1168 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (915 der Beilagen): Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa

Die in den letzten Jahren erhöhte Bedrohung der inneren Sicherheit Österreichs durch den internationalen Terrorismus, die grenzüberschreitende Kriminalität und die illegale Migration führt zur Notwendigkeit, die internationale polizeiliche Zusammenarbeit zu verstärken, um diesen Bedrohungen wirksam begegnen zu können.

In Ergänzung zu den Anstrengungen innerhalb der Europäischen Union zur Verstärkung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit hat Österreich in den letzten Jahren eine Reihe von bi- und multilateralen Staatsverträgen in diesem Bereich abgeschlossen: mit der Schweiz und Liechtenstein am 27. April 1999, BGBl. III Nr. 120/2001, Slowenien am 28. Oktober 2003, BGBl. III Nr. 51/2005, Deutschland am 10. November und 19. Dezember 2003, BGBl. III Nr. 210/2005, Slowakische Republik am 13. Februar 2004, BGBl. III Nr. 72/2005, Ungarn am 6. Juni 2004, BGBl. III Nr. 99/2006, Tschechische Republik am 14. Juli 2005, BGBl. III Nr. 121/2006 und den Vertrag über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (sog. Prümer Vertrag) mit Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden am 27. Mai 2005, BGBl. III Nr. 159/2006. Damit kann Österreich im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit auf ein dichtes Netz bi- und multilateraler Kooperationsvereinbarungen zurückgreifen.

Die von Österreich initiierte und mit österreichischer Unterstützung verhandelte Konvention sieht umfassende Möglichkeiten zur internationalen polizeilichen Zusammenarbeit vor und soll die Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung sowie zur Verhinderung, Aufdeckung und Ermittlung von strafbaren Handlungen verstärken. Die Konvention setzt sich vor allem aus Elementen des Schengener Durchführungsübereinkommens, BGBl. III Nr. 90/1997 und des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten, BGBl. III Nr. 210/2005 zusammen und sieht eine Zusammenarbeit durch Informationsaustausch mit und ohne Ersuchen insbesondere im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und im Kampf gegen die illegale Migration, des Austauschs von Verbindungsbeamten, des Zeugenschutzes, der Aus- und Fortbildung und des Erfahrungsaustauschs, der Vorbeugung, der Nacheile, der grenzüberschreitenden Observation, der kontrollierten Lieferung, der verdeckten Ermittlung zum Zwecke der Strafverfolgung und zur polizeilichen Gefahrenabwehr, der Beweissicherung, der körperlichen Untersuchung, der Ermittlung und des Abgleichs von DNA-Profilen sowie anderem erkennungsdienstlichen Material, der Unterbringung in Beherbergungsbetrieben, gemeinsamer Einsatzformen und grenzüberschreitender Sucheinsätze, gemischter Streifen entlang der Staatsgrenze sowie gemeinsamer Zentren vor. Die Konvention enthält weiters umfangreiche, dem österreichischen Standard entsprechende Datenschutzbestimmungen sowie Regelungen über die Vertraulichkeit von Informationen und klassifizierte Informationen. Die Regelungen ergänzen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die internationale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG; BGBl. I Nr. 104/1997).

Die Konvention wurde am 5. Mai 2006 von der Republik Albanien, von Bosnien und Herzegowina, von der Republik Mazedonien, der Republik Moldau, Rumänien, Serbien und Montenegro in Wien unterzeichnet. Bulgarien trat im Jahr 2008 der Konvention bei. Die Vertragsparteien der Konvention sind wichtige Partner Österreichs im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, den Terrorismus und die illegale Migration.

Gemäß ihrem Art. 39 Abs. 2 steht die Konvention weiteren Staaten zum Beitritt offen. Ein solcher erspart Österreich die ansonsten notwendigen langwierigen bilateralen Verhandlungen mit acht Staaten und könnte auch weitere Staaten (z. B. Kroatien) inspirieren, dieser Konvention ebenfalls beizutreten, wodurch die Möglichkeiten der Anwendung ausgeweitet würden.

Es ist in Aussicht genommen, anlässlich der Hinterlegung der Beitrittsurkunde Erklärungen abzugeben, dass die Zusammenarbeit gemäß Art. 15 (kontrollierte Lieferung), Art. 16 (verdeckte Ermittlung zum Zwecke der Strafverfolgung) sowie Art. 27 (gemeinsame Ermittlung) nur auf Grundlage der Genehmigung durch eine österreichische Justizbehörde erfolgen kann. Weiters soll eine Erklärung zu Art. 32 Abs. 4 abgegeben werden, dass eine Änderung des Klassifizierungsgrades gemäß dieser Bestimmung unter Beachtung des Grundsatzes der Herausgeberzustimmung und im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgt. Weiters werden die Vertragsparteien um Berichtigung der Verweise in Art. 15 Abs. 6, Abs. 8 sowie Art. 17 Abs. 2 ersucht.

Gemäß Art. 41 der Konvention wird Österreich folgende Vorbehalte abgeben: Vorbehalt über den Vorrang der Anwendung bi- und multilateraler Verträge mit Vertragsparteien, die weitergehende Bestimmungen enthalten; Vorbehalt über den Vorrang der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in Bezug auf Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind; Vorbehalt bezüglich Nichtanwendung von Art. 25 aufgrund von Verpflichtungen aus dem Schengener Durchführungsübereinkommen BGBl. III Nr. 90/1997 sowie Ausnahmeregelungen im Melderecht; Vorbehalt des nationalen Rechts in Fiskal- und Zollangelegenheiten.

 

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist erforderlich, da Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Der Staatsvertrag ist in deutscher und englischer Sprache abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 13. April 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Hermann Gahr der Abgeordnete Werner Herbert.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen (dafür: S, V, F, B; dagegen: G).

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten vertritt weiters mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B; dagegen: G) die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Hermann Gahr gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa (915 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2011 04 13

                                 Hermann Gahr                                                                      Otto Pendl

                                    Berichterstatter                                                                            Obmann