1824 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (1734 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Tierärztekammergesetz erlassen und das Tierärztegesetz geändert wird

Das Berufsbild der Tierärztinnen und Tierärzte hat sich in den letzten Jahrzehnten weitgehend geändert. War der „klassische“ Tierarzt früher ein (männlicher) Nutztierpraktiker im ländlichen Raum, der allein und selbständig seiner freiberuflichen Tätigkeit nachging, erfolgt heute – im Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Landwirtschaft nicht zuletzt in Folge des EU-Beitritts – die Nutztierbetreuung vermehrt durch Praxisgemeinschaften und Großpraxen mit Angestellten. Auf Grund der gestiegenen Bedeutung des Tierschutzes haben Kleintierpraxen ein erweitertes Tätigkeitsfeld erfahren, da durch die geänderte Mensch-Tier-Beziehung in diesem Bereich eine gestiegene Nachfrage nach tierärztlichen Leistungen herrscht. Durch den Fortschritt der Wissenschaft haben sich neue tierärztliche Berufsfelder ergeben (Labordiagnostik, Zoonosenbekämpfung etc.) und durch die Rechtsentwicklung innerhalb der EU werden Tierärztinnen und Tierärzte vermehrt zur Erfüllung amtlicher Aufgaben herangezogen. Hinzu kommt, dass wesentlich häufiger als früher Frauen den tierärztlichen Beruf ergreifen, was – verbunden mit der zunehmenden beruflichen Tätigkeit im Angestelltenverhältnis – den Berufsstand vor neue Herausforderungen stellt.

Die Österreichische Tierärztekammer, als Selbstverwaltungskörper zur Vertretung und Förderung der Interessen der Tierärzteschaft, ist erst seit September 2002 eine bundeseinheitliche Kammer (bis dahin gab es neun Landeskammern und eine Bundeskammer der Tierärzte), wobei sich in den folgenden Jahren gezeigt hat, dass die gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung dieses neuen Modells noch verbesserungsbedürftig sind.

Es besteht somit Bedarf nach einer umfassenden Neustrukturierung der Kammerorganisation, die besser als die bisherige Kammerstruktur den Bedürfnissen der angestellten und selbständigen Tierärztinnen und Tierärzten gerecht wird.

Ziele des vorliegenden Entwurfs sind:

Neustrukturierung der Organisation der Tierärztekammer durch Schaffung von Abteilungen für selbständig freiberuflich tätige Tierärztinnen und Tierärztinnen und Tierärzte, die ihren Beruf im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausüben, wodurch die Wahrnehmung der beruflichen Interessen der jeweiligen Gruppe besser gewährleistet sein soll und überdies eine Kollektivvertragsfähigkeit der Abteilung der Selbständigen auf Arbeitgeberseite erreicht wird.

Die entsprechende Anpassung des Wahlrechts.

Festlegung einer klaren Kammerstruktur mit Regelung der Aufgaben der Organe und des Kammeramts.

Klarere Darstellung des eigenen und des übertragenen Wirkungsbereiches der Kammer sowie verbesserte Darstellung des Weisungs- und Aufsichtsrechts.

Strukturiertere Regelung der Wohlfahrtseinrichtungen.

Neuregelung des tierärztlichen Disziplinarverfahrens, durch Schaffung eines den praktischen Erfordernissen Rechnung tragenden Verfahrensrechts.

Anpassung des Tierärztegesetzes.

 

Der vorliegende Entwurf gliedert sich in sieben Hauptstücke:

Das erste Hauptstück enthält neben allgemeinen Bestimmungen betreffend die Österreichische Tierärztekammer auch Bestimmungen über die Kammermitgliedschaft und den eigenen sowie übertragenen Wirkungsbereich.

Das zweite Hauptstück listet die Organe der Tierärztekammer auf und enthält die Bestimmungen über deren Zusammensetzung und Wahlmodalitäten sowie zu den Aufgaben und der Funktionsweise der einzelnen Organe.

Im dritten Hauptstück finden sich die Bestimmungen zur Organisation der Tierärztekammer: Kammeramt, Landesstellen und Abteilungen. Daneben enthält dieses Hauptstück die Bestimmungen über die Gebarung der Tierärztekammer sowie zum Weisungs- und Aufsichtsrecht der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Gesundheit.

Das vierte Hauptstück enthält die Regelungen zu den Wohlfahrtseinrichtungen der Tierärztekammer: nach einem einleitenden Abschnitt mit den allgemeinen Bestimmungen zu den Wohlfahrtseinrichtungen finden sich hier detaillierte Bestimmungen zu Versorgungsfonds, Sterbekasse und Notstandsfonds.

Das fünfte Hauptstück behandelt die disziplinarrechtlichen Regelungen der Tierärztekammer, die wesentlich umfangreicher und detaillierter sind als dies in der geltenden Rechtsmaterie der Fall ist. Der Entwurf trägt den Erkenntnissen über die Funktionsweise des Disziplinarrechts der Tierärztinnen und Tierärzte Rechnung und bietet mehr Transparenz und Rechtssicherheit.

Das sechste Hauptstück enthält Strafbestimmungen betreffend Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht.

Das siebente und abschließende Hauptstück enthält Schluss- und Übergangsbestimmungen, insbesondere auch zur Überleitung für Organe.

Mit dem vorgeschlagenen Gesetz sind weder nennenswerte Einsparungen noch Mehrkosten für den Bund und die anderen Gebietskörperschaften verbunden, sodass von keinen Auswirkungen auf den Bundehaushalt, auf die Planstellen des Bundes und auf andere Gebietskörperschaften auszugehen ist.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. Juni 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dietmar Keck die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Dr. Wolfgang Spadiut, Karl Donabauer, August Wöginger und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zum Inhaltverzeichnis des TÄKamG:

Das Inhaltsverzeichnis soll den Änderungen angepasst werden.

Zu § 11 TÄKamG:

Dem von Vertretern der Tierärzteschaft geäußerten Wunsch folgend, sollen Schlichtungsgremien in den Bundesländern eingerichtet werden, weil die Schlichtungen auf lokaler Ebene rascher und kostengünstiger abgewickelt werden können und die beteiligten Personen sowie die Möglichkeiten der Streitbeilegung in diesem Umfeld besser bekannt sind.

Betrifft die Streitigkeit Tierärzte verschiedener Bundesländer, ist hierfür in der zu erlassenden Schlichtungsordnung eine Regelung über die örtliche Zuständigkeit vorzusehen.

Zu § 12 Abs. 3 Z 8 TÄKamG:

Da für alle Wohlfahrtseinrichtungen Satzungen zu erlassen sind, ist die Bezeichnung anzupassen.

Zu § 14 Z 4 TÄKamG:

Die ursprünglich vorgesehenen Rechnungsprüfer werden durch einen Kontrollausschuss ersetzt; daher ist die Bezeichnung des Organs anzupassen.

Zu § 15 Abs. 5 TÄKamG:

Dem Wunsch der Standesvertretung folgend wird mit Z 4 als neue Aufgabe der Delegiertenversammlung die Möglichkeit der Beschlussfassung auf Durchführung einer Sonderprüfung der Gebarung vorgesehen; damit besteht ein Instrument, Teile der laufenden Gebarung unabhängig von der Erstellung des Jahresabschlusses durch den Kontrollausschuss prüfen zu lassen und bei Problemen rasch und zeitnah einzugreifen.

Nachdem Streitigkeiten zwischen Tierärzten nunmehr durch Schlichtungsgremien beigelegt werden sollen, war die Wahl der Mitglieder dieser Gremien in Z 11 der Delegiertenversammlung als Aufgabe zu übertragen.

Zu § 15 Abs. 8 TÄKamG:

Durch die Formulierung soll klargestellt werden, dass für die Beschlussfassung durch das Gesetzes auch andere Mehrheiten festgelegt werden können (z.B. § 26).

Zu § 18 TÄKamG:

Auf Wunsch der Standesvertretung soll die Kontrolle der Gebarung nicht mehr wie bisher durch Rechnungsprüfer, sondern durch einen Kontrollausschuss vorgenommen werden. Der Kontrollausschuss besteht aus drei Kammermitgliedern, die für vier Jahre von der Delegiertenversammlung gewählt werden. Weiters sind für alle Mitglieder eine Stellvertreterin bzw. ein Stellvertreter vorzusehen, sodass die Funktionsfähigkeit des Ausschusses auch bei Verhinderung eines Mitgliedes gewährleistet ist.

Zu § 25 Abs. 2 TÄKamG:

Auf Grund der Einführung eines Kontrollausschusses ist die Bestimmung anzupassen.

Zu § 26 Abs. 2 TÄKamG:

Mit Abs. 2 wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Delegiertenversammlung die von ihr gewählten Organe durch einen Misstrauensantrag abberuft. Für eine solche Abberufung ist ein erhöhtes Quorum vorgesehen. Der Antrag muss zumindest die Zustimmung von zwei Drittel der abgegebenen gewichteten Stimmen und die Mehrheit der Mitglieder (sohin zumindest 14 Delegierten) erhalten. Von einem Präsenzquorum soll jedoch Abstand genommen werden, um zu verhindern, dass eine Minderheit durch bloßes Fernbleiben die Abberufung blockiert.

Zu § 28 Abs. 1 TÄKamG:

Die Bestimmung über das Kammeramt soll der bewährten Formulierung des Zahnärztekammergesetzes angepasst werden, um die Aufgaben klar darzustellen und insbesonders die Unparteilichkeit gegenüber allen Organen der Kammer zum Ausdruck zu bringen.

Zu § 30 Abs. 2 TÄKamG:

Dem Wunsch der Standesvertretung folgend, wird den Landesstellenpräsident(inn)en zur Beratung ein Landesausschuss zur Seite gestellt. Der Landesausschuss besteht aus sechs Personen, nämlich der Landesstellenpräsidentin bzw. dem Landesstellenpräsidenten sowie zwei weiteren Personen, die auf Grund der Stimmverteilung bei den Wahlen zur Delegiertenversammlung nach dem System d`Hondt ermittelt werden sowie deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Damit soll gewährleistet werden, dass die bzw. der Landesdelegierte über alle in seinem Bundesland vertretenen Ansichten entsprechend informiert ist, sodass auch abweichende Meinungen in die Willensbildung integriert und in der Delegiertenversammlung vertreten werden können.

Zu § 33 Abs. 2 TÄKamG:

Auf Grund der Einführung eines Kontrollausschusses ist die Bestimmung anzupassen.

Zu § 43 Abs. 2 TÄKamG:

Durch diese Formulierung soll sichergestellt werden, dass der Verwaltungskostenaufwand der Fonds das notwendige (marktübliche und angemessene) Ausmaß nicht übersteigt und insbesonders eine Querfinanzierung des sonstigen Kammervermögens ausgeschlossen ist.

Zu § 61 TÄKamG:

Dient der Korrektur eines redaktionellen Fehlers der Regierungsvorlage.

Zu § 83 TÄKamG:

Die Übergangsbestimmungen waren im Hinblick auf die Einführung eines Kontrollausschusses anzupassen.

Zu § 85 TÄKamG:

Im Hinblick auf das geänderte Inkrafttreten wäre die Bestimmung anzupassen. Durch die Bestimmung soll die Funktionsfähigkeit der Kammer nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes sichergestellt werden.

Zu § 86 TÄKamG:

In Abstimmung mit den Terminen der parlamentarischen Behandlung dieses Gesetzesvorhabens soll das Gesetz möglichst bald in Kraft treten.

Zu § 13a TÄG:

Da die Tierärztekammer nunmehr eine Liste der hausapothekenführenden Tierärztinnen und Tierärzte im übertragenen Wirkungsbereich zu führen hat (bisher im eigenen Wirkungsbereich), ist es erforderlich die Ausgestaltung dieser Liste gesetzlich festzulegen.

Um der Tierärztekammer ausreichend Zeit zu organisatorischen Maßnahmen zu geben, soll diese Bestimmung erst mit 1. Jänner 2014 in Kraft treten.

Zu § 75b TÄG:

Die Bestimmungen über das Inkrafttreten sind den vorhergehenden Änderungen anzupassen.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, B dagegen: F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 06 20

                                   Dietmar Keck                                                 Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein