75/E XXIV. GP
Entschließung
des Nationalrates vom 11. Dezember 2009
betreffend Maßnahmen auf Grund der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments
Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, die in ihren jeweiligen Ressorts zur Beseitigung der durch den Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments festgestellten Mängel, nämlich insbesondere
Allgemeines
Der Untersuchungsausschuss hat abermals gezeigt, dass die Behandlung von Auskunftspersonen durch Abgeordnete manchmal an die Grenzen der Achtung der Würde von Menschen geht. Dies war besonders in jenen Situationen zu bemerken, in denen Abgeordnete Befragungen „in eigener Sache" durchführten. Wenngleich ihnen in einem solchen Fall eine persönliche Betroffenheit zugestanden werden kann, darf dies aber nicht dazu führen, dass Auskunftspersonen in aggressiver Weise - teilweise mit Unterstellungen - befragt werden. In diesem Sinn muss, unabhängig von allfälligen Rechtsfolgen der Beteiligung betroffener Abgeordneter in einer Untersuchung, die (gewünschte) Objektivität der Untersuchung - auch durch einen Untersuchungsausschuss - bedacht werden.
Der Untersuchungsausschuss zieht daraus den Schluss
- dass, unabhängig von einer entsprechenden Änderung der Verfahrensordnung zumindest von Seiten der Fraktionen vermieden werden sollte, Abgeordnete als Mitglieder des Untersuchungsausschusses zu nominieren, die von der Untersuchung - in welcher Form auch immer - selbst betroffen sind. Denkbar wäre auch, dass Vorsitzendem und Verfahrensanwalt wirkungsvollere Instrumentarien zur Verfügung gestellt werden, um auf solche Befangenheitssituationen angemessen reagieren zu können.
Unabhängig von den konkret untersuchten Einzelfällen ist festzustellen, dass durch das Strafprozessreformgesetz, mit welchem die Aufgabe zur Untersuchung des Verdachts strafbarer Handlungen vom Untersuchungsrichter an die Staatsanwälte übertragen worden ist, die Kompetenzen der Staatsanwälte enorm ausgeweitet worden sind. In diesem Zusammenhang ist auch die Verankerung der Staatsanwälte in der Verfassung - als Organe der Gerichtsbarkeit - zu erwähnen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Staatsanwälte der Kontrolle ihrer Tätigkeit durch das Parlament (iS der Art. 52 und 53 B-VG) entzogen sind. Diese Ausnahme gilt ausschließlich für die Rechtsprechung im engeren Sinn (Art. 87 B-VG), wie dies auch in der parlamentarischen Behandlung der entsprechenden Gesetzesvorhaben zum Ausdruck gebracht worden ist.
Unter Bedachtnahme auf die Erweiterung des Aufgabengebietes der Staatsanwaltschaften möchte der Untersuchungsausschuss insbesondere auch darauf hinweisen, dass mit der erweiterten Kompetenz auch die Verantwortung gestiegen ist und dass sich die Staatsanwälte dieser gestiegenen Verantwortung bewusst sein müssten. Es ist auch Aufgabe des Justizressorts, den Änderungen der Rechtslage dahingehend Rechnung zu tragen, dass auf eine entsprechende Bewusstseinsbildung Wert gelegt wird.
Ferner wurde im Zuge der Beratungen des Untersuchungsausschusses festgestellt, dass in der Vergangenheit versucht wurde, Weisungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Dabei wird offenbar übersehen, dass Weisungen auch dazu dienen müssten, festgestellte Missstände oder Gesetzesverletzungen in Einzelfällen abzustellen und darauf hinzuwirken, dass die Strafprozessordnung zur Förderung des Vertrauens der Bevölkerung in die Justiz einheitlich angewendet wird. Weisungen sind gerade durch Änderungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes deshalb unbedenklich geworden, weil sie im Sinn einer gesteigerten Transparenz im Akt ersichtlich und damit allen Beteiligten des Strafverfahrens, einschließlich des Beschuldigten und der Verteidigung, zugänglich sind. Darüber hinaus ist auch noch auf die jährliche Berichtspflicht der Justizministerin über die Ausübung des Weisungsrechts zu verweisen.
Zum Beweisthema 1
Im Bereich „Kasachstan“ hatte sich der Untersuchungsausschuss auf die Überprüfung der Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf das Parlament - dieser Vorwurf ist durch die Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2009 bekannt geworden - zu beschränken. Eine bewusste Mitwirkung von Abgeordneten in diesem Zusammenhang konnte nicht festgestellt werden; vielmehr gelangte der Untersuchungsausschuss mehrheitlich zur Auffassung, dass die die Anfrage stellenden Abgeordneten unbewusst instrumentalisiert wurden, um die öffentliche Meinung in Österreich im Sinne der kasachischen Regierung zu verändern.
Für den Untersuchungsausschuss war in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage relevant, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen betroffene Abgeordnete von Einflussnahmen auf sie informiert werden durften. Das BVT hat diese Frage, wie sich aus der Aussage seiner Leiters, Mag. Gridling, ergab, eingehend geprüft, kam aber zur Auffassung, dass zu einer Warnung der betroffenen Abgeordneten keine ausreichende Rechtsgrundlage bestand. Diese Rechtsauffassung ergab sich für das BVT insbesondere auf Grund der Bestimmungen über die erweiterte Gefahrenerforschung im SPG, die dem BVT den Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik, also auch des Nationalrates, nicht jedoch den Schutz und die Information einzelner Abgeordneten als Aufgabe überträgt. Auch ein Einschreiten auf Grund der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht wurde verneint, weil konkret keine Opfer ersichtlich waren.
Zu diesem Thema wurde der Leiter des BKA-VD, Univ. Prof. Dr. Lienbacher zum Sachverständigen bestellt, der zusammengefasst Folgendes ausführte:
Für Abgeordnete gelten die allgemeinen Bestimmungen, eine Sonderstellung kommt ihnen nicht zu.
Sicherheitsbehörden wären berechtigt, Abgeordnete zu informieren, solange die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem nicht entgegen steht. Eine Verpflichtung zur Information besteht nicht. Denkbar wäre eine Verständigungspflicht allerdings im Rahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht gemäß § 19 SPG. Diese Verpflichtung würde die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit durchbrechen.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, wenn Betroffene unter Berufung auf das Bundesauskunftspflichtgesetz von der Behörde darüber Auskunft verlangen, ob sie allenfalls durch ausländische Geheimdienste in eine bestimmte Richtung missbraucht werden. Auch in diesem Fall sind jedoch die Grenzen der Auskunftspflicht durch die Amtsverschwiegenheit (Art. 20 Abs. 3 B-VG) gegeben.
Eine Verpflichtung zur Verständigung von Abgeordneten müsste gesetzlich verankert werden.
Auf der Basis der gewonnen Erkenntnisse kommt der Untersuchungsausschuss daher zum Schluss,
- dass eine ausreichende rechtliche Grundlage geschaffen werden sollte, um - dem Betroffenen nicht bewusste - Beeinflussungen von Abgeordneten und anderer Betroffener von Seiten ausländischer Geheimdienste den Betroffenen jedenfalls dann mitteilen zu können, wenn dadurch Aufklärungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen nicht gefährdet werden.
In diesem Zusammenhang möchte der Untersuchungsausschuss jedoch auch klarstellen, dass das Interpellationsrecht von Abgeordneten in jedem Fall respektiert werden muss und aus dessen bloßer Inanspruchnahme keine Beeinflussung des/der Abgeordneten abgeleitet werden kann.
Zum Beweisthema 2 (Justiz)
Im Zuge der Befragung von Auskunftspersonen musste festgestellt werden, dass der Umgang der Strafverfolgungsbehörden mit der Immunität von Abgeordneten im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG mehrfach problematisch war. So konnte nicht ausreichend aufgeklärt werden, warum Verfahren gegen unbekannte Täter geführt wurden, die sich aber bei richtiger Bewertung gegen einen Abgeordneten richteten, ohne die erforderlichen Schritte zur Aufhebung der Immunität in die Wege zu leiten.
Unverständlich erscheint auch der Umstand, dass Strafverfahren eingeleitet wurden, obwohl durch die inkriminierte OTS-Meldung nur der Inhalt einer Parlamentsrede wiedergegeben wurde, was durch die Bestimmung über die sachliche Immunität (Art. 33 B-VG) geschützt ist.
Im Fall der Anlass für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses bildenden Rufdatenrückerfassung konnte zwar keine Gesetzwidrigkeit festgestellt werden, dennoch erscheint ein sensiblerer Umgang der Strafverfolgungsbehörden mit diesem Instrument im Sinne des Prinzips der ultima ratio sowie mit der Rollenzuweisung Beschuldigter — Zeuge erforderlich.
Der Untersuchungsausschuss konnte ferner feststellen, dass in mehreren Fällen Personen als Zeugen geführt worden sind, obwohl sie zu Sachverhalten befragt wurden oder prozessuale Zwangsmaßnahmen gegen sie in Aussicht genommen wurden, die gleichermaßen sie selbst auch als Beschuldigte im Sinn einer Beitragstäterschaft betreffen konnten. Dies betraf in Einzelfällen auch Abgeordnete, was abermals aus Sicht des parlamentarischen Immunitätsschutzes bedenklich ist. Diese Umstände wurden erst im Rahmen der Berichtskette durch das BMJ releviert.
Der Untersuchungsausschuss konnte auch erkennen, dass die Frage der Immunität und des Schutzes von Informationen, die Mandataren zugekommen sind, von den Strafverfolgungsbehörden nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Die Frage der möglichen Beschlagnahme von Datenträgern, die im Besitz von Abgeordneten sind, erscheint selbst als theoretische Überlegung rechtlich nicht gedeckt. Nicht bestätigt werden konnte hingegen, dass die Strafverfolgungsbehörden in bewusster Art und Weise bei ihren Ermittlungsschritten davon abhängig, wo Beschuldigte konkret zuzurechnen waren (Regierung/Opposition), unterschiedlich vorgegangen sind.
Bei der Reform des strafgerichtlichen Vorverfahrens wurde die Frage, ob in besonderen Verfahren - nämlich wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und wegen der Person des Tatverdächtigen - nicht weiterhin Beweisaufnahmen durch einen unabhängigen Richter durchgeführt werden sollten, eingehend diskutiert. Diese Diskussion führte zur Schaffung des § 101 Abs. 2 StPO, der von einer Auskunftsperson jedoch als „totes Recht“ bezeichnet wurde.
Insgesamt musste festgestellt werden, dass manche Strafverfolgungsbehörden teilweise sorglos mit ihren Aufgaben umgingen und rechtliche und faktische Fehler begangen wurden. Daraus ist die Notwendigkeit einer nachprüfenden parlamentarischen Kontrolle abzuleiten. Gegen diese spricht auch nicht die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften im Rahmen der Gerichtsbarkeit. Denn eine weisungsgebundene Tätigkeit im Rahmen der Gerichtsbarkeit darf - wie sich auch bei Vergleich der entsprechenden gesetzlichen Formulierungen ergibt - nicht der Rechtsprechung gleichgesetzt werden. Insofern kann daher, auch in Kenntnis der Entstehungsgeschichte des Art. 90a B-VG, entgegenstehenden Rechtsmeinungen nicht gefolgt werden. Unzulässig wird aber jedenfalls ein Eingriff parlamentarischer Gremien in laufende Verfahren sein, weil dadurch u.a. der im Verfassungsrang stehende Trennungsgrundsatz verletzt würde.
Aus diesen Erkenntnissen zieht der Untersuchungsausschuss folgende Schlussfolgerungen:
- Unter Beachtung des materiellen Beschuldigtenbegriffes des § 48 StPO (in der Fassung des Strafprozessreformgesetzes) ist sicherzustellen, dass Verfolgungshandlungen gegen Abgeordnete, sofern der politische Zusammenhang nicht offensichtlich verneint werden muss, ausschließlich nach erfolgter Zustimmung zur behördlichen Verfolgung erfolgen darf.
- Bei der wahrheitsgetreuen Wiedergabe von Inhalten von Parlamentsreden ist die sachliche Immunität zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht nur die Strafverfolgungsbehörden, sondern auch Gerichte, die diese Bestimmung im Rahmen der Behandlung von Fortführungsanträgen ebenfalls nicht beachten.
- Generell ist sicherzustellen, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht willkürlich zwischen der Zeugen- und Beschuldigteneigenschaft von Personen wählen dürfen, sondern alleine entsprechend dem materiellen Beschuldigtenbegriff - unter Ausschluss von Opportunitätserwägungen - folgen. Dies betrifft insbesondere Sachverhalte, in denen der Hauptbeschuldigte in einem Naheverhältnis zum Zeugen steht, gegen den der Verdacht einer Bestimmungstäterschaft (insbesondere zu einem Amtsdelikt, etwa der Verletzung des Amtsgeheimnisses oder des Amtsmissbrauches) bestehen könnte.
- Der Informationsschutz von Abgeordneten und der Schutz von Unterlagen sind in Strafverfahren ausreichend sicherzustellen. Allein die Überlegung von Zwangsmaßnahmen gegen Abgeordnete widerspricht den Regeln und tragenden Gedanken über die Immunität und ist zu unterbinden.
- Der Untersuchungsausschuss verkennt nicht, dass im Falle eines strafrechtlichen Vorwurfes, an dem möglicher Weise ein Abgeordneter als Bestimmungs- bzw. Beitragstäter beteiligt ist, was - wegen der Komplementarität der Sachverhalte - Verfolgungshandlungen auch gegen den Hauptbeschuldigten ausschließt, die notwendige Befassung des Immunitätsausschusses und des Plenums des Nationalrates zu nicht wünschenswerten Verzögerungen der Ermittlungen führt. Im Hinblick darauf wird angeregt, in solchen Fällen ein beschleunigtes Verfahren zur Ermöglichung von notwendigen Ermittlungsschritten, insbesondere zur Sicherung von Sachbeweisen, zu schaffen. Auch die Problematik der Verjährung zu Gunsten möglicher Beitragstäter und die damit in engem Zusammenhang stehende Wahrung von Opferrechten muss dabei berücksichtigt werden.
- Der Untersuchungsausschuss vermeint, dass - auch im Lichte der Erkenntnisse des Ausschusses - die StPO-Reform einer evaluierenden Überprüfung unterzogen werden sollte. Dabei sollte insbesondere auch die Frage der Einschaltung eines unabhängigen Richters zur Beweisaufnahme in besonderen Verfahren (§ 101 Abs. 2 StPO) überprüft werden.
- Im Hinblick auf die festgestellten Mängel in der Strafrechtspflege erscheint es gerechtfertigt, die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen des Offizialprinzips einer nachprüfenden parlamentarischen Kontrolle - auch außerhalb von Untersuchungsausschüssen - zu unterziehen. Dadurch darf jedoch nicht in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung eingegriffen werden. Dies bedeutet einerseits das Verbot der Kontrolle laufender Verfahren wie auch die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen, etwa auch über Anträge auf Fortführung von Strafverfahren. Ob und in welchem Rahmen eine solche Überprüfungsmöglichkeit institutionalisiert werden soll, bedarf noch einer eingehenden Erörterung, in deren Rahmen insbesondere auch zu bedenken sein wird, dass die Überprüfungsmaßnahmen nicht dadurch behindert werden sollen, dass sukzessive zunächst Sicherheitsbehörden (etwa im Rahmen einer erweiterten Gefahrenerforschung oder Gefahrenabwehr), die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaften selbst als Ermittlungs- und Anklagebehörden zuständig sind.
Zum Beweisthema 2 (Abwehramt)
Der Untersuchungsausschuss untersuchte auch die Frage der Überwachung von Veranstaltungen im militärischen Umfeld einschließlich der Frage der Auswertung von Kfz-Kennzeichen von Teilnehmern an Veranstaltungen, die im Zusammenhang mit der militärischen Landesverteidigung stehen.
Der Ausschuss kam zum Schluss, dass Gefährdungsanalysen im Interesse der Sicherung der militärischen Landesverteidigung geboten sind. So weit vorgeschrieben, wurde auch die Zustimmung des Rechtsschutzbeauftragten eingeholt. Gesetzwidrigkeiten konnten also nicht festgestellt werden, auch war der Einsatz des Abwehramtes im Hinblick auf die zu schützenden Rechtsgüter und die festgestellte Gefahrenlage verhältnismäßig.
Zum Beweisthema 3
Im Bereich dieses Beweisthemas war, unabhängig von der Frage, ob es zu einer Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnis bzw. des Amtsmissbrauchs gekommen ist oder nicht - diese Frage wird letztendlich von den Justizbehörden zu klären sein - die Vermengung von privaten Aktivitäten mit dienstlichen Obliegenheiten auffallend. Dies betrifft nicht nur den Umstand, dass ein Beamter zugleich eine private Firma betrieb, für deren Tätigkeitsbereich Erkenntnisse aus Datenbanken des BMI von Interesse gewesen sein könnten, sondern auch den Umstand, dass die Arbeiten sowohl dienstlicher wie auch privater Natur zum Großteil auf dem privaten Computer durchgeführt wurden. Auffallend war ferner, dass Nebenbeschäftigungen bewilligt wurden, ohne jemals den Umfang dieser Tätigkeiten zu überprüfen, was dazu geführt hat, dass der betroffene Beamte neben der erlaubten Nebentätigkeit als Sachverständiger auch noch eine Firma betrieb, die wegen ihrer Nähe zur dienstlichen Tätigkeit des betreffenden Beamten niemals hätte bewilligt werden können.
Im Hinblick auf diese Erkenntnisse empfiehlt der Untersuchungsausschuss:
- Bei der Genehmigung von Nebenbeschäftigungen ist ein strenger Maßstab anzulegen, um selbst den Verdacht zu beseitigen, dass im Rahmen der privaten Nebentätigkeiten Erkenntnisse aus dem dienstlichen Bereich genutzt werden könnten.
- Nach der Genehmigung von Nebenbeschäftigungen wäre, um Missbrauch vorzubeugen, der Umfang der genehmigten Nebenbeschäftigung regelmäßig zu überprüfen, um Missbräuchen vorzubeugen.
- Um die Trennung von dienstlichem und privatem Verhalten sicherzustellen, ist ferner sicherzustellen, dass dienstliche Aufgaben ausschließlich auf von der Dienstbehörde zur Verfügung gestellten Computern nach Möglichkeit an der jeweiligen Dienststelle erfüllt werden. Zu diesem Zweck ist auch für eine ausreichende Ressourcenausstattung der jeweiligen Dienststellen zu sorgen.
Zum Verfahren
Anders als in früheren Untersuchungsausschüssen ergaben sich im gegenständlichen Untersuchungsausschuss keine Probleme mit der Aktenvorlage bzw. mit sog. „Schwärzungen“.
Problematisch erschien hingegen die Klassifizierung vorgelegter Unterlagen bzw. die aus der Klassifizierung gezogenen Konsequenzen im Umgang mit den Akten. Die Notwendigkeit der Abschrift von Akten bedeutet eine wesentliche Erschwernis der Arbeiten im Untersuchungsausschuss, noch dazu, als diese Maßnahmen nicht das gewünschte Ziel einer Förderung der Vertraulichkeit von Akten bewirkten.
Auffallend war ferner der Umstand, dass die Beweisthemen häufig extrem extensiv interpretiert worden sind. Dies mag auch daran gelegen sein, dass Betroffene als Mitglieder des Untersuchungsausschusses in die Befragungen eingegriffen haben.
Im Lichte dieser Erkenntnisse vermeint der Untersuchungsausschuss,
- dass, wenn notwendig auch unter Verschärfung der Vertraulichkeitsbestimmungen und einer entsprechenden Sanktionierung im Fall der Verletzung solcher Vorschriften, Methoden entwickelt werden sollten, durch die ein ungehindertes Arbeiten für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses gewährleistet werden kann. Dabei muss auch darauf geachtet werden, dass Vertraulichkeitsbestimmungen nicht durch das exzessive und missbräuchliche Zitieren von Akten verletzt werden;
- dass die Bestimmungen des Datenschutzes auch bei der zulässigen Veröffentlichung von Akteninhalten des Ausschusses respektiert werden
- dass in einer künftigen Verfahrensordnung auch Unvereinbarkeitsregeln für Mitglieder von Untersuchungsausschüssen geschaffen werden müssen.
Da seit dem letzten Untersuchungsausschuss keine Novellierung der Verfahrensordnung bzw. der Untersuchungsausschüsse regelnden Vorschriften in anderen Gesetzen, insbes. im B-VG, erfolgt sind, möchte der Untersuchungsausschuss die wichtigsten verfahrensrechtlichen Empfehlungen des letzten Untersuchungsausschusses neuerlich unterstreichen. Positiv zu vermerken ist, dass in den Kommuniques, einer Empfehlung des letzen Untersuchungsausschusses folgend, Protokollberichtigungen eingearbeitet werden.
- Eine Klarstellung des Umfangs der Aktenvorlage unter Beachtung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit des zuständigen Mitglieds der Bundesregierung ist unabdingbar.
- Stärkung der Rolle des Verfahrensanwaltes im Interesse des Rechtsschutzes von Auskunftspersonen; der Verfahrensanwalt sollte auch von einzelnen Abgeordneten zur Klärung von Rechts- und Verfahrensfragen angerufen werden können.
- Notwendigkeit der Schaffung von Regelungen, wie unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte und im Lichte des Arbeitnehmerschutzes mit Mails in persönlichen Mailkonten von Mitarbeitern von Ministerien umzugehen ist.
- Ferner erscheint eine Abgrenzung von (partei-)politischer Willensbildung und Geschäftsführung der Bundesregierung erforderlich, zumal in Kabinetten von Bundesministerien neben gewöhnlicher Verwaltung auch parteipolitische Entscheidungen getroffen werden, wie etwa Schwerpunkte der Arbeit, Vorbereitung von Pressekonferenzen etc.
Schlussbemerkungen
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses halten fest, dass die Tätigkeit dieses Ausschusses - entgegen mancher veröffentlichter Kritik - bereits während des Laufs der Untersuchungen Ergebnisse gezeitigt hat:
- Der Nationalrat hat am 5.11.2009 eine Entschließung angenommen, in der die Justizministerin ersucht wurde, die Auswirkungen der Reform des strafgerichtlichen Vorverfahrens insbesondere auch im Lichte der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments einer eingehenden Evaluierung zu unterziehen und dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht zu übermitteln, in dem im Fall der Feststellung des Erfordernisses legislativer Maßnahmen die entsprechenden als notwendig erachteten Gesetzesänderungen im Detail dargelegt werden.
- Ferner hat die Justizministerin in ihrer Pressestunde am 22.11.2009 die Auflösung der politischen Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien angekündigt. Bei der dadurch bedingten Neuregelung der Organisation sollten die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses jedenfalls Berücksichtigung finden.
- Auch im Bereich der Immunität hat die Bundesministerin für Justiz auf Grund der durch den Untersuchungsausschuss gewonnen Erkenntnisse rasch gehandelt und einen neuen Immunitätserlass herausgegeben, der die gestellten Fragen einer Klärung zuführt.
Im Hinblick auf diese Feststellungen sind nicht nur Regelungen, die das Parlament und seine Verfahren betreffen, sondern darüber hinaus auch legislative Maßnahmen erforderlich, die von Seiten der Bundesregierung vorbereitet und dem Parlament zugeleitet werden sollten.
erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten und im Fall des Erfordernisses legislativer Maßnahmen dem Parlament ehest möglich entsprechende Gesetzesvorschläge zukommen zu lassen.