Vorblatt

Ziel und Problemlösung:

Der vorliegende Entwurf hat drei Schwerpunkte. Zunächst sollen die innerstaatlichen Voraussetzungen zur Durchführung der Verpflichtungen aus dem Rahmenbeschluss des Rates 2009/315/JI vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 93 vom 7.4.2009 (in der Folge: RB Strafregister), geschaffen werden, indem Bestimmungen des Strafregistergesetzes und des Tilgungsgesetzes geändert werden. Die unmittelbar zur Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses erforderlichen Bestimmungen sind bereits als §§ 77 bis 80 EU-JZG durch das EU-JZG-ÄndG 2011, BGBl. I Nr. 134/2011, geschaffen worden (Regelungen über Inhalt und Form des Ersuchens, über den einzuhaltenden Geschäftsweg sowie betreffend die Bedingungen für die Verwendung der übermittelten personenbezogenen Daten). Der Rahmenbeschluss ist bis zum 27. April 2012 innerstaatlich umzusetzen.

Weiters sollen Erfahrungen aus der Praxis im Hinblick auf die Anwendung der neuen Bestimmungen über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in den Jahren nach dem Inkrafttreten der Strafprozessreform (Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, Strafprozessreformbegleitgesetze, BGBl. I Nr. 93/2007 und Nr. 112/2007) sowie aus einzelnen Anlassfällen offenkundig gewordener Reformbedarf durch entsprechende Anpassungen im Gesetz berücksichtigt und redaktionelle Versehen beseitigt werden. Zu diesem Zweck werden Änderungen im Tilgungsgesetz und der Strafprozessordnung vorgeschlagen.

Schließlich soll auch aus Anlass der in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit vermehrt Beachtung findenden Missbrauchsfälle zum Zweck eines noch wirksameren Schutzes von minderjährigen Kindern den Trägern der öffentlichen Jugendwohlfahrt eine umfassende Gefährdungsabklärung dadurch ermöglicht werden, dass diese bei einem konkreten Verdacht einer Kindeswohlgefährdung durch eine bestimmte Person eine unbeschränkte Auskunft aus dem Strafregister erhalten sollen.

Inhalt:

Im Hinblick auf die Umsetzung des RB Strafregister soll das bestehende System für den strafrechtlichen Informationsaustausch, das heißt die regelmäßige bzw. über Ersuchen stattfindende Information des Staats der Staatsangehörigkeit des Verurteilten (Herkunftsstaat) über die in einem anderen Mitgliedstaat erfolgten strafgerichtlichen Verurteilungen des Genannten, die derzeit auf dem Postweg erfolgt, durch Schaffung einer sicheren elektronischen Datenverbindung zwischen den nationalen Strafregistern der Mitgliedstaaten beschleunigt werden.

Ein Online-Zugriff des Herkunftsstaats auf das Strafregister des Urteilsstaats ist jedoch nicht vorgesehen; vielmehr werden die erwähnten Informationen der Zentralbehörde des Herkunftsstaats (für Österreich: Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien) periodisch bzw. über entsprechendes Ersuchen unter Verwendung des dem RB Strafregister als Anlage angeschlossenen Formulars auf elektronischem Weg übermittelt, wobei diesbezüglich eine Frist (grundsätzlich 10 Arbeitstage, bei Ersuchen über Antrag des Betroffenen 20 Arbeitstage) vorgesehen ist.

Festzuhalten ist, dass der Herkunftsstaat anders als nach der derzeitigen Rechtslage zur Speicherung der übermittelten Informationen verpflichtet ist, auch wenn das der Verurteilung zugrunde liegende Delikt nach seinem Recht nicht gerichtlich strafbar ist. Auf diese Weise soll er in die Lage versetzt werden, anderen Mitgliedstaaten über entsprechendes Ersuchen vollständige Informationen über das Vorleben des Verurteilten übermitteln zu können.

Im Hinblick darauf, dass das Strafregister in Österreich im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Inneres geführt wird, fällt die Schaffung der technischen Voraussetzungen für dessen Vernetzung mit den Strafregistern der übrigen Mitgliedstaaten in die führende Zuständigkeit dieses Ressorts.

Die Umsetzung der Verpflichtung zur Speicherung sämtlicher übermittelten Informationen über Verurteilungen einschließlich der in diesem Zusammenhang angeordneten Tätigkeitsverbote samt den in diesem Zusammenhang erforderlichen Regelungen soll durch entsprechende Novellierung des Strafregistergesetzes erfolgen. Weiters sollen im Einklang mit dem RB Strafregister auch die in eine Strafregisterauskunft aufzunehmenden Angaben ergänzt werden.

Im Hinblick darauf, dass Art. 5 des RB Strafregister Österreich verpflichtet, alle Informationen zu rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen österreichischer Staatsbürger durch einen anderen EU-Mitgliedstaat zu speichern und für Auskünfte nach § 9b Strafregistergesetz bis zu deren Tilgung bzw. Löschung im Urteilsstaat bereit zu halten, gilt es, die nationalen Regeln der Tilgung sowie der Auskunftsbeschränkung zur Erfüllung der Auskunftsverpflichtung im Sinne des RB Strafregister entsprechend anzupassen.

Unter Berücksichtigung der sich aus der Praxis ergebenden Erfahrungswerte im Zusammenhang mit der Strafprozessreform soll das Verfahren des Widerspruchs der von einer Sicherstellung betroffenen oder bei ihr anwesenden Personen gegen die gegen die Einsicht in schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträger unter Berufung auf eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit nach § 112 StPO umgestaltet und dadurch maßgebliche Verzögerungen der Ermittlungen vermieden werden. Darüber hinaus soll die Kontrollmöglichkeit des Rechtsschutzbeauftragten dadurch ausgeweitet werden, dass diesem bereits mit der Verständigung von der Verfahrenseinstellung auch eine Begründung für die Einstellung des Ermittlungsverfahrens übermittelt wird.  Ferner soll die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen jede gerichtliche Entscheidung über einen Fortführungsantrag ausdrücklich klargestellt werden.

Aus Anlass der in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit vermehrt Beachtung findenden Missbrauchsfälle soll zum Zweck eines noch wirksameren Schutzes von minderjährigen Kindern den Jugendwohlfahrtsträgern eine umfassende Gefährdungsabklärung dadurch ermöglicht werden, dass diese bei einem konkreten Verdacht einer Kindeswohlgefährdung durch eine bestimmte Person eine unbeschränkte Auskunft aus dem Strafregister erhalten sollen.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Mit der Umsetzung der vorliegenden Novelle des Strafregistergesetzes sind finanzielle Mehrkosten verbunden. Diese ergeben sich einerseits aus der technischen Implementierung der elektronischen Strafkarte und der Vernetzung des österreichischen Strafregisters mit den Registern der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und andererseits durch den, dem Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien entstehenden personellen Mehraufwand. Details werden im allgemeinen Teil erörtert.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Bürger/innen oder Unternehmen vorgesehen.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Im weiteren Sinn kann als sozialer Gesichtspunkt die noch umfassendere Gefährdungsabklärung durch die Jugendwohlfahrt zum Zweck eines wirksameren Schutzes von minderjährigen Kindern angesehen werden.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vorlage dient der Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates 2009/315/JI vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (RB Strafregister), ABl. L 93 vom 7.4.2009.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung im Bereich Strafrechtswesen gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes- Verfassungsgesetzes.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Der vorliegende Entwurf hat drei Schwerpunkte.

2. Zunächst sollen die innerstaatlichen Voraussetzungen zur Durchführung der Verpflichtungen aus dem Rahmenbeschluss des Rates 2009/315/JI vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 93 vom 7.4.2009 (in der Folge: RB Strafregister), geschaffen werden, indem Bestimmungen des Strafregistergesetzes und des Tilgungsgesetzes geändert werden sollen. Die unmittelbar zur Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses erforderlichen Bestimmungen sind bereits als §§ 77 bis 80 EU-JZG durch das EU-JZG-ÄndG 2011, BGBl. I Nr. 134/2011, geschaffen worden (Regelungen über Inhalt und Form des Ersuchens, über den einzuhaltenden Geschäftsweg sowie betreffend die Bedingungen für die Verwendung der übermittelten personenbezogenen Daten). Der Rahmenbeschluss ist bis zum 27. April 2012 innerstaatlich umzusetzen.

Vorgeschlagen wird die Novellierung des Strafregistergesetzes und des Tilgungsgesetzes.

Durch den RB Strafregister soll das bestehende System für den strafrechtlichen Informationsaustausch, somit die regelmäßige bzw. über Ersuchen stattfindende Information des Staats der Staatsangehörigkeit des Verurteilten (Herkunftsstaat) über die in einem anderen Mitgliedstaat erfolgten strafgerichtlichen Verurteilungen des Genannten, die derzeit auf dem Postweg erfolgt, durch Schaffung einer sicheren elektronischen Datenverbindung zwischen den nationalen Strafregistern der Mitgliedstaaten beschleunigt werden.

Ein Online-Zugriff des Herkunftsstaats auf das Strafregister des Urteilsstaats ist jedoch nicht vorgesehen; vielmehr werden die erwähnten Informationen von der Zentralbehörde des Herkunftsstaats (für Österreich: Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien) periodisch bzw. über entsprechendes Ersuchen unter Verwendung des dem RB Strafregister als Anlage angeschlossenen Formulars auf elektronischem Weg übermittelt, wobei diesbezüglich eine Frist (grundsätzlich 10 Arbeitstage, bei Ersuchen über Antrag des Betroffenen 20 Arbeitstage) vorgesehen ist.

Festzuhalten ist, dass der Herkunftsstaat anders als nach der derzeitigen Rechtslage zur Speicherung der übermittelten Informationen verpflichtet ist, auch wenn das der Verurteilung zugrunde liegende Delikt nach seinem Recht nicht gerichtlich strafbar ist. Auf diese Weise soll er in die Lage versetzt werden, anderen Mitgliedstaaten über entsprechendes Ersuchen vollständige Informationen über das Vorleben des Verurteilten übermitteln zu können. Der Herkunftsstaat ist jedoch nicht verpflichtet, derartige Verurteilungen wegen nach seinem Recht nicht gerichtlich strafbarer Handlungen in das nationale Strafregister aufzunehmen.

Im Hinblick darauf, dass das Strafregister in Österreich im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Inneres geführt wird, fällt die Schaffung der technischen Voraussetzungen für dessen Vernetzung mit den Strafregistern der übrigen Mitgliedstaaten in die führende Zuständigkeit dieses Ressorts.

Die Umsetzung der erwähnten Verpflichtung zur Speicherung sämtlicher übermittelten Informationen über Verurteilungen einschließlich der in diesem Zusammenhang angeordneten Tätigkeitsverbote und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Regelungen soll durch entsprechende Novellierung des Strafregistergesetzes erfolgen. Weiters sollen im Einklang mit dem RB Strafregister auch die in eine Strafregisterauskunft aufzunehmenden Angaben ergänzt werden.

Im Hinblick darauf, dass gerichtliche Verurteilungen eines österreichischen Staatsbürgers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union von Österreich bis zu deren Tilgung im Urteilsstaat zur Beauskunftung an Behörden anderer EU-Mitgliedstaaten bereitgehalten werden müssen, gilt es sicherzustellen, dass diese Informationen auch nach deren Löschung im österreichischen Strafregister für die Zwecke der Beantwortung eines Auskunftsersuchens nach Art. 7 des RB Strafregister zur Verfügung stehen. Die Löschung solcher Informationen erfolgt über entsprechende Mitteilung des Urteilsstaates.

3. Weiters sollen durch den vorliegenden Gesetzesentwurf Erfahrungen aus der Praxis im Hinblick auf die Anwendung der neuen Bestimmungen über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in den Jahren nach dem In-Kraft-Treten der Strafprozessreform (Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, Strafprozessreformbegleitgesetze, BGBl. I Nr. 93/2007 und Nr. 112/2007) sowie aus einzelnen Anlassfällen offenkundig gewordener Reformbedarf durch entsprechende Anpassungen im Gesetz berücksichtigt und redaktionelle Versehen beseitigt werden. Der Entwurf schlägt hierzu Adaptierungen des Tilgungsgesetzes und der Strafprozessordnung vor.

4. Zur weiteren Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt wird schließlich vorgeschlagen, durch Ergänzung des § 9 Abs. 1 StrafregisterG um eine entsprechende Z 3 dem Jugendwohlfahrtsträger die Möglichkeit einzuräumen, zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines bestimmten minderjährigen Kindes durch eine bestimmte Person eine Auskunft aus dem Strafregister zu der Person, von der diese konkrete Gefährdung ausgeht, erlangen zu können. Auf diese Art und Weise sollen MitarbeiterInnen der Jugendwohlfahrt in die Lage versetzt werden, die Gefährdungslage des Kindes oder Jugendlichen mit dem Wissen um ein allfälliges strafrechtlich relevantes Vorleben von  Personen aus dem Umfeld des Minderjährigen besser einschätzen und entsprechende Schutzvorkehrungen ergreifen zu können. Die Wortwahl des Entwurfs orientiert sich sprachlich an § 37 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 in der geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 41/2007), der die Mitteilungspflicht von Behörden und anderen Einrichtungen an den Jugendwohlfahrtsträger „zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines bestimmten Kindes“ festlegt, wobei nunmehr auch auf eine bestimmte Person des Gefährders abzustellen ist. Wie sich in der Praxis schon öfters gezeigt hat, sind es nicht nur obsorgeberechtigte Personen, von denen eine Gefährdung ausgehen kann, sondern eben auch neue LebenspartnerInnen eines Elternteils. Aus diesem Grunde soll die Formulierung bewusst weit gefasst werden. In § 6 Abs. 1 TilgungsG soll zudem durch Einführung einer entsprechenden Z 8 festgelegt werden, dass eine Beschränkung der Auskunft gegenüber den Jugendwohlfahrtsträgern, soweit dies zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines bestimmten minderjährigen Kindes durch eine bestimmte Person erforderlich ist, bei Vorliegen der in Abs. 2 und 3 leg. cit. genannten Voraussetzungen nicht zum Tragen kommt.

Nicht außer Acht gelassen werden soll bei den Überlegungen zur Einführung einer entsprechenden Z 8 auch, dass die in § 6 Z 1 bis 7 Tilgungsgesetz zur Erlangung einer Auskunft aus dem Strafregister berechtigten Stellen allesamt hoheitlich tätig werden, der Jugendwohlfahrtsträger hingegen im Zuge der Gefährdungsabklärung der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes folgend (siehe zuletzt VfGH vom 20. Juni 2007, B 881/06 = VfSlg. 18.154, a.M. OGH) privatwirtschaftlich tätig wird. So seien auch die Vorbereitung von (unfreiwilligen) Erziehungsmaßnahmen durch den Jugendwohlfahrtsträger, Obsorgeübertragungen an diesen und damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen bei Gefahr im Verzug (§ 215 ABGB) nicht als Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu begreifen.

5. Zu den finanziellen Auswirkungen der innerstaatlichen Umsetzung des RB Strafregister:

a.) Zu erwartende Mehrkosten im Zuge der technischen Implementierung:

Die elektronische Vernetzung des österreichischen Strafregisters mit den Strafregistern der übrigen Mitgliedstaaten wird im Rahmen von zwei Projekten verwirklicht. Das Projekt „ESK - Elektronische Strafkarte“, welches den ersten Schritt darstellt, ist hinsichtlich der Dienstleistungsgesamtkosten mit € 2.84 Mio. (Kostenanteil Bundesministerium für Inneres 38,43%, Bundesministerium für Justiz 61,57%), das Nachfolgeprojekt „EAS – Elektronischer Austausch von Strafregisterinformationen mit anderen EU-Mitgliedstaaten“ mit € 3.34 Mio. budgetiert (Kostenanteil Bundesministerium für Inneres 39,62%, Bundesministerium für Justiz 60,38%). Die Gesamtdienstleistungskosten beider Projekte werden zu 70% von der Europäischen Union finanziert.

Hinsichtlich der für die technische Umsetzung erforderlichen Hard- und Softwarekomponenten ist davon auszugehen, dass die nach den Vorgaben des RB Strafregisters ab April 2012 vorgesehenen, zusätzlichen Speicherpflichten erhöhte Speicherkapazitäten erforderlich machen werden. Die dabei zu erwartenden Datenmengen sind derzeit nicht abschätzbar, da es noch keine aussagekräftigen Erfahrungen zum tatsächlichen Umfang des Datenaustauschs mit den anderen Staaten der Europäischen Union gibt. Für das laufende sowie für die drei folgenden Finanzjahre wird jedoch davon ausgegangen, dass das aus dem Informationsaustausch resultierende Datenvolumen kein Ausmaß erreichen wird, welches die Beschaffung zusätzlicher Systemkomponenten (Hard- oder Software) erforderlich macht.

b.) Personeller Mehraufwand für das Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien:

Zur Erfüllung der mit dieser Novelle vorgesehenen zusätzlichen Aufgaben des Strafregisteramtes ergeben sich zu erwartende personelle Mehrkosten in der Höhe mindestens € 463.614 pro Jahr. Diese zusätzlichen Personalkosten setzen sich wie folgt zusammen:

Einsparungen, etwa durch den Wegfall der Postgebühren in Folge des elektronischen Datenaustausches zwischen den Zentralstellen sind voraussichtlich nicht zu lukrieren, da auf Grund der geplanten Bestimmung des § 10, welche die Zustellung der eingeholten Auskunft aus dem Herkunftsstaat durch das Strafregisteramt an den Antragsteller vorsieht, mit einem nicht unwesentlichen Ansteigen der Postgebühren zu rechnen sein wird. In Ermangelung ausreichender Kennzahlen, insbesondere ob der unbekannten Inanspruchnahme sind diese Postgebühren derzeit nicht bezifferbar.

Zusammenfassend ist die budgetäre Bedeckung der Mehrkosten im Budget- und Personalrahmen des Bundesministeriums für Justiz bzw. für Inneres gedeckt; zudem konnte eine Kofinanzierung durch die EU in beträchtlicher Höhe erreicht werden. Im Übrigen ist die Republik Österreich wie erwähnt verpflichtet, den RB Strafregister bis zum 27.4.2012 innerstaatlich umzusetzen.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderungen des Strafregistergesetzes 1968):

Zu Z 1, 2 und 3 (§ 2 Abs. 1 Z 8, 9 und Abs. 1a):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung von Abs. 1 Z 8 wird klargestellt, dass auch im Zusammenhang mit Verurteilungen durch die übrigen Mitgliedstaaten wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person ausgesprochene Tätigkeitsverbote in das Strafregister einzutragen sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass den in § 9a Abs. 1 Z 1 bis 5 angeführten Behörden im Wege des Datentransfers auch Auskunft über im Zusammenhang mit derartigen Verurteilungen ausgesprochene Tätigkeitsverbote erteilt wird.

Nach Art. 5 Abs. 1 des RB Strafregister besteht die Verpflichtung zur Speicherung sämtlicher rechtskräftiger Verurteilungen österreichischer Staatsbürger durch Strafgerichte der übrigen Mitgliedstaaten wegen nach deren Recht gerichtlich strafbarer Handlungen und von im Zusammenhang mit der Verurteilung ausgesprochenen Tätigkeitsverboten, und zwar auch für den Fall, dass das zugrunde liegende Verhalten nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar ist.

Auf diese Weise soll die österreichische Zentralbehörde in die Lage versetzt werden, anderen Mitgliedstaaten über entsprechendes Ersuchen vollständige Informationen über das Vorleben des Verurteilten zu übermitteln. Zu diesem Zweck sind die betreffenden Verurteilungen und Tätigkeitsverbote zu kennzeichnen (§ 2 Abs. 1a).

Im Einklang mit dem RB Strafregister besteht jedoch keine Verpflichtung zur Aufnahme ausländischer Verurteilungen wegen nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbarer Handlungen und im Zusammenhang mit derartigen Verurteilungen ausgesprochenen Tätigkeitsverboten in das nationale Strafregister. Sie sind auch nicht in Strafregisterbescheinigungen oder Strafregisterauskünfte an inländische Behörden aufzunehmen.

Rechtskräftige Verurteilungen eines Strafgerichts in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Urteilsstaat) sowie alle in diesem Zusammenhang an Österreich übermittelten Informationen sind jedoch bis zur Löschungs- bzw. Tilgungsmitteilung des jeweiligen Urteilsstaates bereit zu halten und den übrigen Mitgliedstaaten über entsprechendes Ersuchen zur Verfügung  zu stellen. Dies soll durch § 9b (siehe unten) umgesetzt werden.

Im Einklang mit dem RB Strafregister soll nunmehr durch Einfügung einer Z 9 die Verpflichtung zur

         1. Speicherung sämtlicher rechtskräftiger Verurteilungen österreichischer Staatsbürger durch Strafgerichte der übrigen Mitgliedstaaten wegen nach deren Recht gerichtlich strafbarer Handlungen auch für den Fall, dass die konkrete Verurteilung auf Grund der Tilgungsregeln des § 7 Abs. 2 TilgungsG bereits aus dem österreichischen Strafregister gelöscht wurde bzw. das zugrunde liegende Verhalten nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar ist und

         2. – in Umsetzung des Art. 11 Abs. 1 lit. a) iv) – Speicherung von Tätigkeitsverboten und anderen nach Art. 11 des RB Strafregister zu speichernden Informationen

festgelegt werden. Dabei soll klargestellt werden, dass diese Speicherung lediglich zum Zwecke der Übermittlung eines Anhangs zu einer Strafregisterauskunft an andere Mitgliedstaaten (§ 9b) erfolgt.

Die weitere Änderung im Abs. 1a dient lediglich der Korrektur eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 4 und 5 (§ 3 Abs. 2 Z 2 und 5):

Die vorgeschlagene Ergänzung der in eine Strafkarte aufzunehmenden Angaben dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 2, 11 Abs. 1 lit. a) i) und iii) des RB Strafregister.

Festzuhalten ist, dass für den Fall, dass der Verurteilung mehrere Taten zugrunde liegen, derzeit nur der Zeitpunkt der letzten Tatbegehung aufzunehmen ist. Nach Schaffung der erforderlichen technischen Voraussetzungen wird es möglich sein, in einem derartigen Fall auch einen Tatzeitraum anzuführen.

Zu Z 5 und 7 (§ 8 Abs. 1 und 4):

Einträge gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 sind ausschließlich zum Zwecke der Übermittlung eines Anhangs zu einer Strafregisterauskunft (§ 9b) bereit zu halten. Hinsichtlich der Aufnahme dieser Einträge in den Anhang kommt Österreich keine (Auswahl-)Befugnis zu. Auch deren Löschung richtet sich nach dem jeweiligen Recht des Urteilsstaates. Damit unterliegen die gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 gespeicherten Einträge auch nicht dem Rechtsschutz des § 8. Dies wird in § 8 Abs. 1 klargestellt. Anträge auf Richtigstellung und Löschung hinsichtlich dieser Daten sind an die zuständigen Behörden des Urteilsstaates zu richten.

In Verfahren nach § 8, die eine im Strafregister eingetragene Verurteilung durch ein ausländisches Strafgericht sowie darauf bezogene Entscheidungen, Verfügungen und Mitteilungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 6 und 8 betreffen, bedarf es vor allem dann, wenn durch konkretes Vorbringen des Antragstellers Zweifel daran entstehen, dass die Verurteilung den Kriterien des § 2 Abs. 3 entspricht, meist der Beischaffung von Unterlagen, insbesondere Urteilsabschriften, aus dem Urteilsstaat auf dem Rechtshilfeweg. In Einzelfällen kann es bei der Übermittlung dieser Unterlagen durch den ersuchten Staat zu erheblichen Verzögerungen kommen, die eine Entscheidung über den Antrag binnen der Frist des § 73 Abs. 1 AVG unmöglich machen. Um zu verhindern, dass dem Betroffenen durch eine solche, der Behördensphäre zuzurechnende Verzögerung Nachteile entstehen, soll der Umstand des anhängigen Verfahrens über die Aufnahme der betreffenden Verurteilung oder der sonstigen sich darauf beziehenden Entscheidung, Verfügung oder Mitteilung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag nach § 8 im Strafregister vermerkt werden.

Zu Z 8 (§ 9 Abs. 1 Z 2):

Nach der geltenden Rechtslage sind Auskünfte aus dem Strafregister ausländischen Verwaltungsbehörden nur unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit zu übermitteln. Der Nachweis der Gegenseitigkeit erweist sich in der Praxis mit unter als schwierig. Mit dem Wegfall dieses Erfordernisses für den Bereich der Sicherheitsverwaltung im Sinne des § 2 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG, BGBl. 566/1991 idgF) soll das Auskunftsverfahren zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erleichtert werden. Die Notwendigkeit des Nachweises der Gegenseitigkeit für Auskünfte zu anderen Zwecken als solchen der Sicherheitsverwaltung sowie an ausländische Behörden von Drittstaaten in sämtlichen Fällen bleibt davon unberührt.

Zu Z 9 (§ 9 Abs. 1 Z 3):

Nach Maßgabe bestehender landesgesetzlicher Bestimmungen soll eine direkte Abfragemöglichkeit der Jugendwohlfahrtsträger geschaffen werden, sodass - mangels Behördeneigenschaft - eine entsprechende Änderung des § 9 StrafregisterG durch eine Einfügung einer neuen Z 3 in Abs. 1 (in Anlehnung an den Entwurf einer SPG- Novelle [§ 58c Abs. 2 letzter Satz neu]) vorgeschlagen wird, wonach die Online-Abfrageberechtigung unter der Bedingung der Erforderlichkeit zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines bestimmten minderjährigen Kindes durch eine bestimmte Person in Anspruch genommen werden darf. Jugendwohlfahrtsträger sind im Sinne des § 4 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, BGBl. Nr. 161/1989 die Länder und deren Organisationseinheiten.

Darüber hinaus soll bei der Schaffung einer Z 3 in § 9 Abs. 1 StrafregisterG das Verhältnis dieser Bestimmung zu jener des § 9a Abs. 2 StrafregisterG festgelegt werden. Danach hat die Bundespolizeidirektion Wien u.a. den Jugendwohlfahrtsträgern im Zusammenhang mit der Anstellung von Personen an Einrichtungen zur Betreuung, Erziehung oder Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen Auskunft über gemäß § 2 Abs. 1a StrafregisterG gekennzeichnete Verurteilungen sowie über Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 StrafregisterG zu erteilen. Diese Sonderauskünfte sind Jugendwohlfahrtsträgern demnach nur in einem sehr eingeschränkten Bereich und nur zu Sexualstraftätern zu erteilen. Die unter einem vorgeschlagene Änderung des § 9 Abs. 1 StrafregisterG würde eine Auskunft aus dem Strafregister ohne Einschränkung auf bestimmte Deliktsgruppen in allen Fällen, in denen dies zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines bestimmten minderjährigen Kindes durch eine bestimmte Person erforderlich ist, für den Jugendwohlfahrtsträger ermöglichen. Da jedoch bei der Begründung eines Anstellungsverhältnisses zu einer bestimmten Person noch nicht von einer konkreten Gefährdungslage auszugehen sein wird, könnte hier weiterhin lediglich auf Grundlage des § 9a Abs. 2 StrafregisterG eine Sonderauskunft zu Sexualstraftätern eingeholt und nicht auf § 9 Abs. 1 Z 3 StrafregisterG neu zurückgegriffen werden.

Zu Z 10 (§ 9a Abs. 1):

Durch die vorgeschlagene Aufnahme einer neuen Z 5 wird die Verpflichtung des Strafregisteramts der Bundespolizeidirektion Wien festgelegt, Informationen über die gemäß § 2 Abs. 1a besonders gekennzeichneten Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person sowie über die Anordnung der gerichtlichen Aufsicht und über Weisungen und Tätigkeitsverbote wegen derartiger Handlungen (§ 220b StGB) auch ausländischen Justiz- und Sicherheitsbehörden für Zwecke eines Strafverfahrens zu übermitteln, wobei dies gegenüber Drittstaaten nur unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit gilt. Im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergibt sich der Umfang der Auskunft aus § 9b.

Zu Z 11 (§ 9a Abs. 2):

Anregungen im Begutachtungsverfahren Rechnung tragend wird vorgeschlagen, die Möglichkeit von Sonderauskünften zu Sexualstraftätern derart auszuweiten, dass Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt, Auskunft über gemäß § 2 Abs. 1a StrafregisterG gekennzeichnete Verurteilungen sowie über Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 StrafregisterG auch zur Beurteilung der Eignung potentieller Pflege- und Adoptiveltern erhalten können. Bei Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage eines sich bereits in Pflege befindlichen oder an Kindes statt angenommenen minderjährigen Kindes durch Pflege- bzw. Adoptiveltern könnte auf Grundlage des § 9 Abs. 1 Z 3 StrafregisterG neu eine Auskunft aus dem Strafregister eingeholt werden.

Zu Z 12 (§§ 9b Abs. 1 bis 3 und 9c):

Durch diese Bestimmung wird in Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 lit. b des RB Strafregister klargestellt, dass der Strafregisterauskunft, die sich aus den Informationen der §§ 9 und 9a zusammensetzt, im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein Anhang anzuschließen ist, in welchem jene nach § 2 Abs. 1 Z 9 gespeicherten Verurteilungen durch ausländische Strafgerichte und im Zusammenhang mit einer Verurteilung ausgesprochenen Tätigkeitsverbote angeführt sind, die im Wege des Informationsaustauschs in Strafsachen mitgeteilt wurden. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass die ersuchende ausländische Behörde vollständige Informationen über das Vorleben des Verurteilten erhält.

Die Auskunftserteilung hat unter Verwendung des Formulars laut Anhang IX zum Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), idF BGBl. I Nr. 134/2011, zu erfolgen. Es handelt sich dabei um eine elektronische Auskunftserteilung unter Verwendung der im erwähnten Anhang festgelegten Datenarten. In Umsetzung von Art. 8 des RB Strafregister hat die Auskunftserteilung im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union innerhalb von zehn Arbeitstagen zu erfolgen. Im Falle der Notwendigkeit von Rückfragen verlängert sich diese Frist um weitere zehn Arbeitstage. Entgegen der üblichen Terminologie in der Strafprozessordnung (StPO) und dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) - „Werktage“ - wird der Begriff „Arbeitstage“ gebraucht, um zu gewährleisten, dass Samstage in den Fristenlauf nicht einbezogen werden. Für die Berechnung der Fristen gilt somit, dass Samstage in den Fristenlauf nicht einzuberechnen sind.

Verwendungsbeschränkungen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 dritter Unterabsatz des RB Strafregister sind bei der Auskunftserteilung zu berücksichtigen.

§ 9c regelt die Einholung von Strafregisterauskünften aus anderen Mitgliedstaaten über Ersuchen inländischer Behörden. Derartige Ersuchen sind von der Bundespolizeidirektion Wien an die Zentralbehörde des Herkunftsstaates des Betroffenen weiterzuleiten.

Die einlangenden Auskünfte werden an die anfragenden inländischen Behörden übermittelt. Die Bundespolizeidirektion Wien ist in diesem Fall nur zur Übermittlung, nicht aber zur Prüfung und Speicherung der nach § 9c erlangten Informationen im Strafregister gemäß § 2 berechtigt.

Festzuhalten ist, dass daneben auf der Grundlage des § 76 Abs. 1 StPO iVm § 9 Abs. 1 Z 1 und 9a Abs. 1 Z 2 Strafregistergesetz sowie aufgrund der Normierung in § 5 Abs. 3 Z 2 PolKG iVm bestehenden Polizeikooperationsverträgen, wie z.B. dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, BGBl. III Nr. 99/2006, weiterhin die Möglichkeit besteht, ein Ersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft unmittelbar an die zuständige (Zentral-)Behörde des ersuchten Mitgliedstaates zu übermitteln. Dies betrifft insbesondere den Austausch von Strafregisterauskünften zwischen den Sicherheitsbehörden zu kriminalpolizeilichen Zwecken unter Beachtung des in § 7 PolKG vorgegebenen Rahmens.

Zu Z 13 (§ 10 Abs. 1):

Um eindeutig klarzustellen, dass Verurteilungen durch Strafgerichte der anderen Mitgliedstaaten wegen nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbarer Handlungen nicht in eine Strafregisterbescheinigung aufgenommen werden dürfen, soll in § 10 Abs. 1 durch Bezugnahme auch auf Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 ergänzt werden.

Zu Z 14 (§§ 10a Abs. 1 bis 3 und 10b):

Den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 des RB Strafregister folgend soll durch diese Bestimmung sichergestellt werden, dass aus Anlass der Ausstellung einer österreichischen Strafregisterbescheinigung für einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates sämtliche Informationen, die zu dieser Person im Strafregister des Herkunftsmitgliedstaates gespeichert sind, von Amts wegen eingeholt und ihr zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck hat die zuständige Behörde (Bürgermeister bzw. in Orten, in denen eine Bundespolizeidirektion eingerichtet ist, diese, sowie die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland) zunächst gemäß § 10 vorzugehen.

Gleichzeitig hat die für die Ausstellung der Strafregisterbescheinigung zuständige Behörde die Bundespolizeidirektion Wien zwecks Einholung von Informationen aus dem Strafregister des Herkunftsstaates des Antragstellers zu befassen. Die vom Auskunftsersuchen der Bundespolizeidirektion Wien betroffene Person ist davon durch einen entsprechenden Hinweis in der Strafregisterbescheinigung nach § 10 zu informieren.

Die Bundespolizeidirektion Wien hat das Auskunftsersuchen mittels Formular laut Anhang IX zum Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 134/2011, an den Herkunftsstaat zu richten. Es handelt sich dabei, wie erwähnt, um ein elektronisches Auskunftsersuchen, das die im erwähnten Anhang festgelegten Datenarten enthält. Die Beauskunftung durch den Herkunftsstaat ist dem Antragsteller von der Bundespolizeidirektion Wien umgehend zur Kenntnis zu bringen. Eine Speicherung der im Zuge eines Informationsersuchens nach §10a erlangten Informationen im österreichischen Strafregister ist nicht zulässig.

Liegt der Bundespolizeidirektion Wien nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten keine Auskunft des Herkunftsstaates vor, so ist die vom Auskunftsersuchen betroffene Person davon in Kenntnis zu setzen, dass vom Herkunftsstaat keine Informationen aus dem Strafregister übermittelt wurden.

Werden vom Herkunftsstaat für die Identifizierung der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, weitere Informationen benötigt, so kann die Bundespolizeidirektion Wien die nach § 10 Strafregistergesetz für die Ausstellung der Strafregisterbescheinigung zuständigen Behörden zur Mitwirkung an der Identitätsfeststellung heranziehen.

Bei entsprechenden Anfragen der Zentralbehörden der übrigen Mitgliedstaaten hat die Bundespolizeidirektion Wien der anfragenden Zentralbehörde sämtliche in Strafregisterbescheinigungen aufzunehmende Informationen binnen zwanzig Arbeitstagen zu übermitteln. Die inhaltlichen Beschränkungen des § 10 Abs. 1 im Bezug auf Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 sind dabei zu berücksichtigen.

Zu Z 15 und 16 (§ 11 Abs. 4, 5 und 6):

Die neue Formulierung des Abs. 4 gibt über den datenschutzrechtlichen Auftraggeber Auskunft. Abs. 5 dient der Information des Antragstellers einer Strafregisterbescheinigung über die Einleitung eines Auskunftsersuchens gemäß § 10a an den Herkunftsstaat.Den Vorgaben des Art. 9 des RB Strafregister folgend stellt Abs. 6 klar, dass die nach den Bestimmungen der §§ 9c und 10a von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlangten personenbezogenen Daten nur für die Zwecke verwendet werden dürfen, für die sie angefragt wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass derartige Daten für andere Zwecke, wie etwa ein anderes Verwaltungsverfahren verwendet werden, obwohl die ermittelten Informationen zwischenzeitlich, etwa wegen erfolgter Tilgung, im Strafregister des Urteilsstaates gelöscht wurden.

Zu Z 17 (§ 11a):

Diese Bestimmung dient der Umsetzung des Art. 4 Abs. 2 bis 4 des RB Strafregister betreffend den regelmäßigen Strafnachrichtenaustausch. Die Bundespolizeidirektion Wien als Zentralbehörde hat der jeweiligen Zentralbehörde des Herkunftsmitgliedstaates alle deren Staatsangehörige betreffenden Verurteilungen und spätere Änderungen (wie etwa die Tilgung der Verurteilung) sowie die Löschung sonstiger Einträge mitzuteilen. Dabei ist die der Tilgung folgende technische Löschung einer Verurteilung aus dem Strafregister dem jeweiligen Herkunftsstaat nicht gesondert zu melden. Ist bekannt, dass die verurteilte Person die Staatsangehörigkeit mehrerer Mitgliedstaaten besitzt, so sind die Informationen an jeden dieser Mitgliedstaaten zu übermitteln. Die Erledigung ergänzender Ersuchen des Herkunftsstaates um Übermittlung einer Abschrift des Urteils und die Erteilung zusätzlicher Auskünfte hat durch das zuständige Gericht zu erfolgen, das zu diesem Zweck mit dem Ersuchen zu befassen ist.

Zu Z 18 (§ 12):

Abgesehen von der ergänzten Tilgungsregelung hinsichtlich der gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 bereitzuhaltenden Einträge (siehe dazu unten §  7 Abs. 5 TilgG) bedarf es einer Regelung zur Löschung der durch andere Mitgliedstaaten ausgesprochenen und mitgeteilten Tätigkeitsverbote, die gemäß § 2 Abs. 1 Z 8 zu speichern sind.

Zu Z 19 (§ 14 Abs. 10):

Dieser Artikel regelt das In-Kraft-Treten. Der RB Strafregister ist mit 27. April 2012 umzusetzen (Art. 13 Abs. 1). Es wird daher ein Inkrafttreten zum 27. April 2012 vorgeschlagen.

Zu Z 20 (§ 14a Abs. 2):

Es handelt sich um eine Übergangsbestimmung zur Regelung der Datenübermittlung bei Ausfall des elektronischen Übermittlungsweges.

Zu Artikel 2 (Änderungen des Tilgungsgesetzes 1972):

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 5):

Die Umsetzung des RB Strafregister macht eine Ausnahmeregelung für Auskünfte gemäß §§ 9b und10a Strafregistergesetz erforderlich.

Zu Z 2 (§ 6 Abs. 1 Z 8):

Zum Zweck eines noch wirksameren Schutzes von minderjährigen Kindern ist es nicht zuletzt vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren vermehrt aufgekommenen und in der Öffentlichkeit Beachtung findenden Missbrauchsfälle in konsequenter Fortführung der Bestimmungen des Gewaltschutzgesetzes BGBl. Nr. 759/1996 und des 2. Gewaltschutzgesetzes BGBl. I Nr. 40/2009 geboten, den Jugendwohlfahrtsträgern verbesserte Einschaumöglichkeiten in das Strafregister zu eröffnen. Derzeit steht der Jugendwohlfahrt nur eine Abfragemöglichkeit aus dem EKIS (Strafregister SC - beschränkte Informationen) zur Verfügung. Im Anlassfall (wenn dies zur Vermeidung oder zur Abwehr einer konkreten Gefährdung eines minderjährigen Kindes durch eine bestimmte Person erforderlich ist) soll zur Gefährdungsabklärung nunmehr auch eine Abfragemöglichkeit aus dem Strafregister SA - unbeschränkte Informationen - möglich sein. Die bestehende Bestimmung des § 9 Abs. 1 StrafregisterG kann jedoch nicht als Grundlage für die Datenübermittlung herangezogen werden, da es sich bei der Vornahme einer Gefährdungsabklärung nicht um eine Tätigkeit des Jugendwohlfahrtsträgers im Rahmen der Hoheitsverwaltung, sondern um eine privatwirtschaftliche Tätigkeit handelt. Eine Erweiterung dieser Bestimmung durch eine entsprechende Z 3 wird daher in Aussicht genommen. Derart soll der Jugendwohlfahrtsträger berechtigt werden, vor dem Hintergrund eines effektiven Schutzes von minderjährigen Kindern vor Missbrauch auch in den Fällen der Gefährdungsabklärung, die nicht der hoheitlichen Verwaltung zuzurechnen sind, unbeschränkte Informationen aus dem Strafregister einholen zu können. Jugendwohlfahrtsträger sind im Sinne des § 4 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, BGBl. Nr. 161/1989 die Länder und deren Organisationseinheiten.

Zu Z 3 (§ 7 Abs. 5):

Art. 5 iVm Art. 11 Abs. 2 des RB Strafregister verpflichtet Österreich, alle durch den Urteilsstaat übermittelten Informationen zu rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen österreichischer Staatsbürger zu speichern und für Auskünfte nach § 9b StrafregisterG bereit zu halten. Eine Beauskunftung dieser Informationen durch Österreich hat stets in der aktuellen Fassung, unter Berücksichtigung aller vom Urteilsstaat vorgenommenen Änderungen oder Streichungen zu erfolgen, und zwar so lange bis vom Urteilsstaat deren Tilgung bzw. Löschung bekannt gegeben wurde. Die Tilgungsregeln des § 7 Abs. 2 und 3 kommen somit für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 StrafregisterG gespeicherten Einträge nicht zur Anwendung.

Zu Z 4 (§ 9 Abs. 1j):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Der RB Strafregister ist mit 27. April 2012 umzusetzen (Art. 13 Abs. 1). Es wird daher ein Inkrafttreten zum 27. April 2012 vorgeschlagen.

Zu Artikel 3 (Änderung der Strafprozessordnung 1975)

Zu Z 1 (§ 20a Abs. 1):

Der Wegfall der Paragraphenbezeichnungen folgt Effizienzerwägungen: Künftig soll nicht jedes Mal eine Änderung der StPO erfolgen müssen, wenn sich die in den aufgezählten Materiengesetzen beinhalteten Strafbestimmungen ändern (siehe dazu gleich unten). Obwohl es sich um eine dynamische Verweisung handelt, ist mit der vorgeschlagenen Änderung kein Rechtsschutzdefizit für den einzelnen Betroffenen verbunden, nimmt die Bestimmung doch lediglich auf die Zuständigkeit der WKStA Bezug. Auch eine künftig mögliche Erweiterung der Strafbestimmungen in den Materiengesetzen hat keine Auswirkungen für den Betroffenen, ist aufgrund der Spezialzuständigkeiten der WKStA infolge deren besonderer Ausgestaltung und Organisation doch ohnehin davon auszugehen, dass deren Zuständigkeit sämtliche gerichtlichen Strafbestimmungen der benannten Materiengesetze umfasst.

Ferner bezweckt die Änderung eine Anpassung an die durch das Inkrafttreten des Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011, geänderte Gesetzeslage. Das Investmentfondsgesetz BGBl. Nr. 532/1993 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 wurde gemäß § 189 Abs. 1 Investmentfondsgesetz 2011 mit Ausnahme der in Abs. 2 genannten Bestimmungen mit 31. August 2011 aufgehoben.

Zu Z 2 (§ 31 Abs. 6)

Gemäß § 31 Abs. 5 Z 2 StPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 2009/52, – auf den § 357 Abs 2 erster Satz StPO infolge des nun durch Art. 3 Z 10 zu beseitigenden Redaktionsversehens verweist – bzw. gemäß § 31 Abs 6 Z 2 StPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010/111, obliegt die Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme nach § 357 StPO, soweit nicht das Bezirksgericht zuständig ist, dem Landesgericht als Senat von drei Richtern. Dem gegenüber bestimmt § 490 zweiter Satz StPO, dass in den Fällen der §§ 353 bis 356 StPO der Einzelrichter des Landesgerichts über die Bewilligung der Wiederaufnahme zu entscheiden hat. Da sich § 490 StPO als lex specialis für das Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts erweist, ist eine entsprechende Klarstellung vorzunehmen, der zufolge sich die Zuständigkeit des Landesgerichts als Senat von drei Richtern für die Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme nach § 357 StPO lediglich auf das schöffen- und geschworenengerichtliche Verfahren beschränkt.

Zu Z 3 und 4 (§§ 112, 116 Abs. 6 StPO):

Gerade bei der Bearbeitung hochkomplexer Verfahren im Bereich der Korruption und Wirtschaftskriminalität, in die meist ein großer Personenkreis aus verschiedensten Berufsgruppen involviert ist, zeigte sich in der strafjustiziellen Praxis zuletzt vermehrt, dass die Verwertung im Zuge von „Hausdurchsuchungen“ sichergestellter Beweismittel und die damit verbundene rasche Aufklärung von möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalten oftmals durch die bloße Behauptung („Berufung“) des Vorliegens irgendeiner – wenn auch nur mittelbar greifenden - gesetzlich anerkannten Verschwiegenheitspflicht oder eines entsprechenden Rechts (vgl. OGH vom 16. Dezember 2010, 13 Os 130/10g bzw. 13 Os 136/10i) um mehrere Monate verzögerte. Dies ist darin begründet, dass die Staatsanwaltschaft bei Angehörigen bestimmter gesetzlich privilegierter Berufsgruppen oder Branchen, die – wenn auch oft nicht als Beschuldigte - gerade in der Wirtschaftskriminalität oftmals in den Fokus der Ermittlungen gelangen, geradezu reflexartig mit Widersprüchen konfrontiert wird. Dies führt dann zu einer „Versiegelung“ des meist äußerst umfangreichen sichergestellten Materials (Datensätze im Bereich von mehreren Giga- oder sogar Terabytes bzw. ganze Kisten mit Papierdokumenten) sowie dazu, dass das Gericht in Person eines einzelnen Haft- und Rechtsschutzrichters die Aufzeichnungen und Datenträger zu sichten und dann zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie zu beschlagnahmen (§ 115) oder dem Betroffenen zurückzustellen sind. Obgleich das Gericht dabei nicht etwa die betreffenden Papiere oder Datensätze zu „durchsuchen“, also (auch) ihre Beweisrelevanz zu prüfen, sondern nur darüber zu entscheiden hat, ob diese Prüfung, ungeachtet der dagegen erhobenen Einwände des Inhabers von der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden darf, ist eine maßgebliche Verzögerung der Ermittlungen kaum vermeidbar. Da die Prüfung, ob die allenfalls in Beschlag zu nehmenden Schriftstücke oder Informationen beweisrelevant sind, in jedem Fall der Staatsanwaltschaft bzw. der Kriminalpolizei zukommt, verblieb schon bislang als alleiniges Kriterium für die Entscheidung des Gerichts, ob die Beschlagnahme vorzunehmen ist, die Prüfung der Zulässigkeit bzw. des Vorliegens eines Beweisverbots.

Nunmehr soll ohne Verzicht auf gerichtliche Kontrolle und Schutz vor möglicher Umgehung von Aussageverweigerungsrechten eine Präzisierung jener Fälle erfolgen, in welchen tatsächlich die Möglichkeit der Erhebung eines Widerspruchs sinnvoll ist. Unter einem soll eine maßgebliche Beschleunigung des Verfahrens erfolgen, sodass die Herausforderungen der öffentlichen Erwartung nach zügiger und effizienter Aufklärung gerade in komplexen Verfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität und der Korruption unter gleichzeitiger Wahrung größtmöglichen Rechtsschutzes und entsprechender Transparenz  bewältigt werden können.

In diesem Sinn soll der Widerspruch nunmehr ein exklusives Recht für gerade nicht selbst beschuldigte Personen, also Betroffene im Sinn des § 48 Abs. 1 Z 3 StPO, darstellen. Diesen Personen soll der Rechtsbehelf bei Berufung auf ein gemäß § 157 Abs. 1 Z 2 bis 5 StPO anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit (Aussageverweigerung für Angehörige bestimmter Berufsgruppen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, sowie Wahlgeheimnis), womit auch Pflichten hierzu erfasst sind, offen stehen und zur Folge haben, dass die Bezug habenden Aufzeichnungen und Datenträger auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und vom Ermittlungsakt getrennt aufzubewahren sind  (Abs. 1).

In Anbetracht der erwähnten Problematik, dass gerade in Wirtschaftsstrafsachen (§ 20b Abs. 2) oftmals Sicherstellungen in ausgesprochen großem Umfang zu erfolgen haben bzw. „pauschal“ Widerspruch ohne jegliche Präzisierung erhoben wird, soll der Betroffene gemäß Abs. 2 sodann von der Strafverfolgungsbehörde aufgefordert werden, binnen einer angemessenen, 14 Tage nicht übersteigenden Frist jene Teile der Aufzeichnungen oder Datenträger konkret zu bezeichnen, deren Offenlegung eine Umgehung seiner Verschwiegenheit bedeuten würde, womit eine gewisse „Bringschuld“ der Angehörigen der in § 157 Abs. 1 Z 2 bis 4 genannten Berufsgruppen statuiert wird. Unterlässt der Betroffene dies, so sind die Aufzeichnungen und Datenträger zum Akt zu nehmen und auszuwerten. Anderenfalls hat die Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls unter Beiziehung geeigneter Hilfskräfte oder eines Sachverständigen und des Betroffenen die Unterlagen zu sichten und anzuordnen, ob und in welchem Umfang sie zum Akt genommen werden dürfen.

Gegen diese Anordnung der Staatsanwaltschaft kann der Betroffene Einspruch erheben, in welchem Fall die Unterlagen bis zur Entscheidung des Gerichts weiterhin getrennt aufzubewahren und nicht einzusehen oder für weitere Ermittlungen zu verwenden sind. Einer Beschwerde gegen den Beschluss des Gerichts kommt aufschiebende Wirkung zu (Abs. 3). Diese Kompetenzteilung entspricht der sachlogischen Systematik des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens im Sinne einer Trennung zwischen ermittelnder Staatsanwaltschaft und kontrollierendem Gericht, wobei zum Schutz davor, dass in Umgehung eines Aussageverweigerungsrechts bestimmte Schriftstücke oder Datensätze zum Ermittlungsakt kommen und (erst) damit im Strafverfahren auch verwertet werden dürften, insgesamt vier „Schranken“ zum Einsatz gelangen können. Zunächst steht dem Betroffenen der Widerspruch an die Staatsanwaltschaft offen. Nach deren Sichtung und Prüfung kann die von ihr zu begründende Anordnung, dass das sichergestellte Material zum Akt genommen wird, beeinsprucht werden. Sodann hat die Staatsanwaltschaft zunächst nochmals selbst zu prüfen, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, gegebenenfalls die Sicherstellung aufzuheben und nur bei Beharren auf ihrer ursprünglichen Entscheidung den Einspruch an das Gericht weiterzuleiten. Dieses hat sodann mit Beschluss zu entscheiden, der vom Betroffenen oder von der Staatsanwaltschaft mit Beschwerde bekämpft werden kann, der aufschiebende Wirkung zukommen soll.

Die Änderung des § 116 Abs. 6 stellt sich als notwendige Anpassung an die neue Systematik der Entscheidung auf Grund eines Widerspruchs dar.

Zu Z 5 (§ 113 Abs. 2):

Diese Änderung bezweckt eine Anpassung an die durch das Inkrafttreten des Strafprozessreformbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 93/2007, geänderte Gesetzeslage.

Zu Z 6 (§ 176 Abs. 3):

Die Einführung der erweiterten Möglichkeit des Einsatzes von Videokonferenzen durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, bezweckte nebst verfahrensökonomischen Erwägungen auch die Reduktion des durch Vorführungen entstehenden Aufwands. Soweit der Beschuldigte nicht in der Justizanstalt des zuständigen Gerichts angehalten wird, soll auch bei Haftverhandlungen die Möglichkeit einer Beteiligung des Beschuldigten im Wege einer Videokonferenz eröffnet werden. Durch die Zuordnung bestehender Justizanstalten als Außenstelle zu räumlich weiter entfernten Justizanstalten (so ist etwa die Justizanstalt Gerasdorf als Außenstelle der Justizanstalt Josefstadt zugeordnet) ergibt sich die gesetzliche Unzulässigkeit des Einsatzes von Videokonferenzen bei Haftverhandlungen, da die Beschuldigten trotz der räumlich großen Entfernung dennoch in der Justizanstalt des zuständigen Gerichts angehalten werden. Die Bestimmung dient daher der Wahrung der Verfahrensökonomie sowie der Verminderung des Vorführungsaufwands.

Zu Z 7 (§ 189 Abs. 2):

Mit Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52/2009 wurde § 16 Abs. 2 Z 2 Strafvollzugsgesetz (StVG), BGBl. Nr. 144/1969 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 40/2009 aufgehoben und in § 37 Abs. 2 StVG normiert, dass die Entscheidung über den Verfall dem Anstaltsleiter zusteht. Die Zitierung des § 16 Abs. 2 Z 2 StVG ist daher gegenstandslos.

Zu Z 8 (§ 194 Abs. 3):

Diese Änderung bezweckt eine Ausweitung des Rechtsschutzes durch den Rechtsschutzbeauftragten. Während etwa Opfer berechtigt sind (§ 194 Abs. 2 StPO), binnen 14 Tagen nach Zustellung der Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens eine Begründung zu verlangen, in welcher die Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zu Grunde gelegt wurden, in gedrängter Darstellung anzuführen sind, ist dem Rechtsschutzbeauftragten auf sein Verlangen zwar der gesamte Ermittlungsakt, nicht jedoch explizit eine Begründung der Einstellung zu übersenden. Ohne zumindest ungefähre Kenntnis des Sachverhalts und dessen Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft ist dem Rechtsschutzbeauftragten die Entscheidung, ob es der Einsichtnahme in den Ermittlungsakt bedarf, jedoch oft nur schwer möglich. Diesem ist daher bereits in der Verständigung von der Verfahrenseinstellung die Einstellungsbegründung (§ 194 Abs. 2 StPO) zu übermitteln. Für die Staatsanwaltschaft ist dies zumeist ohne erheblichen bürokratischen Zusatzaufwand durch die Beifügung einer Ablichtung der Eintragungen im Tagebuch oder allenfalls auch der genehmigten Berichte an die Oberstaatsanwaltschaft und/oder das Bundesministerium für Justiz möglich, sodass nicht zuletzt aufgrund der zu erwartenden Minderung der Zahl der Berichterstattungen ob der Änderung in Abs. 3 Z 2 von keiner zusätzlichen Arbeitsbelastung für die Staatsanwaltschaften auszugehen ist.

Andererseits soll die Zuständigkeit des Rechtsschutzbeauftragten präziser gefasst werden. Die auf den Zuständigkeitsbereich der WKStA abstellende Prüfkompetenz soll in den Fällen der Bestimmung der Zuständigkeit einer anderen Staatsanwaltschaft nicht verloren gehen (Abs. 3 Z 1). Zur Reduktion des Arbeitsanfalls soll überdies eine Einschränkung des Abs. 3 Z 2 auf Einstellungen wegen solcher Straftaten erfolgen, für die im Hauptverfahren das Landesgericht als Geschworene- oder Schöffengericht zuständig wäre. Zwecken der ökonomischen Arbeitsgestaltung und der Rechtssicherheit dient auch die Klarstellung, dass mit dem Einlangen des von der Staatsanwaltschaft übersendeten Ermittlungsakts die Frist zur Einbringung eines Antrags auf Fortführung (§ 195 Abs. 2 StPO) durch den Rechtsschutzbeauftragten auf sechs Monate verlängert wird. Dessen ungeachtet hat die tatsächliche Einbringungsfrist dem Fall angemessen zu sein und ist möglichst kurz zu halten.

Zu Z 9 und 10 (§ 196 Abs. 1 und 3):

Die Integrierung des Rechtsmittelausschlusses in Abs. 1 dient dem Zweck der unmissverständlichen Klarstellung der Unzulässigkeit eines Rechtsmittels gegen jede gerichtliche Entscheidung über einen Fortführungsantrag. Damit soll der in der Praxis durch Fortführungswerber geäußerten, auf die Formulierung in Abs. 3 gestützten Rechtsansicht, wonach sich der Ausschluss eines Rechtsmittels nur auf einem Fortführungsantrag stattgebende, nicht jedoch abweisende Entscheidungen, beziehe, unzweifelhaft entgegengetreten werden.

Zu Z 11 (§ 204 Abs. 2 StPO):

Diese Änderung dient lediglich der Korrektur eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 12 (§ 357 Abs. 2 StPO):

Diese Änderung bezweckt eine Anpassung an die durch das In-Kraft-Treten des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, geänderte Gesetzeslage.

Zu Z 13 und 14 (§ 480, 490 StPO):

Welches Gericht über einen auf § 352 StPO gestützten Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Privatanklägers auf Wiederaufnahme eines vom Bezirksgericht oder eines vom Einzelrichter des Landesgerichts (im Hauptverfahren) durch Beschluss beendeten Hauptverfahrens (§§ 227 Abs. 1, 451 Abs. 2 StPO) entscheidet, ist dem Gesetz nicht eindeutig zu entnehmen (vgl. WK-StPO, § 480 Rz 3, § 490 Rz 2). Die Änderungen bezwecken daher die ausdrückliche gesetzliche Verankerung der Zuständigkeit des Bezirksgerichts bzw. des Einzelrichters des Landesgerichts im Falle eines auf § 352 StPO gestützten Antrags auf Wiederaufnahme, wobei der bisherigen Praxis einer analogen Zuständigkeit des Bezirksgerichts bzw. des Einzelrichters gefolgt wird.

Zu Z 15 (§ 514 Abs. 18):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.