1573 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (1521 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

In Österreich ist die Lehrlingsausbildung seit jeher eine wesentliche Schiene der beruflichen Erstausbildung. Die fachlich-praktische Ausbildung im Lehrbetrieb und der fachtheoretische Unterricht in der Be­rufsschule bilden das bewährte duale System. Fach­kräfte, die ihre Berufsausbildung in der Lehre absolviert haben, sind seit langem das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und die Basis für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Bis zu 40 Prozent der Jugendlichen eines Geburtenjahrganges entscheiden sich jährlich für eine Lehre. Um diesen Standard nachhaltig zu sichern und zu festigen, ist es erforderlich, die Lehrlingsausbildung in ständiger Reformbemühung auf der Höhe der Zeit zu halten.

Diesem Zweck dient auch die 2008 im Berufsausbildungsgesetz verankerte Förderung der Lehrbetriebe, die aus der Basisförderung (Ersatz von drei/zwei/einer Lehrlingsentschädigung(en) für das erste/zweite/dritte bzw. vierte Lehrjahr) und den qualitätsorientierten Beihilfen besteht und die Lehrlingsausbildung in ihrer Funktion als wesentliche Schiene zur Heranbildung qualifizierter Fachkräfte stärken soll.

Gleichzeitig werden in der bildungspolitischen Diskussion neue Herausforderungen geortet. Dazu zählen insbesondere ein höherer Anteil an abgebrochenen Ausbildungen und nicht bestandenen Lehrabschlussprüfungen. Die Statistik der Wirtschaftskammer Österreich weist für das Jahr 2010 5.707 Auflösungen von Lehrverhältnissen während der Probezeit (diese dauert max. 3 Monate), 4.850 einvernehmliche Auflösungen, 1.572 Auflösungen aus wichtigen Grund durch das Unternehmen und 5.336 Auflösungen aus wichtigem Grund durch den Lehrling (wobei es hier ausreicht, dass der Lehrling "seinen Lehrberuf aufgibt") aus.

Von den rund 46.000 Lehrlingen, die 2010 zur Lehrabschlussprüfung antreten sind, waren rund 38.000 (rund 82 %) erfolgreich. Damit konnte österreichweit im Jahr 2010 ungefähr jeder fünfte Lehrling das Ausbildungsziel, eine erfolgreiche Lehrabschlussprüfung abzulegen, nicht erreichen.

Personen ohne formellen Ausbildungsabschluss haben ein deutlich höheres Arbeitslosigkeitsrisiko und erzielen in der Regel ein geringeres Einkommen. Wird ein Lehrverhältnis vorzeitig beendet, muss entweder ein neues Lehr- oder Ausbildungsverhältnis gefunden werden oder das AMS hat einen überbetrieblichen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Eine Anhebung der Ausbildungsbeteiligung trägt weiters dazu bei, das vorhandene Beschäftigungspotenzial auszuschöpfen und die Belastung der sozialen Systeme möglichst gering zu halten.

Daher ist es besonders wichtig, Maßnahmen zur Verstärkung der Ausbildungsbeteiligung, insbesondere in Bereichen mit wenigen Ausbildungsbetrieben oder Lehrlingen, und zur Vermeidung von vorzeitigem Abbruch der Ausbildung zu setzen. Dafür sollen neue und zusätzliche Initiativen unterstützt werden. Um verstärkt den vorzeitigen Auflösungen im ersten Lehrjahr entgegenzuwirken, kommen v.a. begleitendes Coaching und ähnliche Maßnahmen in Betracht. Darüber hinaus soll den Auflösungen von Lehrverträgen sowohl durch Lehrberechtigte als auch durch Lehrlinge mit geeigneten Unterstützungsstrukturen begegnet werden.

Für eine nachhaltige Absicherung des Ausbildungserfolgs wären daher zukünftig gezielte Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Betriebe und insbesondere benachteiligte Lehrlinge im Rahmen der betrieblichen Lehrstellenförderung anzubieten. Beispielhaft sind hier Maßnahmen wie Nachhilfe zum Ausgleich schulischer Defizite und zur Absicherung des LAP-Erfolgs, Information über berufliche Perspektiven, Anlaufstellen für Ausbildungsbetriebe und Lehrlinge in mobiler/aufsuchender Form, Mediation, Coaching, Case Management-Maßnahmen, Leitfäden für Ausbildungsbetriebe etc. zu nennen.

Im Rahmen des BAG können derzeit zur Förderung der betrieblichen Ausbildung lediglich Beihilfen an Lehrberechtigte gewährt werden. Zur Erweiterung um die die dargestellten Maßnahmen wird daher eine entsprechende Ergänzung des BAG vorgeschlagen.

Die konkrete Ausgestaltung soll flexibel in einer Richtlinie des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erfolgen.

Nach derzeit vorliegenden Schätzungen kann für das Jahr 2012 davon ausgegangen werden, dass für dieses Maßnahmen aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds rund 10 Mio. Euro zur Verfügung stehen werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Da der gesetzlich festgelegte Rahmen nicht verändert wird, ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf die Kompetenztatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) und Z 11 (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen) sowie des Art. 17 B-VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

 

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. November 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Riepl die Abgeordneten Stefan Markowitz und Mag. Birgit Schatz sowie der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Peter Haubner und Dr. Christoph Matznetter einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die Änderung gründet sich auf einen Redaktionsfehler. Der Text der Regierungsvorlage beginnt '§ 23 (11) ...'.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Peter Haubner und Dr. Christoph Matznetter mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 11 29

                                     Franz Riepl                                                                      Konrad Steindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann