Vorblatt

Problem:

Das Berufsausbildungsgesetz sieht in § 19c die Möglichkeit von Beihilfen an Ausbildungsbetriebe vor, die aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds finanziert werden können. Die Ausgestaltung dieser Beihilfen ist in Richtlinien des Förderausschusses des Bundes-Berufsausbildungsbeirates definiert. Konkret gibt es eine Basisförderung für Lehrbetriebe und qualitätsorientierte Beihilfen (z.B. Unterstützungsmaßnahmen für lernschwache Jugendliche, Teilnahme an Ausbildungsverbünden, Weiterbildung von Lehrlingen und Ausbildern, Prämien für ausgezeichnete Lehrabschlussprüfungen und Förderung von jungen Frauen in vorwiegend technischen Lehrberufen). Es fehlt allerdings die Möglichkeit zur Förderung von zielorientierten Maßnahmen um die Rahmenbedingungen für Unternehmen und Lehrlinge weiter zu verbessern, insbesondere die „Drop out“ – Quote zu senken und Instrumente für das Qualitätsmanagement in der Ausbildung zur Verfügung zu stellen.

Ziel:

Senkung der „Drop Out“ – Quote bei den Lehrlingen; Sicherstellung von qualitativ hochwertiger Ausbildung; Unterstützung der Betriebe bei der Gestaltung der Ausbildung; Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung von Unternehmen.

Inhalt /Problemlösung:

Flexibilisierung bei den Bestimmungen zur Förderung von Lehrbetrieben.

Alternativen:

Zur Finanzierung der Maßnahmen, um die angestrebten Ziele zu erreichen, stehen keine sonstigen Mittel im Bundesbudget zur Verfügung.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Der gesetzliche Rahmen zur Verwendung von Mitteln aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds für die betriebliche Ausbildung von Lehrlingen (§ 13e IESG) wird durch die geplante Neuregelung nicht erhöht. Die zur Verfügung stehenden Mittel sollen aber flexibler eingesetzt werden können.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Förderung der nachhaltigen Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen und Sicherung des Fachkräftebedarfs der österreichischen Unternehmen; Steigerung der Ausbildungsqualität der Fachkräfte.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es wird keine Erhöhung der Verwaltungslasten für Unternehmen verursacht.

– Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Die Lehrausbildung und der Abschluss der Lehre tragen zur Vermeidung sozialer Probleme bei.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Durch die Förderung der Ausbildungen werden die Chancen insbesondere auch für junge Frauen auf dem Arbeitsmarkt und in weiterer Folge die Erwerbseinkommen verbessert.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

In Österreich ist die Lehrlingsausbildung seit jeher eine wesentliche Schiene der beruflichen Erstausbildung. Die fachlich-praktische Ausbildung im Lehrbetrieb und der fachtheoretische Unterricht in der Be­rufsschule bilden das bewährte duale System. Fach­kräfte, die ihre Berufsausbildung in der Lehre absolviert haben, sind seit langem das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und die Basis für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Bis zu 40 Prozent der Jugendlichen eines Geburtenjahrganges entscheiden sich jährlich für eine Lehre. Um diesen Standard nachhaltig zu sichern und zu festigen, ist es erforderlich, die Lehrlingsausbildung in ständiger Reformbemühung auf der Höhe der Zeit zu halten.

Diesem Zweck dient auch die 2008 im Berufsausbildungsgesetz verankerte Förderung der Lehrbetriebe, die aus der Basisförderung (Ersatz von drei/zwei/einer Lehrlingsentschädigung(en) für das erste/zweite/dritte bzw. vierte Lehrjahr) und den qualitätsorientierten Beihilfen besteht und die Lehrlingsausbildung in ihrer Funktion als wesentliche Schiene zur Heranbildung qualifizierter Fachkräfte stärken soll.

Gleichzeitig werden in der bildungspolitischen Diskussion neue Herausforderungen geortet. Dazu zählen insbesondere ein höherer Anteil an abgebrochenen Ausbildungen und nicht bestandenen Lehrabschlussprüfungen. Die Statistik der Wirtschaftskammer Österreich weist für das Jahr 2010 5.707 Auflösungen von Lehrverhältnissen während der Probezeit (diese dauert max. 3 Monate), 4.850 einvernehmliche Auflösungen, 1.572 Auflösungen aus wichtigen Grund durch das Unternehmen und 5.336 Auflösungen aus wichtigem Grund durch den Lehrling (wobei es hier ausreicht, dass der Lehrling "seinen Lehrberuf aufgibt") aus.

Von den rund 46.000 Lehrlingen, die 2010 zur Lehrabschlussprüfung antreten sind, waren rund 38.000 (rund 82 %) erfolgreich. Damit konnte österreichweit im Jahr 2010 ungefähr jeder fünfte Lehrling das Ausbildungsziel, eine erfolgreiche Lehrabschlussprüfung abzulegen, nicht erreichen.

Personen ohne formellen Ausbildungsabschluss haben ein deutlich höheres Arbeitslosigkeitsrisiko und erzielen in der Regel ein geringeres Einkommen. Wird ein Lehrverhältnis vorzeitig beendet, muss entweder ein neues Lehr- oder Ausbildungsverhältnis gefunden werden oder das AMS hat einen überbetrieblichen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Eine Anhebung der Ausbildungsbeteiligung trägt weiters dazu bei, das vorhandene Beschäftigungspotenzial auszuschöpfen und die Belastung der sozialen Systeme möglichst gering zu halten.

Daher ist es besonders wichtig, Maßnahmen zur Verstärkung der Ausbildungsbeteiligung, insbesondere in Bereichen mit wenigen Ausbildungsbetrieben oder Lehrlingen, und zur Vermeidung von vorzeitigem Abbruch der Ausbildung zu setzen. Dafür sollen neue und zusätzliche Initiativen unterstützt werden. Um verstärkt den vorzeitigen Auflösungen im ersten Lehrjahr entgegenzuwirken, kommen v.a. begleitendes Coaching und ähnliche Maßnahmen in Betracht. Darüber hinaus soll den Auflösungen von Lehrverträgen sowohl durch Lehrberechtigte als auch durch Lehrlinge mit geeigneten Unterstützungsstrukturen begegnet werden.

Für eine nachhaltige Absicherung des Ausbildungserfolgs wären daher zukünftig gezielte Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Betriebe und insbesondere benachteiligte Lehrlinge im Rahmen der betrieblichen Lehrstellenförderung anzubieten. Beispielhaft sind hier Maßnahmen wie Nachhilfe zum Ausgleich schulischer Defizite und zur Absicherung des LAP-Erfolgs, Information über berufliche Perspektiven, Anlaufstellen für Ausbildungsbetriebe und Lehrlinge in mobiler/aufsuchender Form, Mediation, Coaching, Case Management-Maßnahmen, Leitfäden für Ausbildungsbetriebe etc. zu nennen.

Im Rahmen des BAG können derzeit zur Förderung der betrieblichen Ausbildung lediglich Beihilfen an Lehrberechtigte gewährt werden. Zur Erweiterung um die die dargestellten Maßnahmen wird daher eine entsprechende Ergänzung des BAG vorgeschlagen.

Die konkrete Ausgestaltung soll flexibel in einer Richtlinie des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erfolgen.

Nach derzeit vorliegenden Schätzungen kann für das Jahr 2012 davon ausgegangen werden, dass für dieses Maßnahmen aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds rund 10 Mio. Euro zur Verfügung stehen werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Da der gesetzlich festgelegte Rahmen nicht verändert wird, ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf die Kompetenztatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) und Z 11 (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen) sowie des Art. 17 B-VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Besonderer Teil

Zu den Ziffern 1 bis 7 und 9 (§ 19c Abs. 1 bis 4 und Abs. 8 letzter Satz, Überschrift vor § 19d, § 19d Abs. 4, § 19e, § 19g Abs. 4, § 31b Abs. 1 und § 31c samt Überschrift):

Seit Inkrafttreten des Jugendbeschäftigungspaketes 2008, BGBl. I Nr. 82/2008, besteht die in den §§ 19b bis 19g und § 31b BAG verankerte Förderung der Lehrlingsausbildung. Die Fördermöglichkeiten tragen dazu bei, dass die berufliche Erstausbildung in der Lehre - unbestritten eine sehr gut funktionierende Verbindung zwischen betrieblicher Ausbildung im Unternehmen und ergänzendem Unterricht in der Berufsschule - als eine wesentliche Schiene für die Heranbildung und Zurverfügungstellung von qualifizierten Fachkräften für die österreichische Wirtschaft weiter gestärkt wird. § 19c Abs. 1 BAG legt die konkreten Fördermaßnahmen fest, wobei die vorgesehene Förderstruktur auf die Gewährung von Beihilfen an Lehrberechtigte zur Erreichung bestimmter Förderziele ausgerichtet ist. Die näheren Bestimmungen über Art, Höhe, Dauer, Gewährung und Rückforderbarkeit werden in einer Richtlinie des durch § 31b BAG eingerichteten Förderausschusses geregelt. Die Förderungen werden von den Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern abgewickelt und im Namen und auf Rechnung des Bundes vergeben. Die Lehrlingsförderung leistet einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen sowie zur Abgeltung ihrer Ausbildungsbemühungen; weiters ist sie durch ihre flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten auch ein Instrument zur Förderung der Qualität der Ausbildung.

Gleichzeitig werden von den in die berufsbildungspolitische Diskussion eingebundenen Ministerien, Sozialpartnern und einschlägigen Forschungsinstituten etc. weitere Handlungsbereiche zur nachhaltigen Sicherung des Systems der dualen Berufsausbildung geortet und dabei insbesondere folgende Empfehlungen gegeben:

Förderung der verstärkten Nutzung von Beratungs- und Betreuungsangeboten im Zusammenhang mit der betrieblichen Berufsausbildung.

Besondere Unterstützung für Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Maßnahmen zur frühzeitigen Wahrnehmung und besseren Bewältigung individueller Ausbildungsprobleme und zur präventiven Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen sowie zur Erhöhung der Antritts- und Erfolgsquoten bei Lehrabschlussprüfungen.

Maßnahmen im Bereich der Qualität der Lehrlingsausbildung wie etwa zur Sicherung einer verstärkt qualitätsorientierten Durchführung der Lehrabschlussprüfungen.

Unterstützung von neu in die Ausbildung einsteigender Betriebe bei einer qualitativen Ausbildungsplanung und Ausbildungsmethodik zB durch die Entwicklung von Ausbildungsleitfäden und Qualitätssicherungssystemen.

Unterstützende Maßnahmen zur Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung und -bereitschaft von Betrieben insbesondere in Wirtschaftsbereichen mit relativ wenigen Lehrbetrieben und Lehrlingen (zB „Ethnische Ökonomien“).

Mit dem neuen festzulegenden Förderziel des § 19c Abs. 1 Z 8 „Förderung von Beratungs-, Betreuungs- und Unterstützungsleistungen zur Erhöhung der Chancen auf eine erfolgreiche Berufsausbildung“ soll Vorsorge getroffen werden, dass der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz entsprechende Maßnahmen im dargelegten Sinn zur Unterstützung von Lehrberechtigten und Lehrlingen sowie zur weiteren Verbesserung der Lehrlingsausbildung treffen kann, die aus Mitteln des Insolvenz-Entgeltfonds gemäß § 13e IESG finanziert werden.

Die näheren Bestimmungen werden durch Richtlinien des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz geregelt. Der Förderausschuss sowie die WKÖ und die BAK können Vorschläge erstatten (§§ 19c Abs. 2, 31b Abs. 1 sowie 31c).

Die Durchführung der Maßnahmen soll grundsätzlich im Rahmen der bewährten Struktur der Lehrlingsstellen erfolgen, die in erfolgreicher Weise auch die Beihilfen gemäß § 19c Abs. 1 Z 1 bis 7 abwickeln, wobei als Neuerung die Richtlinien auch die unmittelbare Vergabe von Aufträgen an geeignete Einrichtungen vorsehen können, soweit diese zur Zielerreichung zweckmäßiger ist (§ 19c Abs. 1 Einleitungssatz und § 31c). Der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz daher auch unmittelbar Projekte initiieren und durchführen.

Die Bestimmungen betreffend nachprüfende Kontrolle des Einsatzes der Mittel, Aufsicht, Prüfung der Zweckmäßigkeit und der Beihilfen sowie Datenverarbeitung (§§ 19c Abs. 8 letzter Satz, § 19d Überschrift und Abs. 4, § 19e Abs. 2 sowie § 19g Abs. 4) werden angepasst.

Zu Z 8 (§ 23 Abs. 11):

Schon derzeit werden facheinschlägige Fertigkeiten und Kenntnisse, die auf informelle oder non-formale Weise im Rahmen von beruflicher Praxis, Kursen etc. erworben wurden, gemäß § 23 Abs. 5 und 6 BAG im Wege der sogenannten Lehrabschlussprüfung im zweiten Bildungsweg anerkannt und können damit zum Erwerb eines Lehrabschlussprüfungszeugnisses in einem bestimmten Lehrberuf führen. Weiters kann gemäß § 23 Abs. 10 auf Antrag die theoretische Prüfung teilweise oder zur Gänze entfallen.

Im Wirkungsbereich verschiedener Lehrlingsstellen bestehen darüber hinaus verschiedene Initiativen zur Nachqualifizierung und Höherqualifizierung von Personen in Richtung einer Fachkräftequalifikation, bei denen im Rahmen eines qualitätsgesicherten Prozesses eine Evaluierung des jeweiligen Standes der bisher erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse und darauf aufbauend eine Vermittlung der noch fehlenden Qualifikationen auf dem Niveau eines Lehrabschlusses stattfindet. Bei Nachweis der gesamten Qualifikation stellt die Lehrlingsstelle ein Lehrabschlussprüfungszeugnis aus.

Zur Stärkung des lebensbegleitenden Lernens und zur Verbesserung der Anerkennung informell und non-formal erworbener Fertigkeiten und Kenntnissen soll eine eindeutige Rechtsgrundlage für diese Formen der Qualifizierung und Zertifizierung geschaffen werden, indem im Berufsausbildungsgesetz die Möglichkeit verankert wird, dass im Rahmen solcher Maßnahmen oder Projekte bei der „Lehrabschlussprüfung im zweiten Bildungsweg“ gemäß § 23 Abs. 5 BAG die praktische Prüfung flexibler gestaltet und in zwei Teilen durchgeführt werden kann. Die Beurteilung des Vorliegens der gesamten Qualifikation erfolgt (wie bisher) durch die Prüfungskommission.

Zu Z 10 (§ 35):

In der Vollziehungsklausel soll berücksichtigt werden, dass bestimmte Regelungen vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu vollziehen sind.

Zu Z 11 (§ 36 Abs. 8):

Die neuen Regelungen sollen ab 2012 gelten.