1593 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (1518 der Beilagen): Bundesgesetz über den Schutz vor Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit Neuen Psychoaktiven Substanzen (Neue­Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG)

Der vorliegende Entwurf zielt darauf ab, die Verbreitung der „Research Chemicals“ zu Konsumzwecken, und damit die mit dem Konsum verbundenen gesundheitlichen Risiken, mit folgenden Maßnahmen zu minimieren:

- Die Schaffung justizstrafrechtlicher Tatbestände soll jene Erzeuger und Händler abschrecken, die die Forschungschemikalien zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen als „legale Alternativen“ an interessierte Verkehrskreise vermarkten.

- Soweit sie sich nicht abschrecken lassen, sollen sie für das von Profitinteressen geleitete Inverkehrbringen von Substanzen und Produkten, bei deren Konsum ein erhebliches Gesundheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann, zur Verantwortung gezogen werden können.

- Es soll sich dabei um auch in der Ermittlungsphase gezielt angebotsseitig wirkende Straftatbestände handeln, während bei den an der Herbeiführung psychoaktiver Wirkungen durch die betreffenden Substanzen Interessierten vielmehr Prävention, Information und Stärkung des Risikobewusstseins im Vordergrund stehen sollen.

- Die Polizei soll auf die Substanzen und Produkte rasch zugreifen und sie beschlagnahmen und aus dem Verkehr ziehen können.

- Darüber hinaus sollen die Substanzen eingezogen werden, auch wenn keine bestimmte Person wegen einer der im Entwurf vorgesehenen Straftaten verfolgt oder verurteilt werden kann, es sei denn der Verfügungsberechtigte (Veräußerer oder Erwerber) macht einen rechtmäßigen Verwendungszweck glaubhaft und bietet Gewähr dafür, dass die Substanz nicht zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im oder am menschlichen Körper angewendet wird.

- Dem Bundesminister oder der Bundesministerin für Gesundheit soll es obliegen durch Verordnung Substanzen zu bezeichnen, bei denen wegen ihres Verbreitungs- und gesundheitlichen Risikopotenzials zum Schutz der Konsumenten und Konsumentinnen die gezielten angebotsseitig wirkenden Maßnahmen Platz greifen sollen.

- Zur Erschwerung des Ausweichens auf immer neue Substanzen wird auch die Möglichkeit vorgesehen, anstelle einzelner Substanzen oder zusätzlich mittels Entwicklung sogenannter „generischer Definitionen“ relevante Substanzgruppen analog der Vorgangsweise, die bereits mit der auf Grund des § 5 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Verordnung betreffend das Inverkehrbringen, den Import und das Verbringen von Räuchermischungen, die cannabinomimetisch wirksame Stoffe enthalten, BGBl. II Nr. 158/2011, erstmals beschritten wurde, im Verordnungsweg zu erfassen, wodurch die angebotsseitig wirkenden Maßnahmen effektiv zum Tragen kommen können. Dadurch sollen die einschlägigen Geschäfte mit diesen Substanzen möglichst umfassend unterbunden und so die potenziellen Konsumenten und Konsumentinnen geschützt werden. Dabei wird aber auch auf die möglichen Ausweichmechanismen der Erzeuger und Händler Bedacht zu nehmen sein. Es soll nicht riskiert werden, dass erst recht wiederum neue Substanzen, die von ihren Wirkungen und Risiken unter Umständen noch weniger einschätzbar oder sogar gefährlicher sein können, in Verkehr gebracht werden. Die Problematik der synthetischen Drogen wurde im Juli 2011 auch im Rahmen zweier Treffen der EU-Gesundheitsminister und -ministerinnen bzw. EU-Justiz- und Innenminister und -ministerinnen aufgegriffen (MRV BMG 109/4.2 vom 18.7.2011, MRV BMI/BMJ 109/4.8 vom 21.7.2011), wobei die Notwendigkeit flexiblerer legistischer Möglichkeiten im Hinblick auf die rasanten Entwicklungen in diesem Bereich betont und die in Österreich bei den Räuchermischungen gewählte generische Legistik ausdrücklich als vorbildhaft hervorgehoben wurde.

