1886 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1792 der Beilagen): Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012

Der Österreichische Stabilitätspakt (ÖStP) setzt die unionsrechtlichen Regeln über die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten um und regelt die innerstaatliche Haushaltskoordinierung für die Sektoren Bund, Länder und Gemeinden. Hintergrund für den ÖStP ist die Verpflichtung Österreichs, übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden.

Der ÖStP 2011 ist rückwirkend mit 1.1.2011 in Kraft getreten und hat eine Reihe an Neuerungen gebracht: ambitionierte, realistische Stabilitätsbeiträge von Bund, Ländern und Gemeinden, Verschärfungen der Sanktionen bei Zielverfehlung, Verbesserungen der Haushaltskoordinierung und mittelfristigen Ausrichtung der Haushaltsführung, die Festlegung von autonomen Haftungsobergrenzen für Bund, Länder und Gemeinden, erhöhte Transparenz und eine „Rendez-vous-Klausel“ bei Änderung von EU-rechtlichen Vorgaben (Verhandlungen zur Anpassung).

Auf Grund der europäischen Entwicklungen im Zusammenhang mit einer verstärkten wirtschaftlichen Governance der EU-Mitgliedstaaten (so genanntes „Sixpack“ und „Two-Pack“ sowie Fiskalpakt) ergab sich bereits 2012 die Notwendigkeit, Verhandlungen zur Anpassung des ÖStP, der bis 2014 abgeschlossen wurde, an neue EU-rechtliche Vorgaben zu führen. Diese europarechtlichen Vorgaben, die mit den Ländern und Gemeinden am 29.11.2011 in Salzburg vereinbarte gesamtstaatliche Budgetkonsolidierung sowie das Stabilitätspaket als gesamtstaatliche Kraftanstrengung für Reformen und stabile Finanzen bilden die Grundlagen für einen neuen Österreichischen Stabilitätspakt. Durch strengere Ziele als bisher wird dabei die Umsetzung des neuen Konsolidierungspfades und damit die Erreichung eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes für ganz Österreich ab 2017 sicher gestellt.

Der Österreichische Stabilitätspakt ist insbesondere auch Anker für die Umsetzung einer Schuldenbremse für Bund, Länder und Gemeinden. Die Bundesregierung strebt nach wie vor an, eine gesamtstaatliche Schuldenbremse unter Einbeziehung nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder und Gemeinden zu verankern. Mit den Ländern und Gemeinden wurde am 29.11.2011 in Salzburg vereinbart:

-       Länder und Gemeinden wirken an einer Schuldenbremse mit, um damit einen Beitrag zur Erfüllung der Vorgaben des Rechtes der Europäischen Union zu erbringen.

-       Das gesamtstaatliche strukturelle Defizit soll den Wert von 0,45 % des nominellen Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht übersteigen.

-       Dem Grundsatz eines ausgeglichenen Haushalts ist für Länder und Gemeinden entsprochen, wenn der Anteil von Ländern und Gemeinden am strukturellen Defizit insgesamt 0,1 % des nominellen BIP nicht übersteigt.

-       Kontrollkonten werden für jedes Land und landesweise für die Gemeinden geführt, wobei der Schwellenwert für die Kontrollkonten der Länder und Gemeinden in den abschließenden Gesprächen am 2. Mai 2012 mit insgesamt 0,367% des nominellen BIP festgelegt wurde.

-       die Operationalisierung der neuen Fiskalregel wird im Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP) erfolgen.

In Zukunft wird auf Grund der EU-rechtlichen Vorgaben nicht mehr allein das Maastricht Defizit, sondern zusätzlich das strukturelle Defizit im Vordergrund stehen. Auch die Rückführung der Schulden und die Ausgabenentwicklung werden stärker als bisher beachtet.

Diese und weitere Details, welche Schulden- und Ausgabenbremse auch praxisgerecht operational machen, werden in einem neuen Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP 2012) vereinbart. Zudem erfordern die unbefristete Geltung des Fiskalpaktes und der EU-rechtlichen Vorgaben einen mehrjährigen Finanzplanungshorizont und eine dauerhafte Umsetzung.

Der ÖStP bindet die Organe der Bundesgesetzgebung und erfordert daher eine Genehmigung des Nationalrates (Art. 15a Abs. 1 B-VG). In den Ländern kann die Genehmigung der Vereinbarung gemäß BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998, in den Landtagen mit einfacher Mehrheit erfolgen (Art. 2 Abs. 1 Z 3). Die Vereinbarung wird sodann rückwirkend mit 1. Jänner 2012 in Kraft treten.

Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Abschluss dieser Vereinbarung bildet das Bundesverfassungsgesetz über die Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998 („Ermächtigungs-BVG“). Dieses Bundesverfassungsgesetz ermächtigt Bund, Länder und Gemeinden, diese vertreten durch den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund, miteinander Vereinbarungen u.a. über einen Stabilitätspakt abzuschließen. Auf diese Vereinbarung sind gemäß Art. 2 des genannten Bundesverfassungsgesetzes die für Vereinbarungen gemäß Art. 15a B VG geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften mit bestimmten Abweichungen anzuwenden.

Dem Inhalt nach bindet die Vereinbarung auch Organe der Bundesgesetzgebung und bedarf daher gemäß Art. 15a Abs. 1 B VG der Genehmigung des Nationalrates.

Zur Vollziehung des ÖStP 2012 wird die Bundesanstalt Statistik Österreich mit der Erarbeitung von Beratungs- und Entscheidungsgrundlagen nach den Bestimmungen des Stabilitätspaktes zu beauftragen sein. Dadurch entstehen dem Bund Kosten in einer mit der Bundesanstalt Statistik Österreich noch endgültig zu verhandelnden Höhe.

Im Übrigen werden bei vereinbarungsgemäßer Umsetzung durch den ÖStP 2012 keine quantifizierbaren Kosten verursacht. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Verpflichtungen treten die in der Vereinbarung näher geregelten Kostenfolgen ein.

Generell wird die Vereinbarung jedoch durch die geregelten Stabilitätsverpflichtungen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dauerhaft stabiler und gesunder öffentlicher Finanzen der österreichischen öffentlichen Haushalte und damit zur Kosteneinsparung leisten.

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Juli 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Konrad Steindl die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Mag. Rainer Widmann, Jakob Auer, Dr. Ruperta Lichtenecker und Maximilian Linder sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieser Vereinbarung zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012 (1792 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2012 07 03

                                  Konrad Steindl                                                      Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann