1261 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 1387/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe

Die Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. Dezember 2010 im Nationalrat eingebracht.

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Kirchgatterer die Abgeordneten Christian Lausch, Mag. Judith Schwentner und Gerhard Huber.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und die Menschenwürde. Sie ist eine grausame und unmenschliche Strafe. Weltweit haben 95 Staaten die Todesstrafe vollständig abgeschafft, neun Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor. 35 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis, jedoch noch nicht per Gesetz abgeschafft. Gegenwärtig wenden somit 139 Staaten die Todesstrafe nicht mehr an. Die Zahl jener Länder, die die Todesstrafe abschaffen, nimmt ständig zu. 58 halten weiterhin an der Todesstrafe fest. Im Jahr 2009 wurden mindestens 2001 Menschen in 56 Staaten zum Tode verurteilt und mindestens 714 Menschen in 18 Staaten hingerichtet.

Nicht in diesen Zahlen enthalten sind die Verurteilungen und Exekutionen in der Volksrepublik China, wo im Jahr 2009 mehr Menschen hingerichtet wurden als in allen übrigen Staaten auf der Welt zusammen. Amnesty International geht von über 10 000 vollstreckten Todesurteilen aus. Eine exakte Angabe ist nicht möglich, da die genauen Zahlen von der chinesischen Regierung nicht preisgegeben werden. Einer der Hingerichteten ist der britische Staatsbürger Akmal Shaikh, der trotz internationaler Proteste am 29. Dezember 2009 in Urumqi mittels einer Giftspritze getötet wurde. Es bestanden erhebliche Zweifel an der Fairness seines Strafverfahrens. So wurde die psychische Erkrankung des Angeklagten offensichtlich nicht berücksichtigt.

Beispielgebend in der Region war bislang Taiwan, wo seit fünf Jahren die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt worden war. Die vier Hinrichtungen im Frühjahr 2010 sind ein schwerer Rückschlag für alle Bemühungen, über Moratorien schrittweise die Todesstrafe abzuschaffen. In Iran betrug die Zahl der Hinrichtungen mindestens 388, im Irak mindestens 120 und in Saudi-Arabien mindestens 69. Neben Saudi-Arabien ist Iran der einzige Staat, der die Todesstrafe auch an Minderjährigen oder zur Tatzeit Minderjährigen vollstreckte. Auch wuchs die Anzahl der Todesurteile infolge der politischen Unruhen nach den letzten Wahlen sprunghaft an, da die Staatsführung die Todesstrafe zur Unterdrückung Oppositioneller benutzt. So wurden Mohammad Reza Ali-Zamani und Arash Rahmanipour im Januar 2010 hingerichtet, nachdem sie im Oktober 2009 in unfairen Prozessen der ‚Feindschaft zu Gott‘ und der Mitgliedschaft in der Gruppierung ‚Anjoman-e Padeshahi-e Iran‘ (API), die für die Wiedereinführung der Monarchie in Iran eintritt, für schuldig befunden worden waren.

In den USA vollstreckt nach wie vor der Großteil der Bundesstaaten die Todesstrafe. In 35 der 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika kann die Todesstrafe verhängt werden, wobei 4 von ihnen seit 1976 keine Hinrichtungen mehr durchgeführt haben. Im Jahr 2009 stieg die Zahl der Exekutionen im Vergleich zum Vorjahr von 37 auf 52. Damit stehen die USA an fünfter Stelle. In den USA sind seit Wiederaufnahme der Hinrichtungen 1977 inzwischen über 1.000 Personen hingerichtet worden. Zugleich mussten seit 1973 weit über 100 zum Tode Verurteilte nach zum Teil jahrelanger Haft wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld aus der Todeszelle entlassen werden.

Artikel 6 Absatz 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) gestattet die Verhängung der Todesstrafe nur bei schwersten Verbrechen. Artikel 6 Absatz 5 verbietet Todesurteile gegen zur Tatzeit Minderjährige und die Hinrichtung von schwangeren Frauen. Das zweite Fakultativprotokoll zum IPbpR sieht die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe vor und wurde bislang von 72 Staaten ratifiziert.

Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde um das 6. Zusatzprotokoll über das generelle Verbot der Todesstrafe erweitert, das sich genau wie das zweite Fakultativprotokoll zum IPbpR auf Friedenszeiten bezieht. Mit dem 13. Zusatzprotokoll zur EMRK wird die Todesstrafe auch in Kriegszeiten verboten. Artikel 2 Absatz 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union enthält das Verbot der Todesstrafe. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind deshalb zur Abschaffung der Todesstrafe verpflichtet.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat sich klar positioniert und ein Hinrichtungsmoratorium und eine schrittweise Abschaffung der Todesstrafe gefordert. Eine kürzlich verabschiedete Resolution über ein weltweites Moratorium der Hinrichtungen mit der Perspektive einer völligen Abschaffung der Todesstrafe wurde mit 107 Stimmen angenommen. Es gab 38 Gegenstimmen und 36 Enthaltungen. Die Todesstrafe scheint somit zurückzugehen, was sich nicht nur darin zeigt, dass im Vergleich zur letzten Abstimmung eine Ja-Stimme mehr abgegeben wurde, sondern vor allem, dass acht Nein-Stimmen weniger zu verzeichnen waren. Dieses Ergebnis, der Aufbau einer weltweiten Allianz von Hinrichtungsgegnern und die ‚Leitlinien für eine Unionspolitik gegenüber Drittstaaten betreffend die Todesstrafe‘ bilden auch für Österreich eine gute Grundlage, um den Kampf gegen die Todesstrafe vehement fortzuführen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 1387/A(E) der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, G, dagegen: B) beschlossen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2011 06 21

                 Adelheid Irina Fürntrath-Moretti                                                 Mag. Alev Korun

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau