Vorblatt

Probleme:

1.      Das Bezirksgericht (BG) Purkersdorf lastet lediglich rund zwei Richter/innen aus und zählt damit zu den strukturell in mehrfacher Hinsicht problematischen Kleinbezirksgerichten mit deutlich eingeschränktem Bürger/innenservice und schwierig zu gestaltenden Vertretungsregelungen; auch die wegen immer komplexerer Aufgaben wünschenswerte Spezialisierung auf bestimmte Fachgebiete ist nur sehr eingeschränkt möglich.

2.      Die bauliche Unterbringung des BG Purkersdorf ist für ein Amtsgebäude vollkommen inadäquat, nicht behindertengerecht, sanitär mangelhaft und wirft auch erhebliche Sicherheitsprobleme auf.

3.      Die bisherige gerichtsorganisatorische Zuordnung zum (im Vergleich zu Wien) viel weiter entfernten Landesgericht (LG) St. Pölten ist verkehrstechnisch sehr ungünstig; sie entspricht auch nicht der in der Realität von der Bevölkerung angesichts der Stadtrandlage gelebten Zuordnung zu Wien.

Ziele:

1.      Im Hinblick auf die bestehenden gravierenden infrastrukturellen und standortbedingten Nachteile soll das BG Purkersdorf mit einem nahegelegenen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbaren größeren BG zusammengelegt werden, um insbesondere den Bürger/innenservice weiter zu optimieren, Vertretungen zu erleichtern und eine stärkere Spezialisierung besonders der Rechtsprechungsorgane auf bestimmte Fachgebiete zu ermöglichen.

2.      Die bauliche Unterbringung und die Sicherheit sollen deutlich verbessert werden.

3.      Bei der gerichtsorganisatorischen Neuzuordnung soll, dem umschlossenen baulichen Gebiet folgend und ohne niederösterreichische Gemeindegebiete zu schneiden, auch die bestmögliche verkehrstechnische Anbindung und Erschließung berücksichtigt werden.

Inhalte:

1.      Mit der Zusammenlegung des BG Purkersdorf mit dem Wiener BG Hietzing (derzeit sieben Richter/innenplanstellen) als aufnehmendem Standort wird eine moderne und leistungsfähige bezirksgerichtliche Einheit geschaffen und dadurch die Vertretung erleichtert, der Bürger/innenservice durch einen eigenen Servicebereich deutlich verbessert und die angesichts der immer komplexeren Aufgaben wünschenswerte Spezialisierung auf bestimmte Fachgebiete ermöglicht.

2.      Für eine moderne, behindertengerechte und aktuellen Sicherheitsstandards entsprechende bauliche Unterbringung am neuen Standort wird vorgekehrt.

3.      Eine optimale verkehrstechnische Erschließung und Erreichbarkeit innerhalb des mit den bestehenden Gemeindegrenzen räumlich umschlossenen gemeinsamen Siedlungsgebiets ist gegeben.

Alternativen:

Beibehaltung des derzeitigen für die rechtsschutzsuchende Bevölkerung unbefriedigenden infrastrukturellen, verkehrstechnischen und organisatorischen Zustands.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch die Standortzusammenführung und die Aufnahme des BG Purkersdorf im BG Hietzing werden die Kosten für Sicherheitseinrichtungen und im Infrastrukturbereich (Gebäudereinigung, Informations- und Leitungstechnik, Einlaufstelle, Servicebereich, Bibliothek, Aktenlager etc.) in der Höhe von rund 80.000 Euro jährlich reduziert.

Hinsichtlich der Gebäudekosten selbst ist zu bedenken, dass sowohl am Standort Purkersdorf wegen der dort vollkommen unzureichenden und für ein Gericht völlig inadäquaten Unterbringung, als auch am Standort Hietzing wegen der räumlichen Beengtheit jeweils grundlegende Neuplanungen erforderlich gewesen und damit erhebliche (Sowieso-)Kosten angelaufen wären. Die Zusammenlegung kann nun zum Anlass genommen werden, diese jedenfalls erforderlichen Maßnahmen in wirtschaftlich sinnvoller Weise auf einen einzigen Standort zu fokussieren, was wegen der dadurch erreichten budgetären und infrastrukturellen Synergien im Vergleich zu unabhängig voneinander notwendigen Neuplanungen und dem Betrieb zweier Standorte zu einer Kostenreduktion beitragen wird.

Die Reorganisation kann auch zum Anlass für die Neugestaltung bzw. Neuplanung eines kundenfreundlichen Empfangs- und Servicebereichs genommen werden, bei dem die Bürger/innen in einfachen Rechtsangelegenheiten Anträge einbringen und Auskünfte zu anhängigen Verfahren erhalten sowie auch Grundbuchsabfragen durchführen können.

Personelle Auswirkungen:

In personeller Hinsicht bewirkt das Vorhaben vergleichsweise geringfügige Verschiebungsbedarfe etwa ab Jahresmitte 2014, auf die rechtzeitig vor dem Eingliederungszeitpunkt Bedacht zu nehmen sein wird.

Auf Bezirksgerichtsebene wird dabei im Wesentlichen die Eingliederung des BG Purkersdorf zum BG Hietzing zum Tragen kommen. Anteilige Verlagerungen vom Landesgericht (LG) bzw. von der Staatsanwaltschaft (StA) St. Pölten nach Wien teilen sich dort rein rechnerisch auf vier Landesgerichte (das LGZ Wien, das HG Wien, das ASG Wien und das LGSt Wien) bzw. die StA Wien auf.

Nach den im Rahmen des justizinternen Controllings zur Verfügung stehenden Informationen einerseits sowie der Bevölkerungsverteilung andererseits ist für die tangierten Verfahren von einem – bezogen auf den Sprengel des LG und der StA St. Pölten – Anteil des "Bereichs Purkersdorf" von rund 5% auszugehen. Im Verhältnis zu dem in Wien eingesetzten Personal ist der Anteil entsprechend niedriger und fällt dort mit ca. 0,5% bis 1% ins Gewicht. Für eine genauere controllingmäßige Darstellung wird jedoch, gerade angesichts der vergleichsweise geringen Größenordnungen, auch die jeweilige allgemeine Personal- und Geschäftsanfallsentwicklung in die künftigen Planungen einzubeziehen sein.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die vorgeschlagenen Regelungen dienen (auch) der Stärkung und Standortoptimierung der für die Bevölkerung und die Wirtschaft so wichtigen bezirksgerichtlichen Ebene in einem historisch gewachsenen, geografisch umschlossenen gemeinsamen Siedlungsgebiet. Sie leisten damit einen Beitrag zur Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und Effizienzsteigerung und tragen zu einer Stärkung des guten Rufs der Republik Österreich als Wirtschaftsstandort und zu einem Ausbau der bestehenden Vorreiterstellung der österreichischen Justiz beim Bürger/innenservice und bei der Anwendung moderner Informationstechnologien bei.

Im Übrigen ist auf die Ausführungen zu den finanziellen und personellen Auswirkungen zu verweisen.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen:

Zusätzliche Verwaltungslasten für Bürger/innen oder Unternehmen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil, durch die Standortoptimierung wird der Bürger/innenservice sogar verbessert.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist grundsätzlich nicht klimarelevant. Die äußerst günstige verkehrsmäßige Erschließung des Raums Purkersdorf mit schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln und dessen hervorragende Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz des nahe gelegenen Wien bewirkt aber zumindest indirekt die stärkere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Die vorgeschlagenen Regelungen verbessern den Bürger/innenservice sowie den Zugang zum Recht und tragen insofern zu einer Stärkung des Vertrauens der Allgemeinheit in die korrekte und effiziente Aufgabenwahrnehmung öffentlicher Einrichtungen bei.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Grundsätzlich keine; der verbesserte Bürger/innenservice kommt jedoch insbesondere auch den Familien zugute.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Grundsätzlich bestimmt Artikel 83 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte durch Bundesgesetz festgestellt wird.

Nach wie vor wird dieses Grundprinzip – ausschließlich hinsichtlich der Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte – durch eine andere in Verfassungsrang stehende Bestimmung modifiziert. Nach § 8 Abs. 5 lit. d des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 368/1925 werden in allen Bundesländern außer in Wien – abweichend von Art. 83 Abs. 1 B-VG – Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte durch Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung der (jeweiligen) Landesregierung verfügt.

Dies bedeutet für die in Rede stehende Zusammenlegung des Bezirksgerichts Purkersdorf mit dem (aufnehmenden) Bezirksgericht Hietzing zu einem vergrößerten (räumlich und baulich) umschlossenen und niederösterreichische Gemeindegrenzen nicht schneidenden sowie inselförmig-geschlossenen Gebiet, dass – aus dem Blickwinkel des Bundeslands Wien – eine (einfache) bundesgesetzliche Regelung und – aus niederösterreichischer Sicht – eine entsprechende Adaptierung bzw. Neufassung der Bezirksgerichte-Verordnung für Niederösterreich, für die die Zustimmung der niederösterreichischen Landesregierung gegeben ist, erfolgen muss.

Durch diesen Regionenbezug wird insbesondere auch ein verbesserter Service für die Bevölkerung erzielt. Verfassungsrechtliche oder einfachgesetzliche Vorgaben (etwa im GOG, in der JN, in der ZPO oder StPO), welche die Ziehung von Sprengelgrenzen nur bis zur jeweiligen Bundesländergrenze vorschreiben und damit länderübergreifende Sprengel verbieten würden, bestehen nicht. Schon die bundesweite Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs, die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für jeweils zwei bzw. drei Bundesländer sowie die jahrzehntelang über die Grenze zwischen Wien und Niederösterreich hinweg bestehenden (erst mit 1. Jänner 1997 gemäß Art. X und XI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 91/1993 geänderten) Zuständigkeiten für die sog. „Umlandbezirksgerichte“ zeigen dies ebenso wie die große Zahl der Sonderzuständigkeiten (wie beispielsweise für EU-Mahnsachen beim BG für Handelssachen in Wien sowie für die Führung der Bergbücher und Landtafeln, weiters in der Jurisdiktionsnorm, im Ehegesetz, im Urheberrechtsgesetz, im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, im Todeserklärungsgesetz 1950, im Seeschifffahrtsgesetz u.a.m.).

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Das EU-Recht enthält keine (expliziten) gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu dieser Materie.


Erläuterungen

Allgemeines

Die vom Bundesministerium für Justiz initiierten Beratungen und Diskussionen über notwendige Strukturoptimierungen in der österreichischen Gerichtsorganisation spiegeln zum einen die Erwartungshaltung der Bürger/innen an die Gerichte in einem demokratischen Rechtsstaat wider – welchen Service können und sollen moderne Gerichte für die Menschen erbringen –, zum anderen aber auch die immer stärker in den Vordergrund tretende Notwendigkeit, die beschränkten öffentlichen Mittel bestmöglich zu nutzen und im Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung und einer bürgernahen Justiz auf bestimmte Fachge­biete spezialisierte Richter/innen einzusetzen.

Die Gerichtsorganisation stammt in ihren Grundzügen noch aus dem Jahr 1849, ihre historischen Wurzeln liegen also mehr als eineinhalb Jahrhunderte zurück. Die bestehende Gerichtsorganisation ist zudem mit den damaligen Verhältnissen, also der allgemeinen Situation in den 1850er-Jahren des vorvorigen Jahrhunderts, historisch begründet. Seither haben sich die allgemeinen Lebensumstände, wie etwa die Verkehrsverhältnisse, aber auch der Technologieeinsatz und insbesondere das Rechtsleben grundlegend geändert.

Ein von der Bundesministerin für Justiz im Frühjahr 2012 vorgelegtes Reformpapier verfolgt daher in fachlicher, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht insbesondere folgende Hauptziele:

         -      Schaffung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen regionaler Nähe, fachlicher Kompetenz    und aufzuwendenden öffentlichen Mitteln.

         -      Sicherstellung, dass die erforderliche Spezialisierung und laufende Fortbildung der           Richter/innen und Rechtspfleger/innen in den jeweiligen Fachmaterien wie insbesondere auch         im Familienrecht erfolgen kann.

         -      Erreichung eines größtmöglichen Maßes an Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen für die           Bevölkerung, insbesondere durch möglichst flächendeckende Eingangskontrollen.

         -      Noch leistungsfähigere Einheiten in Zivilsachen zur weiteren Verbesserung des Bürger/innen-      Services und zur Stärkung der Wirtschaftsstandorte (siehe die vom Nationalrat im Rahmen des    2. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 35, beschlossene stufenweise Wertgrenzenanhebung             von 10.000 auf 25.000 Euro).

         -      Weiter verbesserte Erreichbarkeit der Rechtsprechungsorgane sowie ein noch höheres Maß an    Kundenfreundlichkeit und Service.

         -      Infrastrukturelle Synergien und weitere Optimierung der Kostenstruktur.

Bisheriger Gerichtsbezirk Purkersdorf

Der bisherige [Bezirks-]Gerichtsbezirk Purkersdorf ist einer von derzeit 32 Gerichtsbezirken in Niederösterreich und einer von dreien im Bezirk der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung. Mit lediglich zwei systemisierten Richter/innenplanstellen zählt dieser Standort – mit allen damit verbundenen Nachteilen (wie erhöhten Sicherheitsrisken, eingeschränktem Bürger/innenservice, schwierig zu lösenden Vertretungsfragen und eingeschränkter Spezialisierungsmöglichkeit auf die immer komplexeren Rechtsmaterien) – zu den Kleinbezirksgerichten.

Der derzeitige Einzugsbereich des – im Wiental in einem gemeinsamen und faktisch geschlossenen Siedlungsraum mit den westlichen Wiener Stadtgebieten gelegenen – BG Purkersdorf umfasst die Stadtgemeinde Purkersdorf selbst (derzeit 9.185 Einwohner), die Marktgemeinden Gablitz (4.643 Einwohner), Mauerbach (3.658 Einwohner), Pressbaum (6.995 Einwohner) und Tullnerbach (2.694 Einwohner) sowie die Gemeinde Wolfsgraben (1.635 Einwohner). Demgegenüber leben im Bezirk Hietzing 51.292 Einwohner (Stand jeweils Jänner 2011).

Nach den bisher geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die niederösterreichischen Umland-Bezirksgerichte Wiens (Artikel X und XI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 91/1993) ist übergeordneter Gerichtshof das fast 60 km entfernte LG St. Pölten. Demgegenüber würde die Entfernung zu den verkehrstechnisch durch die Schnellbahn und das Wiener U-Bahnnetz hervorragend angebundenen und erreichbaren Wiener Gerichten lediglich rund 15 km betragen.

Die konstruktiven Gespräche zwischen dem Justizressort und dem Land Niederösterreich über eine bezirksgerichtliche Standortoptimierung in Niederösterreich haben insbesondere auch gezeigt, dass sich die Bevölkerung im Gerichtsbezirk Purkersdorf schon auf Grund der geografischen Nähe zu Wien, des dicht bevölkerten gemeinsamen Siedlungsraums und der besseren Verkehrsanbindung viel stärker nach Wien orientiert als etwa zu den sonst in Betracht kommenden Alternativen (wie St. Pölten, Neulengbach oder Klosterneuburg). Dazu kommt eine völlig inadäquate, der rechtsuchenden Bevölkerung und den Bediensteten kaum noch zumutbare, weder behindertengerechte noch baulichen und sanitären Standards entsprechende und somit nicht länger tragbare räumliche Unterbringung am derzeitigen Standort Purkersdorf.

Bauliche Investitionen an einem mit lediglich zwei systemisierten Richter/innenplanstellen äußerst kleinen Standort, der nur vermindertes Bürger/innenservice und eingeschränkte Sicherheit bietet, erscheinen nicht nur vor dem Hintergrund der knappen Ressourcen vollkommen unwirtschaftlich und unvertretbar, sondern wären angesichts der bestehenden strukturellen Nachteile an Kleinststandorten auch nicht nachhaltig. Es liegt daher geradezu auf der Hand, das BG Purkersdorf mit einer größeren bezirksgerichtlichen Einheit zusammenzulegen, wobei sich in zahlreichen bilateralen Gesprächen sowohl auf Bundesebene als auch mit dem Land Niederösterreich, insbesondere aber auch mit der Stadtgemeinde Purkersdorf selbst, das Wiener BG Hietzing als die für ein geografisch und bevölkerungsmäßig umschlossenes sowie von der Besiedlung her faktisch zusammengehöriges, inselförmig-geschlossenes Gebiet eindeutig zweckmäßigste Standortwahl herausgebildet hat.

Für die Zusammenführung zu einem räumlich und baulich umschlossenen, die niederösterreichischen Gemeindegrenzen nicht schneidenden Gebiet ist eine ausreichende Legisvakanz vorgesehen, damit einerseits eine optimale infrastrukturelle und bauliche Lösung am Aufnahmestandort vorbereitet und andererseits die konkrete Umsetzung der in Rede stehenden strukturellen Änderungen in Arbeitsgruppen mit Praktikern und vor allem den einzubindenden Betroffenen und den Funktionsträgern vor Ort in die Wege geleitet werden kann.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen zum Zusammenspiel unterschiedlicher Regelungen auf Gesetzes- und Verordnungsebene sowie zur Frage bundesländerübergreifender gerichtsorganisatorischer und zuständigkeitsmäßiger Bestimmungen auf die eingehenden Ausführungen zum Abschnitt „Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens“ verwiesen.

Zu Artikel I (Änderung des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien)

Die erforderlichen Erweiterungen des Einzugs- und Zuständigkeitsbereichs der Wiener Gerichte werden dadurch erreicht, dass zum einen in einer eigenen Bestimmung (§ 4) definiert wird, welche niederösterreichischen Gemeinden im Rahmen der Gerichtsorganisation Wien zugeordnet sind, und dass zum anderen Hinweise auf diese Bestimmung bei den in Betracht kommenden Bezirksgerichten (nämlich in § 2 Z 3 für das BG Hietzing bzw. in § 3 beim BG für Handelssachen Wien) angefügt werden.

Der Ausdruck "Im Rahmen der Gerichtsorganisation" bezieht sich selbstverständlich auch auf die Zuständigkeitsregeln für gerichtliche Verfahren. Dies bedeutet, dass sich § 4 und die damit für Wien verbundene Sprengelerweiterung auf alle Zuständigkeitsbestimmungen auswirkt, also sowohl auf die "normalen" Zuständigkeiten bzw. Zuständigkeitsregelungen einschließlich jener für das Grund- und Firmenbuch, als auch auf allfällige Sonderregelungen bzw. Sonderzuständigkeiten. So erstreckt sich daher beispielsweise die örtliche (Sonder-) Zuständigkeit des BG Innere Stadt Wien nach § 88 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 95/2006, auch auf die in § 4 angeführten niederösterreichischen Gemeinden.

Der im Rahmen der Inkrafttretensbestimmung (§ 11a) verwendete Begriff der ‚Überweisung’ folgt terminologisch dem Bundesgesetz über die Auflassung von Bezirksgerichten, BGBl. Nr. 67/1972. § 11a regelt das Übergangsrecht auf bezirksgerichtlicher Ebene.

Für die Wiener Landesgerichtsebene trifft § 11b die erforderlichen Festlegungen. Insbesondere wird dabei auch klargestellt, dass sich die neue Gemeindezuordnung nicht nur im Rechtsmittelbereich (Sparten R und Bl), sondern selbstverständlich auch auf die in allen Sparten der Rechtspflege in örtlicher Hinsicht erweiterten erstinstanzlichen Aufgaben der Wiener Landesgerichte auswirkt. Zudem wird, dem Grundsatz der perpetuatio fori Rechnung tragend, übergangsrechtlich festgeschrieben, in welchen (Alt-)Fällen ausnahmsweise das Landesgericht St. Pölten zuständig bleibt.

Der Grundsatz der perpetuatio fori kommt selbstverständlich auch dann zum Tragen, wenn erstinstanzliche Entscheidungen durch ein Rechtsmittelgericht zur Gänze oder teilweise aufgehoben wurden und die Angelegenheit zur Neudurchführung oder Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens zurückverwiesen wurde.

§ 11b Abs. 4 trifft die erforderlichen Klarstellungen für das Firmenbuch.

Mit der Bestimmung des § 11c wird eine Grundlage für Vorbereitungsmaßnahmen geschaffen.

Zu Artikel II (Änderung des Bundesgesetzes, mit dem [… … …] die niederösterreichischen Umland-Bezirksgerichte Wiens niederösterreichischen Gerichtshöfen zugewiesen werden)

Korrespondierend zu den Änderungen im Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien muss auch eine darauf abgestimmte Anpassung der Regelungen über die niederösterreichischen Umland-Bezirksgerichte Wiens (siehe die Artikel X und XI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 91/1993) erfolgen. Diese sieht konsequenter Weise den Entfall der – mit der Reorganisation hinfälligen – Zuordnung des Bezirksgerichts Purkersdorf zum Landesgericht St. Pölten vor.

Hierzu wird übergangsrechtlich definiert, in welchen (Alt-)Fällen ausnahmsweise das Landesgericht St. Pölten als Rechtsmittelinstanz zuständig bleibt. Danach bleibt das Landesgericht St. Pölten im Bereich der niederösterreichischen Gemeinden nach § 4 des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien, BGBl. Nr. 203/1985, lediglich für Verfahren zuständig bleibt, die vor dem 1. Juli 2014 beim Bezirksgericht Purkersdorf, beim Landesgericht St. Pölten oder bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten eingelangt, anhängig gemacht oder behandelt worden sind, wie beispielsweise

         1.    Rechtsmittel;

         2.    Anträge auf Fortführung gemäß § 31 Abs. 6 Z 3 der Strafprozessordnung 1975, BGBl.      Nr. 631/1975;

         3.    im Bereich der Staatsanwaltschaft St. Pölten eingebrachte Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im        Ermittlungsverfahren (Einsprüche; Anträge auf Einstellung).

Zu Artikel III (Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes)

Um etwaigen Zweifeln zu begegnen, wird durch die neu eingefügte Bestimmung des § 2b klargestellt, dass sich der Sprengel einer Staatsanwaltschaft (vorbehaltlich der Sonderzuständigkeiten) jeweils nach jenem des Landesgerichts orientiert, an deren Sitz sie eingerichtet ist, und zwar auch für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 4.

§ 42 Abs. 17 regelt das erforderliche Übergangsrecht mit dem Ziel einer Harmonisierung der staatsanwaltschaftlichen mit der gerichtlichen Zuständigkeit. Nur ab dem 1. Juli 2014 neu angefallene Strafsachen im Bereich der in § 4 des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien angeführten niederösterreichischen Gemeinden sind von der Staatsanwaltschaft St. Pölten der Staatsanwaltschaft Wien (bzw. deren Organen nach § 4) zur Weiterführung abzutreten.