1755 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über die Regierungsvorlage (1729 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht im Bereich Infrastruktur und Verkehr u.a. vor, dass die bereits in der letzten Regierungsperiode begonnene Schieneninfrastrukturoffensive fortgeführt wird. Gemäß § 42 Abs. 3 des Bundesbahngesetzes, BGBl. Nr. 825/1992, idF BGBl. I Nr. 95/2009, sind über Zuschüsse des Bundes zum Betrieb der Schieneninfrastruktur und deren Bereitstellung (§ 42 Abs. 1 des Bundesbahngesetzes) sowie zur Instandhaltung, zur Planung und zum Bau von Schieneninfrastruktur (§ 42 Abs. 2 des Bundesbahngesetzes) zwei gesonderte Verträge mit jeweils sechsjähriger Laufzeit abzuschließen. Diese Verträge sind jährlich jeweils um ein Jahr zu ergänzen, auf den neuen sechsjährigen Zeitraum anzupassen und umfassen auch jene Zuschüsse des Bundes, die nicht die Rahmenplanfinanzierung betreffen, sondern für den Betrieb der Schieneninfrastruktur und deren Bereitstellung an die Nutzer geleistet werden.

Laut Regierungsprogramm ist ein hochqualitativer Öffentlicher Verkehr ein wirtschaftspolitischer Standortfaktor, eine wesentliche Voraussetzung für Mobilität und dient der sozialen Gerechtigkeit. Gemäß § 7 des Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes 1999 (kurz: ÖPNRV-G 1999) ist der Bund zur Sicherstellung eines Grundangebotes im öffentlichen Schienenpersonennah- und -regionalverkehr im Umfang der im Fahrplanjahr 1999/2000 bestellten und erbrachten Leistungen verpflichtet. Gemäß § 3 des Privatbahngesetzes liegt die Zuständigkeit für die Bestellungen gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Bereich der Privatbahnunternehmen bei der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen. Im Zusammenhang mit der am 3. Dezember 2009 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (PSO) ist eine Änderung des Bestellsystems der gemeinwirtschaftlichen Leistungen bei Schienenpersonenverkehrsunternehmen vorgesehen. Dabei sollen die in den bisherigen privatrechtlichen Vereinbarungen über die Bestellung und Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Schienenpersonenverkehr überwiegenden Tarifbestellungen auf Leistungsbestellungen umgestellt werden. Mit der ÖBB-Personenverkehr AG wurde bereits ein Vertrag mit einer PSO-konformen Vertragsdauer von 10 Jahren abgeschlossen. Dies erfolgte auf Basis der gesetzlichen Ermächtigung in Höhe von bis zu 5,760 Milliarden Euro gemäß Art. 154 § 1 Abs. 2 des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010. Nun sollen auch inhaltlich vergleichbare Verträge mit den Privatbahnunternehmen abgeschlossen werden. Eine derartige Vertragsdauer erlaubt eine kostenoptimierte Leistungsbestellung und erlaubt den Eisenbahnverkehrsunternehmen eine effiziente und nachhaltige Planung.

Für die Verpflichtungen des Bundes, die aus den Zuschüssen an die ÖBB-Infrastruktur AG und der Bestellung Gemeinwirtschaftlicher Leistungen bei den Privatbahnen entstehen, ist entsprechend den haus-haltsrechtlichen Bestimmungen Vorsorge zu treffen. Eine Vorbelastung darf gemäß § 45 Abs. 4 des Bundeshaushaltsgesetzes (BHG) BGBl. Nr. 213/1986 idF BGBl. I Nr. 139/2009, nur aufgrund einer bundesgesetzlichen Ermächtigung begründet werden, wenn deren zugehörige Ausgaben, die jeweils jährlich eine Untergliederung belasten, einen Anteil von 10 vH der bei dieser Untergliederung im zuletzt kundgemachten Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Summe der Sachausgaben übersteigen würden.

Im Hinblick auf die für 2012 gemäß BGBl. I Nr. 110/2011 in der Untergliederung 41 „Verkehr, Innovation und Technologie“ veranschlagten Sachausgaben in der Höhe von 2 909,012 Millionen Euro liegt die Betragsgrenze nach § 45 Abs. 4 BHG bei rd. 290,901 Millionen Euro. Für die Begründung der erforderlichen Vorbelastungen für die Finanzjahre 2013 bis 2017 betreffend § 42 Abs. 1 und 2 des Bundesbahngesetzes und für die Jahre 2013 bis 2020 betreffend § 3 des Privatbahngesetzes ist daher eine bundesgesetzliche Ermächtigung einzuholen.

Der vorliegende Gesetzentwurf geht davon aus, dass Vorbelastungen, welche gemäß § 78 Abs. 5 BHG innerhalb des Vertragszeitraums bis 2017 als Schuld zu verrechnen sind, einer Ermächtigung gemäß § 45 Abs. 4 BHG bedürfen. Grundlage für die Investitionen bildet der Rahmenplan 2012 bis 2017. Demzufolge treten die vorgenannten Bundesgesetze, mit Ausnahme von § 1 Absatz 2 des Artikel 154, BGBl. I Nr. 111/2010, mit Inkrafttreten des gegenständlichen Bundesgesetzes außer Kraft, soferne diese die Zuschüsse gemäß § 42 des Bundesbahngesetzes betreffen. Gemäß § 42 Abs. 3 des Bundesbahngesetzes sind über die Zuschüsse des Bundes gemäß § 42 Abs. 1 (Betrieb) und Abs. 2 (Instandhaltung, Planung und Bau) des Bundesbahngesetzes zwei gesonderte Verträge mit jeweils sechsjähriger Laufzeit abzuschließen. Diese Zuschüsse für den Betrieb und die Bereitstellung der Schieneninfrastruktur sind wie bereits im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 Art. 154 in die Vorbelastungen einzubeziehen. Dadurch wird sowohl die nötige Planungssicherheit für das Unternehmen gesichert, als auch dem Grundsatz der Transparenz der Haushaltsführung des Bundes entsprochen.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll daher die haushaltsrechtliche Ermächtigung zur Begründung jener Vorbelastungen schaffen, die durch Investitionen bis 2017 und den damit induzierten Annuitäten über den Zeitraum bis 2066 entstehen (die hieraus entstehenden Vorbelastungen sind gemäß § 78 Abs 5 BHG zu verrechnen). Die Investitionen basieren auf dem Rahmenplan 2012 bis 2017. Unter Zugrundelegung der aktuellen Zinsprognose soll der vorliegende Gesetzentwurf dazu ermächtigen, Vorbelastungen in Bezug auf die Annuitäten in Höhe von 26,672 Milliarden Euro in den Finanzjahren 2013 bis 2017 zu begründen. Dieser Gesamtbetrag ergibt sich wie folgt:

Aus Investitionen des Jahres 2007 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 1.485 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2008 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 1.820 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2009 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.345 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2010 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.223 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2011 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.316 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2012 sind ab 2013 noch Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.389 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten.

Aus Investitionen des Jahres 2013 werden Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.194 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten sein.

Aus Investitionen des Jahres 2014 werden Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.234 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten sein.

Aus Investitionen des Jahres 2015 werden Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 2.680 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten sein.

Aus Investitionen des Jahres 2016 werden Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 3.352 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten sein.

Aus Investitionen des Jahres 2017 werden Annuitätenzahlungen in Höhe von rd. 3.635 Mio. Euro an die ÖBB-Infrastruktur AG zu leisten sein.

Gleichzeitig soll der vorliegende Gesetzentwurf (wie bereits im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010) dazu ermächtigen, im Zusammenhang mit den Zuschussverträgen gemäß § 42 Abs. 1 (Betrieb) und Abs. 2 (Instandhaltung) des Bundesbahngesetzes Vorbelastungen für den Zeitraum 2013 bis 2017 in Höhe von 6,211 Milliarden Euro zu begründen.

Somit schafft die vorliegende Ermächtigung zur Begründung entsprechender Vorbelastungen die haushaltsrechtliche Grundlage zum Abschluss der Zuschussverträge 2012 bis 2017 gemäß § 42 Bundesbahngesetz. Der tatsächliche Abschluss dieser Verträge setzt jedoch neben der erforderlichen Einvernehmensherstellung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie dem Bundesministerium für Finanzen voraus, dass die erforderlichen Ausgaben durch die in den jeweiligen Bundesfinanzrahmengesetzen festgelegten Ausgabenobergrenzen abgedeckt sind.

Das mit dem Rahmenplan 2011 - 2016 festgelegte Investitionsprogramm wurde einer neuerlichen Evaluierung auf Grund der Budgetkonsolidierung unterzogen und ergab einen defizitwirksamen Konsolidierungsbeitrag von rd. 920 Mio. € (investitionswirksam € 1.063 Mio.) bis 2016. Ein Teil dieser Mittel sind Einsparungen, ein Teil sind Verschiebungen nach 2016. Die wesentlichsten Änderungen betreffen

      ° die Anpassung der Investitionsquoten für einzelne Projekte aufgrund aktualisierter Kosten- und Bauzeitpläne bzw. aufgrund erforderlicher Projektanpassungen,

      ° die Änderung folgender Projekte:

                  - Zusammenziehen der Fertigstellung der wichtigen Südbahnprojekte im Sinne der Achsenwirkung von Semmeringbasistunnel neu und Koralmbahn von zwei Jahren auf ein Jahr:

                        * Koralmbahn Inbetriebnahme von 2022 auf 2023, Einsparung: € 274 Mio.

                        * Semmeringbasistunnel Inbetriebnahme 2024 (wie bisher), Einsparung: € 44 Mio.

                  - Evaluierung Güterverkehrsstrecke Gänserndorf-Marchegg-Staatsgrenze, Einsparung € 58 Mio.

                  - Evaluierung Götzendorfer Spange, Einsparung € 53 Mio.

                  - Optimierte Projektumsetzung Linz-Wels, Einsparung € 64 Mio.

                  - Optimierung Betriebsfernsteuerung, Einsparung € 23 Mio.

                  - Redimensionierung Güterterminal Inzersdorf, Einsparung € 27 Mio.

                  - Redimensionierung Zugabstellanlage Bahnhof Amstetten, Einsparung € 17 Mio.

                  - sonstige Kleinprojekte, Einsparungen in Summe € 17 Mio. sowie

      ° die Aufnahme folgender neuer Projekte:

                  - Ausbau des Marchegger Astes (Wien-Bratislava „Nord“), Wiener Abschnitt, € 116 Mio.

                  - Sicherheitsinvestitionen sowie Planungsprojekte, € 61 Mio.

Im Zusammenhang mit dem Rahmenplan 2012 - 2017 wird außerdem für den Brenner Basistunnel (BBT) auf Basis eines neuen Bauzeitplans und Redimensionierungen von einem optimierten Projektablauf mit einer Einsparung von € 485 Mio. bis 2016 ausgegangen. Auf Grundlage dieses optimierten Bauzeitplans und der neuen Kostenkalkulation (inkl. Risikobewertung) für den BBT liegen dem Rahmenplan 2012 - 2017 somit Errichtungskosten für den BBT in Höhe von rd.  7,9 Mrd. € (Preisbasis 2011) inklusive Risikovorsorgen zugrunde. Dies entspricht rd.  9,9 Mrd. € zu laufenden Preisen (inkl. Vorausvalorisierung).

Weiters soll der Gesetzentwurf dazu ermächtigen, als Basis für die Vertragsabschlüsse mit den Privatbahnen Vorbelastungen von bis zu 0,493 Milliarden Euro in den Jahren 2013 bis 2020 zu begründen.

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird daher im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen ermächtigt, für Verträge mit der ÖBB-Infrastruktur AG die erforderlichen Vorbelastungen in Höhe von bis zu 32,883 Milliarden Euro hinsichtlich des Zeitraums 2013 bis 2017 zu begründen.

Weiters wird die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen ermächtigt, für Verträge mit den Privatbahnen die erforderlichen Vorbelastungen in Höhe von bis zu 0,493 Milliarden Euro hinsichtlich des Zeitraums 2013 bis 2020 zu begründen.

 

Der Budgetausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 18. April 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Eßl die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Alois Gradauer, Gerhard Huber, Kai Jan Krainer, Wilhelm Haberzettl, Dr. Ferdinand Maier, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Dr. Christoph Matznetter, Carmen Gartelgruber, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Elmar Podgorschek, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Maximilian Linder sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Hinsichtlich der gegenständlichen Regierungsvorlage wurde ein ausreichend unterstütztes Verlangen gemäß § 41 Absatz 11 GOG auf Vornahme einer namentlichen Abstimmung gestellt.

Ein vom Abgeordneten Gerhard Huber gestellter Antrag auf Vertagung der Verhandlungen wurde abgelehnt (für den Antrag: F,G,B; dagegen: S,V).

Der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Folgende Abgeordnete stimmten für den Gesetzentwurf: Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Gabriele Tamandl, Peter Haubner, Dorothea Schittenhelm, Franz Eßl, Adelheid Irina Fürntrath‑Moretti, Hannes Weninger, Ing. Kurt Gartlehner, Hermann Lipitsch, Mag. Ruth Becher, Kai Jan Krainer, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Wilhelm Haberzettl, Dr. Christoph Matznetter und Jakob Auer.

Folgende Abgeordnete stimmten gegen den Gesetzentwurf: Dr. Gabriela Moser, Gerhard Huber, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Dr. Ferdinand Maier, Bernhard Themessl, Carmen Gartelgruber, Maximilian Linder, Elmar Podgorschek und Alois Gradauer.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1729 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 04 18

                                       Franz Eßl                                                                           Jakob Auer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann