1592 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über die Regierungsvorlage (1499 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz und das Berufsausbildungsgesetz geändert werden (Zahnärztliche Assistenz-Gesetz)
Der Beruf der zahnärztlichen Ordinationshilfe ist in Österreich bis dato nicht gesetzlich geregelt und damit nicht als Gesundheitsberuf anerkannt. Gemäß § 44 lit. c Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste (MTF-SHD-G), BGBl. Nr. 102/1961, in der geltenden Fassung, ist die zu den Sanitätshilfsdiensten zählende Ordinationshilfe als „einfache Hilfsdienste bei ärztlichen Verrichtungen im Rahmen ärztlicher Ordinationen, jedoch mit Ausnahme der Ordinationen von Fachärzten für Zahnheilkunde sowie von Dentisten“ umschrieben.
Dem entsprechend ist das in zahnärztlichen Ordinationen tätige Assistenzpersonal, auch wenn es entsprechende Ausbildungskurse oder eine sonstige einschlägige Ausbildung absolviert hat, derzeit nur berechtigt, als „Hilfspersonen“ im Sinne des § 24 Abs. 2 Zahnärztegesetz (ZÄG), BGBl. I Nr. 126/2005, in der geltenden Fassung, nach den genauen Anordnungen und unter ständiger Aufsicht des/der Zahnarztes/Zahnärztin bzw. Dentisten/Dentistin tätig zu werden.
Für die Durchführung zahnärztlicher Assistenzleistungen besteht allerdings ein Bedarf an der Schaffung des Berufsbildes eines Gesundheitsberufs mit einer reglementierten Ausbildung.
Das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) wurde daher Anfang der 1990er Jahre seitens des damaligen Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz mit der Erarbeitung einer Studie betreffend das Berufsbild, den Tätigkeitsbereich und die Ausbildung zur zahnärztlichen Ordinationshilfe beauftragt, an der Berufsvertreterinnen, Zahnärzte/-innen sowie Vertreter/innen der damaligen Bundeskurie Zahnärzte der Österreichischen Ärztekammer und der Ausbildungsstätten einbezogen waren. Die Studie, die die fachliche Grundlage für die zukünftige gesetzliche Regelung bilden sollte, wurde zunächst im Juni 1995 abgeschlossen, musste aber auf Grund von divergierenden Meinungen innerhalb der Berufsgruppe und der Zahnärzteschaft noch einmal überarbeitet werden. Der Endbericht der ÖBIG-Studie „Entwicklung der Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin“ wurde schließlich im Jahr 1999 vom damaligen Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales abgenommen.
Da für eine Umsetzung allerdings noch weitere fachliche Arbeiten erforderlich waren, wurde im Jahre 2003 eine Arbeitsgruppe im damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eingerichtet, an der die damalige Bundeskurie Zahnärzte der Österreichischen Ärztekammer sowie die Österreichische Dentistenkammer, der Berufsverband der Arzt- und Zahnarzthelferinnen Österreichs, die Universitätszahnklinik Wien, die Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Graz, die Österreichische Gesellschaft für Paradontologie, das Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen, die Fachgruppenvereinigung für Gesundheitsberufe und die Gewerkschaft der Privatangestellten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes sowie Vertreter/innen des Gesundheitsressorts teilnahmen. Nach grundsätzlicher Übereinstimmung über die künftigen fachlichen Grundlagen für den Beruf und die Ausbildung in der Zahnärztlichen Assistenz sowie die darauf aufbauende Spezialqualifikation in der Prophylaxeassistenz zwischen den Mitgliedern der Arbeitsgruppe wurde im September 2005 das Fachkonzept „Zahnärztliche Assistentin/Prophylaxeassistentin“ fertiggestellt. Auch die Kommission „Zahnmedizin, Prophylaxe“ des Obersten Sanitätsrates befürwortete einstimmig dieses Fachkonzept.
In der Folge wurde die Umsetzung der erzielten Einigung seitens der Arbeitnehmervertretung hinterfragt. Dabei wurde insbesondere die Option geäußert, einen Lehrberuf Zahnärztliche Assistenz auf Grund des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), BGBl. Nr. 142/1969, zu schaffen. Hiezu ist festzuhalten, dass das Berufsausbildungsgesetz für die Ausbildung in Lehrberufen eine ausschließliche Zuständigkeit des/der Bundesministers/-in für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) vorsieht und für eine (Mit)Zuständigkeit des/der Bundesministers/-in für Gesundheit (BMG) für Lehrausbildungen im Gesundheitsbereich derzeit keine gesetzliche Grundlage besteht. Auf Grund des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 76, in der geltenden Fassung, fallen allerdings Regelungen über die Ausübung und Ausbildung von Gesundheitsberufen in die Zuständigkeit des/der BMG und nicht in jene des/der BMWFJ. Berufs- und ausbildungsrechtliche Regelungen betreffend die Zahnärztliche Assistenz sind somit vom/von der BMG vorzubereiten bzw. zu erlassen.
Trotz dieser rechtlichen Rahmenbedingungen wurde auf Grund des dringenden Wunsches der Arbeitnehmervertretung sowie eines positiven Gutachtens des Bundes-Berufsausbildungsbeirates die Verordnung des BMWFJ über die Berufsausbildung im Lehrberuf Zahnärztliche Fachassistenz (Zahnärztliche Fachassistenz-Ausbildungsordnung), BGBl. II Nr. 200/2009, erlassen, die eine Rechtsgrundlage für die Durchführung eines Lehrausbildungsversuchs in der Zahnärztlichen Assistenz nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes beinhaltet; dies insbesondere um den Auszubildenden die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung des Berufsausbildungsgesetzes zu bieten.
Zur Sicherstellung der aus gesundheitspolitischer Sicht gebotenen Erfordernisse, wie insbesondere Qualitätssicherung und Patientenschutz, sowie einer gesetzlich gesicherten Berufsausübung der Absolventen/-innen dieser Ausbildung wurde vor Erlassung dieser Verordnung zwischen dem BMG und dem BMWFJ vereinbart, dass seitens des BMG ehestmöglich die berufsrechtlichen Grundlagen für den Gesundheitsberuf Zahnärztliche Assistenz dem Nationalrat zugeleitet werden, im Rahmen derer auch der Abschluss des Lehrausbildung in der Zahnärztlichen Fachassistenz als Qualifikationsnachweis anerkannt sowie Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden an den Patienten/-innen im Rahmen der Ausbildung geschaffen werden sollen. Andernfalls wäre ein Tätigwerden der Absolventen/-innen dieser Lehrausbildung im Sinne des angestrebten Berufsprofils im Widerspruch zur geltenden Rechtslage, sodass die Ausübung dieser Tätigkeiten – abgesehen von Verwaltungs- und Administrationstätigkeiten – durch Personen, die den Lehrversuch Zahnärztliche Fachassistenz absolviert haben, nicht zulässig wäre. Ebenso wenig wäre ohne diese berufsrechtlichen Grundlagen die Ausübung von zahnärztlichen Assistenztätigkeiten im Rahmen der praktischen Lehrausbildung möglich.
Weiters wurde vereinbart, dass für die Lehrausbildung in der Zahnärztlichen Assistenz im Berufsausbildungsgesetz Mitregelungskompetenzen des/der BMG sowie aus gesundheitsrechtlicher Sicht erforderliche Ausnahme- und Sonderbestimmungen normiert werden. Eine entsprechende Umsetzung im Berufsausbildungsgesetz ist in Artikel 5 des vorliegenden Bundesgesetzes enthalten.
Die berufsrechtlichen Regelungen der Zahnärztlichen Assistenz entsprechen im Wesentlichen dem Berufsrecht der bisher geregelten nichtärztlichen Gesundheitsberufe unter Berücksichtigung der berufsspezifischen Besonderheiten. Die Prophylaxeassistenz wird als erweiterte Qualifikation der Zahnärztlichen Assistenz geregelt, die durch Absolvierung einer entsprechenden Weiterbildung erworben werden kann.
Der Beruf der Dentalhygiene wird nicht im Rahmen dieses Bundesgesetzes geregelt. Vielmehr wurden im Auftrag des BMG von der Gesundheit Österreich GmbH / Geschäftsbereich ÖBIG (GÖG/ÖBIG) der Bedarf und die allfälligen Einsatzmöglichkeiten an einem eigenen vom zahnärztlichen Beruf gesonderten Gesundheitsberuf der Dentalhygiene in Österreich geprüft. Auf Grund der Ergebnisse dieser Studie bzw. allenfalls erforderlicher ergänzender Studien sowie der Umsetzung der vorliegenden Berufs- und Ausbildungsregelungen für die Zahnärztliche Assistenz und Prophylaxeassistenz in der Praxis werden in den nächsten Jahren weitere Entscheidungen im Hinblick auf das Erfordernis der Schaffung eines Gesundheitsberufs der Dentalhygiene getroffen werden.
Schließlich setzt die vorliegende Novelle den seit Erlassung des Zahnärztegesetzes und Zahnärztekammergesetzes entstandenen Änderungsbedarf im zahnärztlichen Berufs- und Kammerrecht sowie zwischenzeitlich erlassenes einschlägiges Unionsrecht um.
Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Dezember 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Ridi Maria Steibl der Abgeordnete Johann Hechtl und der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zahnärztliche Assistenten/-innen können ihren Beruf auch im Dienstverhältnis zu Fachärzten/-innen für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ausüben und die praktische Ausbildung bei diesen absolvieren. Entsprechend sind die Anordnungs- und Aufsichtsbestimmungen anzupassen und auch Gruppenpraxen, an denen mindestens ein/e Facharzt/-ärztin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie beteiligt ist, aufzunehmen.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2011 12 01
Ridi Maria Steibl Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein
Berichterstatterin Obfrau