Vorblatt

Problem:

Auf Grund der europäischen Entwicklungen im Zusammenhang mit einer verstärkten wirtschaftlichen Governance der EU-Mitgliedstaaten ergibt sich bereits 2012 die Notwendigkeit zur Anpassung des Österreichischen Stabilitätspaktes 2011, der bis 2014 abgeschlossen wurde, um numerische Haushaltsregeln im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union gesamtstaatlich sicherzustellen.

Ziel:

Anpassung des Österreichischen Stabilitätspaktes 2011 an das Unionsrecht.

Inhalt /Problemlösung:

Der ÖStP 2011 ist rückwirkend mit 1.1.2011 in Kraft getreten und hat neben einer Reihe an Neuerungen u.a. eine „Rendez-vous-Klausel“ bei Änderung von EU-rechtlichen Vorgaben (Verhandlungen zur Anpassung) beinhaltet. Auf Grund der europäischen Entwicklungen im Zusammenhang mit einer verstärkten wirtschaftlichen Governance der EU-Mitgliedstaaten ergibt sich bereits 2012 die Notwendigkeit, Verhandlungen zur Anpassung des ÖStP, der bis 2014 abgeschlossen wurde, an EU-rechtliche Vorgaben zu führen und durch strengere Ziele als bisher die Umsetzung des neuen Konsolidierungspfades und damit die Erreichung eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes für ganz Österreich ab 2017 sicher zu stellen. Das Umfeld für den Abschluss des Österreichischen Stabilitätspaktes in dieser Form war ua. ein Sparpaket als gesamtstaatliche Kraftanstrengung für Reformen und stabile Finanzen.

Der neue Stabilitätspakt wird ein System von Fiskalregeln mit folgenden neuen Schwerpunkten umfassen müssen:

- Regeln über das jeweils zulässige Defizit („Schuldenbremse“ in Form des strukturelles Defizits bzw. bis 2017 des Maastricht-Defizits gemäß ESVG),

- eine Regel über das jeweils zulässige Ausgabenwachstum (Ausgabenbremse),

- eine Regel über die Rückführung des jeweiligen öffentlichen Schuldenstandes nach ESVG (Schuldenquotenanpassung).

Diese Fiskalregeln sind durch angemessene Sanktionsbestimmungen abzusichern.

Hinsichtlich der Einführung einer gesamtstaatlichen Schuldenbremse haben sich der Bund, die Länder und Gemeinden am 29.11.2011 in Salzburg auf die Einführung einer Schuldenbremse im Verfassungsrang geeinigt, die für 2017 die Erreichung des strukturellen gesamtstaatlichen Defizits von maximal 0,45 % des Bruttoinlandsprodukts vorsieht.

Für eine Verankerung einer gesamtstaatlichen Schuldenbremse in Verfassungsrang wurde bislang keine parlamentarische Mehrheit erzielt. Die Einbindung der Länder und Gemeinden über den ÖStP als Staatsvertrag nach Art. 15a des BundesVerfassungsgesetzes ist jedoch als gleichwertig in seiner Wirkung zu beurteilen.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Generell wird die Vereinbarung durch die geregelten Stabilitätsverpflichtungen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dauerhaft stabiler und gesunder öffentlicher Finanzen der österreichischen öffentlichen Haushalte und damit zur Kosteneinsparung leisten.

Im Übrigen werden bei vereinbarungsgemäßer Umsetzung durch den Österreichischen Stabilitätspakt 2012 keine quantifizierbaren Kosten verursacht. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Verpflichtungen treten die in der Vereinbarung näher geregelten Kostenfolgen ein.

Zur Vollziehung des ÖStP 2012 wird die Bundesanstalt Statistik Österreich mit der Erarbeitung von Beratungs- und Entscheidungsgrundlagen nach den Bestimmungen des Stabilitätspaktes zu beauftragen sein. Dadurch entstehen dem Bund Kosten in einer mit der Bundesanstalt Statistik Österreich noch endgültig zu verhandelnden Höhe.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Bund, Länder und Gemeinden verpflichten sich im Rahmen des ÖStP 2012 durch vereinbarte Stabilitätsbeiträge und ein gemeinsames Zusammenwirken bei ihrer Haushaltsführung dazu beizutragen, dass Attraktivität und Stabilität des Wirtschaftsstandortes, die hohe Lebensqualität und der Wohlstand in Österreich und unser hoher sozialer Standard weiterhin langfristig abgesichert werden.

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Bürger/innen vorgesehen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Mit dem ÖStP 2012 werden folgende unionsrechtliche Vorschriften umgesetzt:

- der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung (Fiskalpakt),

das sog. „Sixpack“:

-Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet;

- Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet;

- Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken;

- Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte;

- Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit;

- Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten;

- Soweit zum Unterfertigungszeitpunkt 9. Mai 2012 bereits bekannt, Vorgaben der „Verordnung über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität im Euro-Währungsgebiet betroffen oder bedroht sind“ (Teil des sog. „Two-Pack“ der Europäischen Union, Vorlage der Europäischen Kommission am 23.11.2011 (KOM[2011] 819 und 821); Einigung der Mitgliedstaaten im EcoFin Rat am 21. Februar 2012 auf eine allgemeine Ausrichtung des Rates (dok 6565/12 und 6566/12); Trilogverfahren noch nicht abgeschlossen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Abschluss dieser Vereinbarung bildet neben Art. 15a Abs. 1 B‑VG das Bundesverfassungsgesetz über die Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998 („Ermächtigungs-BVG“).

Dem Inhalt nach bindet die Vereinbarung auch Organe der Bundesgesetzgebung und bedarf daher gemäß Art. 15a Abs. 1 B‑VG der Genehmigung des Nationalrates.

Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für den Österreichischen Stabilitätspakt 2012

Der Österreichische Stabilitätspakt (ÖStP) setzt die unionsrechtlichen Regeln über die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten um und regelt die innerstaatliche Haushaltskoordinierung für die Sektoren Bund, Länder und Gemeinden. Hintergrund für den ÖStP ist die Verpflichtung Österreichs, übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden.

Der ÖStP 2011 ist rückwirkend mit 1.1.2011 in Kraft getreten und hat eine Reihe an Neuerungen gebracht: ambitionierte, realistische Stabilitätsbeiträge von Bund, Ländern und Gemeinden, Verschärfungen der Sanktionen bei Zielverfehlung, Verbesserungen der Haushaltskoordinierung und mittelfristigen Ausrichtung der Haushaltsführung, die Festlegung von autonomen Haftungsobergrenzen für Bund, Länder und Gemeinden, erhöhte Transparenz und eine „Rendez-vous-Klausel“ bei Änderung von EU-rechtlichen Vorgaben (Verhandlungen zur Anpassung).

Auf Grund der europäischen Entwicklungen im Zusammenhang mit einer verstärkten wirtschaftlichen Governance der EU-Mitgliedstaaten (so genanntes „Sixpack“ und „Two-Pack“ sowie Fiskalpakt) ergab sich bereits 2012 die Notwendigkeit, Verhandlungen zur Anpassung des ÖStP, der bis 2014 abgeschlossen wurde, an neue EU-rechtliche Vorgaben zu führen. Diese europarechtlichen Vorgaben, die mit den Ländern und Gemeinden am 29.11.2011 in Salzburg vereinbarte gesamtstaatliche Budgetkonsolidierung sowie das Stabilitätspaket als gesamtstaatliche Kraftanstrengung für Reformen und stabile Finanzen bilden die Grundlagen für einen neuen Österreichischen Stabilitätspakt. Durch strengere Ziele als bisher wird dabei die Umsetzung des neuen Konsolidierungspfades und damit die Erreichung eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes für ganz Österreich ab 2017 sicher gestellt.

Der Österreichische Stabilitätspakt ist insbesondere auch Anker für die Umsetzung einer Schuldenbremse für Bund, Länder und Gemeinden. Die Bundesregierung strebt nach wie vor an, eine gesamtstaatliche Schuldenbremse unter Einbeziehung nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder und Gemeinden zu verankern. Mit den Ländern und Gemeinden wurde am 29.11.2011 in Salzburg vereinbart:

‑       Länder und Gemeinden wirken an einer Schuldenbremse mit, um damit einen Beitrag zur Erfüllung der Vorgaben des Rechtes der Europäischen Union zu erbringen.

‑       Das gesamtstaatliche strukturelle Defizit soll den Wert von 0,45 % des nominellen Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht übersteigen.

‑       Dem Grundsatz eines ausgeglichenen Haushalts ist für Länder und Gemeinden entsprochen, wenn der Anteil von Ländern und Gemeinden am strukturellen Defizit insgesamt 0,1 % des nominellen BIP nicht übersteigt.

‑       Kontrollkonten werden für jedes Land und landesweise für die Gemeinden geführt, wobei der Schwellenwert für die Kontrollkonten der Länder und Gemeinden in den abschließenden Gesprächen am 2. Mai 2012 mit insgesamt 0,367% des nominellen BIP festgelegt wurde.

‑       die Operationalisierung der neuen Fiskalregel wird im Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP) erfolgen.

In Zukunft wird auf Grund der EU-rechtlichen Vorgaben nicht mehr allein das Maastricht Defizit, sondern zusätzlich das strukturelle Defizit im Vordergrund stehen. Auch die Rückführung der Schulden und die Ausgabenentwicklung werden stärker als bisher beachtet.

Diese und weitere Details, welche Schulden- und Ausgabenbremse auch praxisgerecht operational machen, werden in einem neuen Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP 2012) vereinbart. Zudem erfordern die unbefristete Geltung des Fiskalpaktes und der EU-rechtlichen Vorgaben einen mehrjährigen Finanzplanungshorizont und eine dauerhafte Umsetzung.

Der ÖStP bindet die Organe der Bundesgesetzgebung und erfordert daher eine Genehmigung des Nationalrates (Art. 15a Abs. 1 B-VG). In den Ländern kann die Genehmigung der Vereinbarung gemäß BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998, in den Landtagen mit einfacher Mehrheit erfolgen (Art. 2 Abs. 1 Z 3). Die Vereinbarung wird sodann rückwirkend mit 1. Jänner 2012 in Kraft treten.

Kompetenz:

Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Abschluss dieser Vereinbarung bildet das Bundesverfassungsgesetz über die Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998 („Ermächtigungs-BVG“). Dieses Bundesverfassungsgesetz ermächtigt Bund, Länder und Gemeinden, diese vertreten durch den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund, miteinander Vereinbarungen u.a. über einen Stabilitätspakt abzuschließen. Auf diese Vereinbarung sind gemäß Art. 2 des genannten Bundesverfassungsgesetzes die für Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften mit bestimmten Abweichungen anzuwenden.

Dem Inhalt nach bindet die Vereinbarung auch Organe der Bundesgesetzgebung und bedarf daher gemäß Art. 15a Abs. 1 B‑VG der Genehmigung des Nationalrates.

Zur Vollziehung des ÖStP 2012 wird die Bundesanstalt Statistik Österreich mit der Erarbeitung von Beratungs- und Entscheidungsgrundlagen nach den Bestimmungen des Stabilitätspaktes zu beauftragen sein. Dadurch entstehen dem Bund Kosten in einer mit der Bundesanstalt Statistik Österreich noch endgültig zu verhandelnden Höhe.

Im Übrigen werden bei vereinbarungsgemäßer Umsetzung durch den ÖStP 2012 keine quantifizierbaren Kosten verursacht. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Verpflichtungen treten die in der Vereinbarung näher geregelten Kostenfolgen ein.

Generell wird die Vereinbarung jedoch durch die geregelten Stabilitätsverpflichtungen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dauerhaft stabiler und gesunder öffentlicher Finanzen der österreichischen öffentlichen Haushalte und damit zur Kosteneinsparung leisten.

Verhältnis zu europarechtliche Vorschriften:

Mit dem ÖStP 2012 werden folgende unionsrechtlichen Vorschriften umgesetzt:

‑       Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung,

‑       Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet (vgl. 1725 BlgNR XXIV. GP);

‑       Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet;

‑       Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken;

‑       Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte;

‑       Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit;

‑       Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten) und der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten;

‑       Soweit zum Unterfertigungszeitpunkt 9. Mai 2012 bereits bekannt, jene Vorgaben der „Verordnung über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität im Euro-Währungsgebiet betroffen oder bedroht sind“ (Teil des sog. „Two-Pack“ der Europäischen Union, Vorlage der Europäischen Kommission am 23.11.2011 (KOM[2011] 819 und 821); Einigung der Mitgliedstaaten im EcoFin Rat am 21. Februar 2012 auf eine allgemeine Ausrichtung des Rates (dok 6565/12 und 6566/12); das Trilogverfahren ist noch nicht abgeschlossen).

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Die Vereinbarungspartner bekennen sich zur Weiterführung der Stabilitätsorientierung ihrer Haushaltsführung und achten auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften im Sinne des Artikels 13 Abs. 2 B‑VG. Sie bekennen sich dazu, eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik zu verfolgen.

Mit dem ÖStP 2012 wird auch die nachhaltige Einhaltung der Stabilitätskriterien des europäischen Rechts sichergestellt. Bund, Länder und Gemeinden stellen gemeinsam die nachhaltige Einhaltung der Kriterien über die Haushaltsdisziplin auf Basis der Artikel 121, 126 und 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere im Hinblick auf die geltenden Regeln des Sekundärrechts sicher. Sie setzen dazu die geltenden Regeln des Sekundärrechts wie insbesondere die Verordnungen zum Stabilitäts- und Wachstumspakt um und stehen im Einklang mit dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion.

Zu Artikel 2

Mit dem ÖStP 2012 werden die am 29. November 2011 zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vereinbarte Schuldenbremse umgesetzt sowie Anpassungen an die im Zuge der wirtschaftspolitischen Governance erlassenen unionsrechtlichen Vorschriften (insbesondere die Verpflichtung, die staatlichen Schulden ernsthaft und zügig unter 60 % des BIP abzubauen und die Verpflichtung, eine „Ausgabenbremse“ einzuführen) vorgenommen.

In Artikel 2 werden die Regelungen des Systems mehrfacher Fiskalregeln taxativ aufgezählt. Dieses System umfasst:

‑       eine Regel über den jeweils zulässigen Haushaltssaldo nach ESVG (Maastricht-Saldo) – Artikel 3

‑       eine Regel über den jeweils zulässigen strukturellen Saldo (Schuldenbremse) – Artikel 5

‑       eine Regel über das jeweils zulässige Ausgabenwachstum (Ausgabenbremse) – Artikel 9

‑       eine Regel über die Rückführung des jeweiligen öffentlichen Schuldenstandes nach ESVG (Schuldenquotenanpassung) – Artikel 10

‑       eine Regel über Haftungsobergrenzen – Artikel 13

‑       Regeln zur Verbesserung der Koordination der Haushaltsführung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, zur mittelfristigen Haushaltsplanung, zur gegenseitigen Information und zur Erhöhung der Transparenz der Haushaltsführung – Artikel 14 ff. und Artikel 24

‑       Regeln über Sanktionen und das Sanktionsverfahren bei Abweichungen von einer der vereinbarten Regeln – Artikel 19 ff.

Die Ausgestaltung und nähere Definition der Fiskalregeln erfolgt in den jeweiligen Bestimmungen.

Zu Artikel 3

Zur Erfüllung der Stabilitätsvorschriften wurden schon bald nach dem Beitritt zur EU jeweils parallel zum Finanzausgleich Stabilitätspakte abgeschlossen.

Das krisenbedingte höhere Defizit Österreichs führte wie bei anderen Ländern zur Einleitung eines Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits durch die EU. Der ECOFIN-Rat empfahl Österreich die geplanten Konjunkturstützungsmaßnahmen im Jahr 2010 durchzuführen, ab 2011 mit der Konsolidierung zu beginnen und im Jahr 2013 wieder ein gesamtstaatliches Ergebnis unter 3 % zu erreichen.

Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Berechnung des Maastricht-Saldos ist das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG). Der Sektor Staat umfasst nach dem ESVG 95 (Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt Nr. L 310 vom 30/11/1996 S. 0001 – 0469) alle institutionellen Einheiten, die zu den sonstigen Nichtmarktproduzenten zählen, deren Produktionswert für den Individual- und Kollektivkonsum bestimmt ist, die sich primär mit Zwangsabgaben von Einheiten anderer Sektoren finanzieren und/oder die Einkommen und Vermögen umverteilen. Zu den jeweiligen Sektoren zählen neben den Kernhaushalten ebenfalls die in der budgetären Verantwortung stehenden Einheiten.

Der Teilsektor Bund (Zentralstaat) umfasst alle zentralen öffentlichen Körperschaften, deren Zuständigkeit sich über das gesamte Wirtschaftsgebiet erstreckt, mit Ausnahme der Zentralverwaltung der Sozialversicherung. Zum Teilsektor zählen ebenfalls die vom Bund (Zentralstaat) kontrollierten Organisationen ohne Erwerbszweck, deren Zuständigkeit sich über das gesamte Wirtschaftsgebiet erstreckt.

Der Teilsektor Länder umfasst die Bundesländer, die als separate institutionelle Einheiten auf der Ebene unterhalb des Zentralstaates und oberhalb der lokalen Gebietskörperschaften (Gemeinden) staatliche Funktionen wahrnehmen, mit Ausnahme der Länderverwaltungen der Sozialversicherung. Zum Teilsektor Länder zählen die von den Ländern kontrollierten Organisationen ohne Erwerbszweck, deren Zuständigkeit auf das Wirtschaftsgebiet der Länder beschränkt ist.

Der Teilsektor Gemeinden umfasst alle öffentlichen Körperschaften, deren Zuständigkeit auf einen örtlich begrenzten Teil des Wirtschaftsgebiets beschränkt ist, mit Ausnahme lokaler Stellen der Sozialversicherung. Zum Teilsektor Gemeinden zählen die von Gemeinden kontrollierten Organisationen ohne Erwerbszweck, deren Zuständigkeit auf das Wirtschaftsgebiet der lokalen Gebietskörperschaften beschränkt ist.

Durch die in Artikel 3 für Bund, Länder und Gemeinden vorgesehenen Stabilitätsbeiträge wird sichergestellt, dass die angestrebten budgetären Ziele erreicht werden: Der Maastricht-Saldo steht bis 2016 im Vordergrund und wird in dieser Funktion 2017 vom strukturellen Saldo abgelöst.

Abs. 1 legt die ordentlichen Stabilitätsbeiträge des Bundes und der Länder für die Jahre 2012 bis 2016 in Summe fest. Für die Jahre der Geltungsdauer der Vereinbarung wird jeweils ein Maximaldefizit vereinbart. Unterschreitungen des ordentlichen jährlichen Stabilitätsbeitrages sind nur im Rahmen der in Abs. 5 genannten Voraussetzungen zulässig.

Abs. 2 legt den ordentlichen Stabilitätsbeitrag der einzelnen Bundesländer fest. Verschlechternde Abweichungen vom ordentlichen Stabilitätsbeitrag sind nur im Rahmen der in Abs. 5 genannten Voraussetzungen zulässig.

Abs. 3 legt den ordentlichen Stabilitätsbeitrag der Gemeinden fest. Vorübergehende Unterschreitungen des ordentlichen jährlichen Stabilitätsbeitrages sind nur im Rahmen der in Abs. 5 genannten Voraussetzungen zulässig. Die Anteile in der Tabelle am verringerten Stabilitätsbeitrag wurden analog zum bisherigen ÖStP 2011 mit 50 % nach der Volkszahl und 50 % nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel errechnet.

Die Einhaltung der für die jeweilige Gebietskörperschaftsebene festgelegten Stabilitätsbeiträge wird durch einen Sanktionsmechanismus (Artikel 19 ff.) abgesichert. Dabei kommen der Bundesanstalt Statistik Austria und dem Rechnungshof jeweils eine wichtige Rolle zu.

Konsolidierung nach Stabilitätsbeiträgen in % des nominellen BIP:

 

2012

2013

2014

2015

2016

Bund

-2,47

-1,75

-1,29

-0,58

-0,19

Länder

-0,54

-0,44

-0,29

-0,14

+0,01

Gemeinden

+-0,00

+-0,00

+-0,00

+-0,00

+-0,00

Summe

-3,01

-2,19

-1,58

-0,72

-0,18

 

Wie bereits in den bisherigen österreichischen Stabilitätspakten umfassen die Verpflichtungen nicht auch die Sozialversicherung, weshalb diese Werte geringfügig von denen im Österreichischen Stabilitätsprogramm, Fortschreibung für die Jahre 2011 bis 2016 (siehe Tabelle 7 auf S. 19) abweichen.

Zu Artikel 4

Mit dieser Bestimmung werden Bestimmungen im EU-Primärrecht für gesunde öffentliche Finanzen, die unionsrechtlichen Regelungen zum Stabilitäts- und Wachstumspakt und der „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ (vgl. RV 1725 BlgNR 24. GP) umgesetzt.

Gemäß Art. 2a der EU-Verordnung 1466/97 in der Fassung der Verordnung 1175/2011 setzt sich jeder Mitgliedstaat ein mittelfristiges Ziel für seinen Haushaltssaldo von „nahezu ausgeglichen oder im Überschuss“. Dieses mittelfristige Ziel dient als Sicherheitsmarge zur Vermeidung übermäßiger Defizite und berücksichtigt die Höhe der gesamtstaatlichen Schuldenquote, des langfristigen Potentialwachstums und implizite finanzielle Verbindlichkeiten (vor allem aufgrund der Bevölkerungsalterung). Als übermäßig gilt eine gesamtstaatliche Defizitquote von mehr als 3 % des Bruttoinlandsproduktes, welche die unionsweite Referenzgröße für ein übermäßiges öffentliches Defizit neben einem Schuldenstand von mehr als 60 % des Bruttoinlandsproduktes darstellt. Für die Euro-Mitgliedsstaaten soll das mittelfristige Ziel innerhalb einer Spanne, die konjunkturbereinigt und ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen zwischen einem Defizit von 1 % des BIP und einem ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt liegt, festgelegt werden.

Gemäß „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ darf das gesamtstaatliche strukturelle Haushaltsdefizit grundsätzlich 0,5 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht übersteigen. Liegt die Schuldenquote deutlich unter 60 % des Bruttoinlandsproduktes und liegen nur geringe langfristige finanzielle Risiken vor, kann die Obergrenze für das strukturelle Defizit bis zu 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

Am 29. November 2011 einigten sich Bund, Länder und Gemeinden bei der Landesfinanzreferentenkonferenz in Salzburg vor dem Hintergrund der Reformen der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU über eine Schuldenbremse für Österreich.

Mit den Ländern und Gemeinden wurde am 29.11.2011 im Rahmen der Landesfinanzreferentenkonferenz in Salzburg vor dem Hintergrund der Reformen der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU vereinbart, eine gesamtstaatliche Schuldenbremse mit folgenden Kernpunkten einzuführen:

‑       Länder und Gemeinden wirken an einer Schuldenbremse mit, um damit einen Beitrag zur Erfüllung der Vorgaben des Rechtes der Europäischen Union zu erbringen.

‑       Das gesamtstaatliche strukturelle Defizit soll den Wert von 0,45 % des nominellen BIP nicht übersteigen.

‑       Dem Grundsatz eines ausgeglichenen Haushaltes ist für den Bund entsprochen, wenn der Anteil des Bundes einschließlich der Sozialversicherung am strukturellen Defizit des Gesamtstaates 0,35 % des nominellen BIP nicht unterschreitet (Regelgrenze des Bundes für das strukturelle Defizit).

‑       Dem Grundsatz eines ausgeglichenen Haushalts ist für Länder und Gemeinden entsprochen, wenn der Anteil von Ländern und Gemeinden am strukturellen Defizit insgesamt 0,1 % des nominellen Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigt.

‑       Kontrollkonten werden für jedes Land und landesweise für die Gemeinden geführt, wobei der Schwellenwert für die Kontrollkonten der Länder und Gemeinden in den abschließenden Gesprächen am 2. Mai 2012 mit insgesamt 0,367% des nominellen BIP festgelegt wurde.

Die Operationalisierung der neuen Fiskalregel erfolgt im Österreichischen Stabilitätspakt 2012: Ab 2017 sind die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union und nach dieser Vereinbarung über den Konjunkturzyklus grundsätzlich auszugleichen oder haben im Überschuss zu sein. Diesem Grundsatz ist für den Gesamtstaat entsprochen, wenn der jährliche strukturelle Haushaltssaldo Österreichs in den Jahren ab 2017 insgesamt -0,45 % des nominellen BIP nicht unterschreitet. Die Anteile von Bund, Ländern und Gemeinden am strukturellen Saldo werden den lit. a und b des Abs. 1 geregelt (entsprechend der Salzburger Vereinbarung: 0,35 % des nominellen BIP für den Bund, 0,1 % des nominellen BIP für Länder und Gemeinden in Summe).

Abs. 2: Der Weg zum ausgeglichenen strukturellen Haushalt führt über den Haushaltssaldo nach ESVG, den Maastricht-Saldo. Bund und Länder werden ihren Maastricht-Saldo in Jahren 2012 bis 2016 schrittweise verringern – die Gemeinden haben schon bisher nach dem geltenden ÖStP 2011 einen ausgeglichenen Haushalt landesweise als Maastricht-Ziel. Der strukturelle Saldo wird allerdings auch in diesen Übergangsjahren schon Beachtung finden: Bereits jetzt verlangen die EU-Regelungen von den Mitgliedsstaaten eine jährliche Konsolidierung im Ausmaß von 0,5 % des BIP (strukturell) bis zur Erreichung eines strukturell ausgeglichenen Haushalt. Auf Basis des neuen Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (VSKS) wird die Europäische Kommission für jedes Land, also auch für Österreich, einen Anpassungspfad zur Erreichung des strukturellen Haushaltsausgleichs definieren. Österreich geht davon aus, dass der geplante Budgetpfad, der eine ambitionierte Konsolidierung vorgibt, diesen Anpassungspfad bereits vorwegnimmt. Sollte die europäische Kommission eine raschere Annäherung an die Regelgrenze für Österreich vorsehen, wird der stärkere Konsolidierungsweg zu gehen sein.

Ab dem Jahr 2017 steht jedenfalls der strukturelle Saldo im Vordergrund: Österreich wird ein gesamtstaatlich nahezu ausgeglichenes Budget als Normalfall vorlegen. Der strukturelle Saldo des Gesamtstaates wird max. -0,45 % des BIP betragen.

Auch in den Übergangsjahren bis 2017 wird der strukturelle Haushaltssaldo seinen Niederschlag finden. Bereits jetzt verlangen die Bestimmungen der EU von den Mitgliedstaaten eine Konsolidierung in der Regel von 0,5 % des Bruttoinlandsproduktes (strukturell) bis zur Erreichung seines mittelfristigen Haushaltsziels.

Abs. 3: Entsprechend Artikel 5 Abs. 1 der VO 1175/2011 sind diskretionäre Abweichungen nur zur Haushaltsverbesserung zulässig.

Abs. 4: Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können die gemäß Abs. 1 bzw. Artikel 7 zulässigen Grenzen nach Information des Koordinationskomitees für den Bund mit Beschluss des Nationalrates, für die Länder und Gemeinden mit Beschluss des jeweiligen Landtages unterschritten werden. Der jeweilige Beschluss des Nationalrats bzw. Landtags ist jedenfalls mit einem Rückführungsplan zu verbinden. Die Rückführung hat binnen eines nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union angemessenen Zeitraumes zu erfolgen.

Zu Artikel 5

Abs. 1: Der strukturelle Saldo unterscheidet sich vom Maastricht-Saldo dadurch, dass konjunkturelle Effekte und Einmalmaßnahmen neutralisiert werden. Dies ist kein grundsätzlich neues Instrument, die EU berechnet schon lange für alle Mitgliedstaaten strukturelle Haushaltssalden. Der strukturelle Haushaltssaldo ermöglicht einen Blick auf die Lage der jeweiligen Staatsfinanzen, ohne dass die Betrachtung durch die momentanen konjunkturellen Einflüsse verzerrt wird.

Ziel dieses Konzepts ist es, eine klare und transparente Einschätzung des Zustands der Staatsfinanzen zu gewinnen. Gleichzeitig – weil konjunkturelle Effekte und weil Einmalmaßnahmen neutralisiert werden – ermöglicht das Abstellen auf den strukturellen Haushaltssaldo ein Gegensteuern bei schlechter Konjunktur: Bei konjunkturbedingt geringeren Steuereinnahmen und höheren Ausgaben sind höhere administrative Salden bzw. höhere Maastricht-Salden erlaubt. In guten Konjunkturzeiten zwingt der strukturelle Saldo dann aber auch zu höherer Ausgabendisziplin: Überdurchschnittliche Steuereinnahmen können nicht für neue Ausgaben, sondern können lediglich zum Abbau des früher entstandenen Schuldenstandes eingesetzt werden.

Abs. 2 ff: Die Bundesministerin für Finanzen erstellt gemeinsam mit Ländern und Gemeinden und unter Bedachtnahme auf die einschlägigen unionsrechtlichen Regelungen und die VO gemäß BHG 2013, § 2 Abs. 4 Z 3, Richtlinien zur näheren Definition und Berechnung des strukturellen Saldos.

Bei der hierfür erforderlichen Ermittlung des öffentlichen Haushaltssaldos sind im Sinne der unionsrechtlichen Regelungen neben dem Bundeshaushalt auch all jene Rechtsträger einzubeziehen, welche dem Sektor Staat (hier: Teilsektoren Bund, Länder und Gemeinden) zuzurechnen sind.

Abweichungen des tatsächlichen strukturellen Saldos von der zulässigen Saldogrenze sind auf einem Kontrollkonto zu erfassen (Artikel 7).

Zu Artikel 6

Nach Artikel 4 beträgt der Anteil der Länder und Gemeinden am strukturellen Defizit maximal 0,1 % des nominellen BIP. Artikel 6 legt die Anteile der einzelnen Länder und Gemeinden fest, wobei die Anteile der Länder am strukturellen Defizit nach der Volkszahl nach § 9 Abs. 9 FAG 2008 verteilt werden und die Länder den Gemeinden landesweise bilateral die Möglichkeit einräumen, von dem auf das jeweilige Land entfallenden Anteil am strukturellen Defizit einen 20-prozentigen Anteil im Sinne des Mechanismus des Stabilitätspaktes zu nutzen.

Zu Artikel 7 und 8

Bund, Länder und Gemeinden haben ab dem Jahr 2017 ein Kontrollkonto betreffend den strukturellen Haushaltssaldos zu führen, wobei das Kontrollkonto für die Gemeinden (landesweise) beim jeweiligen Land geführt wird.

Auf dem Kontrollkonto sind alle Differenzen des tatsächlichen strukturellen Haushaltssaldos von der zulässigen Saldogrenze als Belastungen bzw. Gutschriften einzustellen und über die Jahre zu saldieren.

Unterschreitet das Kontrollkonto einen negativen Schwellenwert von -1,25 % (Bund) bzw. -0,367 % (Länder und Gemeinden) des nominellen Bruttoinlandsproduktes, ist dieser Wert konjunkturgerecht zurückzuführen.

Die näheren Bestimmungen zur Führung der Kontrollkonten werden im Rahmen der unter Artikel 7 Abs. 7 angeführten Richtlinien geregelt.

Zu Artikel 9

Artikel 9 definiert eine Ausgabenbremse für Bund, Länder und Gemeinden landesweise: Das jeweilige Wachstum der Ausgaben (jeweils einschließlich ausgegliederter Einheiten des Sektors Staat nach ESVG) hat im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 idF VO 1175/11 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken zu stehen. Bei der Ausgabenbremse des Artikels 9 handelt es sich um keine Ausgabenobergrenze im Sinne des Bundeshaushaltsrechtes, sondern um die Umsetzung von Unionsrecht.

Das jährliche Ausgabenwachstum liegt bis zur Erreichung des mittelfristigen Haushaltszieles unterhalb einer mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums (Potentialwachstumsrate), es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen.

Nach der Ausgabenbremse darf das jährliche Primärausgabenwachstum der Mitgliedstaaten die mittelfristige Potenzialwachstumsrate nicht übersteigen. Da es sich bei diesen Referenzwerten um Realwerte handelt, wird für die Praxis der Haushaltsführung noch eine Inflationierung erforderlich sein. Die Definition von Ausgaben richtet sich nach dem ESVG.

Solange das mittelfristige Haushaltsziel (der strukturell ausgeglichene Haushalt) nicht erreicht ist, hat das Ausgabenwachstum so unter dieser Rate zu liegen, dass eine angemessene Korrektur sichergestellt ist. In der Diskussion auf EU-Ebene wurden dafür 1 % Punkt als hinreichender Abstand genannt. Allenfalls ist ein Ausgleich durch diskretionäre Einnahmensteigerungen möglich.

Nach Erreichung des mittelfristigen Haushaltszieles geht das jährliche Ausgabenwachstum nicht über die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums hinaus, es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen.

Solange das gesamtstaatliche mittelfristige Haushaltsziel noch nicht erreicht ist, wird jede diskretionäre Senkung der Staatseinnahmen entweder durch Ausgabenkürzungen oder durch eine diskretionäre Erhöhung anderer Staatseinnahmen in gleicher Höhe oder durch beides derselben Gebietskörperschaft (Gemeinden landesweise) ausgeglichen.

Die Ausgaben beinhalten keine Zinszahlungen, keine Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und keine nicht-diskretionären Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung.

Die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums wird durch die Europäische Kommission ermittelt und im Wege des Bundesministeriums für Finanzen den Ländern und Gemeinden mitgeteilt.

Die auf Basis von Realwerten berechneten zulässigen Ausgabensteigerungen sind für die Haushaltsführung der Gebietskörperschaften mit dem BIP-Deflator anzupassen.

Die nach diesen Grundsätzen festgelegte Beschränkung des Ausgabenwachstums bezieht sich auf den Bund (einschließlich der ausgegliederten Einheiten), jedes Land (jeweils einschließlich der ausgegliederten Einheiten) sowie die Gemeinden jeweils eines Landes (jeweils einschließlich der ausgegliederten Einheiten).

Zu Artikel 10

Artikel 10 setzt die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 idF VO 1177/2011 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit um: Bund, Länder und Gemeinden werden die gesamtstaatliche Schuldenquote unter den Referenzwert von 60 % des nominellen BIP senken und darunter belassen.

Eine Überschreitung der Obergrenze für die gesamtstaatliche Schuldenquote von 60 % des nominellen BIP verpflichtet zu stärkeren Konsolidierungsanstrengungen: Die Rückführung von gesamtstaatlichen Schulden bei Werten über 60 % des nominellen BIP wird dann als ausreichend erachtet, wenn sich die Differenz zwischen 60 % und der tatsächlichen Schuldenquote über die vergangenen drei Jahre durchschnittlich um 1/20 pro Jahr verringert. Für Mitgliedstaaten, die sich (wie Österreich) in einem Verfahren wegen einem übermäßigen Defizit befinden, beinhaltet die neue Schuldenregel eine Übergangsperiode von 3 Jahren nach Beendigung des laufenden ÜD-Verfahrens. Dies allerdings nur dann, wenn die jährliche strukturelle Mindestkonsolidierung in Höhe von 0,5 % des nominellen BIP eingehalten wird.

Für Österreich bietet sich eine zum jeweiligen Schuldenstand verhältnismäßige Reduktionsverpflichtung an.

Zu Artikel 11

Artikel 11 regelt unionsrechtliche Ausnahmen von Fiskalregeln.

Zu Artikel 12

Artikel 12 dient der Umsetzung der Fiskalrahmen-Richtlinie:

Nach Artikel 9 der Fiskalrahmen-Richtlinie hat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union einen glaubwürdigen, effektiven mittelfristigen Haushaltsrahmen festzulegen, welcher einen Finanzplanungshorizont von mindestens drei Jahren vorsieht, um sicherzustellen, dass die nationale Finanzplanung einer mehrjährigen Planungsperspektive folgt.

Nach der Artikel 5 der Fiskalrahmen-Richtlinie hat jeder Mitgliedstaat über numerische Haushaltsregeln zu verfügen, die für ihn spezifisch sind und die wirksam zur Einhaltung ihrer jeweiligen aus dem AEUV im Bereich der Haushaltspolitik erwachsenden Verpflichtungen über einen Zeithorizont von mehreren Jahren durch den Staat als Ganzes beitragen. Diese Regeln haben neben der Einhaltung der Referenzwerte für das Defizit und den Schuldenstand auch einen mehrjährigen Finanzplanungshorizont einzuführen, der die mittelfristigen Haushaltsziele des Mitgliedstaates verfolgt.

Artikel 7 der Fiskalrahmen-Richtlinie schreibt schlussendlich vor, dass die jährlichen Haushaltsgesetze der Mitgliedstaaten ihren länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln Rechnung zu tragen haben.

Nach Artikel 14 der Fiskalrahmen-Richtlinie sind im Rahmen der jährlichen Haushaltsprozesse alle staatlichen Einrichtungen und Fonds, die in den regulären Haushalten auf Teilsektorenebene nicht erfasst werden, zusammen mit anderen relevanten Informationen von den Mitgliedstaaten zu identifizieren und darzustellen.

Zu Artikel 13

Eine Regelung für verbindliche Haftungsobergrenzen, die für die Bundesebene bundesgesetzlich und für die Länder und Gemeinden rechtlich verbindlich festzulegen sind, wurden bereits durch den Österreichischen Stabilitätspakt 2011 eingeführt. In Anpassung an die unionsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Artikel 14 Fiskalrahmen-Richtlinie) werden nunmehr auch für alle Teilsektoren des Staates die relevanten Informationen über Eventualverbindlichkeiten, die sich erheblich auf die öffentlichen Finanzen auswirken können, darunter Staatsbürgschaften, notleidende Darlehen und Verbindlichkeiten aus der Tätigkeit öffentlicher Körperschaften, einschließlich Angaben zu deren Umfang veröffentlicht. Die Vertragsparteien werden die „sonstigen Eventualverbindlichkeiten“ (Abs. 7) jeweils in eigener Verantwortung ausweisen.

Zu Artikel 14

Die innerösterreichische Haushaltskoordinierung wurde bereits durch den Österreichischen Stabilitätspaktes 2011 verstärkt und Verbesserungen der inhaltlichen Haushaltskoordinierung und mittelfristigen Ausrichtung der Haushaltsführung (Austausch von Daten während des Prozesses der Stabilitätsprogramm-Erstellung im Koordinationsgremium zwischen Bund, Ländern und Gemeinden; unterjähriger Soll-Ist-Vergleich der Budgetentwicklung; Standardisierung der zur mittelfristigen Haushaltsplanung bekanntzugebenden Daten; Überleitungstabelle zwischen administrativem und ESVG-Ergebnis inkl. außerbudgetärer Einheiten; Meldeverpflichtung für neue außerbudgetäre Einheiten an die Bundesanstalt Statistik Österreich) vorgenommen.

Entsprechend dem neuen System der mehrfachen Fiskalregeln des Österreichische Stabilitätspakt 2012 ist Gegenstand der Haushaltskoordinierung im Österreichischen Koordinationskomitee künftig insbesondere:

die Koordinierung, gegenseitige Information und Beschlussfassung im Zusammenhang mit den vereinbarten Fiskalregeln. Dazu gehören insbesondere

         a) die Beratung und Beschlussfassung betreffend das vereinbarte System mehrfacher             Fiskalregeln;

         b) die Beratung und Information über die Entwicklung der Haushalte, des öffentlichen Defizits             und des öffentlichen Schuldenstandes, insbesondere durch Soll-Ist-Vergleiche

                1. der Haushaltsentwicklung und der Haushaltsergebnisse

                2. der Entwicklung des strukturellen Haushaltssaldos und der Kontrollkonten sowie der                  Haushaltssalden nach ESVG (Maastricht-Salden),

                3. der Rückführung allfälliger Überschreitungen der Regelgrenzen für das strukturelle Defizit,

                4. allfälliger Überschreitungen bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen       und ihrer Rückführung,

                5. der Schuldenstände und der Schuldenstandsentwicklung,

                6. der Ausgaben und der Ausgabenentwicklung,

                7. der Haftungsstände und der Entwicklung der Haftungsstände des Bundes, der Länder und der                 Gemeinden, sowie durch

                8. Vergleiche der makroökonomischen Prognose und Haushaltsprognosen mit den aktuellsten       Prognosen der Kommission und Begründungen von Abweichungen;

         c) die jährliche Erfassung und Darstellung der Personaldaten des Bundes, der Länder und     landesweise der Gemeinden. Dafür ist jeweils das Formular Anhang 1 zu verwenden und dem    österreichischen Koordinationskomitee bis jeweils 31. August eines Jahres zu übermitteln;                 Gemeindedaten werden durch das Land zusammengefasst gemeldet;

         d) die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung, insbesondere durch wechselseitige   Information und Beratung darüber; die Erstellung und wechselseitige Übermittlung einer              Sensitivitätsanalyse;

         e) die Empfehlung von gegensteuernden Maßnahmen, wenn sich ein Abweichen von den     vereinbarten Fiskalregeln abzeichnet;

         f) die Festlegung jener Maßnahmen, die der Umsetzung von Vorgaben von Organen der        Europäischen Union zur Umsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion dienen.

Gegenstand der Haushaltskoordinierung in den Länder-Koordinationskomitees sind ebenfalls die genannten Aufgaben, sowie zudem die Festlegung von Sanktionen, wenn von Gemeinden die in dieser Vereinbarung enthaltenen Informationspflichten verletzt werden. Das Bundesministerium für Finanzen ist binnen vier Wochen über die Beratungen und Beschlüsse der Länder-Koordinationskomitees in geeigneter Form in Kenntnis zu setzen.

Bereits der ÖStP 2011 hat bei Eintritt gewisser Entwicklungen Verhandlungen der Vereinbarungspartner vorgesehen. Neben den bislang bereits vorgesehenen Anlassfällen (insb. Entfall von Abgabenerträgen auf Grund des Urteiles eines Höchstgerichtes, bei einer deutlich schlechteren Wirtschaftsentwicklung, bei Eintritt eines sonstigen außergewöhnlichen Ereignisses, das sich der Kontrolle der betreffenden Gebietskörperschaft entzieht und ihre Finanzlage erheblich beeinflusst oder bei Änderungen der ESVG-Interpretation durch Eurostat sowie bei einer EU-Empfehlung zur schnelleren Korrektur der Haushaltslage), haben Bund, Länder und Gemeinden künftig auch bei gesetzlichen Änderungen (Steuerreformen) Verhandlungen über die Reduktion oder Erhöhung der Verpflichtung der jeweils betroffenen Fiskalregel zu führen.

Zu Artikel 15

Abs. 1 legt eine Standardisierung der zur mittelfristigen Haushaltsplanung bis 31. August des jeweiligen Jahres bekanntzugebenden Daten durch den Anhang 2 zum ÖStP 2012 fest: Zur Erläuterung der Haushaltsplanung legen der Bund, die Länder und die Gemeinden landesweise Daten bzw. Grobplanungen gemäß Anhang 2 vor. Bei den Daten des Anhangs 2 handelt es sich für jene Jahre, für die noch kein Budget beschlossen wurde, um grobe Planungsdaten. Durch dieses rollierende System wird eine Vorausschau auch über die Geltung der jeweiligen Finanzausgleichs-Periode ermöglicht und dadurch ein Mehr an Finanzplanung geschaffen.

Die Datenlieferung im Rahmen der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte (Anhang 2) wurde an die zusätzlichen Fiskalregeln angepasst. Im Hinblick auf das im sog. Two-Pack, wonach bis 15. Oktober eines jeden Jahres den Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes und der budgetären Haupt-Parameter der subnationalen staatlichen Sektoren zu übermitteln sind, wurde der Anhang 2 um die entsprechenden Daten ergänzt und der Zeitpunkt für die Übermittlung der groben Planungsdaten von 30. Juni auf 31. August verschoben. Der Zeitpunkt für die Personaldatenlieferung (Anhang 1) wurde analog auf den 31. August geändert.

Nach Abs. 2 ist mittels einer Überleitungstabelle die Überleitung zwischen administrativem und ESVG-Ergebnis inkl. außerbudgetärer Einheiten darzustellen. Nicht zu erfassen sind von den Gebietskörperschaften unabhängige Einheiten wie Kammern, die Österreichische Hochschülerschaft etc.

Muster Überleitungstabelle, in Mio. Euro

 

Bundesland:

 

Jahr:

Betrag

Finanzierungssaldo gemäß VRV-Rechnungsquerschnitt für Länder

 

Plus

 

Positionen, die zusätzliche Einnahmen oder keine Ausgaben laut ESVG sind soweit nicht ohnedies bereits im Finanzierungssaldo gemäß VRV berücksichtigt (Summe)

 

Minus

 

Positionen, die zusätzliche Ausgaben oder keine Einnahmen laut ESVG sind soweit nicht ohnedies bereits im Finanzierungssaldo gemäß VRV berücksichtigt (Summe)

 

 

 

ergibt Finanzierungssaldo laut ESVG 95 (Gebietskörperschaft)

 

plus

 

Finanzierungssaldo laut ESVG für Immobiliengesellschaften

 

und außerbudgetäre Einheiten soweit sie dem Sektor Staat zuzurechnen sind und auch dem Verantwortungsbereich der jeweiligen Gebietskörperschaft zugerechnet werden können

 

plus/minus

 

Veränderung Schuldenstand von (ausgegliederten) Krankenanstaltengesellschaften

 

 

 

 

 

Finanzierungssaldo laut ESVG - Land

 

 

Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Beschlussfassung über die jährlichen Haushaltsvoranschläge die vereinbarten Fiskalregeln einzuhalten, etwaige Abweichungen von der festgelegten mittelfristigen Planung sind zu erläutern.

Zu Artikel 16

Abs. 1: Seit dem Österreichischen Stabilitätspakt 2011 findet bereits zur Vorbereitung des österreichischen Stabilitätsprogrammes ein Datenaustausch zwischen den Vereinbarungspartnern statt: Das Österreichische Koordinationskomitee ist jeweils im April eines Jahres einzuberufen und hat zur Vorbereitung des Österreichischen Stabilitätsprogramms erforderliche und verfügbare Daten gegenseitig austauschen. Diese Form der Koordinierung wird auch im ÖStP 2012 beibehalten.

Abs. 2: Da das Two-Pack zusätzliche Berichtspflichten der Mitgliedstaaten vorsieht, wird in Abs. 2 festgehalten, dass der Bund zuständig ist, die gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Haushaltsdisziplin von Österreich verlangten Meldungen, Stellungnahmen und Berichte abzugeben.

Zu Artikel 17

Das sanktionierte Informationssystem wurde weiter ergänzt und umfasst nunmehr auch die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung nach dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung, dem Sixpack (Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet; Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet; Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken; Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte; Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit; Richtlinie 2011/85/Eudes Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten) sowie der Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten.

Zu Artikel 18

Die Ermittlung der Haushaltssalden gemäß ESVG (Maastricht-Salden), der strukturellen Haushaltssalden auf Basis des Haushaltsergebnisses nach ESVG, des Ausgabenwachstums, der Schuldenstände, der Haftungsstände und allfälliger sonstiger Eventualverbindlichkeiten erfolgt durch die Bundesanstalt Statistik Österreich. Sie erstattet darüber bis jeweils Ende September eines Jahres einen Bericht an das Österreichische Koordinationskomitee und an den Rechnungshof.

Die Bundesanstalt Statistik Österreich nimmt mit den Vertragsparteien sowie der Gemeindeaufsicht bis Mitte Juli eines Jahres Kontakt auf, um nach formeller und inhaltlicher Prüfung der eingelangten Daten bis dahin offene Fragen zu klären. Ziel dieser Kontaktaufnahme ist es, die Daten und Ergebnisse einvernehmlich derart zu klären, dass keine offenen Fragen bleiben und sowohl aus Sicht der Bundesanstalt Statistik Österreich als auch der betroffenen Vertragspartei die Daten und die auf den Daten basierenden Ergebnisse für beide unstrittig sind. Sollte eine einvernehmliche Klärung nicht zu Stande kommen, können die Vertragsparteien und die Gemeindeaufsicht Stellungnahmen zu den offenen Fragen abgeben. Wird seitens der Bundesanstalt Statistik Österreich eine andere Ansicht vertreten, sind die offenen Fragen mit den Argumenten der betroffenen Vertragspartei im Bericht der Bundesanstalt Statistik Österreich dezidiert anzuführen und hat die Bundesanstalt Statistik Österreich ihre gegenteilige Ansicht zu begründen.

Ergibt sich aus diesem Bericht, dass ein sanktionsrelevanter Sachverhalt vorliegt, erstattet der Rechnungshof automatisch ein Gutachten darüber. Bei der Prüfung ob ein sanktionsrelevanter Sachverhalt vorliegt, sind von der Bundesanstalt Statistik Österreich insbesondere auch die Bestimmungen des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 zu beachten. Die erforderlichen Unterlagen werden dem Rechnungshof von der Bundesanstalt Statistik Österreich zur Verfügung gestellt. Zudem steht dem Rechnungshof für die Erstellung des Gutachtens ein Einsichtsrecht in alle erforderlichen Daten, Unterlagen und Verträge usw. der Gebietskörperschaften und bei den in ihrem Einfluss stehenden Rechtsträgern zu.

Für die Ermittlung der Haushaltsergebnisse gemäß ESVG (Maastricht-Salden), der strukturellen Haushaltssalden, des Ausgabenwachstums und der Schuldenstände werden die Auslegungsregeln des ESVG zugrunde gelegt. Haushaltsergebnisse der Kammern sind den Gebietskörperschaften nicht zuzurechnen.

Der Ermittlung des tatsächlichen Konjunktureffekts des vorangegangenen Finanzjahres sind das von der Bundesanstalt Statistik Österreich ermittelte Bruttoinlandsprodukt und die Schätzung des potentiellen Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Kommission für das vorangegangene Finanzjahr zugrunde zu legen. Es können jedoch auch die von einer unabhängigen wissenschaftlichen Institution ermittelten Werte herangezogen werden, sofern diese gegenüber dem von der Europäischen Kommission ermittelten Wert aktueller sind und die Anwendung der von der Europäischen Kommission verwendeten Berechnungsmethode sichergestellt ist. Das Bundesministerium für Finanzen hat der Bundesanstalt Statistik Österreich die bei der Ermittlung zu verwendenden Werte für die Budgetsensibilität bekannt zu geben.

Nachträgliche Änderungen von bereits festgestellten früheren Haushaltergebnissen gemäß ESVG durch Änderungen des ESVG oder seiner Interpretation führen nach Erstattung des Berichts Ende September zu keinem sanktionsrelevanten Sachverhalt.

Zu Artikel 19ff.

Der Sanktionsmechanismus wurde weiter verschärft: Bei Verstößen gegen die Defizitvorgaben werden Sanktionen in Form eines mehrstufigen Verfahrens nach EU-Vorbild schlagend. Verbessernde Maßnahmen müssen unverzüglich gesetzt und wenn diese Maßnahmen nicht greifen werden Sanktionen verhängt. Sollten in einem Verfahren der EU kürzere Fristen gestellt werden, ist diese kürzere Frist automatisch vereinbart. Der Rechnungshof wird einen Bericht über etwaige sanktionsrelevante Sachverhalte verfassen und hat die betroffene Vertragspartei nach einer Aufforderung durch das Schlichtungsgremium binnen 2 Monaten Maßnahmen bekannt zu geben und diese umgehend umzusetzen. Werden keine entsprechenden Maßnahmen vorgelegt, bzw. nicht umgesetzt kann vom Schlichtungsgremium einvernehmlich ein Sanktionsbeitrag verhängt werden.

Das Anwesenheitsquorum für die Beschlussfähigkeit des Schlichtungsgremiums wurde (von drei) auf fünf Mitglieder erhöht, da auch die Zahl der Mitglieder um zwei erhöht wurde. Das verringerte Quorum bei Nichterreichen der Beschlussfähigkeit bleibt bei zwei Mitgliedern.

Ist jene Vertragspartei, die nach der Entscheidung des Schlichtungsgremiums einen Sanktionsbeitrag zu leisten hätte der Ansicht, dass kein Sachverhalt vorliege, der eine Sanktion rechtfertige, dann kann sie darüber ein Schiedsgericht anrufen.

Die Zusammensetzung und die Beschlussfassung im Schiedsgericht richtet sich nach den Bestimmungen des BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998: Die Mitglieder sind Vertreter der Gebietskörperschaften, Beschlüsse werden einvernehmlich gefasst. Die Geschäftsordnung des Schiedsgerichts wird vom Österreichischen Koordinationskomitee zu beschließen sein. In den Beratungen zum ÖStP wurde dazu diskutiert:

‑       Das Schiedsgericht besteht aus drei Mitgliedern, die wie folgt ermittelt werden:

‑       Ein Schiedsrichter wird von jener Vertragspartei nominiert, die einen Sanktionsbeitrag zu leisten hätte.

‑       Ist die Vertragspartei, die einen Sanktionsbeitrag zu leisten hätte, ein Bundesland oder eine von Städtebund oder Gemeindebund vertretene Gebietskörperschaft, nominiert der Bund den zweiten Schiedsrichter.

‑       Ist der Bund die Vertragspartei, die einen Sanktionsbeitrag zu leisten hätte, nominieren die Länder, der Städtebund und der Gemeindebund einvernehmlich einen Schiedsrichter.

‑       Die beiden nominierten Schiedsrichter haben sich auf einen dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden des Schiedsgerichtes zu einigen.

‑       Einigen sich die beiden Schiedsrichter nicht, so könnte der dritte (vorsitzführende) Schiedsrichter von einem damit beauftragten unabhängigen Organ, beispielsweise vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, nominiert werden. Ebenso könnte dieser Dritte einen Schiedsrichter nominieren, falls sich die Länder, der Städtebund und der Gemeindebund auf keinen Schiedsrichter einigen können.

Für Länder und Gemeinden kommt es dann zu keiner Sanktion, sofern vereinbarungswidrige Abweichungen von Fiskalregeln durch Übererfüllung anderer Länder und Gemeinden abgedeckt werden, sofern über diese noch nicht durch schriftliche Vereinbarung verfügt wurde und sie nicht zur Dotierung des Kontrollkontos bestimmt wurde (keine Doppelverwendung).

Weitere Ausnahmen vom Sanktionsmechanismus gibt es unter den in Art. 20 Abs. 4 genannten Voraussetzungen für öffentliche Investitionen nach ESVG sowie im Fall von Abgabenausfällen nach Artikel 23.

Zu Artikel 25

Transparenz im Zusammenhang mit öffentlichen Haushalten entwickelt sich zu einem international gültigen Standard und wird auch in der europäischen Reformdiskussion entsprechend stark betont. Dort wird insbesondere darauf hingewiesen, dass ein für die Qualität der Finanzdaten wesentlicher Faktor die Transparenz ist und Transparenz erfordert, dass regelmäßig entsprechende Daten öffentlich verfügbar gemacht werden.

Auch für die internationale Akzeptanz der österreich-internen Haushaltskoordinierung ist daher ein hoher Grad an Offenheit und Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem ÖStP erforderlich.

Durch Publikation wesentlicher Beschlüsse und Berichte auf Basis des ÖStP auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen wird dem Gedanken einer entsprechenden Transparenz im Zusammenhang mit öffentlichen Haushaltsdaten Rechnung getragen.

Die Kundmachung von Rechnungshofgutachten erfolgt gemeinsam mit allfälligen Stellungnahmen von Gebietskörperschaften. Einer Veröffentlichung nach Artikel 25 des ÖStP unterliegen lediglich das Gutachten des Rechnungshofes sowie eine allfällige Stellungnahme der betroffenen Gebietskörperschaft in ungekürzter Form. Von einer Veröffentlichung des Anhangs 1 sind die Spalten der Postengliederung und der durchschnittlichen Pensionshöhe nicht umfasst.

Zu Artikel 26 f.

Der ÖStP 2012 wird von den Parlamenten des Bundes und der Länder beschlossen und rückwirkend mit 1.1.2012 in Kraft treten.

Zu Artikel 28

Entscheidend ist auch die grundsätzlich unbefristete Gültigkeit des neuen Stabilitätspaktes. Dadurch wird die Schuldenbremse in einem innerösterreichischen Staatsvertrag dauerhaft umgesetzt. Damit sich Länder und Gemeinden zu den neuen und strengeren Regeln bekennen konnten, ist ein Außerkrafttreten für den Fall vorgesehen, dass das Finanzausgleichsgesetz sowie die Vereinbarungen über die Gesundheitsfinanzierung (Art. 15a B VG-Vereinbarung), oder die Pflegefinanzierung (Pflegefondsgesetz), oder die 24-Stunden-Pflege (Art. 15a B VG-Vereinbarung) – entgegen den bisherigen Gepflogenheiten – ohne Paktierung mit den Finanzausgleichspartnern geregelt werden oder ohne Nachfolgeregelung auslaufen oder zum finanziellen Nachteil der Länder und/oder Gemeinden ohne deren Akzeptanz verändert werden.