1920 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (1900 der Beilagen): Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI Beitragsgesetz 2012)
Die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit (EZA) im Bereich internationaler Finanzinstitutionen (IFIs) bietet eine - effiziente – Möglichkeit, alle Entwicklungsländer zu erreichen, die mit den entsprechenden Institutionen zusammenarbeiten.
Die gegenständlichen österreichischen Beteiligungen bezwecken, den IFIs Mittel zur fortgesetzten Unterstützung von Entwicklungsländern bei deren Entwicklungsanstrengungen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig leistet Österreich dadurch auch einen Beitrag zur internationalen Solidarität zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen.
Bei den einzelnen IFIs gegenüber abzugebenden Verpflichtungserklärungen handelt es sich um völkerrechtliche Rechtsgeschäfte, die im Hinblick auf die in § 1 enthaltenen gesetzlichen Anordnungen als solches nicht unter Art. 50 B‑VG fallen. Im Sinne der Entschließung des Bundespräsidenten, BGBl. Nr. 49/1921, werden diese Erklärungen vom ressortmäßig zuständigen Bundesminister für Finanzen abzugeben sein.
Österreich strebt prinzipiell die Umsetzung der 2005 vom Europäischen Rat beschlossenen Vorgabe an, je Mitgliedsland der EU‑15 mindestens 0,7% des BNE als ODA‑Quote (Official Development Assistance‑Quote) bis 2015 zu erreichen. Die in § 1 angeführten Beitragsleistungen sind gemäß OECD‑DAC zur Gänze auf die österreichische ODA‑Quote anrechenbar und stellen eine wesentliche Voraussetzung zur Umsetzung dieser Ziele dar.
9. Wiederauffüllung des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD‑9):
Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit dem Charakter einer internationalen Finanzinstitution. Aufgabe des IFAD ist die Förderung der Landwirtschaft in den Mitgliedsentwicklungsländern durch die Gewährung von Darlehen zu günstigen Bedingungen und nichtrückzahlbaren Zuschüssen. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion und der qualitativen Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen der ärmsten ländlichen Bevölkerungsschichten in den Entwicklungsländern zu. Wesentliche Elemente dieser Zielsetzung sind die Erleichterung des Zugangs zu Kleinkrediten, angepassten Technologien, fairen Märkten, Basisinfrastruktur, Gesundheitsdiensten, Grundschulbildung und Frauenförderung.
Zum 31. Dezember 2011 hatte der IFAD 167 Mitglieder, welche in drei bezüglich der Stimmrechte gleichberechtigte Länderlisten gegliedert sind. Die erste Liste umfasst 22 Industrieländer, die zweite Liste zwölf Mitgliedstaaten der Organisation Erdöl exportierender Länder und die dritte Liste 133 Entwicklungsländer.
Österreich ist Gründungsmitglied des IFAD und ist dem Übereinkommen zur Errichtung des IFAD mit Wirkung vom 12. Dezember 1977 beigetreten (BGBl. Nr. 38/1978). Der Anfangsbeitrag Österreichs zu den Beständen des IFAD betrug 4,8 Mio. USD.
Um die Kontinuität der Geschäftstätigkeit des IFAD zu gewährleisten, beschloss der Gouverneursrat gemäß Artikel 4, Abschnitt 3 der Statuten im Februar 2011 die Aufnahme der Verhandlungen zur 9. Wiederauffüllung des IFAD.
Die Beratungen über die gegenständliche 9. Wiederauffüllung der IFAD‑Ressourcen wurden in vier Sitzungen zwischen Februar und Dezember 2011 abgehalten. Im Rahmen der Jahrestagung 2012 genehmigte der Gouverneursrat die 9. Wiederauffüllung des IFAD mit Resolution 166/XXXV vom 23. Februar 2012.
Die wesentlichen Inhalte der Wiederauffüllungsverhandlung wurden in dem Bericht „Report of the Consultation on the Ninth Replenishment of IFAD’s Resources“ zusammengefasst.
In dem Bericht wird die wichtige Rolle des IFAD bei der Bekämpfung der ländlichen Armut, insbesondere auch im Hinblick auf die Vorgabe der Millennium‑Entwicklungsziele, die Zahl der Armen der Welt bis 2015 zu halbieren, neuerlich bestätigt.
IFAD mit seinem Spezialmandat Armutsbekämpfung im Landwirtschaftsbereich fällt auch nach der abklingenden Nahrungsmittel‑ und Finanzkrise eine Schlüsselrolle als Katalysator und Förderer zu.
Im Zeitraum der neunten IFAD Wiederauffüllung 2013 bis 2015 soll es zu einer weiteren Effizienzsteigerung der Institution kommen. Die Wiederauffüllung und interne Fondsmittel ermöglichen ein Beibehalten des bisherigen Fördervolumens von 3 Mrd. USD für den Zeitraum. Die strukturellen Voraussetzungen für die Intensivierung der Fondsaktivitäten sind nach organisatorischen Änderungen geschaffen. Die Institution wird ihre Feldpräsenz weiter ausbauen, um näher an den Entwicklungshilfeempfängern zu sein. Dadurch kann der politische Dialog mit den Empfängerländern und anderen Entwicklungspartnern verstärkt werden.
IFAD ist während seiner dreißigjährigen Tätigkeit zu einer Wissensinstitution für Armutsbekämpfung im ländlichen Raum und Steigerung von Lebensmittelproduktion geworden. Dieses Wissen soll noch stärker genützt und verbreitet werden und soll die Empfängerländer in die Lage versetzen, mit eigenständigen Maßnahmen und unabhängig von fremden Mitteln an die Bekämpfung ihrer Defizite heranzugehen.
Auch andere Entwicklungspartner sollen bei Förderungen im Landwirtschaftsbereich noch stärker als bisher das sektorspezifische Wissen der Institution nützen.
Der Privatsektor soll in die Förderaktivitäten einbezogen und dafür gewonnen werden, die armen Kleinbauern in die Wertschöpfungsketten einzubeziehen. Im Rahmen seiner Projekte wird der Fonds noch stärker die ländlichen Frauen fördern. Den ländlichen Zielgruppen werden moderne Techniken und Anpassungsmaßnahmen an die Herausforderungen des Klimawandels angeboten werden. Der Fonds wird sich auch in fragilen Staaten mit kapazitätsstärkenden Maßnahmen engagieren.
Mittels eines „results measurement frameworks“ werden die Entwicklungsergebnisse der Aktivitäten des Fonds objektiviert werden (results measurement).
Eine „Mid-Term Review“ der beschlossenen Maßnahmen und ihrer Umsetzung wird 2014 veranstaltet werden.
10. Wiederauffüllung des Asiatischen Entwicklungsfonds und 5. Wiederauffüllung des Technische Hilfe Sonderfonds der Asiatischen Entwicklungsbank (AsDF‑XI):
Die 1966 gegründete Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) ist eine multilaterale Entwicklungsfinanzierungsinstitution mit der Mission die Entwicklungsländer unter ihren Mitgliedern dabei zu unterstützen, Armut zu reduzieren und die Lebensumstände ihrer Bürger zu verbessern. Die AsDB hat derzeit 67 Mitglieder, Österreich ist Gründungsmitglied.
Der Asiatische Entwicklungsfonds ist ein 1973 bei der AsDB nach Artikel 19 des Abkommens über deren Errichtung eingerichteter und von dieser verwalteter Sonderfonds zur Gewährung von nicht‑rückzahlbaren Finanzierungen (Grants) und Krediten zu besonders günstigen Konditionen an ihre asiatischen Mitgliedsländer mit niedrigem pro Kopf Einkommen und limitierter Schuldenrückzahlungskapazität. Der AsDF unterstützt die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von derzeit 28 asiatischen Entwicklungsländern und trägt somit zur Armutsreduktion in den ärmsten asiatischen Ländern bei. Im Zeitraum 2006 bis 2010 etwa wurden 2,5 Mrd. USD jährlich aus dem Fonds für Programme und Projekte ausgegeben, die einen beträchtlichen Beitrag zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele in der asiatischen Region leisteten.
Seit der ersten Dotierung des AsDF wurde dieser bereits neun Mal wiederaufgefüllt. Die Wiederauffüllungssumme besteht dabei aus internen Ressourcen der AsDB, einem Transfer vom Einkommen der regulären Geschäftstätigkeit der Bank und aus Geberbeiträgen der wirtschaftlich besser gestellten Mitgliedsstaaten der AsDB.
Zur Finanzierung von Technische Hilfe Projekten wurde 1967 die Schaffung des Technische Hilfe Sonderfonds (TASF) der AsDB beschlossen, dessen Dotierung jeweils im Rahmen von Wiederauffüllungsverhandlungen des AsDF als Prozentbetrag des von den Gebern insgesamt vereinbarten Volumens mitverhandelt wird.
Im Rahmen der Wiederauffüllungsverhandlungen für AsDF‑XI wurde die bestehende operationelle Ausrichtung auf Infrastruktur, Umwelt, regionale Kooperation, Finanzsektorentwicklung und Bildung bestätigt. Spezielles Augenmerk soll dabei auf Geschlechtergleichstellung und die Stärkung der Frauen in AsDF‑Ländern als Querschnittsmaterie, aber auch durch gezielte Interventionen gelegt werden. Auch der Nahrungsmittelsicherheit soll bei AsDF‑XI eine besondere Rolle zukommen, allerdings nicht als neuer thematischer Schwerpunkt, sondern durch einen kombinierten Ansatz basierend auf drei Säulen: mehr dafür maßgeschneiderte Infrastrukturinvestitionen, gezielte Sicherheitsnetze und verstärkte regionale Kooperation. Da zehn der 28 AsDF‑Länder derzeit als fragil und durch Konflikt beeinträchtigt qualifiziert sind und somit insbesondere im Hinblick auf Wirtschaftskrisen und Naturkatastrophen besonders verwundbar sind, kommt diesem Thema ebenfalls eine spezielle Bedeutung zu. Geber stimmten dem vorgeschlagenen Ansatz der AsDB zu, der auf langfristiges Engagement, Kapazitätenentwicklung und strategische Partnerschaften in derartigen Ländern aufbaut. Auch die Herausforderungen durch Klimawandel nehmen eine besondere Stellung bei AsDF‑XI ein, nicht zuletzt weil Asien und die Pazifikregion die größte Anzahl an von Klimawandel unmittelbar bedrohten Menschen aufweist. So wird die AsDB AsDF‑Länder dabei unterstützten, einerseits ihre Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen des Klimawandels zu stärken und andererseits ihre Entwicklungsziele zu erreichen indem sie dabei so wenig wie möglich zu Klimawandel beitragen.
Die Verteilung auf die einzelnen Empfängerländer erfolgt zum Großteil durch einen vordefinierten Allokationsmechanismus, der gemäß anerkannten Leistungsindikatoren erstellt wird („Performance Based Allocation“). Darüber hinaus, sind 4,5% der AsDF‑XI Ressourcen für die überwiegend bevölkerungsarmen Pazifik-Staaten und 10% für Programme und Projekte im Bereich regionale Kooperation reserviert. Zusätzlich wird eine neue Krisenfazilität mit Pilotcharakter eingerichtet, die die Bereitstellung von 3% der AsDF‑Ressourcen für den unmittelbaren Wiederaufbau nach besonders heftigen Naturkatastrophen in AsDF‑Ländern vorsieht. Schließlich soll auch Afghanistan im Rahmen einer ausgedehnten „post‑conflict“ Unterstützung zusätzliche Mittel erhalten.
Verstärktes Augenmerk wird bei AsDF‑XI auf die Ergebnismessung der unterschiedlichen Aktivitäten gelegt, um so den Beitrag des AsDF zu Entwicklungsergebnissen zu erfassen und operationelle und institutionelle Effektivität zu messen. Das im Laufe des Jahres 2012 zu überarbeitende „Results Framework“ der AsDB, das auch bei den Verhandlungen stark thematisiert wurde, wird hier eine große Rolle spielen.
Die Verhandlungen über die gegenständliche 10. Wiederauffüllung des AsDF wurden in drei Sitzungen zwischen September 2011 und März 2012 abgehalten. Die entsprechende Resolution des Gouverneursrates der AsDB wurde im Juli 2012 beschlossen. Die Gesamtwiederauffüllungssumme beträgt voraussichtlich 8 Mrd. SZR für den Zeitraum 2013 bis 2016, wovon 97% dem AsDF und 3% dem TASF zugutekommen. Diese Summe beinhaltet auch Kompensationen aus entfallenen Rückzahlungen durch die Granteinführung im Rahmen früherer Wiederauffüllungen, sowie aus dem Erlass von Kreditrückzahlungen für diejenigen Länder, die von einer Entschuldung durch die HIPC Initiative profitieren (insgesamt 77,8 Mio. SZR). Trotz beträchtlicher Bemühungen der Geber sowie der AsDB verbleibt jedoch eine strukturelle Finanzierungslücke von voraussichtlich 20%.
Die Zeichnungserklärungen sollen bis 1. Juli 2013 hinterlegt werden. Die 10. Wiederauffüllung tritt in Kraft sobald Staaten im Mindestausmaß eines noch zu bestimmenden Betrages Zeichnungserklärungen hinterlegt haben.
Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG („Bundesfinanzen“).
Der Gesetzesbeschluss hat Verfügungen über Bundesvermögen gemäß Art. 42 Abs. 5 B‑VG zum Gegenstand, bei denen auf Grund dieser Verfassungsbestimmung die Mitwirkung des Bundesrates ausgeschlossen ist. Daher kann der Bundesrat gegen diesen Gesetzesbeschluss des Nationalrates keinen Einspruch erheben.
Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Oktober 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Petra Bayr die Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Elmar Podgorschek sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1900 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2012-10-02
Petra Bayr Dkfm. Dr. Günter Stummvoll
Berichterstatterin Obmann