Vorblatt

Problem

Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode ist eine Evaluierung des Wettbewerbsrechts vorgesehen. Auf dieser Grundlage hat auch der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen in seiner Studie zur „Zukunft der Wettbewerbspolitik in Österreich“ eine Reihe von Reformanliegen formuliert, die im Kartellgesetz und im Wettbewerbsgesetz umzusetzen wären.

Ziele und Inhalt des Entwurfs

Ziel des Entwurfs ist die Stärkung der Effizienz der Vollziehung des Kartellrechts und eine Stärkung der Befugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde nach dem Vorbild der Europäischen Kommission. Die Bekämpfung von Marktmachtmissbrauch und Kartellen hat nicht nur einen volkswirtschaftlichen Nutzen, sondern unterstützt auch die Bemühungen der Bundesregierung zur Steigerung von Transparenz und Verbesserung der Bekämpfung von Korruption.

Alternativen

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Eine finanzielle Mehrbelastung des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften ist in Summe nicht zu erwarten. Da es sich bei den angehobenen Gebühren nach § 50 Kartellgesetz lediglich um Höchstsätze für Rahmengebühren handelt und sich die Anzahl der Verfahren vor dem Kartellgericht in Grenzen hält, ist mit nennenswerten Mehreinnahmen aus der Gebührenerhöhung nicht zu rechnen. Durch die Schaffung des neuen Missbrauchstatbestandes gegen Energieversorgungsunternehmer kann es aufgrund zusätzlich zu untersuchender Fälle ebenso zu Mehraufwendungen für den Bund kommen. Diese Mehraufwendungen werden jedoch einerseits durch die Beweiserleichterungen, die die Verfahrensführung für die Behörden vereinfachen, und die Stärkung der Ermittlungsbefugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde und andererseits durch erhöhte Mehreinnahmen durch Geldbußen aufgrund der effektiveren Vollziehung neutralisiert.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben. Funktionierender Wettbewerb ist aber eine wesentliche Voraussetzung für Innovation und Investitionen und führt langfristig zu Wohlfahrtsgewinnen. Die Sonderbestimmung über den Missbrauch der Marktmacht für Energieversorgungsunternehmer soll den Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten stärken und Preismissbräuche verhindern, wovon insbesondere auch Unternehmen profitieren.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger und für Unternehmen:

Für Bürger oder Unternehmen werden keine sie belastenden Informationsverpflichtungen geschaffen.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen haben keine unmittelbaren Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht. Funktionierender Wettbewerb führt aber zu einem größeren Angebot an Waren und Dienstleistungen, einer Steigerung der Qualität dieses Angebots und zu niedrigeren Preisen. Von einer Hintanhaltung von Preismissbräuchen im Energiebereich profitieren auch die Konsumenten.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Keine.

Aspekte der Deregulierung

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Österreich ist zur Angleichung des innerstaatlichen Kartellrechts an das Unionsrecht nicht verpflichtet. Soweit der Gesetzentwurf einige Annäherungen des nationalen Rechts an das EU-Wettbewerbsrecht vornimmt, wird sich dies jedoch positiv auf das Zusammenwirken der beiden Rechtsordnungen auswirken.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen), Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivil- und Strafrechtswesen) und auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (Kartellrecht, Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes).


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hintergrund und Vorarbeiten

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht eine Evaluierung des Wettbewerbsrechts vor. Diese Bewertung haben das BMWFJ und das BMJ unter Beteiligung von Bundeswettbewerbsbehörde, Bundeskartellanwalt, Kartellgericht, Rechtsanwälten und Sozialpartnern im Verlauf des Jahres 2011 durchgeführt.

Zuvor hat der von den Sozialpartnern eingerichtete Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen  in einer Enquete am 3. November 2010 seine Studie „Zukunft der Wettbewerbspolitik in Österreich“ einer interessierten Öffentlichkeit und den Justizsprechern des Nationalrats präsentiert. Die Studie enthält neben Wünschen zur Berücksichtigung der Wettbewerbspolitik in zukünftigen Regierungsprogrammen und einem Bekenntnis zur Beibehaltung der Behördenstruktur im Kartellrechtsvollzug eine Reihe von Reformanliegen, die im Kartellgesetz und im Wettbewerbsgesetz umzusetzen wären.

Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten haben BMJ und BMWFJ Reformvorschläge entwickelt und mit den beteiligten Institutionen in einer Arbeitsgruppe diskutiert. Als Ergebnis dieser Beratungen haben beide Ressorts Entwürfe einer Kartellgesetz-Novelle 2012, einer Wettbewerbsgesetz-Novelle 2012 und einer Änderung des Nahversorgungsgesetzes zur allgemeinen Begutachtung versandt. Die Entwürfe sind auf reges Interesse und überwiegende Zustimmung gestoßen.

Inhalte

Der vorliegende Entwurf enthält Änderungen des Kartellgesetzes 2005, des Wettbewerbsgesetzes und des Bundesgesetzes gegen Unlauteren Wettbewerb 1984. Die im Ministerialentwurf für eine Änderung des Nahversorgungsgesetzes vorgeschlagenen Bestimmungen sind in das Kartellgesetz eingearbeitet worden.

Änderungen des Kartellgesetzes 2005

Für das Kartellgesetz werden folgende Änderungen vorgeschlagen:

1.      Die österreichische Bagatellausnahme soll insbesondere durch eine Gegenausnahme für Hardcorekartelle den EU-rechtlichen Regelungen angeglichen werden;

2.      die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmen soll durch die Übernahme des Konzepts der gemeinsamen Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 2 des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (im Folgenden: dGWB) sowie geänderte Formulierungen zum Preismissbrauch gestärkt werden;

3.      die Schaffung einer an § 29 dGWB angelehnten Sonderbestimmung über den Missbrauch der Marktmacht für Energieversorgungsunternehmer soll den Wettbewerb auf den durch eine hohe Konzentration gekennzeichneten Strom- und Gasmärkten forcieren und insbesondere den Preismissbrauch verhindern. Anbietern von Elektrizität und leitungsgebundenem Erdgas soll es verboten werden, Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmer oder von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten. Der Unternehmer hat aber die Möglichkeit, zu beweisen, dass die Abweichung sachlich gerechtfertigt ist. Weiters wird ein Verbot der Forderung von Entgelten, die die Kosten in unangemessener Weise überschreiten, vorgesehen. Die Bestimmung ist mit 31. Dezember 2016 befristet;

4.      für das Zusammenschlusskontrollverfahren wird die Möglichkeit eingeführt, die Fristen für die Stellung des Prüfungsantrags und die Entscheidung des Kartellgerichts über Antrag der Anmelder zu verlängern („Stop-the-clock-Verfahren“);

5.      Feststellungsanträge sollen sowohl gegen Kronzeugen als auch zur Vorbereitung von Schadenersatzklagen zugelassen werden;

6.      die Kriterien für die Geldbußenbemessung sollen anhand der Bußgeldleitlinien der Kommission ergänzt werden;

7.      die Verteidigungsrechte im Bußgeldverfahren sollen durch besondere Anforderungen an Geldbußenanträge ausgebaut werden;

8.      Entscheidungen des Kartellgerichts sollen in Zukunft von Amts wegen und ohne Kostenersatz in der Ediktsdatei veröffentlicht werden;

9.      für Schadenersatzklagen sollen Erleichterungen nach Vorbild des dGWB eingeführt werden;

10.    die Gebühren für Kartellverfahren sollen valorisiert und komplettiert werden.

Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Reihe von redaktionellen Verbesserungen. So dient er etwa der Anpassung der Verweise an das Primärrecht der Europäischen Union: Art. 2 des Vertrages von Lissabon hat den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) umbenannt und die bisherigen Artikel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft umnummeriert. Ferner werden einige zwischenzeitig gegenstandslos gewordene Bestimmungen aufgehoben und nicht mehr zutreffende Verweise richtig gestellt. Einige Änderungsvorschläge des Entwurfs nehmen unmittelbar Bezug auf die vorgeschlagenen Änderungen des Wettbewerbsgesetzes.

Änderungen des Wettbewerbsgesetzes

Im Sinne des aktuellen Regierungsprogramms sollen die Befugnisse der BWB gestärkt werden. Die Erlangung von Auskünften von Unternehmen soll für die BWB einfacher werden, indem sie ermächtigt wird, die Erteilung von Auskünften und die Vorlage von Unterlagen unter Anwendung des AVG mit Bescheid anzuordnen und diesen auch zu vollstrecken. Die Verweigerung von Auskünften bzw. die Erteilung unrichtiger, irreführender oder unvollständiger Auskünfte entgegen einem Bescheid der BWB (§ 11a Abs. 3) sowie unrichtige oder irreführende Angaben aufgrund eines einfachen Auskunftsverlangens ohne Bescheid (§ 11a Abs. 2) werden künftig von der BWB selbst zu verfolgende Verwaltungsübertretungen darstellen.

Um eine Übermittlung von Daten im Zuge von Ermittlungen  - z.B. des Bundesamtes für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung - betreffend Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht an die BWB zu ermöglichen, wird eine an § 76 Abs. 4 StPO angelehnte Bestimmung in das Wettbewerbsgesetz aufgenommen. Außerdem wird klargestellt, dass auch die Sicherstellung von IT-Daten durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer Hilfeleistung bei Hausdurchsuchungen zulässig ist.

Eine weitere Angleichung der Befugnisse der BWB an jene der Europäischen Kommission nach Verordnung (EG) Nr. 1/2003 bringen folgende Bestimmungen: Das Auskunftsrecht der BWB gegenüber Unternehmen im Rahmen von Hausdurchsuchungen wird insofern ausgeweitet, als diese nun auch Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen verlangen kann, die mit dem Gegenstand und dem Zweck der Ermittlungen in Zusammenhang stehen, und sie nicht – wie bisher - auf Auskünfte betreffend den Aufbewahrungsort und den Inhalt von Dokumenten beschränkt bleibt. Außerdem wird die BWB künftig die Möglichkeit haben, Geschäftsräume und Unterlagen im Rahmen einer Hausdurchsuchung zu versiegeln, was insbesondere bei Hausdurchsuchungen, die länger als einen Tag dauern, zur Sicherung der Ermittlungsergebnisse von Bedeutung ist. Auch eine Beschlagnahme von Unterlagen ist vorgesehen.

Zudem soll eine Angleichung an das Kronzeugenregelungsmodell des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden (ECN) vorgenommen werden.

Weiters soll auch die Möglichkeit eines Wettbewerbsmonitorings gesetzlich verankert werden.

Änderung im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb 1984

Hier erfolgt eine Adaptierung aufgrund des Urteils des EuGH vom 9. November 2010 in der Rechtssache C-540/08.

Finanzielle Auswirkungen

Eine finanzielle Mehrbelastung des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften ist in Summe nicht zu erwarten. Da es sich bei den angehobenen Gebühren nach § 50 Kartellgesetz lediglich um Höchstsätze für Rahmengebühren handelt und sich die Anzahl der Verfahren vor dem Kartellgericht in Grenzen hält, ist mit nennenswerten Mehreinnahmen aus der Gebührenerhöhung nicht zu rechnen. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Verordnungen im Bereich des Agrarrechts und durch das neue Wettbewerbsmonitoring ergeben sich zusätzliche Aufgaben der Bundeswettbewerbsbehörde. Durch die Schaffung des neuen Missbrauchstatbestandes gegen Energieversorgungsunternehmer kann es aufgrund zusätzlich zu untersuchender Fälle ebenso zu Mehraufwendungen für den Bund kommen. Diese Mehraufwendungen werden jedoch einerseits durch die Beweiserleichterungen, die die Verfahrensführung für die Behörden vereinfachen, und die Stärkung der Ermittlungsbefugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde und andererseits durch erhöhte Mehreinnahmen durch Geldbußen aufgrund der effektiveren Vollziehung neutralisiert.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der EU

Österreich ist zur Angleichung des innerstaatlichen Kartellrechts an das Unionsrecht nicht verpflichtet; soweit der Gesetzentwurf dennoch einige Annäherungen des nationalen Rechts an das EU-Wettbewerbsrecht vornimmt, wird sich dies positiv auf das Zusammenwirken der beiden Rechtsordnungen auswirken.


Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Kartellgesetzes 2005)

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Das Inhaltsverzeichnis wird um die Bestimmung über die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Energieunternehmer und den Abschnitt über Schadenersatz wegen Wettbewerbsverstößen ergänzt und in die dafür im E-Recht vorgesehene Formatvorlage übertragen.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 2 Z 1):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll die österreichische Bagatellausnahme den De-Minimis-Ausnahmen des Unionsrechts angepasst werden, um den parallelen Vollzug des Wettbewerbsrechts der EU und des nationalen Kartellrechts zu erleichtern und eine Gleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte sicher zu stellen. Der Entwurf schlägt daher vor, auf die Berücksichtigung eines inländischen (Teil-)Marktes zu verzichten und stattdessen auf die Marktanteile der De-Minimis-Bekanntmachung der Kommission (2001/C 368/07), differenziert nach horizontalen und vertikalen Kartellen, abzustellen. Ferner wird eine Anpassung an die Wertungen der Bagatellregelungen auf Unionsebene durch eine Gegenausnahme für Kernbeschränkungen vorgeschlagen.

Die Neuregelung der Bagatellausnahme hat im Begutachtungsverfahren zu Besorgnis über die kartellrechtliche Beurteilung von Arbeitsgemeinschaften insbesondere in der Form von Bietergemeinschaften in Vergabeverfahren geführt und Anlass zur Forderung nach einer Gruppenfreistellungsverordnung gemäß § 3 KartG gegeben. Einer nationalen Gruppenfreistellungsverordnung für Bietergemeinschaften steht aber zum einen entgegen, dass eine solche Regelung wegen des Vorrangs des Unionskartellrechts wenig sinnvoll wäre. Andererseits setzt eine Freistellungsverordnung eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung voraus. Eine solche liegt in der Regel bei Arbeitsgemeinschaften nicht vor, da es den Teilnehmern darum geht, durch die Gemeinschaft einen Marktauftritt überhaupt erst zu ermöglichen. In den Fällen einer fehlenden individuellen Marktfähigkeit der Arbeitsgemeinschaftspartner unterliegt die Gemeinschaft nicht dem Kartellverbot, weil sie wettbewerbserschließend und nicht wettbewerbsbeschränkend ist. Dabei werden an das Kriterium der mangelnden Marktfähigkeit keine allzu strengen Maßstäbe zu legen sein. Für die kartellrechtliche Zulässigkeit der Bietergemeinschaft wird es in diesem Sinn ausreichen, wenn sich die unternehmerische Entscheidung gegen die Alleinbewerbung als objektiv nachvollziehbar erweist, wobei ein gewisser unternehmerischer Beurteilungsspielraum besteht (Wollmann, Arbeitsgemeinschaften und Kartellrecht, bau aktuell, S 8 [10] mwN).

Auf europäischer Ebene bietet bereits die Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen [Verordnung (EU) Nr. 1218/2010, ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 43] gewisse Orientierungshilfen, da sie auch Vereinbarungen über die gemeinsame Produktion, worunter nach der Verordnung auch die Erbringung von Dienstleistungen zu verstehen ist, vom Verbot des Art. 101 AEUV ausnimmt. Damit sollte eine mit Augenmaß praktizierte Anwendung des Legalausnahmentatbestands nach § 2 Abs. 1 KartG genügen, um zu wettbewerblich angemessenen und auch praktikablen Lösungen zu gelangen (Wollmann, aaO, S 15).

Der Entwurf sieht in § 4 WettbG eine Erweiterung des Begriffs der europäischen Wettbewerbsregeln um die aufgrund von Art. 42 und 43 AEUV für den Bereich der Landwirtschaft erlassenen Wettbewerbsregeln vor. Anlass hiefür ist die Annahme der Verordnung (EU) Nr. 261/2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates im Hinblick auf Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse. Diese Verordnung enthält eine über die allgemeine Ausnahme für landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe nach der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinausgehende Ausnahme vom Kartellverbot. In Hinblick darauf, dass allfällige durch Verordnung der Europäischen Union normierte Beschränkungen des nationalen Kartellverbots ohnedies unmittelbar anwendbar sind, erübrigt sich aber eine Ergänzung des § 2 Abs. 2 Z 5, der die allgemeine Ausnahme für landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe in den Anwendungsbereich des nationalen Kartellrechts übernimmt.

Zu Z 3 (§ 2 Abs. 2 Z 4):

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 107/2010 wurde die Sonderbestimmung für Kreditinstitutsgruppen in § 30 Abs. 2a BWG aufgehoben; § 2 Abs. 2 Z 4 ist damit gegenstandslos geworden.

Zu 4 (§ 3 Abs. 1):

Art. 2 des Vertrages von Lissabon hat den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) umbenannt und die bisherigen Artikel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft umnummeriert. Die Änderung dient der redaktionellen Anpassung an den AEUV.

Zu Z 5, 7 und 8 (§ 4 Abs. 1a und 2a, § 5 Abs. 1 Z 1):

Der Beirat für Wirtschaft- und Sozialfragen hat in seiner Studie auch eine verstärkte Aufsicht gegen Marktmachtmissbrauch gefordert und dabei insbesondere den Preismissbrauch sowie Instrumente der Beweislastumkehr angesprochen.

Der Entwurf greift in § 4 KartG diese Anregungen zunächst mit der Übernahme des Konzeptes der gemeinsamen Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 2 dGWB und der damit verbundenen Beweislastumkehr nach § 19 Abs. 3 dGWB auf. In der aktuellen Anwendung des Kartellrechts werden Fälle von kollektiver Marktbeherrschung (collective dominance) immer häufiger relevant, beispielsweise im Bereich der Mineralölwirtschaft. Darüber hinaus schlägt der Entwurf vor, die Formulierungen für den Preis- und Konditionenmissbrauch in § 5 Abs. 1 Z 1 dem Text des § 19 Abs. 4 Z 2 dGWB anzupassen.

Im Begutachtungsverfahren haben einige Stellungnahmen unter Berufung auf deutsche Quellen verlangt, den Anwendungsbereich der neuen Vermutungstatbestände auf Abstellungsverfahren zu beschränken. Die Reichweite der Vermutungstatbestände für die Marktbeherrschung betrifft aber eine Frage, die sich schon zum geltenden Recht stellt und auch im deutschen GWB nicht ausdrücklich geregelt ist. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bedürfte daher noch weiterführender Prüfung. Der vorliegende Entwurf greift aber diese Einwände insofern auf, als statt der eine formelle Beweislast der Oligopolisten normierenden Wendung des dGWB („es sei denn, die Unternehmer weisen nach“) die Formulierung des geltenden § 4 Abs. 2 KartG („dann trifft ihn die Beweislast“) verwendet wird.

Zu Z 6 (§ 4 Abs. 2):

In der Praxis bereitet das Abstellen auf einen „inländischen Markt“ Probleme; § 4 Abs. 2 wird kritisiert, weil er einen „künstlichen Marktbegriff“ einführe. Der Entwurf schlägt daher - wie schon für die Neuregelung der Bagatellkartellausnahme - vor, auf das Kriterium des „inländischen“ Marktes zu verzichten, sodass es allein auf den „relevanten“ Markt ankommt.

Zu Z 9 (§ 5a):

Der Strom- und Gasmarkt ist in weiten Teilen durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet. Die Branchenuntersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde hat ergeben, dass insbesondere die Märkte zur Belieferung von Kleinkunden (Haushalte und Gewerbe) räumlich auf das Netzgebiet des lokalen Versorgers eingeschränkt sind. Die Endverbraucherpreise sind in den einzelnen Versorgungsgebieten sehr unterschiedlich, ohne dass dies nachvollziehbar wäre.

Der bestehende Wettbewerbsdruck reicht nicht aus, um signifikante Preiserhöhungen durch die Marktbeherrscher zu verhindern. Somit können auch nicht-wettbewerbskonforme Einkaufsstrategien oder allgemein Kostenstrukturen über Preiserhöhungen zu Gewinnen führen. Der (unzureichende) Wettbewerb sorgt dadurch nicht für eine effiziente Mittelverwendung, weshalb diese in einer ex-post Überprüfung sicher zu stellen ist.

In einem wettbewerblichen Umfeld würden höhere Kosten für die Bereitstellung eines derart homogenen Produktes wie Strom und Gas rasch niedrigere Renditen zur Folge haben, da der Verkaufspreis nur unwesentlich von jenem der günstigsten vergleichbaren Unternehmen abweichen könnte.

§ 5a sieht daher ein Verbot für marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmer vor, Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmer oder von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten. Der Unternehmer hat aber die Möglichkeit, zu beweisen, dass die Abweichung sachlich gerechtfertigt ist. Weiters wird ein Verbot der Forderung von Entgelten, die die Kosten in unangemessener Weise überschreiten, vorgesehen. Damit wird das generelle Missbrauchsverbot des § 5 konkretisiert.

Der Nachweis eines Marktmachtmissbrauchs durch einzelne Versorger ist im Strom- aber auch im Gasbereich besonders schwierig, da die Beschaffungszeiträume für Versorger am Großhandelsmarkt sehr lang und die Preisvolatilitäten sehr hoch sind. Es ist daher sowohl schwer zwischen legitimen Strategien des Risikomanagements und verfehlten Einkaufsstrategien als auch zwischen dem Risiko angemessenen Renditen und unangemessenen Renditen zu unterscheiden. Eine solche Sonderbestimmung wie der vorgeschlagene § 5a kann nur einen engen Geltungsbereich haben, und erscheint im leitungsgebundenen Energiebereich, welcher zu den regulierten Sektoren gehört, aufgrund der beschriebenen besonderen Situation als sachlich gerechtfertigt.

Im Fall von Preisunterschieden auf vergleichbaren Märkten ist daher eine erhöhte Mitwirkungspflicht betreffend die sachliche Rechtfertigung der geforderten Entgelte oder sonstigen Geschäftsbedingungen ein angemessenes Mittel, welches für die Marktstruktur im Strom- und Gasmarkt sachlich adäquat ist. Im Zuge dessen hat der teurere Versorger seine Beschaffung einerseits als Teil einer legitimen und effizienten Strategie im Vergleich zu anderen Unternehmen darzulegen und die Kostenstruktur allgemein auf ihre Wettbewerbskonformität sowie die Höhe der Renditen auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Aufgrund der besonderen Umstände auf den Gas- und Strommärkten ist eine Sonderregelung hinsichtlich der Verteilung der Beweislast jedenfalls angebracht. Die sachliche Rechtfertigung von bestimmten Preisen kann am leichtesten vom betroffenen Unternehmen erbracht werden. Das Kartellgericht hat sicherzustellen, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Unternehmern auf vergleichbaren Märkten gewahrt bleiben.

Der Begriff Energieversorgungsunternehmer wurde dem Energierecht - mit der Anpassung im Sinne der Legistik des Kartellgesetzes, welche vom Begriff „Unternehmer“ ausgeht - entnommen und umfasst - Lieferanten sowie Versorger von Elektrizität im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 45 und 74 ElWOG 2010 und Erdgashändler sowie Versorger von leitungsgebundenem Erdgas im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 14 und 68 GWG 2011.

Im Hinblick auf mögliche Änderungen der Wettbewerbssituation auf den Energiemärkten ist eine Befristung von § 5a bis 31.12.2016 vorgesehen (§ 86 Abs. 5 des Entwurfs).

Zu Z 10 (§ 7 Abs. 3):

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 107/2010 wurde die Sonderbestimmung für Kreditinstitutsgruppen in § 30 Abs. 2a BWG aufgehoben; § 7 Abs. 3 ist damit gegenstandslos geworden.

Zu Z 11 und 12 (§ 11 Abs. 1a und § 14 Abs. 1):

Der Vorschlag greift die Anregung auf, die Möglichkeit der Verlängerung der Fristen im Zusammenschlussverfahren auf Antrag der Anmelder nach Vorbild des Art. 10 der EG-Fusionskontrollverordnung („Stop-the-clock-Verfahren“) in das Kartellgesetz einzuführen. Die Beiratsstudie hat dabei die Entscheidungsfrist von fünf Monaten in der Phase II im Auge; die Fristverlängerung soll die Prüfung ermöglichen, ob wettbewerbliche Probleme eines Zusammenschlusses durch Auflagen gelöst werden können.

Um unnötige Prüfungsanträge zu vermeiden, schlägt der Entwurf darüber hinaus  eine ebenfalls zeitlich beschränkte Möglichkeit der Verlängerung der Frist für den Prüfungsantrag vor.

Zu Z 13 (§ 18 Abs. 1):

Der Anwendung der Verordnungsermächtigung nach § 18 soll eine Anhörung der Wettbewerbskommission voraus gehen.

Zu Z 14 (§ 28 KartG):

Mit dem Vorschlag sollen sowohl die Anregung, auch gegen Kronzeugen Feststellungsanträge zu ermöglichen, als auch der Wunsch, Feststellungsanträge zur Vorbereitung von Schadenersatzklagen zuzulassen, umgesetzt werden. Für ersteren Vorschlag spricht, dass eine solche Feststellung als Erschwerungsgrund im Geldbußenverfahren wegen eines weiteren Verstoßes herangezogen werden kann; wegen des engen Zusammenhangs mit dem Bußgeldverfahren soll die Antragsbefugnis hiefür auf die Amtsparteien beschränkt werden.

Feststellungsanträge zur Vorbereitung von Schadenersatzklagen sollten aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Kartellrechtsdurchsetzung im öffentlichen Interesse führen oder Parallelverfahren zu den gleichen Rechtsverletzungen ermöglichen. In Hinblick darauf, dass der Öffentlichkeit mit der vorgeschlagenen Änderung des § 37 ohnedies der Zugang zu Entscheidungen eröffnet werden soll, soll diese Möglichkeit daher nur für solche Fälle vorgesehen werden, in denen nicht ohnedies bereits eine einschlägige Entscheidung des Kartellgerichts vorliegt oder ein darauf gerichtetes Verfahren anhängig ist.

Zu Z 15 (§ 29 Z 1 lit. a und d):

Die Änderungen dienen zum einen der Erfassung des Verstoßes gegen die neue Sonderbestimmung gegen marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmer (§ 5a) als Geldbußentatbestand und zum anderen der redaktionellen Anpassung an den AEUV.

Zu Z 16 (§ 29 Z 2 lit. c):

Mit dem Entwurf einer Wettbewerbsgesetz-Novelle 2012 wird vorgeschlagen, § 11a WettbG zu ändern und die bisherige Durchsetzung der Auskunftsbegehren der Bundeswettbewerbsbehörde im Weg des Kartellgerichts durch eine Durchsetzung im Verwaltungsweg zu ersetzen. Die vorgeschlagene Aufhebung des § 29 Z 2 lit. c KartG versteht sich als redaktionelle Folgeänderung hiezu.

Zu Z 17 (§ 30):

Mit den vorgeschlagenen Ergänzungen sollen die in den Randziffern 28 und 29 der Bußgeldleitlinien der Kommission, ABl. Nr. C 210 vom 1.9.2006, S. 2 ff. enthaltenen Strafzumessungsgründe, soweit sie nicht schon ohnedies in § 30 KartG berücksichtigt sind, übernommen werden. Der Beitrag zur Aufklärung der Rechtsverletzung soll in Zukunft für alle Verstöße strafmildernd wirken, sodass der bisher auf die Aufklärung von Kartellverstößen beschränkte letzte Satz des geltenden § 30 KartG entfallen kann.

Zu Z 18 (§ 35 Abs. 1 lit. c):

Die Aufhebung des § 35 Abs. 1 lit. c bildet eine redaktionelle Folgeänderung zu der mit dem Entwurf einer Wettbewerbsgesetz-Novelle 2012 vorgeschlagenen Änderung des § 11a WettbG (Durchsetzung der Auskunftsbegehren der Bundeswettbewerbsbehörde im Verwaltungsverfahren).

Zu Z 19 (§ 36 Abs. 1a):

Nach § 36 Abs. 1 KartG 2005 entscheidet das Kartellgericht grundsätzlich nur auf Antrag; das Gesetz enthält aber keine besonderen Vorschriften über Form und Inhalte der verfahrenseinleitenden Anträge der Parteien, sondert lässt es – über den Verweis (auch) auf § 9 AußStrG in  § 38 – genügen, dass die Begehren hinreichend erkennen lassen, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit der Antragsteller anstrebt und aus welchem Sachverhalt er dies ableitet. Diese Regelung mag für das vom Rechtsfürsorgegedanken geprägte AußStrG passen; das Geldbußenverfahren aber sollte sich stärker an den Rechtsschutzstandards für das Strafverfahren orientieren, wobei hier insbesondere an die Verteidigungsrechte zu denken ist. Zu diesen Verteidigungsrechten gehört auch, dass das einer Rechtsverletzung beschuldigte Unternehmen ausreichend bestimmt über die erhobene Beschuldigung in Kenntnis gesetzt wird. Es wird daher vorgeschlagen, in Abänderung des § 9 AußStrG ein „bestimmtes Begehren“ als Erfordernis für Geldbußenanträge sowie eine Begründungspflicht hiefür einzuführen. Das Begehren soll nicht nur die belangten Unternehmer oder Unternehmervereinigungen bezeichnen, sondern auch die vorgeworfenen Tathandlungen durch Anführung näherer Umstände des Verstoßes individualisieren, wozu in der Regel auch die Angabe von Zeit und Ort der Tathandlung gehören wird.

In der Begründung sollen auch die Beweise angeführt werden, die vom Kartellgericht aufgenommen werden sollen. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht angeführte Beweismittel präkludiert sind und es den Amtsparteien verwehrt wäre, im weiteren Verfahren Beweisanträge zu stellen. Darüber hinaus ist auch weiterhin ein ausdrückliches Begehren zur Höhe einer Geldbuße nicht notwendig. Dazu muss sich die Bundeswettbewerbsbehörde im Verfahren nur äußern, wenn sie von der Möglichkeit der Beschränkung einer Geldbuße nach § 36 Abs. 2 KartG Gebrauch machen will. Auch für diese Fälle sieht der Entwurf aber nunmehr eine Begründungspflicht vor.

Zu Z 20 (§ 36 Abs. 2):

§ 36 Abs. 2 beschränkt die Berechtigung zur Stellung von Anträgen auf Prüfung eines Zusammenschlusses auf die Amtsparteien, um der Gefahr von Verzögerungen im Interesse der Wirtschaft entgegen zu wirken. Der Zweck der Zusammenschlusskontrolle liegt darin, präventiv das allgemeine Interesse an der Aufrechterhaltung einer Marktstruktur, die einen funktionierenden Wettbewerb verspricht, zu fördern. Die Interessen von Mitbewerbern hingegen werden durch die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmer geschützt.

Nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 erfasst diese Beschränkung der Antragsbefugnis nicht auch die nachträglichen Maßnahmen nach § 16. Eine Antragsbefugnis von Mitbewerbern könnte jedoch zu Problemen für den Fall des § 16 Z 1 führen, in dem nachträgliche Maßnahmen aufgetragen werden sollen, weil die Nichtuntersagung eines Zusammenschlusses auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruht, die von den beteiligten Unternehmen zu vertreten sind.

Die Zusammenschlussanmeldung liegt nur den Amtsparteien und dem Gericht vor, die die Anmeldung somit auch prüfen können, ob sie „unrichtig oder unvollständig“ war. Ein Dritter hat keine Parteistellung im Zusammenschlussverfahren und damit auch keine Einsicht in dessen Akten. Er kann diesen Vergleich daher nicht durchführen und müsste sich auf bloße Mutmaßungen und Verdächtigungen beschränken. Ferner liefe die Berechtigung von Mitbewerbern zur Antragstellung nach § 16 Z 1 auf eine Zusammenschlusskontrolle auf Antrag von Mitbewerbern „durch die Hintertür“ hinaus. Es soll daher nunmehr auch ausdrücklich klargestellt werden, dass im Fall des § 16 Z 1 KartG die Antragsbefugnis auf die Amtsparteien beschränkt ist.

Für die weiters neu vorgesehene Beschränkung der Antragsbefugnisse für Feststellungsanträge gegen Kronzeugen wird auf die Erläuterungen zu § 28 Abs. 1a verwiesen.

Zu Z 21 (§ 36 Abs. 3):

Die Änderung des § 36 Abs. 3 passt den Verweis auf § 11 Abs. 3 WettbG auf eine mit dem Entwurf einer Wettbewerbsgesetz-Novelle 2012 vorgeschlagene Änderung dieser Bestimmung an.

Zu Z 22 (§ 37):

Die Veröffentlichung der Entscheidungen des Kartellgerichts ist derzeit in mehreren Bestimmungen geregelt. Nach § 10b Abs. 3 WettbG informiert die Bundeswettbewerbsbehörde auf ihrer Website über die Entscheidungen, die das Kartellgericht und das Kartellobergericht erlassen haben. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs als Kartellobergericht oder des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht werden nach den §§ 14 f. OGH-G und den §§ 48a f. GOG in der Entscheidungsdokumentation Justiz erfasst und über das Rechtsinformationssystem des Bundes im Internet bereitgestellt. Entscheidungen der Unterinstanzen sollen in die Entscheidungsdokumentation aufgenommen werden, soweit sie von allgemeinem, über den Einzelfall hinausgehendem Interesse sind.

Letztlich ordnet auch § 37 KartG 2005 die Veröffentlichung einer Entscheidung über die Abstellung einer Zuwiderhandlung, die Feststellung einer Zuwiderhandlung oder die Verhängung einer Geldbuße über Antrag der obsiegenden Partei auf Kosten des Gegners an. Der Entwurf geht davon aus, dass mit einer Überarbeitung dieser Veröffentlichungsbestimmung der gewünschten Transparenz der Entscheidungen des Kartellgerichts am besten entsprochen werden kann, geht es doch hier um die Information über eine konkrete Rechtsverletzung und nicht – wie dies bei der Veröffentlichung in der Entscheidungsdokumentation Justiz der Fall ist – um die Information über die Auslegung des geltenden Rechts. Dabei schlägt der Entwurf vor, in Zukunft sowohl auf das Antragserfordernis als auch auf einen Kostenersatz zu verzichten. Ferner soll der Katalog der zu veröffentlichenden Entscheidungen um Entscheidungen über Prüfungsanträge im Zusammenschlussverfahren und Anträge auf nachträgliche Maßnahmen nach § 16 ergänzt werden.

Wie die Einstellungsentscheidungen der Staatsanwaltschaften (§ 35a StAG) sollen die Veröffentlichungen von Amts wegen über die Ediktsdatei nach § 89j GOG erfolgen. Hinsichtlich des Umfangs der Entscheidungsveröffentlichung orientiert sich der Vorschlag an Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 über die Veröffentlichung der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen der Kommission. Wie bisher soll der Beschluss über den konkreten Umfang der Veröffentlichung aber eine Ermessensentscheidung des Gerichts sein, das dabei auch auf ein berechtigtes Interesse der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Bedacht zu nehmen hat.

Um dem im Begutachtungsverfahren geforderten Rechtsanspruch auf die Bedachtnahme auf Geschäftsgeheimnisse entgegen zu kommen, sieht § 37 Abs. 2 nunmehr auch ein Verfahren über die zur Veröffentlichung bestimmte Fassung vor. Das Kartellgericht hat den Parteien zunächst Gelegenheit zu geben, die Passagen der Entscheidung zu bezeichnen, die ihrer Meinung nach Geschäftsgeheimnisse wiedergeben. Daraufhin entscheidet das Kartellgericht mit Beschluss des Senatsvorsitzenden über die zur Veröffentlichung bestimmte Fassung, wobei es eine Interessensabwägung zwischen den Informationsinteressen der Öffentlichkeit und den geltend gemachten Geheimhaltungsinteressen vorzunehmen hat. Gegen diesen Beschluss gibt es die Möglichkeit des Rekurses an das Kartellobergericht, dem nach den Bestimmungen des AußStG aufschiebende Wirkung zukommt.

Z 23 (§ 37a):

Mit der Siebten GWB-Novelle passte der deutsche Gesetzgeber das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen an das mit der Verordnung Nr. 1/2003 auf europäischer Ebene eingeführte System der Legalausnahmen an und weitete die zivilrechtlichen Sanktionen bei Kartellverstößen aus. Mit den Ergänzungen in den §§ 33 ff. dGWB sollte ein effektives zivilrechtliches Sanktionssystem geschaffen werden, von dem eine zusätzliche spürbare Abschreckungswirkung ausgeht.

Dabei wurde u.a. der Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 3 dGWB ausgebaut. Zum einen wurden bis dahin bestandene Einschränkungen der Anspruchsberechtigung in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH aufgehoben, wonach grundsätzlich „jedermann“ Ersatz des Schadens verlangen kann, der ihm durch eine verbotene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder durch ein entsprechendes einseitiges Verhalten entstanden ist (vgl. EuGH 20.6.2001 Rechtssache C-453/99; Rn. 26, „Courage“). Ferner wurde angeordnet, dass bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens nach freier Überzeugung (§ 287 dZPO) der anteilige Gewinn, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden kann. Damit sollte die Anspruchsdurchsetzung in denjenigen Fällen erleichtert werden, in denen die Ermittlung des hypothetischen Marktpreises als Grundlage einer Schadensberechung nach der Differenzmethode mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Ferner wurde die Verzinsung des Schadensersatzanspruchs ab dem Zeitpunkt des Schadensereignisses vorgeschrieben. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wurde überdies durch eine Tatbestandswirkung kartellbehördlicher Entscheidungen und eine Verjährungshemmung bei laufenden Kartellverfahren erleichtert.

Der Vorschlag für einen neuen § 37a KartG 2005 greift die Forderung auf, den Ersatz des Schadens aus Kartellverstößen auch im österreichischen Recht zu erleichtern und schlägt in Anlehnung an § 33 dGWB gewisse Vereinfachungen für die Schadensermittlung, einen Zinsanspruch ab dem Schädigungsereignis, eine Unterbrechung von Zivilprozessen und eine Verjährungshemmung für die Dauer wettbewerblicher Verfahren sowie eine Bindungswirkung an Entscheidungen der Wettbewerbsbehörden vor.

Diese zivilrechtliche Sonderbestimmung im Kartellgesetz soll von den Zivilgerichten vollzogen werden. Eine Zuständigkeit des Kartellgerichts für Schadenersatzklagen wird damit nicht begründet.

Im Begutachtungsverfahren haben einige Stellungnahmen den zur Übernahme vorgeschlagenen zweiten Satz des § 33 Abs. 3 dGWB mehrfach angesprochen, wonach bei Bezug einer Ware oder Dienstleistung zu einem (kartellbedingt) überteuerten (sprachlich richtig wohl: „überhöhten“) Preis ein Schaden nicht schon deshalb ausscheidet, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert wurde. Zu Recht haben die Begutachtungsstellungnahmen darauf verwiesen, dass – wie auch der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. Juni 2011 (AZ KZR 75/10) ausgeführt hat - sich der deutsche Gesetzgeber mit dieser Regelung nicht grundsätzlich gegen eine Vorteilsausgleichung entscheiden, sondern die Frage vielmehr bewusst der Rechtsprechung überlassen wollte. Der BGH betrachtet daher auch nach dieser Bestimmung einen Vorteilsausgleich für zulässig. Zur Umsetzung des unionsrechtlichen Effektivitätsgebots soll nach Ansicht des BGH die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Vorteilsausgleichs und insbesondere die Kausalität des Vorteils beim Schädiger liegen.

Auch die zur Vereinfachung der Schadensermittlung ebenfalls dem deutschen Recht entnommene Orientierung am Gewinn aus dem Verstoß ist im Begutachtungsverfahren auf Kritik und zum Teil auch Missverständnisse gestoßen. Diese Kritik soll insofern aufgegriffen werden, als im Text zum Ausdruck gebracht wird, dass es nicht auf einen „Gewinn“ sondern auf den aus dem Verstoß erzielten „Vorteil“ als Grundlage für die Schadensbemessung nach freier Überzeugung ankommen soll. Die vorgeschlagene Vereinfachung baut überdies auf den Voraussetzungen des § 273 ZPO auf, sodass sie nur zur Anwendung kommt, wenn die Festsetzung der Höhe des zu ersetzenden Schadens nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen ist.

Zu Z 24 (§ 39 Abs. 1):

§ 39 Abs. 1 gestattet derzeit die Verbindung eines von einer Amtspartei eingeleiteten Verfahrens mit einem anderen Verfahren nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien dem zustimmen. Nach den Materialien zum KartG 2005 sollte damit verhindert werden, dass allfällige Konkurrenten Zugang zu Geschäftsgeheimnissen  bekommen, die die Bundeswettbewerbsbehörde auf Grund ihres weitgehenden Auskunftsrechts nach § 11a WettbG erlangt hat. Allerdings dürfte der Wortlaut der Bestimmung etwas über dieses Ziel hinausschießen, indem er die Verfahrensverbindung unabhängig davon verbietet, ob damit ein Zugang zu schützenden Geheimnissen ermöglicht wird. Auch sollte es wohl weniger auf die Zustimmung der Verfahrensparteien als vielmehr derjenigen Person ankommen, die an der Nichtverbreitung ein berechtigtes Interesse hat.

Zu Z 25 (§ 47 Abs. 1):

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung soll es Regulatoren ermöglicht werden, bei einer Verhandlung, deren Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, auch dann anwesend zu sein, wenn sie nicht Partei des Verfahrens sind, zumal sie ohnedies auch der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Die Formulierung orientiert sich am Text des § 174 ZPO.

Zu Z 26 (§ 49 Abs. 2):

Die Studie des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen hat eine Optimierung der Verfahren über einstweilige Verfügungen unter anderem durch Kürzung der Rechtsmittelfristen angeregt. Der Entwurf greift diesen Vorschlag auf und schlägt darüber hinaus vor, die Rekursfristen für alle Zwischenerledigungen im Sinn des § 62 Abs. 1 KartG 2005 zu verkürzen. Auch wenn wieder auf die allgemeine Regelung der Rekursfrist gegen einstweilige Verfügungen nach § 402 EO zurück gegriffen wird, ist dennoch eine ausdrückliche Regelung in § 49 erforderlich, weil die herrschende Meinung einstweilige Verfügungen als Endentscheidungen verstehen dürfte (Primus/Ginner in Petsche/Urlesberger/Vartian, (Hrsg), KartG 2005 (2007) § 62 Rz 4 mwN). Letztlich soll auch für den Rekurs gegen den Beschluss über die zur Veröffentlichung bestimmte Fassung einer kartellgerichtlichen Entscheidung (§ 37 Abs. 2) die vierzehntägige Rekursfrist gelten.

Zu Z 27 (§ 50):

Zu Z 1 bis 5: Die Gebührenhöhe wurde seit dem Inkrafttreten des KartG 2005 mit 1. 1. 2006 nicht mehr an die Geldentwertung angepasst. In Hinblick auf die zwischenzeitige Inflation von mehr als 12% sollen die Rahmengebühren um diese Steigerung angehoben werden.

Zu Z 4: Die Rahmengebühr nach § 50 Z 4 soll auch Geldbußenverfahren erfassen, die aufgrund anderer Gesetze (z.B. § 104 ElWOG) geführt werden. Der Verweis auf § 29 soll daher entfallen. Gleichzeitig soll auch für das Abschöpfungsverfahren nach dem TKG 2003 und dem Postmarktgesetz eine Rahmengebühr geschaffen werden.

Zu Z 5: Verfahren über Hausdurchsuchungen nach § 12 WettbG oder § 25 E-Control-G sind – insbesondere wenn Widerspruch gegen die Durchsuchung oder Einsichtnahme in Urkunden erhoben wird – mit einem teilweise erheblichen Ressourceneinsatz der Gerichte verbunden. Es soll daher in diesen Verfahren zumindest die geringste Rahmengebühr zur Anwendung kommen.

Zu Z 6: Alle sonstigen Verfahren, für die bisher keine Gebühren vorgesehen waren, sollen mit dieser Generalklausel abgedeckt werden (z. B. das Verfahren zum Entzug einer Gruppenfreistellung im Einzelfall nach Art. 29 Abs 2 der VO [EG] 1/2003, Verfahren über die Änderung oder Aufhebung von Beschränkungen oder Auflagen nach § 12 Abs. 3 oder andere im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen mögliche kartellgerichtliche Verfahren, wie zum Beispiel jenes nach § 16 oder § 19 Abs. 3 [OGH 8.10.2008 16 Ok 7/08]).

Zu Z 28 (§ 52 Abs. 2):

Die Änderung ist eine redaktionelle Folgeänderung zu den Änderungen in § 50 KartG 2005.

Zu Z 29 (§ 70 Abs. 2):

Mit Art. 4 Z 1 der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 96/2007 wurde das Richterdienstgesetz (RDG) in „Bundesgesetz über das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter (Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz - RStDG)“ umbenannt.

Zu Z 30 (§ 73 Abs. 1):

Mit dem Vorschlag soll zum einen der Verweis auf das Bundesgesetz über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher durch einen Verweis auf den mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 111/2007, eingeführten Kurztitel dieses Gesetzes ersetzt werden. Zum anderen führt die Anwendung des § 8 des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes über Ausweiskarte und Siegel in der Praxis zu Schwierigkeiten, ohne dass diese Bestimmung für die ohnedies den Fachkreisen bekannten zwölf Kartellsachverständigen erforderlich wäre. Auf ihre Anwendung soll daher in Zukunft im Rahmen des § 73 KartG verzichtet werden.

Zu Z 31 (§ 74):

Der OGH veröffentlicht den Tätigkeitsbericht des Kartellobergerichts bereits jetzt als Teil des Tätigkeitsberichts nach dem § 12 OGH-Gesetz. Eine darüber hinausgehende Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt ist damit obsolet.

Zu Z 32 (§ 81 Abs. 1):

Die Änderung dient der Bereinigung eines Redaktionsversehens: Die in § 81 Abs. 1 letzter Satz angesprochene Anmeldung eines Zusammenschlusses beim Kartellgericht wurde mit dem KartG 2005 abgeschafft.

Zu Z 33 (§ 83):

Die Änderung dient der redaktionellen Anpassung an den AEUV. Ferner soll der Verweis auf die Art. 101 und 102 AEUV um einen Verweis auf die aufgrund der Artikel 42 und 43 AEUV erlassenen Wettbewerbsregeln im Bereich der Landwirtschaft ergänzt werden.

Zu Art. 2 (Änderung des Wettbewerbsgesetzes)

Zu Z 1, 4, 7 und 15 (§ 1 Abs. 1 lit. b, § 3 Abs. 2, § 5 und § 12 Abs. 1):

Die Änderung des Begriffs „Gemeinschaftsrecht“ in „Unionsrecht“ sowie der Wortfolgen „Art. 81 bis 86 EG“ in „Art. 101 bis 106 AEUV“ und „Art. 86 Abs. 3 EG“ in „Art. 106 Abs. 3 AEUV“ ist durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon bedingt.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 1 Z 6 bis 8):

Die Verweise auf die jeweils geltenden Fassungen des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen sowie des UWG in den Z 6 und 7 können aufgrund des allgemeinen Verweises in § 19 entfallen, zu inhaltlichen Änderungen kommt es hier nicht.

Der Bericht des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen fordert, unter anderem unter Berufung auf das WIFO-Weißbuch „Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation“ die gesetzliche Verankerung eines Wettbewerbsmonitorings. Durch die entsprechende Erweiterung der Aufgaben der BWB in § 2 Abs. 1 Z 8 soll die Rechtsgrundlage für ein derartiges durch die BWB durchzuführendes Monitoring geschaffen werden. Dabei soll insbesondere die Wettbewerbsintensität bestimmter Sektoren bzw. wettbewerbsrechtlich relevanter Märkte durch die Beobachtung der Entwicklung von Indikatoren, die für diese wesentlich sind, über mehrere Jahre dargestellt werden. Solche Indikatoren können u.a. der Konzentrationsgrad, die Regulierung des Sektors und Preisentwicklungen im internationalen Vergleich und im Verhältnis zu angebots- und nachfrageseitigen Einflussfaktoren sein. Die Anzahl der Marktteilnehmer sowie Zu- und Austritte sind ebenso ein Indiz für die Situation des Wettbewerbs in einer Branche. Bei der Auswahl der Branchen soll auch auf Empfehlungen der Wettbewerbskommission Rücksicht genommen werden. Im Sinne des Beschlusses der Bundesregierung betreffend die Senkung von Verwaltungskosten für Unternehmen sind zusätzliche Informationspflichten durch diese zu vermeiden. Durch die Statistik Austria wird eine Reihe von Daten erhoben, die für die Indikatorenbestimmung herangezogen werden können. Zudem publizieren Aktiengesellschaften zahlreiche Informationen in ihren Geschäftsberichten. Weitere Informationen werden beispielsweise durch den KSV, Branchenverbände oder Eurostat veröffentlicht oder sind über Firmenbuch und Unternehmensregister zugänglich. Jedenfalls kann ein Wettbewerbsmonitoring sehr vielschichtig sein und von der BWB je nach Branche unterschiedlich gestaltet werden. Auch sollen Synergien genutzt werden hinsichtlich bereits – auch bei den Regulatoren - vorhandener Monitoringdaten. Wie auch die OECD in ihrem Länderbericht über Österreich aus dem Jahr 2009 bemerkt, werden gerade angesichts von Preissteigerungen häufig preisregulatorische Maßnahmen gefordert, ohne dabei deren negative Auswirkungen zu bedenken. Die OECD weist darauf hin, dass der Wettbewerbspolitik vor solchen Maßnahmen der Vorzug zu geben ist. Ein Wettbewerbsmonitoring scheint gerade in diesem Zusammenhang das adäquate wettbewerbspolitische Instrument zu sein.

Zu Z 3 (§ 2 Abs. 4)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an die geltende Fassung des Bundesministeriengesetzes.

Zu Z 5 und 6 (§ 4 Abs. 1)

Die Änderung der Wortfolge „Art. 81 bis 86 EG“ in „Art. 101 bis 106 AEUV“ ist durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon bedingt. Der Begriff der europäischen Wettbewerbsregeln muss in Hinblick auf die Verordnung (EU) Nr. 261/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates im Hinblick auf Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse angepasst werden. Gemäß Artikel 126a ff der Verordnung können Verträge über die Lieferung von Rohmilch durch einen Landwirt an einen Rohmilch verarbeitenden Betrieb von einer anerkannten Erzeugerorganisation im Sektor Milch und Milcherzeugnisse im Namen der ihr angehörenden Landwirte für deren gesamte gemeinsame Erzeugung oder einen Teil davon ausgehandelt werden. Die Erzeugergemeinschaft darf dies nur, wenn diese Grenzwerte eingehalten werden: Der Marktanteil solcher Erzeugerorganisationen wird mit 3,5 Prozent der EU- Milchproduktion und mit 33 Prozent der nationalen Milchproduktion beschränkt. Abweichend von dieser Regelung kann die national zuständige Wettbewerbsbehörde in Einzelfällen beschließen, dass die betreffende Erzeugerorganisation keine Verhandlungen führen darf, wenn sie dies für erforderlich erachtet, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Bei Verhandlungen, die die Erzeugung von mehr als einem Mitgliedstaat zum Gegenstand haben, ist die Kommission zuständig. Die bisherige demonstrative Aufzählung von EU-Verordnungen in Z 3 konnte entfallen, weil sie keinen zusätzlichen Nutzen bringt und die Rechtsakte zum Teil schon außer Kraft getreten sind. Stattdessen ist nunmehr auf die oben erwähnte Verordnung (EU) Nr. 261/2012 zu verweisen.

Zu Z 8 (§ 10 Abs. 1):

Aufgrund des Vertrages von Lissabon wurde der Begriff „gemeinschaftsrechtlich“ durch den Begriff „unionsrechtlich“ ersetzt.

Zu Z 9 (§ 10b Abs. 3):

Aufgrund der im Entwurf zu § 37 KartG 2005 vorgesehenen Verpflichtung des Kartellgerichts, rechtskräftige Entscheidungen zu veröffentlichen, kann diese Bestimmung entfallen.

Zu Z 10 und 11 (§ 11 Abs. 3 bis 7)

Die Neuregelung im Bereich der Kronzeugenregelung dient der Angleichung an das ECN-Kronzeugenregelungsmodell, das von den Mitgliedern des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden erarbeitet und im Jahr 2006 veröffentlicht wurde. Es soll zu einer Harmonisierung der nationalen Regelungen führen und die Handhabung paralleler Anträge auf Kronzeugenbehandlung bei mehreren europäischen Wettbewerbsbehörden erleichtern.

Die neue Z 1 in Abs. 1 führt in lit. a und lit. b zwei verschiedene Mindestbeweisanforderungen für das erste Kronzeugenunternehmen ein, die an das jeweilige Informationsstadium der Bundeswettbewerbsbehörde geknüpft sind, und gleicht damit die Voraussetzungen für den Erlass der Geldbuße an die im ECN-Kronzeugenregelungsmodell vorgesehenen Bedingungen an. Die Gewährung von Sanktionsfreiheit im Austausch gegen ein Mindestmaß an Informationen stellt einen adäquateren Bezug zwischen der Sanktionsbefreiung und dem Wert des Beitrags des ersuchenden Unternehmens her als die bisher geltende Regel, die keine Beweisschwellen kennt.

Vor Kenntnis der Existenz des Kartells sind die Mindestanforderungen niedriger, um für Kartellbeteiligte einen Anreiz zu schaffen, sich nicht mehr an dem Kartell zu beteiligen und Zuwiderhandlungen zu melden, die den Wettbewerbsbehörden noch nicht bekannt sind (Z 1 lit. a). Um in den Genuss einer Geldbußenbefreiung zu kommen, muss das ersuchende Unternehmen stichhaltige Informationen und Beweise liefern, die die Bundeswettbewerbsbehörde unmittelbar in die Lage versetzen, in ihrem Antrag zur Erlangung eines Hausdurchsuchungsbefehls gemäß § 12 Abs. 1 Wettbewerbsgesetz den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen § 1 KartG 2005 bzw. § 18 KartG 1988 oder Art. 101 Abs. 1 AEUV hinreichend zu begründen. Die vom ersuchenden Unternehmen übermittelten Informationen sind von der Bundeswettbewerbsbehörde ex ante zu bewerten, d. h. unabhängig davon, ob eine Hausdurchsuchung überhaupt beantragt bzw. durchgeführt wurde oder ob die entsprechende Hausdurchsuchung erfolgreich war oder nicht. Die Bewertung erfolgt ausschließlich auf der Grundlage der Art und der Qualität der vom Antragsteller übermittelten Informationen und Beweismittel. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass dem ersuchenden Unternehmen im Handbuch (Abs. 5) Aufschluss über die Angaben gegeben wird, die die Bundeswettbewerbsbehörde im Allgemeinen benötigt.

Grundsätzlich kann ebenso nach Kenntnis der Existenz des Kartells ein Beweisdefizit bestehen, so dass es auch dann gerechtfertigt ist, einem Unternehmen im Gegenzug für seine Kooperation die Geldbuße gänzlich zu erlassen (Z 1 lit. b). Eine Sanktionsbefreiung ist jedoch keinesfalls mehr gerechtfertigt, wenn die Bundeswettbewerbsbehörde bereits über ausreichende Informationen und Beweise zum Nachweis der Zuwiderhandlung verfügt. Nach Kenntnis des Kartells setzt daher die Sanktionsbefreiung für das ersuchende Unternehmen voraus, dass es einen wesentlichen Aufklärungsbeitrag leistet und der Bundeswettbewerbsbehörde Beweise zur Verfügung stellt, die sie unmittelbar in die Lage versetzen, die Zuwiderhandlung in einem kartellgerichtlichen Verfahren erfolgreich nachweisen zu können, sodass das Ermittlungsverfahren nicht mehr fortgeführt werden muss.

Erfüllt ein Unternehmen zwar nicht die Voraussetzungen von Abs. 3 Z 1 lit. a oder b, jedoch alle übrigen (Z 2 bis 4), so kann die BWB eine geminderte Geldbuße beantragen, wenn ihr Informationen oder Beweismittel vorgelegt werden, die gegenüber jenen, die sich bereits in ihrem Besitz befinden, einen erheblichen Mehrwert darstellen. Der Begriff „Mehrwert“ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Informationen bzw. Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihres Detaillierungsgrades die BWB in die Lage versetzen, den betreffenden Sachverhalt schlüssiger oder vollständiger als es ohne diese Informationen bzw. Beweismittel möglich gewesen wäre, nachzuweisen.

Die Pflicht zur Zusammenarbeit mit der BWB trifft das ersuchende Unternehmen auch noch während eines allfälligen kartellgerichtlichen Verfahrens.

Zu dem der BWB in den Abs. 3 und 4 eingeräumten Ermessen ist anzumerken, dass der OGH (16 Ok 5/10) diesbezüglich bereits zum derzeit in Geltung stehenden Abs. 3 angeführt hat, dass sich dieser an die BWB richtet und das ihr offenstehende Ermessen bei der Behandlung von Kronzeugen bestimmt. Die richtige Anwendung dieser Bestimmung durch die BWB unterliege zwar keiner unmittelbaren Überprüfung durch das Kartellgericht, dieses habe jedoch bei Bemessung der Geldbuße die Mitwirkung eines betroffenen Unternehmens an der Aufklärung der Rechtsverletzung sowohl gegenüber der BWB als auch gegenüber dem Kartellgericht nach eigenem Ermessen als Milderungsgrund (§ 30 zweiter Satz KartG) zu berücksichtigen.

Zu Z 12 (§ 11a Abs. 1 Z 3):

Es handelt sich hier um eine Angleichung der Befugnisse der BWB an jene der Europäischen Kommission nach Verordnung (EG) Nr. 1/2003. Das Auskunftsrecht der BWB gegenüber Unternehmen im Rahmen von Hausdurchsuchungen wird insofern angepasst, als diese nun auch Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen verlangen kann, die mit dem Gegenstand und dem Zweck der Ermittlungen in Zusammenhang stehen, und sie nicht – wie bisher – auf Auskünfte betreffend den Aufbewahrungsort und den Inhalt von Dokumenten beschränkt. Sollen Informationen in elektronischer Form sichergestellt werden, so ist der BWB auch zu diesen der Zugang zu gewähren – das betrifft auch die allenfalls erforderliche Bekanntgabe von Passwörtern - und auf Verlangen ein elektronischer Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen. Überdies kann eine Sicherungskopie der auf den Datenträgern gespeicherten Informationen hergestellt werden. Was die Erteilung von Auskünften durch Beschäftigte des Unternehmens betrifft, ist anzumerken, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere eine Entlassung, die infolge der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung durch den Beschäftigten ausgesprochen wird, rechtswidrig sind (vgl. § 27 AngG, § 82 GewO 1859 und § 1162 ABGB).

Zu Z 13 und 14 (§ 11a Abs. 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9):

Derzeit ist die BWB bei der Erlangung von Auskünften von Unternehmen eingeschränkt, weil die Durchsetzung der Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften und zur Vorlage von Unterlagen nur im Wege eines Auftrages des Kartellgerichts möglich ist. Die Befugnisse der BWB bleiben hier hinter jenen von Regulatoren wie der FMA oder auch Landesbehörden in Vollziehung elektrizitätswirtschaftlicher Bestimmungen zurück; diese können Auskünfte selbst anfordern. Da die Kompetenzen der BWB an jene der Europäischen Kommission angeglichen werden sollen, ist auch die Befugnis, selbst, unter Androhung von Sanktionen Auskünfte verlangen zu können, an die Befugnis der Kommission nach Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 anzupassen. Diese Anpassung erfordert allerdings kein Abgehen von der bisher geübten Praxis, Auskünfte zuerst durch ein einfaches Verlangen (Abs. 2) anzufordern. Problematisch ist weiters der Umstand, dass die Erteilung unrichtiger oder irreführender Angaben in Beantwortung eines Auskunftsverlangens der BWB ohne kartellgerichtlichen Auftrag sanktionslos ist. Diese Lücke ist zu schließen. Daher wird die BWB ermächtigt, die Erteilung von Auskünften und die Vorlage von Unterlagen unter Anwendung des AVG mit Bescheid anzuordnen und diesen auch zu vollstrecken. Bereits nach geltender Rechtslage kann das Kartellgericht sowohl eine Zwangsstrafe als auch eine Geldbuße verhängen, wenn ein Unternehmen einem Auftrag zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage von Unterlagen nicht nachkommt. Die Vereinbarkeit der Bestimmung mit Art. 90 Abs. 2 B‑VG (Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung) ist gegeben, weil das Verfahren zur Erlangung einer Auskunft nach AVG von einem allfälligen Geldbußenverfahren zu unterscheiden ist. (Zur diesbezüglichen Rechtsprechung des VfGH siehe B 635/09­8, B 1368/07.)

Die Rechtsmittelinstanz gegen Bescheide der BWB ist der für ihren Sitz örtlich zuständige UVS. Dies erscheint sinnvoll, weil es sich hier um eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung handelt. Dieser Instanzenzug an den UVS soll nur eine Zwischenlösung darstellen, bis aufgrund der aktuellen Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein Instanzenzug z. B. an das Kartellgericht möglich ist. Diese Novellierung ist auch im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG zur Regelung des Gegenstandes und Anpassung an das EU-Recht erforderlich.

Sollen im Rahmen einer Branchenuntersuchung Aufträge zur Erteilung von Auskünften bzw. Vorlage von Unterlagen erteilt werden, ist jedenfalls mit einfachem Auskunftsverlangen vorzugehen und nur wenn dieses unbeantwortet bleibt, ein Bescheid zu erlassen. Diese Unterscheidung erscheint gerechtfertigt, weil im Rahmen einer Branchenuntersuchung kein konkreter Verstoß gegen Kartellrecht Gegenstand der Ermittlungen ist und mit einer größeren Kooperation der Unternehmen zu rechnen ist. Eine Einschränkung, hinsichtlich der Art von Unterlagen, die im Zuge einer Branchenuntersuchung angefordert werden können, besteht nicht. So ist es beispielsweise durchaus möglich, dass die BWB (erst mit einfachem Auskunftsverlangen, dann erforderlichenfalls mit Bescheid) die Vorlage von Pachtverträgen im Zusammenhang mit vertikalen Vertriebsbindungen anfordert. Die Verweigerung von Auskünften bzw. die Erteilung unrichtiger, irreführender oder unvollständiger Auskünfte entgegen einem Bescheid der BWB (§ 11a Abs. 3) sowie unrichtige oder irreführende Angaben aufgrund eines einfachen Auskunftsverlangens ohne Bescheid (§ 11a Abs. 2) werden künftig von der BWB selbst zu verfolgende Verwaltungsübertretungen darstellen.

Im Hinblick auf Abs. 9 darf auf die Ausführungen unter Z 3 verwiesen werden.

Zu Z 16 (§ 12 Abs. 4):

Bislang verweist § 12 Abs. 4 auf die §§ 142 und 145 Abs. 1 idF vor der Änderung der StPO durch Art. I des Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Finanzstrafgesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 93/2007. Anstelle dieser nicht mehr passenden Verweise sollen die in § 121 Abs. 3 StPO enthaltenen Grundsätze, dass bei der Durchführung der Hausdurchsuchung Aufsehen, Belästigungen und Störungen auf das unvermeidbare Maß zu beschränken sowie die Eigentums- und Persönlichkeitsrechte sämtlicher Betroffener soweit wie möglich zu wahren sind, direkt in das Wettbewerbsgesetz übernommen werden. In § 142 Abs. 3 und 4 StPO war die Verpflichtung zur Erstellung eines Protokolls enthalten; nunmehr wird das Protokoll im Ermittlungsverfahren in § 96 StPO geregelt. Sie soll ebenso wie das Recht zur Beiziehung einer Vertrauensperson in das Wettbewerbsgesetz übernommen werden.

Die Möglichkeit der Versiegelung von Räumlichkeiten und Unterlagen soll insbesondere bei Hausdurchsuchungen, die länger als einen Tag dauern, zur Sicherung der Ermittlungsergebnisse beitragen und stellt eine Angleichung an die Befugnisse der Europäischen Kommission nach Verordnung (EG) Nr. 1/2003 dar. Die Schaffung einer Sanktion für das Entfernen eines solchen Siegels ist nicht erforderlich, weil bereits § 272 StGB das Beschädigen oder Ablösen eines Siegels mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Es soll auch klargestellt werden, dass – soweit es zur Sicherung des Ermittlungserfolges geboten ist – die Beschlagnahme von Unterlagen zulässig ist. Auch der Einsicht in beschlagnahmte Dokumente kann gemäß Abs. 5 und 6 widersprochen werden.

Zu Z 17 (§ 12 Abs. 5):

Derzeit sieht Abs. 5 vor, dass geschäftliche Unterlagen, deren Einsichtnahme der Inhaber im Rahmen einer Hausdurchsuchung nicht gestatten will, auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und dem Kartellgericht vorzulegen sind; zuvor dürfen sie nicht eingesehen werden. Es können von den Originalunterlagen auch Kopien angefertigt werden  (§ 11a Abs. 1 und 2) und dem Kartellgericht vorgelegt werden. Ein derartiges unbegrenztes Widerspruchsrecht ist nicht praktikabel, vielmehr soll es auf gesetzlich anerkannte Pflichten zur Verschwiegenheit (Berufsgeheimnis)  und das Recht zur Verweigerung der Aussage, wie es in § 157 Abs. 1 Z 2 bis 5 StPO (bei sonstiger Nichtigkeit) vorgesehen ist, eingeschränkt werden. Zum Widerspruch ist im zuerst genannten Fall berechtigt, wer selbst einer Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Zu denken ist etwa an einen Rechtsanwalt, dem die RAO eine Verschwiegenheitspflicht auferlegt, und dessen Recht auf diese Verschwiegenheit in gerichtlichen oder sonstigen behördlichen Verfahren nicht etwa durch die Durchsuchung von Handakten umgangen werden soll. Sonstige Beweismittel, die in einer Rechtsanwaltskanzlei verwahrt werden, etwa um sie so dem Zugriff durch die BWB zu entziehen, sind von diesem Schutz nicht umfasst. Das Widerspruchsrecht kann auch stellvertretend für den von der Hausdurchsuchung Betroffenen  ausgeübt werden. Aufgabe des Kartellgerichtes ist es, zu prüfen, ob und in welchem Umfang die ihm vorgelegten Unterlagen eingesehen und Abschriften und Auszüge daraus angefertigt werden dürfen oder sie zurückzustellen sind. Eine Prüfung im Hinblick auf ihre Beweisrelevanz obliegt in diesem Verfahrensstadium hingegen alleine der BWB. Der Begriff Unterlagen umfasst verschiedene Formen, beispielsweise auch elektronische Daten.

Rekursen gegen Beschlüsse des Kartellgerichts darüber, wie mit den ihm vorgelegten Unterlagen weiter zu verfahren ist, soll künftig – wie im außerstreitigen Verfahren grundsätzlich vorgesehen - aufschiebende Wirkung zukommen, weil ansonsten mögliche Beweismittel trotz eines Rekurses der BWB an den Betroffenen zurückgestellt werden müssten. Bis zur Erlassung einer Entscheidung durch das Kartellobergericht könnten diese manipuliert oder vernichtet werden.

Aufgefundene Beweisstücke für nicht von Gegenstand und Zweck der Hausdurchsuchung umfasste Verstöße gegen nationales oder europäisches Wettbewerbsrecht können Anstoß für die Einleitung eines neuen Verfahrens sein (vgl. auch Urteil des EuGH C-85/87, Dow Benelux NV).

Im Rahmen der Hausdurchsuchung hat der Betroffene jederzeit die Möglichkeit, Unterlagen freiwillig herauszugeben. Erfolgt dies nicht, so ist der Hausdurchsuchungsbefehl mit Zwang durchzusetzen. Eine Behinderung der Hausdurchsuchung stellt Widerstand gegen die Staatsgewalt dar.

Zu Z 18 (§ 12 Abs. 6):

In Fällen, in denen die Bezeichnung einzelner Unterlagen im Zuge der Hausdurchsuchung nicht möglich ist, weil dies zu unverhältnismäßigen Verzögerungen führen würde, ermöglicht Abs. 6 die Versiegelung und Hinterlegung bestimmter Kategorien von Unterlagen bei der BWB , sodass sie vom Betroffenen dort zu einem späteren Zeitpunkt, innerhalb einer von der BWB gesetzten Frist zwecks Bezeichnung einzelner Unterlagen gesichtet werden können. Es besteht jedoch kein Wahlrecht des Betroffenen, ob die Bezeichnung einzelner Unterlagen sofort an Ort und Stelle oder später bei der BWB stattfinden soll. Im Wesentlichen wird es sich hier um Unterlagen handeln, die auf elektronischen Datenträgern gespeichert sind, weil eine kursorische Prüfung und Bezeichnung nicht so einfach ist wie bei Unterlagen in Papierform. Nachdem einzelne Unterlagen bei der BWB bezeichnet wurden, sind diese wie in Abs. 5 vorgesehen, dem Kartellgericht vorzulegen, das darüber entscheidet, ob sie eingesehen werden dürfen oder dem Betroffenen zurückzugeben sind. Jene Unterlagen, deren Einsichtnahme nicht widersprochen wurde, verbleiben bei der BWB und können von ihr verwertet werden. Die Ergänzung in Abs. 6 erfolgt aufgrund der Neuerungen im § 112 StPO, wobei auf die Besonderheiten einer Hausdurchsuchung im Rahmen des Kartellrechts einzugehen war.

Zu Z 19 und 20 (§ 14 Abs. 1 bis 3):

Bei der Änderung von § 11 und der Schaffung von § 11a mit der Wettbewerbsgesetznovelle 2005 (BGBl. I Nr. 62/2005) wurde die Verweisung – nunmehr auf § 11a – nicht angepasst. Die Anfügung des Abs. 2 soll klarstellen, dass auch die Sicherstellung von IT‑Daten durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer Hilfeleistung bei Hausdurchsuchungen zulässig ist. Der neue Abs. 3 dient dazu, eine Datenübermittlung von Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten an die BWB zu ermöglichen. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass insbesondere das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Rahmen seiner Ermittlungen immer wieder Kenntnis über von der BWB zu verfolgende Verstöße gegen Wettbewerbsrecht erlangt. Bislang ist eine Datenübermittlung des Bundesamtes an die BWB mangels expliziter gesetzlicher Ermächtigung aber nicht möglich (vgl. § 76 Abs. 4 StPO).

Zu Z 21 (§ 16 Abs. 2):

Mit der Kartellrechtsreform durch das KartG 2005 (BGBl. I Nr. 61/2005) wurde die Institution des Kartellbevollmächtigten abgeschafft, weshalb der Begriff hier zu streichen ist.

Zu Z 22 (§ 17 Abs. 1):

Seit der Wettbewerbsgesetznovelle 2005 (BGBl. I Nr. 62/2005) erfolgt die Anmeldung von Zusammenschlüssen nicht mehr beim Kartellgericht sondern bei der BWB, sodass diese Wortfolge zu streichen ist.

Zu Z 23 (Überschrift zu § 21):

Die Schreibweise wurde an die geltende Rechtschreibung angepasst.

Zu Z 24 (§ 21 Abs. 3 bis 5):

Durch den Verweis auf § 18 KartG 1988 (Kartellverbot) in Abs. 3 soll klargestellt werden, dass sich der sachliche Geltungsbereich der Kronzeugenregelung ebenso auf vor dem 1.1.2006 begangene Zuwiderhandlungen erstreckt, die mangels Zwischenstaatlichkeit nicht unter Art 101 AEUV fallen, aber aufgrund eines Fortsetzungszusammenhang mit ab dem 1.1.2006 verwirklichten Sachverhalten verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist weiters klarzustellen, dass die Anordnung einer Hausdurchsuchung gemäß § 12 Abs. 1 auch wegen des Verdachts von Zuwiderhandlungen gegen das Kartell- und Missbrauchsverbot vor dem 1.1.2006 zu erfolgen hat.

Die Novelle des Wettbewerbsgesetzes soll am 1. Oktober 2012 in Kraft treten.

Zu Artikel 3 (Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 ‑ UWG)

Zu Z 1 (§ 9a):

Die Aufhebung von § 9a UWG dient der Rechtstransparenz, da der EUGH mit Urteil vom 9. November 2010 in der Rechtssache C-540/08, Mediaprint, entschieden hat, dass eine derartige Bestimmung der Richtlinie 2005/29/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) entgegensteht, wenn sie ein allgemeines Zugabenverbot vorsieht und auch dem Schutz der Verbraucher dient. In der Folgeentscheidung hat der OGH am 15.2.1011 (4 Ob 208/10g) entschieden, dass das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern  aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs. 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig ist, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Diese Prüfung erfolgt aber nicht aufgrund von § 9a UWG sondern aufgrund der allgemeinen Bestimmungen des UWG (Generalklausel).

Auch in der Lehre (siehe dazu u.a. Wiltschek, in ÖBl 2011, S 35) wird daher unter Verweis auf Richter und Rechtsberater dringend dazu geraten, im Sinne der Rechtsbereinigung § 9a UWG aufzuheben.

Weiters wird auch der Bereich des § 9a UWG, der ein strengeres Zugaberecht für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern (§ 9a Abs. 1 Z 2) vorsieht, aufgehoben, da er in der Praxis wenig Bedeutung aufweist. Vielmehr wird das Anbieten und Fordern von Zugaben sowohl zwischen Unternehmern als auch von Unternehmern gegenüber Verbrauchern durch die Bestimmungen des Kartellgesetzes 2005 (z.B. §§ 1 Abs. 2 und 5 Abs. 1) und des Nahversorgungsgesetzes (z.B. § 1 Abs. 2) abgedeckt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das „Anzapfen“ (siehe z.B. 4 Ob 2365/96i – ÖBl 1997, 161), das schon nach den Bestimmungen des Nahversorgungsgesetzes unzulässig ist, auch weiterhin nach § 1 Abs. 1 Z 1 UWG verfolgbar bleiben wird (vgl. z.B. Handig in Wiebe/Kodek, UWG (2009) § 1 Rz 304 ff.).

Zu Z 2 bis 5 (§§ 14 Abs. 1, 18 und 21 Abs. 1):

Hier erfolgen die erforderlichen redaktionellen Anpassungen betreffend den Entfall des § 9a UWG.

Zu Z 6 (§ 44 Abs. 8):

Die Aufhebung von § 9a einschließlich der redaktionellen Anpassungen soll mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten. Eine längere Legisvakanz wie bei den Novellen zu Wettbewerbsgesetz und Kartellgesetz ist nicht erforderlich. Aufgrund der bisher geübten Praxis und der besseren Übersichtlichkeit wird eine Bestimmung zum Inkrafttreten eingefügt.

Zu Z 7 (Z 6 des Anhangs):

Hierdurch wird ein redaktionelles Versehen richtiggestellt. Denn der nun vorgesehene neue letzte Halbsatz hat Geltung für lit. a bis lit. c (entsprechend Anh. 1 Z 6 der Richtlinie 2005/29/EG).