1663 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (1633 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird
Die Landeshauptleutekonferenz hat in ihrer Tagung vom 6. September 2010 den Bund ersucht, die Bundesrechtsvorschriften mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Deregulierung umgehend zu durchforsten und entsprechend zu ändern. Die Vorschläge der Länder sind dabei als wesentliche Grundlagen heranzuziehen.
Einer dieser Vorschläge bezieht sich auf die Zuständigkeitsübertragung der Opferfürsorge von der mittelbaren in die unmittelbare Bundesvollziehung.
Eine Übertragung des Opferfürsorgegesetzes in die unmittelbare Vollziehung durch Bundesbehörden bedarf im Hinblick auf Art. 102 B-VG einer Verfassungsbestimmung und damit eines Beschlusses des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG sowie der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG. Die Übertragung des erstinstanzlichen Vollzuges des Opferfürsorgegesetzes soll von den Ämtern der Landesregierungen zum Bundessozialamt und seinen Landesstellen erfolgen.
Folgende Gründe sprechen für das Vorhaben, das dem allgemeinen Bestreben nach einer sinnvollen Verwaltungsreform gebührend Rechnung trägt:
1. Es gibt einen einstimmigen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz.
2. Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl von Opfern und Verfahren in den einzelnen Bundesländern ist ein gleichmäßiger Erfahrungsstand der Vollzugsbehörden schwierig zu erhalten. Am 1.7.2011 bezogen in Wien 765, in Niederösterreich 100, in Burgenland 61, in Oberösterreich 79, in Salzburg 27, in der Steiermark 118, in Kärnten 734, in Tirol 16 und in Vorarlberg 2 Personen Rentenleistungen. Synergieeffekte werden durch die derzeitige Struktur hintangehalten.
3. Wie die parlamentarische Anfrage Nr. 4792/J der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde im Jahr 2010 ergab, kam es in verschiedenen Bundesländern zu Verfahren mit langer Verfahrensdauer. Gerade in Hinblick auf die Altersstruktur des Personenkreises (überwiegend 80 Jahre und älter) sind jedoch die Verfahren möglichst rasch abzuschließen.
4. Die erstinstanzlichen Entscheidungen in der übrigen Sozialentschädigung sind traditionell beim Bundessozialamt konzentriert, sodass durch die Übertragung Synergieeffekte genutzt werden können, wodurch ein rascherer Verfahrensabschluss erreichbar wird. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für die Erst- und Neubemessungsanträge nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz liegt derzeit deutlich unter sechs Monaten. Dies ist auch das Ziel für die Verfahren nach dem Opferfürsorgegesetz. Durch die Organisationsstruktur des Bundessozialamtes, das in allen Bundesländern über Landesstellen verfügt, ist eine bürgernahe Betreuung der Opfer und Hinterbliebenen vor Ort gewährleistet. Zudem steht den Anspruchsberechtigten, die zumeist auch gesundheitlich beeinträchtigt sind, das umfassende Beratungs- und Betreuungsangebot des Bundessozialamtes für Menschen mit Behinderungen offen, sodass - insbesondere im Rahmen einer persönlichen Kontaktaufnahme - Hilfestellung durch das Bundessozialamt weit über den Bereich der Opferfürsorge hinaus ermöglicht wird.
5. Insbesondere mit dem Personenkreis der Berechtigten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, das vom Bundessozialamt vollzogen wird, bestehen seit Jahrzehnten sehr gute Kontakte über die Interessensorganisationen (Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich, Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände).
Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes stützt sich kompetenzrechtlich auf Art. I des BGBl. Nr. 77/1957.
Finanzielle Erläuterungen
Derzeit wird für den Vollzug des Opferfürsorgegesetzes bei den Ämtern der Landesregierungen Personal im Ausmaß von insgesamt 6 Vollbeschäftigtenäquivalenten benötigt. Dies ergibt unter Zugrundelegung der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Richtwerte für die Durchschnittspersonalausgaben/-kosten (BGBl. II Nr. 97/2011) für 5 A2-Stellen (durchschnittlicher Aufwand für 2010 jeweils 54.581,- €) sowie für eine A1-Stelle (durchschnittlicher Aufwand für 2010 76.782,- €) sowie unter Berücksichtigung eines Sachaufwandes von 32% einen durchschnittlichen Gesamtaufwand in der Höhe von jährlich 461.587,- €. Da beim Bundessozialamt der Rechtsbereich der Sozialentschädigung vollzogen wird und das Leistungsrecht des Opferfürsorgegesetzes in vielen Bereichen auf Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes verweist, wird der Vollzug des Opferfürsorgegesetzes beim Bundessozialamt maßgebliche Synergieeffekte bewirken. Angesichts des Personalbedarfs für die Betreuung der aktuell 27.037 Rentenbezieher nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz ist davon auszugehen, dass für den Vollzug des Opferfürsorgegesetzes (1.902 Rentenbezieher) mit 2 A2 Stellen das Auslangen gefunden werden kann. Auf Grund des kontinuierlichen Rückganges bei den versorgungsberechtigten Kriegsopfern wird der Mehraufwand durch die Übernahme des Opferfürsorgegesetzes durch personelle Umschichtungen innerhalb des Bundessozialamtes im Jahr 2012 und den Folgejahren kompensiert werden können.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Februar 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig die Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger und August Wöginger sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1633 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2012 02 02
Ulrike Königsberger-Ludwig Renate Csörgits
Berichterstatterin Obfrau