- Nach Expertenmeinung kann allerdings auch ein generischer Ansatz nicht ausschließen, dass wiederum neue Substanzen oder sogar Verbindungsklassen immer wieder verfügbar werden. Insofern wird, flankierend zu den angebotsseitig eingreifenden Bestimmungen, auch weiterhin der Beobachtung der Entwicklungen auf dem einschlägigen Markt entsprechende Bedeutung zukommen. Der Entwurf verpflichtet daher den Bundesminister oder die Bundesministerin für Gesundheit, ergänzend zu den angebotsseitig eingreifenden Regelungen, für das entsprechende Monitoring, ob und welche Substanzen trotz der vorgesehenen Restriktionen und Sanktionen zum Zweck der Anwendung im oder am menschlichen Körper in Verkehr gebracht werden, Sorge zu tragen. Darüber hinaus soll eine Risikoeinschätzung der beobachteten Substanzen Platz greifen, soweit dies bei neu auftretenden Substanzen überhaupt möglich ist. Diese Maßnahmen sind Grundlage für allfällig gebotene Adaptierungen der Verordnung des Bundesministers oder der Bundesministerin für Gesundheit. Andererseits dienen sie der Prävention, um dem Konsum solcher Substanzen und den damit verbundenen Gesundheitsrisiken durch entsprechende Information bestmöglich vorbeugen zu können.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Dezember 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Johann Maier die Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Erwin Rasinger und Dr. Kurt Grünewald sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS und Dr. Erwin Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§ 7):

§ 4 verbietet u.a. die Beförderung der mit Verordnung gemäß § 3 definierten oder von einer gemäß § 3 definierten chemischen Substanzklasse umfassten Neuen Psychoaktiven Substanzen nach Österreich, wenn Zweck dieser Beförderung die Anwendung der Substanz zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper ist. Um auch die effiziente Kontrolle durch die Zollbehörden sicherzustellen, soll analog dem § 22b Anti-Doping Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 30/2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 146/2009, in einem neu eingefügten § 7 den Zollorganen die Befugnis zur Sicherstellung der Substanz eingeräumt, und sollen die damit verbundenen Pflichten (Berichtspflicht an die Staatsanwaltschaft, Aufhebung der Sicherstellung) und die notwendigen Vorschriften und Beschränkungen bei der Verarbeitung oder Übermittlung personenbezogener Daten, die damit im Zusammenhang stehen, geregelt werden.

Zu Z 2 (§§ 8 bis 11):

Das Einfügen des neuen § 7 zieht das Erfordernis der Nachreihung der folgenden Paragrafen nach sich.

Zu Z 3 (§ 9 Z 3 und 4):

Das Erfordernis der neu eingefügten Vollzugsbestimmung (Z 3 neu) und der Umbenennung der bisherigen Z 3 in Z 4 ergibt sich aus dem Einfügen zollrechtlicher Bestimmungen im neuen § 7.

Zu Z 4 (§ 11):

In der Regierungsvorlage für ein Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG, wurde für das Inkrafttreten zunächst der 1. Februar 2012 vorgesehen, womit vorsorglich der im Rahmen des Informationsverfahrens gemäß der Richtlinie 98/34/EG zu wahrenden dreimonatigen Stillhaltefrist Rechnung getragen wurde. Dieses Verfahren ist aber mittlerweile bereits abgeschlossen, da die Europäische Kommission dem vom Bundesministerium für Gesundheit im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gesetzesvorhaben als auch mit dem bezughabenden Verordnungsentwurf beantragten Dringlichkeitsverfahren ihre Zustimmung erteilt hat. Einem früheren Inkrafttreten steht somit nichts im Weg, vielmehr erscheint zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit Neuen Psychoaktiven Substanzen ein ehestmögliches Inkrafttreten geboten.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS und Dr. Erwin Rasinger einstimmig beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 12 01

                              Mag. Johann Maier                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau