1825 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über die Petition Nr. 165/PET: „Bundesgesetz, mit dem ein Tierärztekammergesetz erlassen und das bestehende Tierärztegesetz geändert werden soll“, überreicht von den Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Dipl.Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber
Die gegenständliche Petition Nr. 165/PET wurde dem Nationalrat am 23. Mai 2012 zugeleitet.
Zu den Anliegen dieser Petition:
„Die Österreichische Tierärztekammer ist ein Selbstverwaltungskörper, der keine staatlichen Zuwendungen erhält. Sie finanziert sich ausschließlich aus Beiträgen ihrer Mitglieder.
Seit gut zwei Jahren gibt es Bestrebungen zur Reform des bestehenden Tierärztegesetzes bzw. zur Schaffung eines Tierärztekammergesetzes.
Am 7.April 2010 schrieb dazu Herr Bundesminister Stöger an die Österreichische Tierärztekammer:
‚Vorab möchte ich unmissverständlich festhalten, dass ich der Selbstverwaltung größte Wertschätzung entgegenbringe und nicht daran zweifle, dass auch Ihre Kammer in der Lage sein wird, die bestehenden Probleme eigenständig und verantwortungsvoll zu regeln.
Nach Prüfung der in meinem Ressort aufliegenden Unterlagen konnte ich mir nun selbst ein Bild der derzeitigen Vorgänge machen und stehe einer Änderung des Tierärztegesetzes - noch vor den nächsten Wahlen - prinzipiell aufgeschlossen gegenüber. Dabei möchte ich aber betonen, dass es Sache der Kammer sein wird, Vorschläge dazu auszuarbeiten‘.
Tatsächlich fand aber nie eine umfassende Meinungsbildung innerhalb der Tierärzteschaft bzw. deren direkt und unmittelbar gewählten Vertretung (= Hauptversammlung) statt. Mehrere Arbeitsgruppen wurden eingesetzt, jedoch wurde über die eigentlichen Inhalte das TÄKG betreffend in diesen Arbeitsgruppen nie konkret diskutiert und deren Arbeit auch nie abgeschlossen. Eine Arbeitsgruppe aus ‚Externen Experten‘ zu den eigentlichen Themen des TÄKG, wie ursprünglich geplant, wurde nie nominiert.
Lediglich der Vorstand der Österreichischen Tierärztekammer hatte Gelegenheit, bzw. sich das Recht herausgenommen, der tierärztlichen Öffentlichkeit und offenbar auch dem Bundesministerium für Gesundheit konkrete Vorschläge zu präsentieren, die in keiner Weise dem Willen der Hauptversammlung entsprachen, beim Ministerium aber augenscheinlich Gehör fanden.
Dies resultierte in einem ersten Begutachtungsentwurf des Ministeriums im Dezember 2011. Die an Herrn BM Stöger im Dezember 2011 schriftlich herangetragene Bitte aller neun Landesstellenpräsidenten, den Begutachtungsentwurf zu verschieben, da eine ausreichende Meinungsbildung innerhalb des Standes noch nicht stattgefunden hat, wurde leider ignoriert.
Dementsprechend wurde dann auch der in Begutachtung gegangene Entwurf von der Hauptversammlung der Österreichischen Tierärztekammer im Jänner 2012 mit über 80 % der Stimmen abgelehnt.
Zugleich wurde dem Vorstand der Kammer wegen seiner eigenmächtigen Vorgehensweise in dieser Causa ebenfalls mit mehr als 80 % der Stimmen d. HV das Misstrauen ausgesprochen und die Vorstandsmitglieder zum Rücktritt aufgefordert. (Aufgrund einer Lücke im bestehenden Tierärztegesetz, das eine Abwahl des Vorstandes nicht vorsieht, allerdings ohne unmittelbare Rechtsfolge.)
In einem persönlichen Gespräch mit dem Herrn Bundesminister im Februar 2012 konnten die neun Präsidenten der Landesstellen dann diese Fakten auch darlegen. Dennoch machte uns Herr Bundesminister Stöger unmissverständlich klar, dass sein Ansprech- und Verhandlungspartner ausschließlich der Präsident sei.
Nach einigen kleineren Änderungen passierte der Gesetzesentwurf schließlich den Ministerrat und wurde dem Parlament zugeleitet.
Auch dieser, nun Regierungsvorlage genannte, Entwurf eines Tierärztekammergesetzes wurde mit mehr als 80 % der Stimmen in einer weiteren Hauptversammlung der Kammer am 3.Mai 2012 abgelehnt.
In mehreren Gesprächen von Mitgliedern der Hauptversammlung mit Vertretern aller im Parlament vertretenen Parteien wurde von den Abgeordneten immer wieder Verständnis für unsere Position geäußert. Großes Erstaunen darüber herrschte vor, dass Teile des Gesetzesentwurfes (Wohlfahrtseinrichtungen, Disziplinarrecht) innerhalb des Standes überhaupt noch nie diskutiert worden sind.
Am 15.5.2012 wurden wir Mitglieder der Hauptversammlung in einer Gesprächsrunde auf Einladung der Gesundheitssprecher von SPÖ und ÖVP, in Anwesenheit von Vertretern des Gesundheitsministeriums, mit zahlreichen Vertretern der Tierärztekammer (Vorstand, Kammeramtsdirektor, Mitglieder der Hauptversammlung, Vorsitzender des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen sowie deren Geschäftsführer) dankenswerterweise ausführlich angehört. Dennoch wurde uns zu verstehen gegeben, dass ausschließlich der Präsident und der Vorstand die Kammer nach außen vertreten, diese also gleichsam ‚die Österreichische Tierärztekammer‘ sind.
Für uns war diese Situation enttäuschend, hätten wir uns von den gewählten Abgeordneten zum Nationalrat doch mehr Verständnis für uns als gewählte Vertreter der Österreichischen Tierärztinnen und Tierärzte erwartet.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Gegensatz zu vielen anderen Gesetzesvorhaben, die unter verschiedenen gesellschaftspolitischen, sozialen, ökonomischen und anderen Gesichtspunkten von verschiedenen Seiten durchaus und verständlicherweise kontroversiell gesehen werden können, handelt es sich bei gegenständlicher Materie lediglich darum, wie ein Berufsstand seine eigene Interessensvertretung organisiert, eine Interessensvertretung, die sich - wie schon ausgeführt - zur Gänze selbst finanziert, womit wirtschaftliche Auswirkungen auf den Steuerzahler von vornherein auszuschließen sind.
Wir ersuchen Sie daher eindringlich - zur Wahrung der demokratischen Prinzipien - dieser Gesetzesvorlage so lange nicht zuzustimmen, als die Meinungsbildung innerhalb des Berufsstandes und dessen gewählter Vertretung nicht abgeschlossen ist. Wir Tierärztinnen und Tierärzte alleine sind es, die mit diesem Kammergesetz in Zukunft leben und arbeiten müssen.
Die vorgesehenen Veränderungen sind genauso fundamental wie die Auflösung der Landeskammern vor 10 Jahren. Den damals amtierenden Standesvertretern war es eine selbstverständliche Pflicht, durch eine Urabstimmung allen Kammermitgliedern die Möglichkeit zu geben, über die Zukunft ihrer Interessensvertretung selbst zu entscheiden. Im jetzigen Gesetzwerdungsprozess hatte nicht einmal die Hauptversammlung die Möglichkeit dazu.
Weder die tierärztliche Versorgung in Österreich noch die Lebensmittelsicherheit wären durch eine Verzögerung der Gesetzwerdung in Gefahr.“
Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, dem die gegenständliche Petition am 24. Mai 2012 zugewiesen wurde, hat in seiner Sitzung am 31. Mai 2012 einstimmig beschlossen, die Präsidentin des Nationalrates zu ersuchen, diese zur weiteren Behandlung dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen. Die Präsidentin des Nationalrates hat diesem Ersuchen entsprochen.
Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Petition in seiner Sitzung am 20. Juni 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dietmar Keck die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Dr. Wolfgang Spadiut, Karl Donabauer, August Wöginger und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar BelakowitschJenewein.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2012 06 20
Dietmar Keck Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein
Berichterstatter Obfrau