1418 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über die Regierungsvorlage (1391 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird

und

über den Antrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetzes über die Befugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz - AEBG) geschaffen wird

 

Die Regierungsvorlage 1391 der Beilagen war wie folgt begründet:

Seit nunmehr über 50 Jahren entsendet die Republik Österreich Einheiten und Einzelpersonen zu Auslandseinsätzen in alle Welt und hat sich dadurch hohe Anerkennung in der Staatengemeinschaft verdient. Derzeit befinden sich österreichische Einheiten im Wesentlichen im Kosovo, in Bosnien und Herzegowina sowie im Nahen Osten im Auslandseinsatz. Waren es ursprünglich Katastropheneinsätze und Einsätze zur Trennung von Konfliktparteien sowie zur Überwachung von Waffenstillstandsvereinbarungen, so beteiligt sich Österreich seit einigen Jahren verstärkt auch an „robusteren“ Einsätzen, insbesondere solchen der (aktiven) Friedenssicherung mit allfälligem Bedarf einer Durchsetzung von Aufgaben der Krisenbewältigung. Dabei sind auch polizeiähnliche Aufgaben durch die entsendeten Organe wahrzunehmen.

In Fällen der Ausübung von Befugnissen durch österreichische Organe, die in die Rechte Dritter eingreifen, stellt sich die Frage nach deren innerstaatlichen rechtlichen Grundlagen. Die Ausübung solcher Befugnisse kann nach völkerrechtlichen Regelungen von Personen- und Fahrzeugkontrollen über Hausdurchsuchungen, die Durchsetzung von Sperrbereichen und Ausgangssperren bis zur Bewältigung von Demonstrationen und Aufständen reichen. Zur Durchsetzung dieser Befugnisse kommen nach den völkerrechtlichen Regelungen auch Festnahmen, der Einsatz körperlicher Gewalt und der – in bestimmten Lagen lebensgefährdende – Waffengebrauch in Betracht. Diese im Rahmen der Befugnisausübung gesetzten Handlungen entsprechen in der überwiegenden Zahl Tatbildern des österreichischen Strafrechts, weshalb für die Straffreiheit dieser Handlungen ein entsprechender Rechtfertigungsgrund gegeben sein muss. Für die in Rede stehenden Fälle kommt – über die, nicht nur dem innerstaatlichen Strafrecht, sondern auch dem Völkergewohnheitsrecht bekannten Rechtfertigungsgründe der Notwehr und Nothilfe hinaus – der Rechtfertigungsgrund der „Ausübung von Amts- und Dienstpflichten“ auf Grund einer ausdrücklichen Befugnisnorm in Betracht.

Die völkerrechtlichen Regelungen, wie insbesondere das Mandat, näher ausgeführt durch die internationalen Einsatzweisungen, bilden zwar die entsprechende (völkerrechtliche) Grundlage für die Befugnisausübung, jedoch ist eine Anwendung dieser völkerrechtlichen Normen durch ein österreichisches Strafgericht mangels innerstaatlicher Publizität im Bundesgesetzblatt zweifelhaft (die entsprechenden völkerrechtlichen Grundlagen werden im Bundesgesetzblatt insbesondere deshalb nicht kundgemacht, weil einige Dokumente auf Grund von Geheimhaltungsbestimmungen nicht veröffentlicht werden dürfen). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist daher mit der in Rede stehenden Bestimmung beabsichtigt, eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Anwendung von Befugnissen im Auslandseinsatz durch österreichische Organe, welche aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport zu einem Auslandseinsatz entsendet werden, zu schaffen.

In systematischer Hinsicht lehnt sich die vorgesehene Regelung an das Grundschema des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, an und trennt zwischen den Aufgaben im Auslandseinsatz, den hiefür in Betracht kommenden Befugnissen sowie den Mitteln zu deren (zwangsweisen) Durchsetzung, wobei sich eine nähere Konkretisierung in Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatz aus den jeweils in Frage kommenden völkerrechtlichen Regelungen ergibt.

Die verfassungsrechtliche Basis für jede Teilnahme von Organen der Republik Österreich an Auslandseinsätzen bildet das Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997. Nach § 4 Abs. 7 KSE-BVG haben die entsendeten Personen im Falle eines Widerspruchs einer unmittelbar erteilten Weisungen des in Betracht kommenden internationalen oder ausländischen Organs und einer Weisungen eines zuständigen österreichischen Organs, die des österreichischen Organs zu befolgen. Die entsendeten Personen haben die innerstaatliche Rechtslage einzuhalten und folglich Weisungen, die gegen innerstaatliches Recht verstoßen, nicht zu befolgen.

Bei einem Einsatz, der durch die Europäische Union geführt wird, dient der vorliegende Entwurf der Umsetzung des entsprechenden Beschlusses der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik samt der durch die Europäische Union als einsatzführende Organisation erstellten Dokumente wie den internationalen Einsatzweisungen samt den sogenannten „Rules of Engagement“.

 

Die Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 1057/A am 24. März 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Befugnisse des Österreichischen Bundesheeres in Auslandseinsätzen müssen, wie vom Bundesheer seit längerem gefordert, einen rechtlichen Rahmen bekommen, der den Soldaten Sicherheit gibt.

Als reformbezogener Bedarf an Veränderungen des legistischen Rahmens wird vom Österreichischen Bundesheer die rechtliche Absicherung österreichischer Soldaten im Einsatz durch ein „Auslandseinsatzbefugnisgesetz“ gesehen.

Auch der Rechnungshof hat dies in seinem Bericht Bund 2006/11 gefordert:

„Einen Teil der den EU–geführten Einsätzen zugrunde liegenden Operationspläne bilden die „Rules of Engagement“, die Verhaltensregeln für militärische Kräfte im militärischen Auslandseinsatz ausformulieren.

Die „Rules of Engagement“ sehen zum Teil Befugnisse vor, die von der österreichischen Rechtsordnung nicht gedeckt sind. Österreich erklärte daher im Zuge seiner Einsatzbeteiligung zu den für den Einsatz EUFOR/ALTHEA bestehenden „Rules of Engagement“ Vorbehalte, wonach diese Befugnisse von österreichischen Soldaten nicht bzw. nur eingeschränkt ausgeübt werden dürfen.

Der RH empfahl hinsichtlich der Vorbehalte zu den „Rules of Engagement“ entsprechende interministerielle Überlegungen anzustellen.“

Das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sah im Kapitel Äußere Sicherheit und Landesverteidigung folgendes vor:

„Entsendungen sollen – unabhängig ob sie militärische oder zivile Kräfte betreffen – entsprechend den Vorschlägen des Rechnungshofes optimiert werden.“

Die Inhalte des Regierungsprogramms für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Kapitel „Internationale Aufgaben“ zeigen ebenfalls die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes auf:

„Friedenseinsätze im Ausland sind zugleich Friedenseinsätze für Österreich. Sie verhindern oder vermindern negative Rückwirkungen auf unser Land. Österreich hat sich bisher im internationalen Vergleich überdurchschnittlich an Friedensmissionen im Rahmen der Vereinten Nationen beteiligt. Das zeigen erfolgreiche Einsätze, wie z.B. UNDOF (Golan), KFOR (Kosovo), EUFOR (Bosnien und Herzegowina) und EUFOR (Tschad). Österreich wird diese Tradition auf der Basis der einschlägigen Bestimmungen des österreichischen Verfassungsrechts und im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen fortsetzen.

Das Bundesheer soll dabei zum gesamten militärischen Aufgabenspektrum der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auch nach kurzen Vorwarnzeiten beitragen können. Das betrifft auch die Wahrnehmung der Teilnahme an schnellen Krisenreaktionskräften der EU (Battle-Group-Konzept) und die Weiterentwicklung des Beitrages dazu auf Basis der Erfahrungen der für 2011 und 2012 festgelegten Teilnahmen.(…)“

Mit dem gegenständlichen Initiativantrag soll Rechtssicherheit für die entsendeten Organe bei der Ausübung von eingriffsgeneigten Befugnissen gewährleistet werden.“

 

 

Der Landesverteidigungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 04. Oktober 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Johann Höfinger die Abgeordneten Stefan Prähauser, Dr. Gabriela Moser, Oswald Klikovits, Kurt List und Mag. Wolfgang Gerstl sowie der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Stefan Prähauser, Oswald Klikovits, Dr. Peter Fichtenbauer und Kurt List einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Mit der ins Auge gefassten Änderung soll klargestellt werden, dass alle für einen Auslandseinsatz unmittelbar erforderlichen Erstmaßnahmen direkt kraft Gesetzes ergriffen werden können. Diese umfassen nicht nur – wie in der Regierungsvorlage vorgesehen – die erforderlichen Maßnahmen zur Eigensicherung, sondern auch weitere Befugnisse, die zum Schutz sonstiger Personen und Sachen unbedingt erforderlich sind (zB Absperrungen, Auflösungen von Besetzungen). Die Erweiterung der Z 2 dient ausschließlich der Vermeidung von Missverständnissen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B, dagegen: G ) beschlossen.

Damit ist der Initiativantrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetzes über die Befugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz - AEBG) geschaffen wird, miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 10 04

                                Johann Höfinger                                                          Dr. Peter Fichtenbauer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann