehmen auch weiterhin über ihre Unternehmensteile im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben verfügen können und dadurch die Möglichkeit haben, Steuereinnahmen für Österreich zu erarbeiten,

-       auf dem Bundesgebiet in jedem Marktgebiet nur eine Entry-Exit Zone eingerichtet werden soll, sofern das Marktgebiet auch über Fernleitungen verfügt,

-       eine Konzentration des Gashandels am Virtuellen Handelspunkt (VHP) eines Marktgebietes ange­strebt wird. Dazu soll die bereits am ITAB (Interactive Trading Area Baumgarten) (und in Oberkappel) eingerichtete Marktorganisation (OTC- und Börsehandel) von CEGH (Central Euro­pean Gas Hub) auf den VHP übergeführt werden,

-       die Benennung eines Marktgebietsmanagers durch die Fernleitungsnetzbetreiber, der den koor­dinierten Betrieb des Gesamtnetzes des Marktgebietes sicherstellt, gewährleistet wird

-       gewährleistet wird, dass es für das Verteilnetz einen Verteilgebietsmanager („AGGM“, Austrian Gas Grid Management AG) gibt, der die Schnittstelle zwischen Fernleitungs- und Verteilnetz verwaltet,

-       vorzusehen ist, dass zwischen VGM und MGM hinsichtlich der obenangeführten Koordinations­aufgaben eine Verpflichtung zur Kooperation festgelegt wird zB. Infrastrukturplanung,

-       die Möglichkeit geschaffen werden soll, die Funktionen des VGM und MGM, soferne die Eigen­tümer es wünschen, auch im MGM zusammenzulegen,

-       im Bilanzierungsmodell des Marktgebietes unterschiedliche Clearingsysteme (Endkunden und Handel) vorzusehen sind,

-       die Erweiterung des Rucksackprinzips bis zum Virtuellen Handelspunkt möglich ist.

 

Folgende Prämissen sind weiters zu wahren:

 

-       Im Sinne der neu gefassten Definition von Fernleitung ist der Katalog der österreichischen Fern­leitungen anzupassen.

-       Durch die Umstellung auf das Entry-Exit System bleiben die existierenden langfristigen Kapazitäts­reservierungen für die Inlandsversorgung und für den Transit erhalten. Dazu ist im Gaswirtschafts­gesetz eine Bestimmung vorzusehen, die eine Kündigung der bestehenden Verträge aufgrund der Tarifumstellung ausschließt.

-       Die bestehenden Tarifmethoden als notwendige Investitionsanreize für den weiteren Ausbau des österreichischen Fernleitungsnetzes werden beibehalten.

-       Das von österreichischer Seite auf Ratsebene vertretene ITO-Model („Independent Transmission System Operator“) im Sinne eines Schutzes der Investoren in Österreich wird umgesetzt, mit Maß­gabe der Beibehaltung der Stellung der Inhaber der Transportrechte im Einklang mit den Ent­flechtungsoptionen der Richtlinie.

-       Bei den Zertifizierungsbestimmungen sollen bereits bestehende und erprobte Kooperationen in ihrer Funktionsfähigkeit (das Fernleitungsgesamtnetz wird in Österreich durch die OMV betrieben) ohne Schaffung zusätzlicher „overhead“ Strukturen (Gemeinschaftsunternehmen) weiterhin ermöglicht werden.

-       Die Fortsetzung der erfolgreichen Entwicklung des Central European Gas Hub (CEGH) wird ermög­licht. CEGH soll weiterhin Central Matching Agent (CMA) bleiben, um eine überregionale Anbindung anstelle des ITAB zu schaffen. Die CMA Plattform wird keine Handelslokation dar­stellen, Handel soll ausschließlich am VHP stattfinden.

-       Jeder Netzbenutzer soll beim MGM registriert sein und unterliegt den Bilanzierungsregeln im Markt­gebiet. Es gibt zwei Bilanzgruppentypen (mit und ohne Endkundenverbrauch) für die auch unterschiedliche Clearingerfordernisse bestehen. Das bestehende AGCS Clearing System soll nur für den Endkundenverbrauch weiterbestehen. Die derzeit unterschiedlichen Regime der Bilanzierung für Fernleitung und Verteilung sollen über einen im GWG zu definierenden Zeitraum harmonisiert werden mit dem Ziel, die Bilanzierung der Gasmengen im Marktgebiet in einem Regime abzu­wickeln, unter Berücksichtigung der Vorgaben in den europäischen Leitlinien und Netzkodizes.

-       Dabei ist sicherzustellen, dass alle durch den Netzbenutzer durch Nominierungen beeinflussbaren Balancing-Erfordernisse und -Aktivitäten auf dem VHP zu konzentrieren und in einem mit den Handelsaktivitäten abzuwickeln sind. Die Imbalances, die durch die Abweichung des tatsächlichen Verbrauchs der Endkunden von der Prognose entstehen sollen in der bisherigen Form von AGCS abgewickelt und im Nachhinein abgerechnet werden.

-       Die Implementierung der zukünftigen europaweit verbindlichen Regelungen wird angemessen vorbe­reitet.

-       Es wird eine klare, aber für die Netzbenutzer transparente Schnittstelle zum Fernleitungsnetz (Ein­kauf von Exitkapazität durch den bisherigen Regelzonenführer in seiner neuen Rolle als Verteil­netzmanager) geschaffen.

-       Das geltende Marktmodell der Regelzone im Verteilernetz kann in das neue System übergeführt, und die Systemfunktionen Regelzonenführer (nunmehr Verteilnetzmanager) und Clearingstelle entspre­chend angepasst von den derzeitigen Funktionsträgern weiter ausgeübt werden.

-       Von der begrenzten Prognostizierbarkeit herrührende Unausgeglichenheiten im Verteilernetz werden wie bisher durch den Regelzonenführer (Verteilnetzmanager) ausgeglichen und durch die Clearing­stelle abgerechnet.

-       Der in Österreich im europäischen Vergleich gut funktionierende Speichermarkt wird keiner zusätz­lichen Regulierung unterworfen und der bisher bestehende ausschließlich verhandelte Speicher­zugang bleibt aufrecht.