1456 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über die Regierungsvorlage (1255 der Beilagen): Bundesgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz (Klimaschutzgesetz – KSG)

In den letzten Jahrzehnten waren ein rascher Anstieg der globalen Mitteltemperatur der Erdatmosphäre und der Ozeane sowie der anthropogenen CO2-Emissionen und anderer Treibhausgase (THG) (Methan, Lachgas und so genannte Industriegase) feststellbar. Die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre hat stark zugenommen. Nach Ansicht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), eines Gremiums der Vereinten Nationen von über 2.000 WissenschafterInnen, legen die vorliegenden Forschungsergebnisse einen klaren kausalen Zusammenhang dieser erhöhten Treibhausgas-Konzentration mit der Erwärmung der Erdatmosphäre sowie der Ozeane nahe. Folgen dieser Veränderung sind u.a. ein Ansteigen des Meeresspiegels, ein häufigeres Auftreten von Extremereignissen (Hitzewellen, Dürreperioden, Überschwemmungen), langfristige Änderungen in Niederschlagsmustern, das Abschmelzen von Gletschern und von Meereis sowie die Migration von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten.

Eine rasche und signifikante Verminderung der Emissionen von Treibhausgasen ist notwendig, um die weitere Erderwärmung zumindest zu begrenzen. Die globale Mitteltemperatur wird bis 2100 (je nach Emissionsszenario des IPCC) um 1,4 bis 5,8 °C gegenüber vorindustriellen Werten steigen. Eine Stabilisierung des Anstiegs der globalen Mitteltemperatur auf nicht mehr als 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau soll erreicht werden; dafür müssen die weltweiten Emissionen bis 2050 um zumindest 50 % gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 abgesenkt werden. Allerdings wird auch ein Temperaturanstieg um bis zu 2 °C ernste Auswirkungen auf das Klima haben. Für detaillierte Informationen wird auf den „IPCC Synthesis Report to the Fourth Assessment Report“ (siehe http://www.ipcc.ch/ipccreports/ar4-syr.htm) verwiesen.

Wegen des globalen Charakters des Problems Klimawandel ist ein koordiniertes Vorgehen auf internationaler Ebene unerlässlich. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 wurde das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) unterzeichnet, das die Vertragsparteien verpflichtet, Strategien und Maßnahmen zu ergreifen, um eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems zu verhindern. Das Übereinkommen ist für Österreich am 29. Mai 1994 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 414/1994).

Bei der 3. Vertragsparteienkonferenz des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, die im Dezember 1997 in Kyoto, Japan, stattfand, wurde der Text für ein Protokoll zum Rahmenübereinkommen nach schwierigen, durch große Interessensgegensätze sowohl zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als auch innerhalb der Industrieländer geprägten Verhandlungen mit Konsens angenommen. Das sogenannte „Kyoto-Protokoll“ ist für Österreich am 2. Mai 2005 in Kraft getreten (BGBl. III Nr. 89/2005).

Das Protokoll sieht eine Verpflichtung zur Emissionsreduktion der sechs Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW) und Schwefelhexafluorid (SF6) durch die im Anhang 1 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen genannten Industrieländer um zumindest 5 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 vor. Diese Reduktion ist ein notwendiger, aber keineswegs ausreichender erster Schritt zum Schutz des globalen Klimas. Weitere Schritte werden in späteren Verpflichtungsperioden folgen müssen.

Zur Erreichung ihrer Ziele müssen die im Anhang 1 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen genannten Industrieländer Politiken und Maßnahmen setzen. Besonders hervorgehoben werden im Protokoll die Bereiche

         -      Verbesserung der Energieeffizienz,

         -      Schutz von CO2-Senken,

         -      nachhaltige Landwirtschaft,

         -      verstärkter Einsatz von erneuerbarer Energie,

         -      Verbesserungen der Energie-Markt-Rahmenbedingungen,

         -      Verringerung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sowie

         -      Abfallverwertungsmaßnahmen zur Reduktion der Methanemissionen.

Neben diesen nationalen Maßnahmen können die Reduktionsverpflichtungen prinzipiell auch durch flexible Mechanismen erfüllt werden, bei denen die Emissionsreduktionen in einem Staat erfolgen, aber einem finanzierenden/erwerbenden anderen Staat angerechnet werden. Zu diesen flexiblen Mechanismen zählen der internationale Emissionshandel, die gemeinsame Umsetzung („Joint Implementation“, JI) und ein Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung („Clean Development Mechanism“, CDM).

Gemäß Art. 4 des Protokolls besteht die Möglichkeit einer gemeinsamen Zielerfüllung für die Vertragsparteien. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und werden das Reduktionsziel von 8 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990 gemeinsam erzielen. Die Entscheidung über die Ratifikation des Protokolls (Entscheidung 2002/358/EG, ABl. Nr. 130 vom 25.4.2002, S. 1) enthält eine entsprechende Vereinbarung, einschließlich einer Tabelle über die EU-interne Lastenaufteilung. Völkerrechtliche Verbindlichkeit erlangte für Österreich die in dieser Vereinbarung enthaltene Reduktionszahl von 13 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber den Werten des Jahres 1990.

Auch für die Zeit nach 2012 bestehen für Österreich Verpflichtungen zur (weiteren) Reduktion der Treibhausgasemissionen. Mit Entscheidung 406/2009/EG, ABl. Nr. 140 vom 23.4.2009, S. 136, hat sich Österreich unionsrechtlich verpflichtet, Emissionen, die nicht dem Emissionshandelssystem EU-ETS unterliegen, im Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 um 16 % gegenüber den Werten des Jahres 2005 zu senken.

Zur Erfüllung dieser Reduktionsziele wird Österreich zusätzliche Anstrengungen im Klimaschutz unternehmen müssen. Im Jahr 2009 (dem derzeit aktuellsten verfügbaren Berichtsjahr) lagen die Emissionen der sechs relevanten Treibhausgase um rund 2,4 % über den Emissionen des Jahres 1990 und damit um rund 16,4 % über dem Kyoto-Ziel.

Der vorliegende Entwurf für ein Klimaschutzgesetz sieht vor, dass völkerrechtliche und unionsrechtliche Verpflichtungen im Bereich des Klimaschutzes national aufgeteilt werden. Diese Aufteilung kann unter anderem auch sektoral vorgenommen werden. Gleichzeitig soll durch Einrichtung von Verhandlungsgremien und ‑prozessen ein Mechanismus geschaffen werden, der – unter Beachtung einer langfristigen Perspektive in der österreichischen Klimaschutzpolitik – das Erarbeiten und Umsetzen wirksamer Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Länder ermöglicht.

Der Umweltausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 11. Oktober 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Hermann Schultes die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Hannes Weninger, Mag. Rainer Widmann, Harald Jannach, Dr. Gabriela Moser, Konrad Steindl, Erwin Hornek, Walter Schopf, Hermann Gahr, Jakob Auer, Peter Mayer und Mag. Josef Lettenbichler sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich und Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner.


Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Hannes Weninger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu § 5 Abs. 3 KSG:

Zusätzlich werden Vertreter von Österreichs Energie sowie des Verbandes Erneuerbare Energie Österreich aufgenommen. Ähnlich wie für das NKK soll auch dem Nationalen Klimaschutzbeirat eine Geschäftsordnung gegeben werden. Der Nationale Klimaschutzbeirat soll mit einfacher Mehrheit beschließen, welche Vertreter der Wissenschaft bzw. welche drei Vertreter der österreichischen Umweltschutzorganisationen im Nationalen Klimaschutzbeirat vertreten sein sollen. In der Geschäftsordnung des Beirates soll weiters geregelt werden, wie weitere Institutionen oder Personen Mitglied im Nationalen Klimaschutzbeirat werden können. Diese Erweiterung des Beirates soll mit einer einfachen Mehrheit ermöglicht werden. Die Ernennung neuer Mitglieder seitens des Beirates erfolgt auf Vorschlag und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft.

Zu Anlage 2:

Eine zahlenmäßige Festlegung des Reduktionsziels 2020 kann derzeit nicht erfolgen, da die exakte Abgrenzung zwischen Emissionshandelssektoren und Nicht-Emissionshandelssektoren erst nach Abschluss der Datenerhebung im Zuge der Vorbereitung des Emissionshandels 2013-20 erfolgen kann und die Emissionen des Referenzjahres 2005 noch einer gesonderten Überprüfung der Europäischen Kommission im Jahr 2012 bedürfen. Ein diesbezüglicher Beschluss der Kommission gem. Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung 406/2009/EG erfolgt frühestens im Oktober 2012.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Hannes Weninger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen.

Ferner beschloss der Umweltausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) folgende Feststellungen:

„Der Umweltausschuss stellt fest, dass den betroffenen Unternehmen in den jeweiligen Sektoren im Falle einer tatsächlichen Überschreitung der Kyoto-Ziele und allfälliger daraus resultierender Verpflichtungen des Bundes keine Kosten übertragen werden. Diese Budgetmittel sind durch das Bundesministerium für Finanzen bereit zu stellen.

Im Falle einer tatsächlichen Überschreitung der gemäß völkerrechtlichen oder unionsrechtlichen Verpflichtungen für die Republik Österreich ab dem Jahr 2013 geltenden Höchstmengen von Treibhausgasemissionen soll die Kostentragung gemäß § 7 KSG in einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern erfolgen. Der Umweltausschuss geht davon aus, dass die Kostentragung im Bund im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend und der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie festzuhalten ist.“

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ing. Hermann Schultes gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 10 11

                          Ing. Hermann Schultes                                                  Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau