Vorblatt

Problem:

Das Kindschaftsrecht und das diesbezügliche Verfahrensrecht bedürfen im Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen, auf Fortschritte in den Bereichen Psychologie und Sozialarbeit sowie auf grundrechtliche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofs einer tiefgreifenden Überarbeitung.

Das Namensrecht des ABGB lässt den Wunsch zahlreicher Paare nach einem Doppelnamen für sie und ihre Kinder unerfüllt. In vielen Fällen – etwa beim Erwerb des Namens des Vaters durch uneheliche Kinder – steht nur die verwaltungsbehördliche Namensänderung zur Verfügung.

Ziel und Inhalt:

Das Kindschaftsrecht des ABGB soll unter besonderer Wahrung der Interessen minderjähriger Kinder im Bereich der elterlichen Verantwortung, vor allem des Weges von Eltern zur Obsorge, zur Obsorge beider Eltern und zum Kontakt mit dem Kind neu gestaltet werden. Die Unterscheidung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern wird beseitigt und die Anlegung von Mündelgeld im Licht jüngerer Erfahrungen überarbeitet. Auf dem Gebiet des Verfahrensrechtes sollen neben der vermehrten Möglichkeit vorläufiger Entscheidungen die neuen Instrumente der Familiengerichtshilfe und des Besuchsmittlers gesetzlich verankert werden.

Das Namensrecht des ABGB wird flexibler gestaltet, vor allem werden Doppelnamen für Kinder und ganze Familien ermöglicht. Dem Entstehen von Mehrfachnamen und der Inanspruchnahme der verwaltungsbehördlichen Namensänderung wird entgegengewirkt.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Gleichbehandlung unehelicher Kinder, Namensrecht:

Keine.

Gemeinsame Obsorge, Kontaktrecht, vorläufige Entscheidungen, Besuchsmittler:

Wenn eines der wesentlichen Ziele des Vorhabens, nämlich Auseinandersetzungen der Eltern im Kindesinteresse zu vermindern, erfüllt werden kann, sollte sich die Belastung der Familiengerichte bis zu einem gewissen Grad verringern. Dem steht freilich eine Mehrbelastung durch die vorgesehenen neuen Antragsrechte gegenüber. Der Entwurf geht nicht von einer „automatischen“ gemeinsamen Obsorge aus. Vielmehr bedarf es des Übereinkommens der Eltern – bei unehelichen Kindern vor der Personenstandsbehörde – oder einer gerichtlichen Einzelentscheidung. Zur Bewältigung dieser Arbeit werden zusätzliche Richterstellen samt den damit verbundenen Stellen für nichtrichterliche Bedienstete erforderlich werden, für die entsprechend vorgesorgt werden muss.

Durch die Möglichkeit, die Obsorge über das uneheliche Kind vor der Personenstandsbehörde zu vereinbaren, wird nur ein geringfügiger zusätzlicher Aufwand entstehen.

Die Beseitigung des Erfordernisses, Unterhalts- und Obsorgevergleiche zu genehmigen, wird zwar eine geringfügige Entlastung nach sich ziehen, vor allem bei der Arbeit der Diplom-Rechtspflegerinnen und –Rechtspfleger, die jedoch die mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 verursache zusätzliche Belastung (verbesserte Unterhaltsbevorschussung; erwarteter Fallanstieg 15 %, eingetretener Fallanstieg 29 %) noch immer nicht ausgleichen kann.

Dem Bund werden für die Kosten des Besuchsmittlers nur dann Belastungen entstehen, wenn die Eltern hiefür Verfahrenshilfe genießen. Nach den Erfahrungen mit dem Kinderbeistand wird sich mit 200 Fällen jährlich ein Gesamtaufwand von 200.000 Euro ergeben, von dem auf den Bund im Rahmen der Verfahrenshilfe die Hälfte entfallen wird, also 100.000 Euro jährlich.

Familiengerichtshilfe:

Die Familiengerichtshilfe soll schrittweise eingeführt werden. Ihr Aufbau steht ausdrücklich unter der Maßgabe der jeweiligen budgetären Möglichkeiten. Den Personalkosten der Familiengerichtshilfe werden Kostenersparnisse und zusätzliche Einnahmen gegenüberstehen: Genießen die Parteien Verfahrenshilfe, so sind die Kosten der Gutachten externer Sachverständiger (zumindest vorläufig, meistens auch endgültig) aus Amtsgeldern zu bezahlen. Diese Kosten für das Justizbudget entfallen künftig, wenn auf Grund der Tätigkeit der Familiengerichtshilfe eine Lösung erzielt wird, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich macht. Ob und in welchem Ausmaß die zusätzlichen Einnahmen durch Gerichtsgebühren und Kostenersparnisse die Personalkosten der Familiengerichtshilfe übersteigen oder unterschreiten, wird im Rahmen der Erprobung der Familiengerichtshilfe im Modellprojekt untersucht werden. Die Kosten des Modellversuchs einschließlich der wissenschaftlichen Begleitforschung finden jedenfalls im Justizbudget Deckung. Darüber hinaus ist budgetär nicht vorgesorgt. Das wäre auch nicht möglich, weil der Modellversuch erst Klärung bringen wird, welche Kapazitäten tatsächlich notwendig sind.

Mündelgeldanlegung, Vaterschaftsanerkenntnisse:

Das Vorhaben ist insoweit mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Senkung der Verwaltungslasten für nicht verheiratete Eltern neu geborener Kinder.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Einleitung

Geschichtlicher Überblick

1. Gleichbehandlung unehelicher Kinder

Bei der Gleichbehandlung unehelicher Kinder mit ehelichen ist das ABGB schon weit fortgeschritten. Seit den ersten Schritten mit dem Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, BGBl. Nr. 342/1970, die erbrechtlichen Bundesgesetze BGBl. Nr. 656 bis 659/1989 und das Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 162/1989, führte der Weg über das Namenrechtsänderungsgesetz 1995, BGBl Nr. 25/1995, das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001, BGBl I Nr. 135/2000, und schließlich das Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 58/2004, zu einer sehr weitgehenden Gleichstellung unehelicher Kinder. Ausnahmen bestehen weiterhin bei der Namensfolge und der Obsorge. In den kindschaftsrechtlichen Regelungen des ABGB besteht ein deutliches Übergewicht zugunsten der Regelungen, die für eheliche Kinder gelten.

2. Namensrecht

Nach dem alten Recht des ABGB erhielt die „Gattin“ den „Namen des Mannes“, eheliche Kinder den ihres Vaters und uneheliche den Geschlechtsnamen der Mutter. Das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes ermöglichte es, dem unehelichen Kind – als Erklärung dieser Personen – den Familiennamen des Vaters oder des Ehemanns der Mutter zu geben. Erst durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl. Nr. 412/1975, erhielt zunächst die Frau, dann – als Folge einer Aufhebung durch den VfGH – durch das Ehenamensrechtsänderungsgesetz, BGBl. Nr. 97/1986, auch der Mann, das Recht auf Anfügung des bisherigen Familiennamens, wenngleich als in den Personenstandsurkunden nicht ersichtliches „höchstpersönliches Recht“, falls der Familiename des anderen Ehegatten zum gemeinsamen Familienamen bestimmt wurde oder subsidiär der Mannesname Familienname wurde. Das Namenrechtsänderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 25/1995, ermöglichte Ehegatten die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens und – allerdings nicht mehr nach der Eheschließung – die Namenswahl beim ehelichen Kind. Das uneheliche Kind erhielt den aktuellen Familiennamen seiner Mutter. Die Namensgebung durch den Vater oder den Ehemann der Mutter wurde durch eine kostengünstige, wenngleich doch verwaltungsaufwändige verwaltungsbehördliche Namensänderung – auf Antrag des Kindes – ersetzt. Zu einer schon damals geforderten Einführung eines echten Doppelnamens, sowohl für einzelne Personen als auch ganze Familien, ist es nicht gekommen.

2. Obsorge

Nach dem alten Recht des ABGB wurde im Fall der Scheidung (früher Trennung der Ehe dem Bande nach) und der „Scheidung von Tisch und Bett“ die Pflege und Erziehung einem Elternteil – meist der Mutter – durch das Gericht zugeteilt, während die „väterliche Gewalt“ weiterhin beim Vater blieb. Mit dem Bundesgesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechts, BGBl Nr. 403/1977, wurde die väterliche Gewalt beseitigt und der Mutter ebenfalls eine Teilhabe an der gesetzlichen Vertretung, an der Pflege und Erziehung und an der Vermögensverwaltung der ehelichen minderjährigen Kinder eingeräumt. Das Gesetz sprach von „rein persönlichen elterlichen Rechten und Pflichten“.

Bei unehelichen Kindern kam der Mutter bloß die Pflege und Erziehung im Innenverhältnis zu, während die Aufsicht über diese Pflege und Erziehung und die „Amtsvormundschaft“ von der Bezirksverwaltungsbehörde besorgt wurde. Eine umfängliche elterliche Verantwortung konnte die Mutter nur dadurch erlangen, dass sie vom Gericht zum Vormund ihres Kindes bestellt wurde.

Mit dem Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz 1989 wurde der Begriff „rein persönliche elterliche Rechte und Pflichten“ durch den Begriff „Obsorge“ ersetzt. Die Amtsvormundschaft wurde auf Ausnahmefälle, nämlich im Fall noch minderjähriger Mütter oder auf Findelkinder, eingeschränkt und der Mutter eines unehelichen Kindes die unbeschränkte Obsorge über das Kind eingeräumt. Der Jugendwohlfahrtsträger sollte den Eltern aller Kinder seine Hilfe anbieten und diese mit Information versorgen, damit Kinder durch die Abschaffung der Amtsvormundschaft nicht zu Schaden kommen. Für zusammenlebende Eltern unehelicher Kinder wurde die Möglichkeit einer gemeinsamen Obsorge eingeräumt.

Mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 wurde für geschiedene Eltern und für nicht oder nicht mehr zusammenlebende Eltern unehelicher Kinder die Möglichkeit einer Obsorge beider Eltern eingeräumt, jedoch verknüpft mit der Voraussetzung, dass sich die Eltern darüber einigen, bei wem von ihnen sich das Kind hauptsächlich aufhält. Diese Einigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts. Die Obsorge beider Eltern nach Scheidung der Eltern oder bei unehelichen Kindern hängt somit in erster Linie davon ab, dass sie vom Willen beider Eltern getragen ist.

Mit dem Kinderbeistand-Gesetz, BGBl. I Nr. 137/2009, wurde das erfolgreiche Modellprojekt „Kinderbeistand“, bei dem minderjährigen Kindern, die in ein heftiges Obsorge- oder Besuchsrechtsverfahren verwickelt sind, eine fachkundige Begleitperson zur Seite gestellt wird, auf eine gesetzliche Basis gestellt und das bundesweite Angebot von Kinderbeiständen vorgesehen.

Gesellschaftliche Entwicklung

Seit dem Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 haben sich für das Kindschaftsrecht, besonders für den Namen und die Obsorge, wesentliche Änderungen in der gesellschaftlichen Lage ergeben. Zwar blieb die Anzahl der Ehescheidungen insgesamt und die Anzahl von aus einer Ehescheidung stammenden minderjährigen Kindern annähernd gleich (2001: 20.582 Scheidungen, davon 11.799 mit minderjährigen, damals unter 19-Jährigen Kindern; 2010: 17.442 Scheidungen, davon 13.657 mit minderjährigen Kindern), doch hat die Anzahl der unehelichen Kinder und deren Anteil seit 2001 stark zugenommen. 2001 wurden 24.944 Kinder unehelich geboren, das waren 33,1 % aller Geburten, während 2011 31.522, somit 40,4 % aller Geburten (Kärnten 52,9%, Steiermark 48,6%) ohne miteinander verheiratete Eltern erfolgten (Quelle: Statistik Austria).

Die Möglichkeit der Obsorge beider Eltern für Geschiedene hat sich in der Rechtsrealität bewährt: Nach einer vom Bundesministerium für Justiz in Befolgung einer parlamentarischen Entschließung eingeholten Studie wurden bei 54,5 % der erfassten Scheidungen von den Eltern die Voraussetzungen der Obsorge beider Eltern geschaffen (Evaluationsstudie über die Auswirkungen der Neuregelungen des KindRÄG 2001, insbesondere der Obsorge beider Eltern zu BMJ-B4.440.6/0001-I 1/2004, Tabelle 87). Da das Institut der Obsorge beider Eltern als wesentliche Voraussetzung den diesbezüglichen Willen beider Eltern hat, zeigt dies die hohe Akzeptanz des Rechtsinstituts in der Bevölkerung, das bei seiner Anwendung auch eine hohe Befriedigung von 71,6 % (Evaluationsstudie, 190) erzeugt hat.

Entwicklung auf dem Gebiet der Menschenrechte

Mit den Urteilen von 3.12.2009, Zaunegger gegen Deutschland, BeschwNr.. 22028/04, und vom 3.2.2011, Sporer gegen Österreich, BeschwNr. 35637/03, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Situation beanstandet, dass die Obsorge beider Eltern bei unehelichen Kindern von der Einwilligung beider Eltern abhängig sei. Die Situationen, in die uneheliche Kinder geboren werden, mögen in der Lebensrealität zwar unterschiedlich sein, doch müsse es für beide Eltern die Möglichkeit geben, im Zug eines gerichtlichen Verfahrens an der gemeinsamen Obsorge teilzuhaben, wenn dies für das Kind günstig sei, oder die Alleinsorge zu erlangen, je nachdem, bei welchem Elternteil dies aus der Kindessicht am günstigsten sei. Die anfängliche Alleinobsorge der Mutter sei nicht zu beanstanden.

Mit der Entscheidung vom 21.12.2010, Anayo gegen Deutschland, BeschwNr. 20578/07, hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgestellt, wenn dem biologischen Vater eines in einem intakten Familienverband, bestehend aus Mutter und deren Mann als rechtlichem Vater, lebenden Kindes verwehrt ist, bei Gericht die Einräumung eines Besuchsrechtes für ihn zu beantragen, wenn das Besuchsrecht der Anbahnung familiärer Beziehungen und dem Kindeswohl dient. Einer derartigen Fallkonstellation trägt das österreichische Kindschaftsrecht zwar mit der Möglichkeit des Einräumens eines Besuches gegenüber einem Dritten Rechnung, doch erscheint eine Präzisierung vorteilhaft.

Sämtliche genannten Entscheidungen lassen sich insbesondere auch dahin zusammenfassen, dass es letztlich nicht ausschließlich auf die Interessen eines Elternteils ankommt, sondern in erster Linie darauf, ob das vom Elternteil Begehrte dem Kind zum Wohl gereicht. Den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wohnt somit der Gedanke inne, dass es sich bei den Rechten der Eltern um so genannte „überbundene Rechte“ handelt, die diesen gegeben werden, damit sie im Interesse des Kindes Aufgaben erfüllen können und an der Sicherstellung des Kindeswohls mitwirken.

Diese Sichtweise wird durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, G 114/11, der § 166 erster Satz ABGB mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2013 als verfassungswidrig aufgehoben hat, geteilt.

Probleme des familiengerichtlichen Verfahrens

1. Verfahrensdauer

Viele gerichtliche Verfahren über die Obsorge für Kinder und das Recht auf persönlichen Verkehr werden von den Beteiligten als unbefriedigend erlebt, weil es – zwar nicht im internationalen Vergleich, aber aus kinderpsychologischer Sicht – zu lange dauert, bis das Gericht eine – sei es auch nur vorläufig – verbindliche Entscheidung trifft.

Sobald zwischen Eltern ein Konflikt über die Obsorge oder das Besuchsrecht entsteht, belastet dieser sowohl die Eltern selbst als auch jedes betroffene Kind. Eine rasche Lösung dieses Konflikts – wenn möglich im Einvernehmen, sonst durch gerichtliche Entscheidung – liegt sehr im Interesse der Beteiligten: Schon die Unsicherheit darüber, wie sich die beteiligten Personen angesichts der divergierenden Auffassungen der Eltern verhalten sollen, belastet das gesamte (Patchwork-)Familiensystem und ganz besonders die betroffenen Kinder. Je länger der Streit andauert, umso größer ist die Gefahr, dass sich „die Fronten verhärten“ und ein konstruktives Zusammenwirken der Eltern in ihrer Verantwortung gegenüber dem gemeinsamen Kind dauerhaft verunmöglichen. Außerdem kann allein die Dauer des Verfahrens dazu führen, dass eine Entfremdung des Kindes von einem Elterteil eintritt, die – wenn überhaupt – nur mehr schwer zu revidieren ist. Deshalb kann die lange Dauer eines solchen Verfahrens auch eine Verletzung des Grundrechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK bilden (vgl EGMR 17.1.2012, Kopf u. Liberda gegen Österreich, BeschwNr. 1598/06).

Obwohl also ein eminentes Interesse am raschen Fortschritt des Verfahrens besteht, dauern die Verfahren in vielen Fällen sehr lange. Ursächlich dafür sind einerseits unabänderliche Erfordernisse des gerichtlichen Verfahrens, wie die umfassende Wahrung des Parteiengehörs und die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung aller für die Entscheidung maßgebenden Tatsachen nach § 16 Abs. 1 AußStrG sowie das Recht der Parteien, die Entscheidung des Gerichts mit Rechtsmitteln anzufechten und dadurch einer Überprüfung durch eine übergeordnete Instanz zuzuführen. Andererseits trägt dazu aber auch die Dauer der einzelnen zu setzenden Verfahrensschritte bei. Die quantitative Überlastung der Familienrichter, der Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt und der gerichtlich beeideten Sachverständigen (aus den im kindschaftsrechtlichen Verfahren gefragten Fachgebieten) sind wesentliche Faktoren für lange Verfahrensdauern.

2. Rollenkonflikte

Ein weiterer unbefriedigender Aspekt gerichtlicher Verfahren über Obsorge- oder Besuchsrechtsstreitigkeiten sind die unterschiedlichen und schwer miteinander vereinbaren Rollen der Familienrichter.

Im Unterschied zur richterlichen Tätigkeit in anderen Sparten der Rechtspflege haben Familienrichter in Verfahren über die Obsorge oder das Recht auf persönlichen Verkehr nicht nur abgeschlossene Sachverhalte im Nachhinein zu beurteilen, sondern einen ständig – auch während des Verfahrens – im Fluss befindlichen Prozess nicht nur zu beurteilen, sondern durch in die Zukunft gerichtete rechtsgestaltende Entscheidungen zu beeinflussen. Auch spielen emotional tiefgreifende zwischenmenschliche Beziehungen hier eine ungleich größere Rolle. Diesen muss nachgegangen werden, um die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen vollständig aufzuklären. Die Verpflichtung zur Wahrung des Kindeswohls führt im Verbund mit der Tatsache, dass dem Kindeswohl in aller Regel mit einer gütlichen Einigung der Eltern am Besten gedient ist, auch zu einer speziellen Verpflichtung des Gerichts, auf eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien hinzuwirken. Dies erfordert ein Forschen nach psychologischen Hintergründen und ein vertrauensvoll-emphatisches Eingehen auf die beteiligten Personen, das von den Parteien - meist den Eltern - leicht als mit der Rolle des Richters als objektives, gleichmäßige Distanz zu den Parteien wahrendes Entscheidungsorgan unvereinbar erlebt werden kann. Übt der Richter diese zur Erhebung des Sachverhalts und zum Ausloten möglicher einvernehmlicher Lösungen nötigen Tätigkeiten zur Gänze selbst aus, so besteht die große Gefahr, dass er in den emotionalen Konflikt der Parteien hineingezogen wird. Letztlich sind Richter Juristen und für sozialarbeiterische und psychologische Tätigkeiten und Analysen in der Regel nicht fachspezifisch ausgebildet, obwohl die Justizverwaltung und diese selbst um die Ausbildung der Familienrichter in „social skills“ bemüht sind.

Eine Abgrenzung der richterlichen Entscheidungstätigkeit von der sozialarbeiterischen und psychologischen Tätigkeit im Rahmen der Sachverhaltsermittlung und Streitschlichtung ist daher wünschenswert.

Bisher wurde und wird die Aufgabe, einen sozialarbeiterisch-psychologischen Zugang zu den Parteien zu finden und mit diesen wenn möglich einvernehmliche Lösungen zu finden, teilweise vom Jugendwohlfahrtsträger ausgeübt. Auch dieser befindet sich dabei jedoch in einem gewissen Rollenkonflikt: Der – im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung und nicht als Behörde einschreitende – Jugendwohlfahrtsträger ist (anders als das Gericht) nicht zur Unparteilichkeit verpflichtet. Er tritt in manchen Verfahren sogar selbst als Partei auf (nach Kindesabnahme Verfahren auf Übertragung der Obsorge an den Jugendwohlfahrtsträger) und ist auch in vielen anderen Fällen bereits zuvor mit den betroffenen Familien in Erfüllung von Aufgaben der Jugendwohlfahrt in Kontakt getreten. Das Hauptaugenmerk der Jugendwohlfahrt ist auf die Förderung und Gewährleistung des Kindeswohls gerichtet. Primär soll sie dieses durch Beratung und Unterstützung der Familien fördern, was den Aufbau und die Aufrechterhaltung einer Vertrauensbeziehung erfordert. In einem gerichtlichen Verfahren nun eine klare Positionierung für oder gegen einen Elternteil einzunehmen, wäre dieser Vertrauensbeziehung abträglich. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass der Jugendwohlfahrtsträger bereits vor Beginn des Verfahrens in eigener Tätigkeit, etwa auf Grund von wahrgenommen Erziehungs- oder Betreuungsdefiziten oder einer Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, explizit gegen die Eltern oder einen Elternteil Stellung genommen oder Maßnahmen gesetzt hat. Dann erleben die Parteien im Gerichtsverfahren eine neuerliche Befassung des Jugendwohlfahrtsträgers nicht als Einbeziehung einer unbefangenen Stelle, sondern als Konfrontation mit einer Institution, mit der sie sich in Konflikt befinden oder die für oder gegen eine Seite im Konflikt bereits Stellung bezogen hat.

Ziele des Gesetzentwurfs

1. Gleichbehandlung unehelicher Kinder

Die Gleichbehandlung unehelicher Kinder soll weiter vorangetrieben werden, ohne den Schutz dieser Kinder zu reduzieren.

2. Namensrecht

Seit Jahren wird in der Bevölkerung der Wunsch nach einem flexibleren Namensrecht, das Doppelnamen in einem größeren Umfang – nämlich für Kinder und auch für ganze Familien – zulässt, immer lauter. Die dem Bundesministerium für Justiz in den Vorgesprächen berichteten Erfahrungen der Standesämter gehen sogar soweit, dass einige Ehen wegen der begrenzten Möglichkeiten der Gestaltung des Familiennamens nicht geschlossen werden. Dabei werden die Standesämter am Häufigsten mit dem Wunsch konfrontiert, bei einer Eheschließung den eigenen Namen weiter behalten zu können, den gemeinsamen Kindern aber – um deren Abstammung gleichberechtigt zu dokumentieren – einen aus beiden Namen der Eltern gebildeten verbundenen Familiennamen zu geben. Auch der Wunsch nach einem für die ganze Familie gleichlautenden Doppelnamen wird häufig geäußert. Diese Wünsche können derzeit aber nicht erfüllt werden.

Das österreichische Recht steht derzeit Doppelnamen äußerst reserviert gegenüber. Sind in früheren Zeiten Doppelnamen durch Adoption oder Wegfall von Adelsbezeichnungen entstanden, so gibt es heute nur die Möglichkeit für einen Ehegatten, bei Führung des Familiennamens des anderen Ehegatten als gemeinsamen Familiennamen den eigenen früheren Namen voran- oder nachzustellen. Von diesem Doppelnamen können andere Personen – Ehegatten oder Kinder – nur den Teil ableiten, der gemeinsamer Familienname wurde. Dass „echte“ Doppelnamen für Kinder oder Familien nicht möglich sind, stößt vor dem Hintergrund der Auswirkungen des EU-Rechts in der Bevölkerung auf Unverständnis: Österreich ist nämlich nach der auf dem Gemeinschaftsrecht beruhenden Rechtsprechung verpflichtet, Doppelnamen für Kinder und Familien, die ja in weiten Teilen der europäischen Union rechtmäßig sind, für EU-Doppelstaatsbürger anzuerkennen (zuletzt EuGH, 14.10.2008, Grunkin-Paul, Rs C-353/06).

3. Obsorge

Die Möglichkeit, nach der Scheidung beide Elternteile mit der Obsorge zu betrauen, soll im Hinblick auf die eingangs geschilderte gesellschaftliche Entwicklung, aber auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofs zur Obsorge für uneheliche Kinder ausgebaut werden.

Auch nicht miteinander verheirateten Eltern soll das Zustandekommen ihrer gemeinsamen Obsorge erleichtert werden.

Trotz gemeinsamer Obsorge soll „legal kidnapping“ verhindert werden.

4. Umschreibung des Kindeswohls

Um einen weiteren Schritt zu Verbesserung des Kindeswohls zu setzen, soll das Kindeswohl im Gesetzeswortlaut präziser umschrieben werden.

7. Umsetzung menschenrechtlicher Vorgaben

Weiter verfolgt der Gesetzentwurf auch das Ziel, menschenrechtliche Vorgaben, die nicht zuletzt auch die Interessenlage des Kindes widerspiegeln, umzusetzen.

8. Verbesserungen bei den kindschaftsrechtlichen Gerichtsverfahren

Ein weiteres Ziel des Gesetzentwurfes ist es, dem Gericht – und damit letztlich auch den betroffenen Familien – bessere Mittel in die Hand zu geben, um familiäre Situationen zu beruhigen oder im Rahmen gerichtlicher Entscheidungen zu behandeln. Einerseits soll das Gericht die Möglichkeit haben, den Streit kalmierende Schritte zu setzen, wie etwa den Eltern Erziehungsberatung aufzutragen, andererseits sollen dem Gericht mit der Familiengerichtshilfe – einem justizeigenen, mit Psychologen und Sozialarbeitern ausgestatteten Instrument – bessere Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung in die Hand gegeben werden. Durch die Einrichtung der Familiengerichtshilfe sollen die Qualität und die Nachhaltigkeit der Streitschlichtung und der gerichtlichen Verfahren und Entscheidungen in Angelegenheiten der Obsorge und des Rechts auf persönlichen Verkehr verbessert werden. Richter sollen sich stärker auf die rechtlichen Aspekte eines Falles konzentrieren können. Rollenkonflikte, in denen sich Richter und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt derzeit häufig befinden, sollen dadurch vermieden werden, dass die sozialarbeiterisch-psychologischen Erhebungs- und Streitschlichtungsaufgaben von der Familiengerichtshilfe übernommen werden. Die Tätigkeit der Familiengerichtshilfe soll zu einer deutlichen Beschleunigung und besseren Fokussierung des Verfahrens auf die wesentlichen Aspekte beitragen. Häufigere gütliche Einigungen zwischen den Eltern und eine höhere Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen, zusammengefasst also nachhaltigere Lösungen familiärer Konflikte, sollen erreicht werden.

Die Durchsetzung von Entscheidungen über das Kontaktrecht (früher: Besuchsrecht) soll im Interesse des Kindes effektiver gestaltet werden.

Schwerpunkte des Gesetzentwurfs

1. Gleichbehandlung unehelicher Kinder

Die Gleichbehandlung unehelicher Kinder soll durch Beseitigung des Begriffes, durch Beseitigung der Rechtsinstitute der Legitimation durch nachfolgende Ehe und der Ehelicherklärung durch das Staatsoberhaupt sowie durch gleichlautende Regelungen im Namensrecht weiter forciert werden. Der notwendige Schutz von Kindern nicht verheirateter Eltern auf dem Gebiet der Obsorge soll aber im Einklang mit der eingangs dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofs mit der anfänglichen Zuteilung der alleinigen Obsorge an die Mutter aufrecht bleiben. Ebenso soll – ungeachtet der neutralen Formulierung – daran festgehalten werden, dass das uneheliche Kind nicht verheirateter Eltern mit der Geburt den Familiennamen der Mutter erhält.

Mit der Beseitigung der Unterscheidung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern verbunden ist auch die Aufhebung des Begriffes der Ehelichkeit sowie die Beseitigung der Legitimation, auch derjenigen durch Reskript des Staatsoberhauptes.

Dies führt aber zur Notwendigkeit, die Regelungen des Kindschaftsrechtes – weitgehend unverändert – neu einzuordnen, was der vorliegende Entwurf vorschlägt.

2. Namensrecht

Das Gesetzesvorhaben sieht vor, dass Kinder und auch ganze Familien einen unter Verwendung der Namen von zwei Personen gebildeten Doppelnamen erhalten können. Dabei kann aber nur ein aus höchstens zwei Teilen bestehender Name ausgewählt werden. Dadurch sollen unübersichtliche Namensketten vermieden werden. Die Namensidentität der Familie soll dadurch gewahrt bleiben, dass Personen, die eine Eheschließung beabsichtigen, nunmehr verschiedene Wahlmöglichkeiten für einen gemeinsamen Familiennamen eröffnet werden.

Wenn die Ehegatten nach geltendem Recht keinen gemeinsamen Familiennamen bestimmen, erhält die Frau den Familiennamen des Mannes. Nur durch ein aktives Tätigwerden, nämlich die Erklärung der Beibehaltung des eigenen Familiennamens, kann die Frau verhindern, dass der Familienname des Mannes zum gemeinsamen Familiennamen wurde. Diese Ungleichbehandlung soll dadurch beseitigt werden, dass mangels Bestimmung eines gemeinsamen Familiennamens – wofür, wie oben bereits erwähnt, zahlreiche Wahlmöglichkeiten bestehen – subsidiär die Beibehaltung des eigenen Familiennamens vorgesehen ist.

Bei Kindern soll zunächst darauf abgestellt werden, ob die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen führen. Ist dies der Fall, so soll dieser Name mit der Geburt des Kindes dessen Familienname werden; der Entwurf sieht aber auch vor, dass der im Zuge der Eheschließung von nur einem Elternteil bestimmte Doppelname zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden kann. Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so soll der Familienname eines Elternteils zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden können; zudem soll das Kind durch entsprechende Bestimmung einen aus den Familiennamen beider Elternteile gebildeten Doppelnamen erhalten können. Die Regelung ist nicht mit dem Nachteil verbunden, dass sich Kinder in jungen Jahren für einen einzigen Teil ihres Doppelnamens – und damit womöglich gegen einen Elternteil – entscheiden müssen, da bei Eheschließung die Möglichkeit der Beibehaltung des eigenen (auch Doppel-)Namens besteht.

Bei der Namensführung unehelicher Kinder besteht ein spezieller Reformbedarf. Das Namensrecht ist zuletzt 1995 geändert worden. Seither hat der Anteil unehelicher Geburten von 27,4 auf 40,4 % (im Jahr 2011; Quelle Statistik Austria) zugenommen. Die Eltern unehelicher Kinder führen in der Regel keinen gemeinsamen Familiennamen. Es liegt aber die Vermutung nahe, dass die Mehrzahl dieser Kinder in einer intakten eheähnlichen Lebensgemeinschaft zur Welt kommt und aufwächst. Hier besteht derzeit häufig der Wunsch, dem Kind den Familiennamen des Vaters zu geben. Diesem Anliegen soll ebenso wie dem Anliegen, dass das Kind einen aus den Familiennamen der Eltern gebildeten Doppelnamen führen kann, entsprochen werden.

Schließlich werden nach geltendem Recht Personen, die einen ihrer Tradition oder Herkunft entsprechenden geschlechtsspezifischen Namen führen, insoweit beeinträchtigt, als sie die Richtigstellung oder Beseitigung des Geschlechtsbezugs ebenfalls nur durch eine kostenpflichtige Namensänderung im Verwaltungsweg erreichen können. Der vorliegende Gesetzesentwurf soll für einen solchen Fall die Möglichkeit eröffnen, die Deklination von geschlechtsspezifischen Namen durch eine simple Erklärung beim Standesamt herbeizuführen. Diese Änderung des Namensrechts spricht das aktuelle Regierungsprogramm für die 24. Gesetzgebungsperiode an (Kapitel Justiz, B 6).

Nach dem geltenden Namensrecht müssen zahlreiche einfache Sachverhalte, wie der Erwerb des Vaternamens durch uneheliche Kinder, die Anpassung des Familiennamens an das Geschlecht und die Nachholung einer versäumten befristeten Erklärung, verwaltungs- und kostenaufwändig im Weg der verwaltungsbehördlichen Namensänderung gelöst werden. Dies belastet Bürger und Verwaltung unnötig. Der vorliegende Entwurf verfolgt daher auch das Ziel, verwaltungsbehördliche Namensänderungen einzudämmen und durch namensrechtliche Erklärungen – der Gesetzestext spricht von „Bestimmung“ – gegenüber dem Standesamt zu ersetzen. Dadurch werden nicht nur langwierige und für Bürger und Verwaltungsbehörde aufwändige Verfahren verhindert, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, dass die Ehegatten und Kinder sogleich mit den entsprechenden richtigen und aktuellen Personenstandsurkunden ausgestattet werden können. Gleichzeitig wird auch die Autonomie der Betroffenen gegenüber der Verwaltung gestärkt: Es ist nicht mehr die Verwaltungsbehörde, die einen Antrag auf Namensänderung „bewilligt“. Vielmehr wird der Familienname oder der Name des Kindes von den Ehegatten bzw. Eltern bestimmt.

Die den Ehegatten und Eltern nach dem Entwurf eingeräumten namensrechtlichen Befugnisse sollen ihnen unbefristet offenstehen. Sie sollen von der Möglichkeit der Namensbestimmung aber nur einmal Gebrauch machen können. Dieses System ermöglicht es, dass eine Namensbestimmung auch längere Zeit nach dem für die Namensgebung relevanten Ereignis (z. B. Eheschließung, Geburt eines Kindes etc.) vorgenommen werden kann. Auch dadurch erlangt das Namensrecht eine besondere Flexibilität. Das führt wiederum dazu, dass die verwaltungsbehördliche Namensänderung zurückgedrängt wird. Damit es bis zu einer Namensbestimmung nicht dazu kommt, dass Personen, besonders neu geborene Kinder, keinen Familiennamen haben, sollen subsidiäre gesetzliche Auffangregelungen geschaffen werden, die sicherstellen, dass das Namensrecht seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag, jeder Person zu einem Namen zu verhelfen, gerecht werden kann.

3. Umschreibung des Kindeswohls

Das Gesetz macht immer wieder das Wohl des Kindes zum wichtigen Kriterium einer kindschaftsrechtlichen Entscheidung. Aus Anlass dieses Legislativprojektes soll daher der Versuch unternommen werden, das Kindeswohl im Gesetz näher zu umschreiben.

4. Gemeinsame Obsorge

Bei ehelichen Kindern sieht der Gesetzentwurf – so wie übrigens auch schon der Wortlaut des geltenden Rechtes – das Fortbestehen der Obsorge beider Elternteile vor. Allerdings soll – mangels eines diesbezüglichen Zusammenwirkens beider Elternteile – die gemeinsame Obsorge auch dann möglich werden, wenn die Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden und die Obsorge beider Teile aus Kindessicht geboten ist.

Bei Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern soll der Weg für die jungen Eltern in die gemeinsame Obsorge dadurch erleichtert werden, dass sie entsprechende Erklärungen gemeinsam und persönlich beim Standesamt abgeben können. Den jungen Eltern soll damit der Weg zum Gericht erspart und die Möglichkeit eröffnet werden, im Rahmen eines „One-Stop-Shop“ beim Standesamt Geburtsbeurkundung, Vaterschaftsanerkennung und Obsorgeregelung zu erledigen. Weiter soll – den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgend – ein Antragsrecht auf Begründung der gemeinsamen Obsorge oder der Alleinobsorge – und zwar abhängig von der Interessenlage des Kindes – vorgesehen werden.

5. Kontaktrecht

Im materiellen Recht des persönlichen Verkehrs soll der Besuch durch Dritte – wenn er im Kindesinteresse liegt – verstärkt ermöglicht werden. Weiter erweitert der Gesetzentwurf die Möglichkeiten des Familiengerichtes, gerichtliche Besuchsregelungen mit sanften Mitteln – nämlich dem „Besuchsmittler“ - durchzusetzen. Auch soll eine gerichtliche Durchsetzung gegen den zum Besuch berechtigten Elternteil, der zum Nachteil des Kindes den persönlichen Verkehr unterlässt, möglich sein. Der vom Gericht bestellte „Besuchsmittler“ soll durch Anwesenheit und Überwachung die ordnungsgemäße Über- und Rückgabe des Kindes erleichtern.

6. Verbesserte Entscheidungen des Familiengerichts

Das Recht auf Kontakt ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es soll daher dem Gericht ermöglicht werden, mit einer sofort vollstreckbaren Anordnung den Kontakt zu regeln, damit nicht durch ein lang dauerndes Verfahren eine Entfremdung zwischen dem Kind und einem Elternteil auftritt. Freilich darf eine solche Vorgangsweise nur dann vom Gericht gewählt werden, wenn sie nicht mit einer Gefährdung des Kindes verbunden ist.

Auch in dem Fall, in dem der Jugendwohlfahrtsträger kraft Gesetzes im Zug einer Maßnahme der Pflege und Erziehung bei Gefahr im Verzug durch seine Antragstellung ein gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt hat, soll – vor allem auf Wunsch eines betroffenen Elternteils – eine vorläufige Entscheidung möglich sein. Damit sollen rechtliche Unsicherheiten, die derzeit durch das faktische Handeln des im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung agierenden Jugendwohlfahrtsträgers und das länger dauernde gerichtliche Verfahren entstehen, rasch geklärt werden.

Weiter soll das verfahrensrechtliche Instrumentarium des Familiengerichtes erweitert werden.

7. Familiengerichtshilfe

Der Bundesgesetzgeber hat die regelmäßige Befassung des Jugendwohlfahrtsträgers mit gerichtlichen Verfahren über Obsorge und Besuch auf übereinstimmenden Wunsch aller Bundesländer beseitigt. Schon seit längerer Zeit stehen den Familiengerichten die Jugendwohlfahrtsträger nur noch in eingeschränkter Weise bei der Klärung des Sachverhalts – insbesondere der Interessenslage – und nicht mehr in dem aus der Vergangenheit gewohnten Ausmaß zur Verfügung. Nach dem Vorbild der in Wien bestehenden und bewährten „Jugendgerichtshilfe“ soll mit dem Gesetzentwurf ein erster Schritt in Richtung einer möglichst bundesweit zur Verfügung stehenden „Familiengerichtshilfe“ unternommen werden. Dabei soll eine mit Psychologen und Sozialarbeitern besetzte Stelle der Justiz für das Gericht Ermittlungsschritte vornehmen und helfen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Richter sollen die Möglichkeit erhalten, geeignete Fachkräfte (Psychologen, Sozialarbeiter) bei Bedarf sofort mit konkreten Erhebungstätigkeiten vor Ort zu beauftragen. Dabei können auch Möglichkeiten einer gütlichen Einigung ausgelotet und die Eltern informiert werden. Die Stellungnahmen der Familiengerichtshilfe sollten rasch erfolgen und die Umstände und Methodik der Erhebung sowie die Gründe für die gezogenen Schlussfolgerungen nachvollziehbar darlegen. Dadurch soll es möglich werden, im günstigsten Fall unmittelbar eine gütliche Einigung zu erzielen und in allen anderen Fällen rasch Klarheit über die weitere Vorgehensweise zu erlangen. In vielen Fällen sollte es möglich sein, dass das Gericht auf Grundlage der von der Familiengerichtshilfe aufbereiteten Sachlage eine vorläufige Entscheidung trifft, die für die weitere Dauer des Verfahrens Klarheit über die aktuellen Pflichten und Befugnisse der Parteien schafft und dadurch dazu beiträgt, weitere Kränkungen und Verhärtungen zu vermeiden und eine Entfremdung des Kindes von einem Elternteil zu verhindern. Außerdem kann die Familiengerichtshilfe einschätzen, auf welche Weise die Parteien zu einer gütlichen Einigung kommen könnten, etwa durch eine Mediation, Familienberatung, Erziehungsberatung oder Therapie. Das Gericht könnte auf dieser Grundlage mit dem Verfahren für die Dauer des Einigungsprozesses innehalten; unter Umständen – wenn es das Kindeswohl erfordert – könnte das Gericht den Parteien auch entsprechende Aufträge erteilen (vgl § 107 Abs. 3 AußStrG des Entwurfs). In denjenigen Fällen, in denen das Gericht mangels Einigung eine endgültige Entscheidung treffen muss, kann es diese unter anderem auf die Erhebungsergebnisse der Familiengerichtshilfe stützen. Durch die Einrichtung der Familiengerichtshilfe sollen weder die Jugendwohlfahrt noch allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige aus dem Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren „hinausgedrängt“ werden. Vielmehr kann, soll und muss das Gericht auf deren Know-How weiterhin zugreifen, soweit dies zur vollständigen Sammlung der Entscheidungsgrundlagen erforderlich ist. Das gerichtliche Instrumentarium soll erweitert werden, ohne bewährte Instrumente zu verdrängen. Die Familiengerichtshilfe kann beispielsweise dazu beitragen, dass dem Jugendwohlfahrtsträger Rollenkonflikte erspart und die den Sachverständigen erteilten Gutachtensaufträge besser spezifiziert werden.

Daraus ergeben sich folgende wesentliche Aufgaben der Familiengerichtshilfe:

- rasches Clearing zu Beginn des Verfahrens, das Möglichkeiten und Wege einer gütlichen Einigung auslotet und anbahnt, die wesentlichen Streitpunkte und Konfliktquellen eruiert und erforderlichenfalls eine Entscheidungsgrundlage für eine einstweilige Regelung für die Dauer des Verfahrens schafft;

- Erhebungen und Stellungnahmen, vor allem in Verfahren, in denen der Jugendwohlfahrtsträger selbst Partei (in seiner Rechtsstellung unmittelbar betroffen) ist, wie z.B. bei Sofortmaßnahmen des Jugendwohlfahrtsträgers;

- Erstellung psychologischer Expertisen, wenn und soweit die personellen und fachlichen Ressourcen der Familiengerichtshilfe dafür ausreichen.

Die Mitarbeiter der Familiengerichtshilfe sollen aus dem Kreis der Sozialarbeiter, Psychologen und Pädagogen gewonnen und über die Justizbetreuungsagentur vertraglich verpflichtet werden. Ihnen sollen Räumlichkeiten und Infrastruktur im Gerichtsgebäude zur Verfügung gestellt werden. Der Entwurf sieht eine Ermächtigung vor, mit Verordnung zu bestimmen, an welchen Gerichten eine Familiengerichtshilfe eingerichtet wird. Derzeit ist an einigen repräsentativen Bezirksgerichten ein entsprechender Modelversuch. Die dabei gesammelten Erfahrungen sollen begleitend beforscht und evaluiert werden. Auf dieser Grundlage soll schließlich über die (schrittweise) Ausweitung auf ganz Österreich entschieden werden.

Damit soll letztlich eine gewisse Erleichterung und Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren über Obsorge und Besuch erreicht werden.

8. Verbesserung der Anlegung von „Mündelgeld“

Das ABGB enthält in den §§ 230 bis 230e Regelungen über die Anlegung von „Mündelgeld“: Darunter wird das Vermögen minderjähriger Kinder, von Personen unter Sachwalterschaft und von sonstigen, durch gerichtlich bestellte Kuratoren vertretenen Personen verstanden. Die §§ 230a bis 230d ABGB bezeichnen bestimmte Formen der Anlegung als ex lege „mündelsicher“. Sie sind über ihren eigenen Wirkungsbereich hinaus für die „mündelsichere“ Anlegung von Sicherheiten bedeutsam. § 230e ABGB regelt andere Formen der Anlagen und enthält auch verfahrensrechtliche Bestandteile, so die „Anhörung eines Sachverständigen für das Börsen- und Bankwesen“. Die Beiziehung eines Sachverständigen bereitet in der gerichtlichen Praxis wegen des Zeit- und Kostenaufwandes Schwierigkeiten. So wurde in der Praxis ein die Unbedenklichkeit eines bestimmten Kapitalmarktproduktes ausdrückendes Gutachten in zahlreichen Verfahren verwendet, was letztlich zu Vermögensverlusten geführt hat. Auch erlitten in manchen Fällen minderjährige Kinder dadurch Vermögensnachteile, dass die in § 230 Abs. 2 ABGB enthaltene Verpflichtung, Mündelgeld auf mehrere Arten anzulegen, wenn dies wirtschaftlich zweckmäßig ist, nicht beachtet wurde. Das Gericht soll daher die Anlegung in Wertpapieren und Forderungen nur noch dann genehmigen dürfen, wenn eine entsprechende Risikostreuung und eine laufende Überwachung der Wertentwicklung gegeben ist.

9. Sicherung der Wirksamkeit von Vaterschaftsanerkenntnissen

Im Hinblick auf neuere Entwicklungen in der wissenschaftlichen Lehre soll ausdrücklich klargestellt werden, dass auch die von Rechtsnachfolgern abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisse wirksam sind.

10. Einheitliche Altersgrenzen für Adoptionen

Nach geltendem Recht bestehen unterschiedliche Mindestaltersgrenzen für Männer und Frauen sowie ein Altersunterschieds-Privileg für die Stiefkindadoption. Da der gesellschaftliche Bedarf an Stiefkindadoption geschrumpft ist, ist die Privilegierung kaum noch einzusehen: Gleiches gilt für die unterschiedlichen Altersgrenzen für Männer und Frauen. Diese sollen daher vereinheitlicht werden. Damit haben die in der jugendwohlfahrtsrechtlichen Praxis der Vermittlung von Adoptionen üblichen Höchstaltersgrenzen, die nicht zum Justizrecht gehören, freilich nichts zu tun.

Nicht erledigte Anliegen

In den der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs vorangegangenen Gesprächen wurden immer wieder zwei verschiedene Forderungen erhoben: Einerseits nach einer dem gerichtlichen Verfahren, besonders der Regelung des persönlichen Kontaktes, obligatorisch vorgelagerten Schlichtung und andererseits nach rigiden Mitteln zur Durchsetzung von Regelungen des persönlichen Kontaktes.

Schlichtung

Besonders für die – gelegentlich sehr ins Detail gehenden – Fragen der Kontaktregelung wurde in den Vorgesprächen geradezu einhellig die Einrichtung einer dem gerichtlichen Verfahren obligatorisch vorgelagerten Schlichtung gefordert. So wurde darauf hingewiesen, dass der Nichtgebrauch von Sonnenschutzmitteln im Zug eines Besuches keine Frage sei, mit der das Familiengericht befassen werden müsse. Eine geeignete sozialarbeiterisch oder psychologisch besetze Schlichtungsstelle könne sich besser um den Streit bemühen und eine Lösung herbeiführen, bevor die Sache vor die Richterin oder den Richter getragen werde. Eine solche Einrichtung würde zu ihrer Wirksamkeit voraussetzen, dass die Anrufung des Gerichtes in bestimmten Fragen des Kindschaftsrechtes erst dann möglich wird, wenn der Schlichtungsversuch gescheitert ist. Ein solches Rechtsinstitut steht zwar nicht im Widerspruch, aber doch in einem Spannungsverhältnis zu Art. 6 MRK, der die Möglichkeit zur Anrufung des Gerichtes in angemessener Zeit vorschreibt. Die legislative Umsetzung des Anliegens erfordert daher vertiefte Überlegungen und Erörterungen mit den fachlich interessierten Kreisen, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden. Die entsprechenden Arbeiten sollen daher fortgeführt werden und gegebenenfalls in ein eigenes Legislativprojekt münden.

Verschärfte Kontaktrechtsdurchsetzung

In den Vorgesprächen wurde auch die Forderung nach einer effektiven und verschärften Durchsetzung von Kontaktrechtsregelungen gefordert. Eine solche Durchsetzung muss als Eingriff in das Grundrecht aus Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 MRK den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit im Sinn des Art. 8 Abs. 2 MRK entsprechen. Es bestand rasch Einigkeit, dass der Strafrichter nicht für das Enforcement von Besuchsentscheidungen herangezogen werden sollte. Auch die Bestellung eigener gesetzlicher Vertreter („Umgangspfleger“) zur Durchführung der Besuche wurde nur eingeschränkt für sinnvoll gehalten, nicht zuletzt, weil die Missachtung der Befugnisse solcher Vertreter im Endeffekt wieder vor den Strafrichter führen könnte. Am ehesten erfolgversprechend erscheint derzeit die Beiziehung von Besuchsmittlern, welche auch vorgesehen wird (s P 4).

Kosten

Zu 1. (Gleichbehandlung unehelicher Kinder)

Die vorgeschlagenen Regelungen sind kostenneutral.

Zu 2. (Namensrecht)

Der vorliegende Entwurf wird zu einer geringfügigen Verschiebung von Kompetenzen von den Bezirksverwaltungsbehörden zu den Standesämtern führen. Ins Gewicht fallende personelle und finanzielle Konsequenzen wird dies nicht auslösen. Der Entwurf wird allerdings eine gewisse, nicht näher quantifizierbare Verwaltungsvereinfachung bei den Bezirksverwaltungsbehörden bewirken. Auch kann er längerfristig kostensparende Impulse setzen.

Zu 3. bis 6. (Gemeinsame Obsorge, Kontaktrecht, vorläufige Entscheidungen):

Wenn eines der wesentlichen Ziele des Vorhabens, nämlich Auseinandersetzungen der Eltern im Kindesinteresse zu vermindern, erfüllt werden kann, sollte sich die Belastung der Familiengerichte verringern. Dem steht freilich eine Mehrbelastung durch die vorgesehenen neuen Antragsrechte gegenüber. Der Entwurf geht nicht von einer „automatischen“ gemeinsamen Obsorge aus. Vielmehr bedarf es des Übereinkommens der Eltern – bei unehelichen Kindern vor der Personenstandsbehörde – oder einer gerichtlichen Einzelentscheidung. Zur Bewältigung dieser Arbeit werden zusätzliche Richterstellen samt den damit verbundenen Stellen für nichtrichterliche Bedienstete erforderlich werden, für die entsprechend vorgesorgt werden muss.

Durch die Möglichkeit, die Obsorge über das uneheliche Kind vor der Personenstandsbehörde zu vereinbaren, wird nur ein geringfügiger zusätzlicher Aufwand entstehen.

Die Beseitigung des Erfordernisses, Unterhalts- und Obsorgevergleiche zu genehmigen, wird zwar eine geringfügige Entlastung nach sich ziehen, vor allem bei der Arbeit der Diplom-Rechtspflegerinnen und –Rechtspfleger, die jedoch die mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 verursache zusätzliche Belastung (verbesserte Unterhaltsbevorschussung; erwarteter Fallanstieg 15 %, eingetretener Fallanstieg 29 %) noch immer nicht ausgleichen kann.

Dem Bund werden für die Kosten des Besuchsmittlers nur dann Belastungen entstehen, wenn die Eltern hiefür Verfahrenshilfe genießen. Nach den Erfahrungen mit dem Kinderbeistand lässt sich damit rechnen, dass in 200 Fällen jährlich ein Besuchsmittler bestellt werden muss. Bei einem angenommenen Honorar von 60 Euro in der Stunde und einer Fallzahl von 14.5 Stunden (beide Ansätze entsprechen den Gegebenheiten für Kinderbeistände) ergibt sich ein Gesamtaufwand von 200.000 Euro, von dem der Bund im Rahmen der Verfahrenshilfe die Hälfte zu tragen hat, also 100.00 Euro jährlich.

Zu 7. (Familiengerichtshilfe):

Die Familiengerichtshilfe soll schrittweise eingeführt werden. Ihr Aufbau steht ausdrücklich unter der Maßgabe der jeweiligen budgetären Möglichkeiten. Den Personalkosten der Familiengerichtshilfe werden Kostenersparnisse und zusätzliche Einnahmen gegenüberstehen: Genießen die Parteien Verfahrenshilfe, so sind die Kosten der Gutachten externer Sachverständiger (zumindest vorläufig, meistens auch endgültig) aus Amtsgeldern zu bezahlen. Diese Kosten für das Justizbudget entfallen künftig, wenn auf Grund der Tätigkeit der Familiengerichtshilfe eine Lösung erzielt wird, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich macht. Ob und in welchem Ausmaß die zusätzlichen Einnahmen durch Gerichtsgebühren und Kostenersparnisse die Personalkosten der Familiengerichtshilfe übersteigen oder unterschreiten, wird im Rahmen der Erprobung der Familiengerichtshilfe im Modellprojekt untersucht werden. Die Kosten des Modellversuchs einschließlich der wissenschaftlichen Begleitforschung finden jedenfalls im Justizbudget Deckung. Darüber hinaus ist budgetär nicht vorgesorgt. Das wäre auch nicht möglich, weil der Modellversuch erst Klärung bringen wird, welche Kapazitäten tatsächlich notwendig sind.

Zu 8. bis 10. (Mündelgeldanlegung, Vaterschaftsanerkenntnisse)

Das Vorhaben ist mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden.

Kompetenzgrundlage

Das Gesetzesvorhaben gründet sich auf Art. 10 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen“).


Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu § 93 ABGB neu

Abs. 1 erster Satz stellt – wie schon das geltende Recht – den Grundsatz auf, dass Ehegatten in erster Linie einen gemeinsamen Familiennamen führen sollen. Deshalb werden sie dazu angehalten, einen gemeinsamen Familiennamen zu bestimmen. Wenn sie das nicht tun, sollen sie ihre bisherigen Familiennamen beibehalten. Damit trägt der Entwurf der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung, dass Personen ihren eigenen Familiennamen auch nach einer Eheschließung beibehalten wollen. Gleichzeitig wird diese Regelung nunmehr auch dem Anspruch der materiellen Gleichstellung der Geschlechter besser gerecht. Nach dem bisherigen Recht kann die Frau nur durch ein aktives Tätigwerden verhindern, dass ihr der Familienname des Mannes kraft Gesetzes „aufgedrängt“ wird. Diese Änderung ist aber nicht nur im Hinblick auf die Gleichstellung von Mann und Frau von Bedeutung, sondern bewirkt, besonders als Folge von Eheschließungen im Ausland, auch eine Entlastung der Behörden und Bürger, da die mit einer Eheschließung verbundene – wenn auch nicht gewünschte – Namensänderung auch eine Verpflichtung zur Änderung aller maßgeblichen Dokumente und damit umfangreiche Behördengänge mit sich brachte.

Abs. 2 regelt, welcher Name zum gemeinsamen Familiennamen bestimmt werden kann. Wie nach geltendem Recht kann der (ganze) Familienname entweder des einen oder des anderen Ehegatten zum gemeinsamen Familiennamen bestimmt werden. Dabei sollen – sollte der gewählte Name bereits ein Doppel- oder Mehrfachname sein – auch nur einzelne oder mehrere Teile für den gemeinsamen Familiennamen herangezogen werden können. Damit soll insbesondere die Möglichkeit geschaffen werden, aus dem Ausland stammende Namen, die bisweilen traditionsgemäß aus langen Namensketten bestehen, aber auch den in Zukunft vermehrt auftretenden Doppelnamen künftig ohne komplizierten weiteren Behördenweg auf einfache Weise beim Standesamt zu kürzen.

Als weitere maßgebliche Neuerung soll es den Ehegatten nunmehr ermöglicht werden, einen aus den Familiennamen beider zusammengesetzten Doppelnamen zum gemeinsamen Familiennamen zu bestimmen. Hier stellt sich das Problem, dass eine Namenskette entsteht, wenn der Ehegatte bereits einen Doppel- oder gar Mehrfachnamen führt. Zur Vermeidung solch unübersichtlicher Namensketten soll für den Doppelnamen pro Name nur ein Namensteil für den gemeinsamen Familiennamen herangezogen werden können. Wünschen die Ehegatten in einem solchen Fall einen aus beiden Familiennamen zusammengesetzten gemeinsamen Familiendoppelnamen, so müssen sie aktiv jenen Teil ihres Familiennamens auswählen, der Teil des gemeinsamen Familiendoppelnamens werden soll. Insgesamt darf der gemeinsame Familiendoppelname jedenfalls nicht aus mehr als zwei Teilen bestehen. Weiters müssen sich die Ehegatten bei der Bestimmung auch über die Reihenfolge der Namen einigen. Dabei ist es nicht möglich, dass ein Ehegatte sich für eine andere Reihenfolge als der andere entscheidet. Der gemeinsame Familiendoppelname ist ein Ausdruck der Zusammengehörigkeit als Familie, er soll als gemeinsamer Familienname auch auf die aus der Ehe stammenden Kinder übertragen werden können. Dies gilt nicht nur für Doppel- oder Mehrfachnamen, wie sie etwa bei Eheschließungen oder im Kindesnamensrecht gebildet werden, sondern auch – wie in der Begutachtung verlangt – für verbundene Namen, wie sie durch Adoptionen nach § 182 in der Fassung der 1. Teilnovelle zum ABGB, RGBl. Nr. 276/1914, oder durch Ersetzung des Adelsprädikates „von“ durch einen Bindestrich im Zug der Adelsaufhebung entstanden sind, weil sie sich äußerlich von Doppelnamen nicht unterscheiden. Namen mit anderen Zusätzen, wie etwa „van Beethoven“, „Mc Donalds“ oder „Del Piero“ werden aber als ein einziger Name oder als ein Teil aufzufassen sein, weil „van“, „Mc“ oder „Del“ für sich allein nicht bestehen kann.

Abs. 3 stellt klar, dass die schon nach geltendem Recht mögliche und beliebte Namensführung, wonach ein Ehegatte seinen Namen dem zum gemeinsamen Familiennamen bestimmten Familiennamen des anderen Ehegatten voran- oder nachstellen kann, weiter besteht. Dieses Institut ist in den letzten Jahren vermehrt in Anspruch genommen worden; es hat eine nicht unbedeutende Relevanz in der Bevölkerung erhalten. Neu ist, dass dieser so zusammengesetzte Doppelname durch entsprechende Bestimmung auch auf Nachkommen übertragen werden kann (§ 155 Abs. 1 ABGB neu). Auch der nach Abs. 3 gebildete Doppelname darf aber insgesamt nur aus höchstens zwei Teilen bestehen. Wenn also zum gemeinsamen Familienamen bereits der Doppelname eines Ehegatten herangezogen wird, soll der Ehegatte, dessen Name nicht gemeinsamer Familienname wird, seinen Namen nicht voran- oder nachstellen können. Wird umgekehrt für den gemeinsamen Familiennamen ein nur aus einem Teil bestehender Name verwendet, so darf der Ehegatte, dessen Name nicht zum gemeinsamen Familiennamen bestimmt wird und der selbst einen Doppelnamen führt, nur einen Teil seines bisherigen Namens voran- oder nachstellen. Diese Beschränkung dient wiederum der Vermeidung unübersichtlicher Namensketten.

Abs. 4 schreibt die Form vor, in der ein Doppelname zu führen ist. Die Teile des Doppelnamens sind mit einem Bindestrich zu trennen.

Zu § 93a ABGB neu

Für den Fall, dass sich der bisherige Familienname eines oder beider Ehegatten ändert, sieht § 93a Abs. 1 vor, dass der Familienname der Ehegatten neuerlich bestimmt werden kann. Abs. 1 entspricht damit im Wesentlichen der früheren Bestimmung des § 162b ABGB. Die neue Regelung geht aber im Ergebnis über das bisherige Recht hinaus, weil nicht nur eine Änderung des Familiennamens eines Ehegatten durch Legitimation, sondern jegliche Änderung des Familiennamens eines Ehegatten erfasst ist. Diese Bestimmung fördert die Flexibilität und wird der Dynamik des Namensrechts gerecht.

§ 93a Abs. 2 entspricht zwar im Wesentlichen der bisherigen Bestimmung des § 93a ABGB, geht aber doch im Zuge der angestrebten Modernisierung des Namensrechts darüber hinaus. So soll die nicht für die verwaltungsbehördliche Namensänderung, aber für die Wiederannahme beim Standesamt geltende Einschränkung entfallen, dass bei Annahme des Namens eines früheren Ehegatten ein Nachkomme aus dieser Ehe vorhanden sein muss. Künftig soll es nur mehr darauf ankommen, dass die Person den früher geführten Namen einmal rechtmäßig geführt hat. Ihre Rechtfertigung findet diese Regelung im Persönlichkeitsrecht des Namensträgers: Der Name des Menschen ist eben Ausdruck seiner Identität und Individualität. Die Wiederannahme nach bürgerlichem Recht kann heute nicht mehr vom Vorhandensein von Nachkommen abhängig gemacht werden. Möglicherweise ist ein Teil unter dem Namen aus einer lange dauernden früheren Ehe weithin bekannt, könnte nach geltendem Recht aber nur zu dem Namen zurückkehren, den er in einer äußerst kurzen Ehe erworben hat, aus der Kinder stammen. Derzeit hat ein solcher Ehegatte nur die Möglichkeit einer verwaltungsbehördlichen Namensänderung nach § 2 Abs. 1 Z 5 NÄG.

Insbesondere der slawischen Tradition, aber auch anderen Kulturkreisen entspricht es, dass Familiennamen nach dem Geschlecht abgewandelt werden. Dies stellt Frauen und Männer, die in Österreich leben und einen Familiennamen führen, der dieser Tradition entspricht, oder bei denen es ihrer Herkunft entspricht, dass der Familienname entsprechend dem Geschlecht abgewandelt wird, vor ein Problem. Bei einer Eheschließung erhält nämlich der Ehegatte, der den Familiennamen des anderen annimmt, auf Grund der starren Regelungen des österreichischen Namensrechts einen Familiennamen, der nicht seinem Geschlecht entspricht. Nach geltendem Recht sind solche Menschen auf die verwaltungsbehördliche Namensänderung durch die Bezirksverwaltungsbehörden verwiesen, die im Rahmen eines verwaltungs- und kostenaufwändigen Verfahrens eine derartige Anpassung durchführen. Dies bedingt ein – häufig sprachliche Minderheiten in Österreich treffendes – nahezu diskriminierendes Mehr an Aufwand und Kosten für solche Männer und Frauen, die nach der Eheschließung weitere Behördengänge gehen müssen, um einen ihrem Geschlecht entsprechenden Namen zu erhalten. Zudem führt die geltende Rechtslage zu einer unnötigen Belastung der Verwaltungsbehörden.

Mit dem vorgeschlagenen § 93a Abs. 3 wird dem Anliegen entsprochen, auf unkompliziertem und einfachem Wege über die Standesämter einen Familiennamen an das Geschlecht anzupassen. Dies soll dann möglich sein, wenn es der Herkunft der Person oder der Tradition der Sprache entspricht, aus der der Name stammt. Künftig soll ein Bürger, der eine derartige Anpassung wünscht, im Rahmen seiner Eheschließung beim Standesamt direkt die Anpassung des Namens durch entsprechende Bestimmung erreichen können. Es bedarf keines weiteren Zwischenschritts, damit diese Person zu ihrem angepassten Familiennamen kommt. Durch die neutrale Formulierung „Person“ ist diese Bestimmung auf Grund des entsprechenden Verweises in § 157 Abs. 3 auch für den Kindesnamen auf unkomplizierte Weise anwendbar, sodass im Rahmen der Bestimmung des Familiennamens bei Bedarf bereits bei Beurkundung der Geburt des Kindes, aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt, ohne zusätzliche verwaltungsbehördliche Namensänderung der Familienname des Kindes dem jeweiligen Geschlecht angepasst werden kann. Als Ergebnis der Begutachtung soll die vorgeschlagene Regelung auch für den Fall gelten, dass eine geschlechtsbezogene Endung entfernt werden soll.

Zu § 93b ABGB neu

Diese Bestimmung dient in erster Linie der Beibehaltung von Stabilität und Kontinuität im Namensrecht. Gleichzeitig verleiht sie diesem Rechtsbereich die erforderliche Dynamik und Flexibilität. Schließlich entlastet sie die Bezirksverwaltungsbehörden.

Mit der Regelung wird klargestellt, dass die Wahl des Familiennamens gut überlegt sein soll, da eine Bestimmung des Familiennamens nur einmal zulässig ist. Damit soll die Stabilität und Kontinuität des Namensrechts sichergestellt werden. Das Wort „einmalig“ ist dabei in Beziehung auf einen Tatbestand und nicht numerisch zu verstehen. So können z. B. im Rahmen der Eheschließung der Familienname des einen Ehegatten zum gemeinsamen Familiennamen und gleichzeitig die geschlechtsspezifische Anpassung bestimmt werden. Ein Abgehen vom einmal bestimmten Namen steht im Rahmen des Namensänderungsgesetzes über die Bezirksverwaltungsbehörde aber weiterhin offen.

Zu § 93c ABGB neu

Diese zentrale Bestimmung regelt nunmehr auf Grund des entsprechenden Verweises in § 157 Abs. 3 ABGB neu für sämtliche namensrechtliche Vorgänge, in welcher Form und wo namensrechtliche Erklärungen gültig abgegeben werden können und wann sie Wirksamkeit entfalten. Sie fasst die bislang für jeden einzelnen namensrechtlichen Vorgang gesondert im Gesetz verstreuten Bestimmungen zusammen.

Zu § 94 ABGB neu

Die Einfügung der Überschrift erklärt sich durch die neue Überschrift vor § 93.

Zu § 137 ABGB neu

Der Bestimmung wird bisher – ähnlich einer Präambel – programmatischer Charakter beigemessen (siehe Posch, „Rein persönliche“ Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern, in Ostheim (Hrsg), Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978 [1979] 12. Sie soll ausgebaut und dem modernen Verständnis von einer Eltern-Kind-Beziehung angepasst werden.

§ 137 Abs. 1 des Entwurfs umschreibt allgemeine Grundsätze der rechtlichen Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind, und zwar unabhängig davon, ob dieses noch minderjährig oder bereits volljährig ist: Die wechselseitige Beistandspflicht soll in ihrer bisherigen Gestalt (dazu siehe Stefula, Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 609) beibehalten und durch die Verpflichtung, einander mit Achtung zu begegnen, ergänzt werden. Sie gilt allgemein, nicht nur für das Verhältnis zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern, und sie verpflichtet beide Teile, also das Kind ebenso wie seine Elternteile.

§ 137 Abs. 1 zweiter Satz des Entwurfs soll den bisherigen Abs. 3 übernehmen.

§ 137 Abs. 2 des Entwurfs soll die in Abs. 1 aufgestellten Grundsätze mit Blick auf minderjährige Kinder ergänzen und konkretisieren: Die Eltern sollen ausdrücklich verhalten werden, ihre minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge zu leisten, Geborgenheit zu bieten und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Der schon im geltenden Recht in § 137 Abs. 1 ABGB enthaltene Ausdruck „Erziehung“ geht hier weiter als jener im geltenden § 146 ABGB (bzw. in § 160 Abs. 1 ABGB neu). An dessen Bedeutung im Rahmen des § 137 soll sich durch die Neuformulierung und -positionierung im Entwurf nichts ändern.

Das bereits bestehende Verbot der Anwendung jeglicher Gewalt sowie der Zufügung körperlichen oder seelischen Leides im Rahmen der Erziehung soll ebenfalls in die einleitende Bestimmung aufgenommen werden. Die Bestimmung soll das – an sich selbstverständliche – Verbot unterstreichen und verdeutlichen. Sie umfasst sämtliche Arten von Gewalt, sei es körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt. Der in der Entwurfsvorbereitung geäußerte Vorschlag, das Gewaltverbot in einer zentralen eigenen Bestimmung zu verankern, soll dagegen nicht aufgegriffen werden. Ein allgemeines Gewaltverbot ist der Rechtsordnung bereits inhärent, dessen Verletzung ist sowohl zivil- als auch strafrechtlich verpönt. Der Bedeutung dieses Anliegens für das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern wird durch die Verschiebung der schon geltenden Regelung in die gleichsam einleitende Bestimmung des § 137 ABGB neu ausreichend Rechnung getragen.

Nach § 137 Abs. 2 dritter Satz des Entwurfs sollen die Eltern – soweit tunlich und möglich – die Obsorge einvernehmlich wahrnehmen. Im geltenden Recht wird die einvernehmliche Ausübung der Obsorge in § 144 zweiter Satz ABGB geregelt: Demnach „sollen“ die Eltern bei der Erfüllung der Obsorge einvernehmlich vorgehen. Aus dem Ausdruck „sollen“ wird abgeleitet, dass sich der mit der Obsorge betraute Elternteil um das Einvernehmen mit dem anderen bemühen soll, soweit ihm das zumutbar ist (SZ 70/134). Der Einvernehmlichkeitsgrundsatz wird also als „Bemühungspflicht“ verstanden, nach der die Eltern nach Möglichkeit miteinander in Kontakt treten müssen, bevor sie handeln. Durch die Verschiebung in die einleitende Bestimmung des § 137 ABGB neu soll auch zum Ausdruck gebracht werden, dass dies die Idealvorstellung des Gesetzes ist, an der sich die Eltern orientieren sollen.

Die Pflicht zur Herstellung eines Einvernehmens soll aber auch etwas anders konturiert werden: Sie soll nur dann gelten, soweit dies „tunlich und möglich“ ist. Wie bereits erwähnt, ist nach geltendem Recht eine Kontaktaufnahme nur dann erforderlich, wenn dies im Einzelfall auch möglich ist. Der Entwurf schlägt vor, diese „Bemühungspflicht“ weiter einzuschränken, indem er auch auf das Kriterium der Tunlichkeit abstellt. Zwar wird es den Eltern auf Grund der vorhandenen technischen Möglichkeiten keine größeren Schwierigkeiten bereiten, miteinander in Kontakt zu treten, selbst wenn sie getrennt leben. Die Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens in allen Angelegenheiten würde den (hauptsächlich) betreuenden Elternteil aber unnötig belasten. Selbst bei aufrechter Ehe oder Lebensgemeinschaft ist es doch weithin üblich, dass die Eltern im Alltag in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens nicht erst ein Einvernehmen herstellen. Vielmehr trifft der jeweils aktuell das Kind betreuende Elternteil die erforderlichen Entscheidungen, ohne sich mit dem anderen zuvor abzustimmen. Wenn die Eltern getrennt leben, soll das nicht anders sein. Die Verpflichtung, mit dem anderen Elternteil in Kontakt zu treten, soll daher nur insoweit bestehen, als dies im Einzelfall tunlich ist. Diese Änderung wird jedenfalls alle Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens betreffen. Darunter sind solche Agenden zu verstehen, „die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben“, mögen sie auch nicht alltäglich vorkommen (Stefula, Die Neuerungen zur Patchworkfamilie, iFamZ 2009, 266 [267]). Praktische Beispiele sind etwa das Verfassen einer Entschuldigung vom Turnunterricht wegen Rekonvaleszenz, das Abholen des Kindes vom Kindergarten oder dessen Übergabe an die Großeltern zwecks Beaufsichtigung sowie die Zustimmung in eine nicht schwerwiegende medizinische Behandlung. Aber auch darüber hinaus gehende Maßnahmen können von der Einschränkung umfasst sein. Ob das Herstellen von Einvernehmen tunlich ist, hängt stets von den Umständen des Einzelfall ab, insbesondere davon, inwieweit sich der andere Elternteil in der Vergangenheit – z. B. schon während aufrechter Ehe – bei vergleichbaren Angelegenheiten eingebracht hat, vom Ausmaß seiner bisherigen Betreuungsleistungen und von den insgesamt mit der Maßnahme verbunden Auswirkungen (z. B. der Gefährlichkeit einer medizinischen Behandlung). Zu berücksichtigen wird auch die generelle Bereitschaft der Elternteile zu einem konstruktiven Miteinander sein. Beharrt ein Elternteil stets auf seinem Standpunkt und ist er nicht zur offenen Diskussion und zum Kompromiss in wichtigen Angelegenheiten bereit, so wird es – sofern nicht überhaupt die Obsorge beider Eltern aufzuheben ist – dem betreuenden Elternteil nicht zumutbar sein, stets zu versuchen, den anderen Elternteil zu überzeugen. Vielmehr wird er in einem solchen Fall die Entscheidung allein treffen können.

Die Einschränkung „soweit möglich“ setzt hingegen zeitliche und faktische Grenzen. Bei dringenden Maßnahmen, etwa einer sofort erforderlichen medizinischen Behandlung, wird vielfach die Zeit für eine Kontaktaufnahme zu kurz sein; aber auch bei weniger dringenden Maßnahmen wird ein Elternteil allein handeln können, wenn das Einvernehmen mit dem anderen auf Grund faktischer Gegebenheiten – z. B. eines langen Auslandsaufenthalts mit eingeschränkter Erreichbarkeit – nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erzielt werden kann. Welcher Aufwand noch verhältnismäßig ist, wird dabei von der Bedeutung und den Auswirkungen der Angelegenheit abhängen.

Weiterhin soll das Einvernehmlichkeitsgebot nur im Innenverhältnis wirken, sodass Vertretungshandlungen eines Elternteils – im Rahmen des § 167 ABGB neu – auch ohne Einvernehmen wirksam sind.

Zu § 138 ABGB neu

Das Wohl des minderjährigen Kindes ist schon nach geltendem Recht der leitende Grundsatz des Kindschaftsrechts. Darauf beziehen sich die verschiedensten Bestimmungen des Kindschafts- und Familienrechts. § 138 des Entwurfs soll nun gleichsam vorweg und an prominenter Stelle festhalten, dass das Wohl des Kindes in allen Angelegenheiten, die die Obsorge oder den persönlichen Kontakt betreffen, als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Es ist in allen das Kind betreffenden Maßnahmen – sei es durch die Eltern, sonstige Obsorgebetraute oder eine gerichtliche Entscheidung – bestmöglich herzustellen und aufrechtzuerhalten.

Das „Kindeswohl“ ist ein Rechtsbegriff. Was dem Wohl des Kindes entspricht oder widerspricht, ob und inwieweit das Wohl des Kindes gefährdet ist, ob eine Maßnahme oder Verfügung dem Wohl des Kindes besser als eine andere dient, alle diese und auch andere, das Kindeswohl betreffende Fragen sind daher letztlich von den Gerichten zu beurteilen. Bei dieser Prüfung spielen aber kinderpsychologische und pädagogische Gesichtspunkte eine besondere Rolle (vgl. Zitelmann, Kindeswohl und Kindeswille im Spannungsfeld von Pädagogik und Recht [2001] 142). Das Kindeswohl wird dabei nicht als konstante Größe, sondern als „flexibles Attribut jeweils spezifischer und veränderlicher Konstellationen von personalen und sozialen Schutz- und Risikofaktoren“ (so Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie² [2002] 59 ff.) verstanden. Eine abschließende Definition des vielschichtigen Begriffs Kindeswohl ist also nicht möglich. Einige für das Wohl des Kindes bedeutende Aspekte sollen aber in das Gesetz aufgenommen werden, um den Eltern, den an einer Auseinandersetzung Beteiligten und nicht zuletzt auch den Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieser Frage zu bieten. Dazu sollen die derzeit in § 178a ABGB enthaltenen Kriterien deutlich ausgebaut werden.

Das Kind ist auf eine angemessene Versorgung – in der Regel durch seine Eltern – angewiesen. Ebenso ist eine sorgfältige Erziehung für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung. § 138 Z 1 des Entwurfs führt diese beiden Punkte als ersten wesentlichen Bestandteil des Kindeswohls an. Unter Versorgung versteht der Entwurf alle Aspekte, die für das körperliche Wohlbefinden des Kindes erforderlich sind, angefangen mit der ausreichenden und ausgewogenen Versorgung mit Nahrung über die Körperpflege und die Bereitstellung notwendiger medizinischer Behandlungen bis hin zur Verschaffung geeigneter Wohnmöglichkeiten. Letzteres kann selbstverständlich auch ein Frauenhaus sein. Die Angemessenheit der Versorgung ist im Einzelfall zu beurteilen und hängt insbesondere von den Lebensverhältnissen der Eltern, dem Alter, aber vor allem auch den konkreten Bedürfnissen des Kindes ab.

Einen weiteren Aspekt des Kindeswohls stellt die sorgfältige Erziehung dar. Im Rahmen einer sorgfältigen Erziehung des Kindes ist – seinem Alter entsprechend – auch auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Förderung seiner eigenständigen Entwicklung und der Vermittlung von Werten und Regeln zu achten.

Nach § 138 Z 2 des Entwurfs bilden die Fürsorge, die Geborgenheit, die das Kind erfährt, und der Schutz seiner körperlichen und seelischen Integrität einen weiteren Bestandteil des Kindeswohls. Für die Entwicklung des Kindes sind verlässliche und sichere Bindungen (dazu auch Z 9) von großer Bedeutung. Fürsorge und Geborgenheit ermöglichen dem Kind den Aufbau solcher Bindungen. Und sie sind auch die Grundvoraussetzung, um die körperliche und seelische Integrität des Kindes zu schützen. Der Anspruch des Kindes auf Schutz der körperlichen und seelischen Integrität ergänzt das an die Eltern gerichtete Gewaltverbot in der Erziehung (s. § 137 Abs. 2 des Entwurfs) und den Anspruch des Kindes auf Schutz vor Übergriffen und Gewalt (Z 7), er erfasst auch diejenigen Bereiche, die eventuell unter der Schwelle körperlicher oder psychischer Gewalt liegen, aber dennoch in die Integrität des Kindes eingreifen. Neben der körperlichen Komponente ist hier vor allem das Seelenwohl des Kindes angesprochen.

Für die gesunde Entwicklung des Kindes ist es weiters von zentraler Bedeutung, dass das Kind entsprechende Wertschätzung und Akzeptanz – vor allem, aber nicht nur – durch seine Eltern erfährt. Diese beiden Elemente sollen in § 138 Z 3 des Entwurfs angeführt werden.

Nach § 138 Z 4 des Entwurfs sind die Förderung der Bedürfnisse, Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes zu berücksichtigen. Dabei geht es um die Förderung des Kindes.

Die Bedachtnahme auf den Willen des Kindes ist ein weiterer Bestandteil des Kindeswohls, und zwar als eigenes Kriterium (§ 138 Z 5 des Entwurfs), das in Abhängigkeit vom Verständnis des Kindes und dessen Fähigkeit zur Meinungsbildung zu berücksichtigen ist. Die Erfüllung des Kindeswillens muss aber nicht immer dem Kindeswohl dienen. In solchen Fällen kann es zur Wahrung des Kindeswohles erforderlich sein, Entscheidungen gegen den Willen des Kindes zu treffen. Die Durchsetzung von Maßnahmen oder Entscheidungen gegen den Willen des Kindes kann aber ebenfalls das Kindeswohl beeinflussen. Die Beeinträchtigung, die das Kind dadurch erleidet, wenn eine Maßnahme gegen dessen Willen um- oder durchgesetzt wird, ist als weiteres Kriterium in § 138 Z 6 des Entwurfs geregelt.

Ein eminent wichtiger Bestandteil des Kindeswohls ist ferner der Schutz des Kindes vor Gewalt und Übergriffen, aber auch davor, Gewalt an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben (§ 138 Z 7 des Entwurfs). Unter Miterleben von Gewalt ist nicht bloß die unmittelbare Wahrnehmung gewalttätiger Handlungen zu verstehen, sondern auch der Fall, in dem das Kind nur die Auswirkungen einer Auseinandersetzung – etwa die Verletzung eines Elternteils – sieht. Erfasst werden soll demnach die gewalttätige Atmosphäre in ihrer Gesamtheit, zumal Kinder einen Anspruch auf ein gewaltfreies Umfeld haben. Das Erleben oder Miterleben physischer oder psychischer Gewalt kann zu deren Traumatisierung führen. Das Kind ist vor weiteren (direkten) Gewalterlebnissen zu schützen; aber auch seine mögliche „Retraumatisierung“ (durch per se nicht gewaltbesetzte Handlungen des Täters) ist bei gerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen.

Eine weitere – auf Grund zunehmender Internationalisierung immer häufiger auftretende – Gefahr für das Kind besteht darin, dass es rechtswidrig in ein anderes Land verbracht oder dort zurückgehalten wird. Zwar bestehen internationale Übereinkommen und Rechtsinstrumente, die eine rasche Rückführung des Kindes sicherstellen sollen, doch können solche Verfahren mit großen Belastungen vor allem auch für das Kind verbunden sein. Die Berücksichtigung dieser Gefahr als weiteres Entscheidungskriterium soll in § 138 Z 8 des Entwurfs genannt werden.

Das Bedürfnis des Kindes nach verlässlichen Kontakten zu beiden Elternteilen, aber auch anderen wichtigen Bezugspersonen sowie nach Entwicklung sicherer Bindungen streicht § 138 Z 9 des Entwurfs heraus. Das Kind hat ein Entwicklungsinteresse an der Aufrechterhaltung und Intensivierung bestehender Beziehungen zu seinen Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen. Neben den Eltern sind nämlich häufig weitere Personen, wie Geschwister, die Großeltern oder auch Stiefelternteile, für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung. Die Verlässlichkeit dieser Kontakte ist für die Entwicklung des Kindes wichtig, um sichere Bindungen aufzubauen. Die persönlichen Kontakte eines Kindes zu seinen Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen sollten daher von Stabilität geprägt sein, damit das Kind die für seine Entwicklung förderliche Sicherheit erfährt.

Das Bedürfnis bzw. Entwicklungsinteresse eines Kindes nach Kontakt zu einem Elternteil besteht unter bestimmten Umständen nicht, beispielsweise auf Grund von Gewalterfahrungen, massiven Kränkungen oder der Vernachlässigung des Kindes durch diesen Elternteil. Ein dennoch bestehender Wunsch des Kindes nach Kontakt kann dem Kindeswohl dann abträglich sein. Im Übrigen spricht § 138 Z 9 des Entwurfs auch das Interesse des Kindes an, beide Eltern zu kennen und über seine Herkunft informiert zu sein.

§ 138 Z 10 des Entwurfs regelt die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen. Für ein Kind ist es belastend, wenn es in einen Loyalitätskonflikt zwischen wichtigen Bezugspersonen gerät. Das lässt sich zwar nicht immer und nicht gänzlich vermeiden, zumal es – auch bei aufrechter Beziehung der Eltern – immer wieder Situationen gibt, in denen die Eltern unterschiedliche Standpunkte vertreten. Es soll aber Aufgabe der Eltern sein, die Auswirkungen solcher Situationen auf das Kind möglichst gering zu halten. Häufig beruht ein auffälliges Verhalten eines Kindes auf der Unsicherheit, die es dadurch erfährt, dass es in einen Loyalitätskonflikt gerät oder Schuldgefühle entwickelt. Dies kann sich besonders nach der Trennung der Eltern verstärken, wenn das Kind merkt, dass zwischen den Elternteilen Spannungen bestehen und ein Elternteil den anderen– vielleicht auch nicht offen – ablehnt.

§ 138 Z 11 des Entwurfs spricht die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes an. Diese Faktoren spielen in erster Linie bei Maßnahmen, die das wirtschaftliche Wohlergehen des Kindes sichern sollen, eine Rolle, beispielsweise bei der Geltendmachung von Unterhalt- oder Schadenersatzansprüchen (nach einem Unfall) oder bei der Veranlagung von Vermögen des Kindes. Zu denken ist aber auch an die Möglichkeit, dass das Kind ein Vermögen (z. B. ein Unternehmen) erben soll und eine Erbantrittserklärung abzugeben ist.

Schließlich sind in § 138 Z 12 des Entwurfs die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung als Teil des Kindeswohls beschrieben. Schon im geltenden Recht (§ 178a ABGB) sind die Lebensverhältnisse der Eltern als Kriterien zur Beurteilung des Kindeswohls enthalten. Dies soll beibehalten werden, jedoch – der sonstigen Ausrichtung des § 138 des Entwurfs entsprechend – das Kind in den Mittelpunkt gerückt werden; auch sollen für das Kind bedeutende Aspekte, wie etwa das Verhältnis zu Geschwistern oder dem Freundeskreis (der „peer group“), berücksichtigt werden.

Die Bedeutung der einzelnen Faktoren des Wohles des Kindes hängt maßgeblich von der zu beurteilenden Maßnahme ab. So können ökonomische Vorteile (vgl. § 138 Z 11 des Entwurfs) in Fragen der Vermögensverwaltung oder des Unterhalts eine große Rolle spielen, aber im Zusammenhang mit der Pflege und Erziehung oftmals in den Hintergrund treten (vgl. Weitzenböck in Schwimann3 § 178a Rz 1). Es kann und soll daher keine festgelegte „Rangordnung“ der Kriterien geben. Vielmehr sind die einzelnen in § 138 des Entwurfs angeführten Kriterien in jedem Einzelfall gesondert zu gewichten und zu berücksichtigen. Darüber hinaus handelt es sich nicht um eine abschließende Definition des Kindeswohls, sondern um eine demonstrative Aufzählung wesentlicher Kriterien zur Schärfung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffs. Auch andere Aspekte können bei der Beurteilung des Kindeswohls eine Rolle spielen. Letztlich kann der Entwurf auch nicht so verstanden werden, dass damit ein bestimmtes gesetzliches Leitbild von der Familie und von der Eltern-Kind-Beziehung festgeschrieben werden soll. Das wäre vor dem Hintergrund der Vielfalt der familienrechtlichen Beziehungen, der von Eltern und Kindern gelebten „Lebensentwürfe“ sowie der Autonomie der Beteiligten zur Gestaltung ihrer Verhältnisse weder sinnvoll noch zulässig.

Zu § 139 ABGB neu

§ 139 Abs. 1 des Entwurfs übernimmt den bisherigen Grundsatz der Familienautonomie des § 137a ABGB.

Die mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 in § 137 Abs. 4 ABGB eingeführte „Beistandspflicht“ aller volljährigen Personen, die mit einem Elternteil und dessen Kind im gemeinsamen Haushalt leben und zum Elternteil in einem familiären Verhältnis stehen, soll aus systematischen Gründen in den § 139 Abs. 2 des Entwurfs verschoben werden. Darüber hinaus schlägt der Entwurf vor, dass auch diese Personen verpflichtet sein sollen, den Elternteil in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (zu diesem Begriff siehe schon die Erläuterungen zu § 137 Abs. 2 des Entwurfs), erforderlichenfalls zu vertreten. Das entspricht der Regelung des § 90 Abs. 3 zweiter Satz ABGB, die für den Ehegatten des Elternteils gilt. Diese Regelung soll auf alle volljährigen Personen ausgedehnt werden, die mit einem Elternteil und dessen Kind im gemeinsamen Haushalt leben und in einem familiären Verhältnis zum Elternteil stehen. Dazu gehören auch Personen, die mit dem Elternteil in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft leben oder mit ihm eine eingetragene Partnerschaft begründet haben. Zum Inhalt der Vertretung kann auf die Begründung des Initiativantrags zum Familienrechts-Änderungsgesetzes 2009 verwiesen werden (IA 673/A 24. GP 24 f.). Bei Ausübung der Obsorge vertritt die im gemeinsamen Haushalt lebende volljährige Person den mit der Obsorge betrauten Elternteil und nicht (unmittelbar) das Kind. Dieser Person soll daher nicht etwa die Obsorge zukommen. Eine Vertretung des mit Obsorge betrauten Elternteils wird nach den Umständen des einzelnen Falles dann erforderlich sein, wenn der Elternteil verhindert ist (etwa durch Krankheit oder Abwesenheit) und zudem sofort gehandelt werden muss. Sind beide leiblichen Elternteile mit der Obsorge betraut, so müssen beide verhindert sein, damit eine Vertretung erforderlich sein kann. Aus dem Umstand, dass der mit der Obsorge betraute Elternteil vertreten wird, folgt weiters, dass grundsätzlich immer dessen erklärter oder mutmaßlicher Wille befolgt werden muss und dass der obsorgeberechtigte Teil (bestimmten Personen) ein Tätigwerden im Sinn des Abs. 2 untersagen kann. Ist dem Dritten (also z.B. der Lehrerin des Kindes) die Untersagung bekannt, so ist die dennoch abgegebene Willenserklärung (z.B. ein Entschuldigungsschreiben) unwirksam.

Zur Aufhebung der §§ 138c, 138d und 161 bis 162d ABGB alt

Die Gleichbehandlung unehelicher Kinder soll durch die Beseitigung des Begriffs „uneheliches Kind“, durch die Beseitigung der Rechtsinstitute der Legitimation durch nachfolgende Ehe und der Ehelicherklärung durch das Staatsoberhaupt sowie durch gleichlautende Regelungen im Namensrecht weiter forciert werden. Die entsprechenden Bestimmungen sollen deshalb aufgehoben werden. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Fälle Zaunegger und Sporer) soll die anfängliche Zuteilung der alleinigen Obsorge für Kinder nicht verheirateter Eltern an die Mutter aufrecht bleiben (vgl. § 177 Abs. 2 ABGB neu). Damit wird den unterschiedlichen Lebenssituationen Rechnung getragen und zum Schutz des Kindeswohls sichergestellt, dass das Kind ab der Geburt durch eine Person vertreten wird.

Zu den §§ 140 bis 154 ABGB neu

Das Abstammungsrecht soll nicht mehr in drei von einander getrennten Rechtsschichten (§§ 137b bis 138d, §§ 156 bis 158 und §§ 162 bis 164 ABGB), sondern in einem einheitlichen Abschnitt, dem zweiten, geregelt werden. Dabei wird die Gelegenheit genutzt, die Bestimmungen in einen besser nachvollziehbaren Aufbau zu bringen: Nach allgemeinen Ausführungen über die Handlungsfähigkeit und die Rechtsnachfolge in Abstammungssachen werden zunächst die Abstammung von der Mutter, dann jene vom Vater geregelt. Zuletzt wird einheitlich die Anfechtung der Abstammung normiert. Dazu zählt nicht nur die Rechtswirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses, sondern auch die Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter (die nach geltendem Recht in § 156 ABGB geregelt ist). Inhaltlich erfahren die Bestimmungen, die beibehalten werden, nur in zwei Punkten eine Änderung, auf die im Rahmen der Erläuterungen der jeweiligen Bestimmung eingegangen wird.

Zu § 140 ABGB neu

§ 140 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 138a Abs. 1 ABGB.

Zu § 141 ABGB neu

§ 141 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 138b ABGB.

Zu § 142 ABGB neu

§ 142 des Entwurfs entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 138a Abs. 2 ABGB. Aufgrund der im FamErbRÄG 2004, BGBl I Nr. 58/2004 gewählten Formulierung wurde in der Literatur mitunter argumentiert, dass ein Vaterschaftsanerkenntnis durch die Rechtsnachfolger des Mannes nicht mehr zulässig sein soll (vgl. Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 138a Rz 19). Durch die Änderung der Terminologie soll nunmehr klargestellt werden, dass nicht nur die Feststellung der Abstammung oder der Nichtabstammung, die Änderung der Abstammung oder die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses von und gegen Rechtsnachfolger erfolgen kann, sondern auch die Vaterschaft von den Rechtsnachfolgern des Mannes anerkannt werden kann.

Zu § 143 ABGB neu

§ 143 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 137b ABGB.

Zu § 144 ABGB neu

§ 144 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 138 ABGB.

Zu § 145 ABGB neu

§ 145 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 163c ABGB.

Zu § 146 ABGB neu

§ 146 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 163d ABGB.

Zu § 147 ABGB neu

§ 147 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 163e ABGB.

Zu § 148 ABGB neu

§ 148 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 163 ABGB. Die Möglichkeit der Zustimmung zu einer medizinisch unterstützen Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010 beseitigt. Zustimmungserklärungen sind seither nur noch in Form eines Notariatsakts zulässig. Dementsprechend ist die Bestimmung nunmehr anzupassen.

Zu § 149 ABGB neu

§ 149 des Entwurfs entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 163a ABGB.

Zu § 150 ABGB neu

§ 150 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 163b ABGB.

Zu § 151 ABGB neu

§ 151 des Entwurfs entsprich dem bisherigen § 156 ABGB.

Zu § 152 ABGB neu

§ 152 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 157 ABGB.

Zu § 153 ABGB neu

§ 153 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 158 ABGB.

Zu § 154 ABGB neu

§ 154 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 164 ABGB.

Zu § 155 ABGB neu

§ 155 des Entwurfs regelt, welcher Name zum Familiennamen des ehelichen oder unehelichen Kindes werden kann. Die neue Bestimmung hält zum einen an der Idee des einheitlichen Familiennamens für die ganze Familie fest und zielt darauf ab, eine möglichst weitgehende Übereinstimmung von Eltern- und Kindesnamen zu erreichen. Zum anderen erreicht sie aber auch eine flexible, dem fortschreitenden gesellschaftlichen Wandel entsprechende Gestaltung des Kindesnamens und überlässt es den Eltern, sich für die eine oder andere Variante zu entscheiden.

So stellt der in erster Linie auf in der Ehe geborene Kinder anwendbare Abs. 1 klar, dass der gemeinsame Familienname der Eltern auf das Kind übertragen wird. Ohne weiteres Zutun der Eltern erhält das Kind mit seiner Geburt den gemeinsamen Familiennamen der Eltern; dies gilt auch, wenn die Eltern einen gemeinsamen Familiendoppelnamen führen. Auch dieser wird auf das Kind übertragen. Der erste Satz des Abs. 1 bezieht sich allerdings nur auf den Zeitpunkt der Geburt. Führt das Kind bereits einen Familiennamen, so kann dieser nur mehr durch aktives Tun, nämlich durch Bestimmung, geändert werden. Erhalten die Eltern daher erst nach Geburt des Kindes einen gemeinsamen Familiennamen, so schlägt dieser nicht automatisch auf das Kind durch. Eine derartige Regelung wäre nicht nur im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht untragbar, sondern würde auch die Behörden vor Probleme stellen. Es kann aber nach dem vorliegenden Entwurf – wenn die Eltern später einen gemeinsamen Namen führen – dieser zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden. Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so gelangen die Abs. 2 und 3 zur Anwendung.

Darüber hinaus soll Eltern, die einen gemeinsamen Familiennamen führen, von denen sich einer der Elternteile für die Führung eines gemäß § 93 Abs. 3 gebildeten Doppelnamens entschieden hat, die Möglichkeit eröffnet werden, diesen Doppelnamen auf das Kind zu übertragen. Das Kind soll dabei aber nur diejenige Kombination an Familiennamen erhalten können, den der Elternteil, der einen gemäß § 93 Abs. 3 gebildeten Doppelnamen führt, für sich bestimmt hat. Dadurch soll wiederum die Einheitlichkeit der Familie nach außen zum Ausdruck kommen. Führt also der Elternteil, dessen Familienname nicht gemeinsamer Familienname wurde, bereits einen Doppelnamen und muss er daher entsprechend § 93 Abs. 3 letzter Satz den Teil seines Namens auswählen, den er dem gemeinsamen Familiennamen voran- oder nachstellen will, so kann – bei entsprechender Bestimmung – in der Folge auch nur diese Kombination des gemeinsamen Familiennamens an Nachkommen weitergegeben werden. Damit unterscheidet sich diese Rechtslage den Wünschen der Bürger entsprechend vom geltenden Namensrecht, kann doch bislang eine dritte Person ihren Namen einzig von dem gemeinsamen Familiennamen der Eltern ableiten. Es ist nun auch nicht mehr notwendig, in amtlichen Lichtbildausweisen denjenigen Teil zu kennzeichnen, der gemeinsamer Familienname ist. Ohne entsprechende Bestimmung erhält das Kind aber weiterhin nur den gemeinsamen Familiennamensteil der Eltern.

Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, z. B. weil sie sich bei der Eheschließung für die Beibehaltung des bisherigen Namens entschieden haben oder weil das Kind unehelich ist, so eröffnet Abs. 2 die Möglichkeit, den Familiennamen eines der Elternteile oder einen aus den Familiennamen beider Elternteile zusammengesetzten Doppelnamen zum Familiennamen des Kindes zu bestimmen. Abs. 2 legt zudem die Rahmenbedingungen für die Bestimmung des Kindesnamens fest. Wird der Familienname nur eines Elternteils für den Familiennamen des Kindes herangezogen, so kann auch hier der aus mehreren Teilen bestehende Familienname entweder in seiner Gesamtheit verwendet oder entsprechend gekürzt werden. Wird hingegen ein Doppelname aus den Familiennamen beider Elternteile gebildet, so kann wiederum höchstens jeweils ein Teil jedes Familiennamens verwendet werden. Mit dieser Regelung wird auch beim Kindesnamen der Gefahr unübersichtlicher Namensketten vorgebeugt. Zur Auslegung des Ausdrucks „Teil“ sei auf die Erläuterungen zu § 93 Abs. 2 des Entwurfs verwiesen.

Der vorgeschlagene § 155 des Entwurfs lässt wie der neue § 93 des Entwurfs den Zeitpunkt der Bestimmung des Familiennamens des Kindes offen. Erklären die Ehegatten nach geltendem Recht bei der Eheschließung, ihren bisherigen Familiennamen auch in der Ehe weiter führen zu wollen, so müssen sie – freilich ohne Sanktion der Unterlassung – gleichzeitig den Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder festlegen. Die Möglichkeit der Namensbestimmung des Kindes bei Eheschließung soll weiterhin bestehen bleiben. Es kann nun aber der Familienname des ehelichen Kindes auch zu einem späteren Zeitpunkt als jenem der Eheschließung der Eltern, etwa – wie regelmäßig bei unehelichen Kindern – bei der Beurkundung der Geburt oder sogar danach bestimmt werden. Diese zeitliche Unbeschränktheit verlangt allerdings nach einem Auffangtatbestand. Die öffentlich-rechtliche Seite des Namensrechts und der grundrechtliche Schutz der Persönlichkeit erfordern es nämlich, dass jede natürliche Person einen Namen hat. Ob ein Kind einen Namen erhält, kann nicht allein vom Vorhandensein eines gemeinsamen Familiennamens der Eltern oder einem aktiven Handeln der mit der Pflege und Erziehung betrauten Personen im Sinn der Bestimmung des Familiennamens des Kindes abhängig gemacht werden. Führen die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen und haben sie auch keinen Familiennamen für das Kind bestimmt, so soll das Kind den Familiennamen der Mutter erhalten. Da die Bestimmung zeitlich nicht beschränkt ist, kann es auch dazu kommen, dass das Kind vorerst den Familiennamen der Mutter und später durch eine entsprechende Bestimmung einen anderen Familiennamen erhält.

Da es sich bei der Regelung des Abs. 3 lediglich um einen Auffangtatbestand handelt, wird sie auch den Anforderungen der Art. 7 Abs. 1 B-VG gerecht. Das Kind hätte ja zunächst – wenn sich die Eltern dafür entschieden hätten – den gemeinsamen Familiennamen der Eltern erhalten können bzw. wäre es diesen mangels eines gemeinsamen Familiennamens zunächst in freier Willenseinigung überlassen geblieben, zu entscheiden, welchen Familiennamen das Kind künftig tragen soll. Erst wenn eine Bestimmung des Familiennamens nicht erfolgt, kommt dieser Auffangtatbestand zum Tragen. Wie bereits zu § 93 gesagt, erhält das Kind den gesamten Familiennamen der Mutter, auch wenn dieser ein Doppelname ist.

Zu § 156 ABGB neu

Die Einführung der Möglichkeit der Bestimmung des Familiennamens des Kindes ohne zeitliche Beschränkung und nicht mehr bei ehelichen Kindern eingegrenzt auf den Zeitpunkt der Eheschließung erfordert es, Kriterien festzulegen, nach welchen der Familienname des Kindes bestimmt werden kann. Die Namensgebung ist Ausfluss der den Eltern obliegenden Erziehungspflicht. Es soll daher die mit der Pflege und Erziehung betraute Person für die Namensgebung zuständig sein. Von der Betrauung mit der Pflege und Erziehung ist die Überlassung der Ausübung der Pflege und Erziehung zu unterscheiden, etwa wenn der Jugendwohlfahrtsträger, den das Gesetz oder das Gericht mit der Obsorge betraut hat, sich zur Betreuung des Kindes Pflegeeltern bedient. Sind mehrere Personen mit der Pflege und Erziehung betraut, dann ist das Einvernehmen zwischen diesen Personen herzustellen. Dem Standesamt gegenüber genügt dabei die Erklärung einer Person, sofern diese versichert, dass die andere damit einverstanden ist oder das Einvernehmen nicht mit zumutbarem Aufwand erreicht werden kann. Diese Regelung entspricht dem geltenden, die Vornamensgebung betreffenden § 21 Abs. 1 und 3 PStG, der sich in der Praxis seit 1984 vorzüglich bewährt hat. Erzielen die Eltern keine Einigung oder widersprechen sich ihre Erklärungen über den Familiennamen des Kindes, kann gemäß § 181 Abs. 1 ABGB neu das Pflegschaftsgericht angerufen werden; im Übrigen ist in diesem Fall § 155 Abs. 3 des Entwurfs anzuwenden.

Abs. 2 entspricht den moderneren Regelungen des ABGB über die Handlungsfähigkeit heranwachsender junger Menschen. Bereits im geltenden § 146c ABGB (§ 173 ABGB neu), der mit 1. Juli 2001 in Kraft getreten ist, ist davon die Rede, dass einsichts- und urteilsfähige Minderjährige nur selbst die Einwilligung in medizinische Behandlungen erteilen können. Nur dann, wenn diese für gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden wäre, hat zusätzlich die mit der Pflege und Erziehung betraute Person zuzustimmen. Vergleichbare, auf die Einsichts- und Urteilsfähigkeit an Stelle einer starren Altersgrenze abstellende Kriterien wurden mit den geltenden §§ 138b (nunmehr § 141) und 163d (nunmehr § 146) ABGB bereits 2005 eingeführt und haben sich in der Praxis der Standesämter, bei denen die meisten Vaterschaftsanerkenntnisse abgegeben werden, bewährt. Auch im Namensrecht soll nun der heranwachsende junge Mensch selbst tätig werden, sofern er – wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen – eine Bestimmung seines Familiennamens wünscht. Eigenberechtigung ist in diesem Zusammenhang nicht mehr erforderlich.

Die Einsichts- und Urteilsfähigkeit wird bei Minderjährigen ab dem 14. Lebensjahr vermutet. Ob und ab welchem Zeitpunkt tatsächlich Einsichts- und Urteilsfähigkeit gegeben ist, wird aber vom Standesbeamten in Einzelfall zu prüfen sein.

Zu § 157 ABGB neu

Abs. 1 zielt wie bereits § 93b des Entwurfs in Zusammenhang mit dem Ehenamen auf die Kontinuität und Stabilität des Familiennamens ab. Der Familienname, der für das Kind bestimmt werden soll, sollte also gut überlegt sein. Eine über die einmalige Bestimmung des Kindes hinausgehende Änderung des Familiennamens des Kindes ist aber auch hier weiterhin im Rahmen der verwaltungsbehördlichen Namensänderung nach dem NÄG durch die Verwaltungsbehörden möglich.

Weiters soll entsprechend dem § 93a Abs. 1 des Entwurfs auch der Familienname des Kindes neu bestimmt werden können, wenn sich der Familienname der Eltern oder eines Elternteils ändert. Bislang war eine solche Änderung – außer im Fall einer Adoption oder Legitimation – nur im Rahmen einer verwaltungsbehördlichen Namensänderung möglich. Diese Bestimmung trägt dazu bei, dass das Namensrecht des ABGB flexibler gestaltet und die Verwaltungsbehörden entlastet werden. Ändert sich der Familienname eines Elternteils insofern, als die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen führen, so kann daher bei einer erneuten Bestimmung des Familiennamens des Kindes dieser zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden. Führen die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen und ein Elternteil einen nach § 93 Abs. 3 des Entwurfs gewählten Zusatz, so kann auch dieser zum Familiennamen des Kindes bestimmt werden. Wie bereits zu § 155 Abs. 1 des Entwurfs erwähnt, erhält das Kind einen gemeinsamen Familiennamen der Eltern nicht automatisch, sondern behält bis zur Inanspruchnahme des Bestimmungsrechts seinen bislang geführten Namen bei. Überdies soll der Familienname des Kindes neu bestimmt werden können, wenn in der Person eines Elternteils oder der Eltern eine Änderung eintritt, etwa durch Adoption, durch Anerkennung der Vaterschaft oder durch einen sogenannten „Vätertausch“ nach § 150 des Entwurfs. Keine Änderung in der Person der Eltern wäre eine, auch gerichtliche, Übertragung der Obsorge, etwa an Pflegeeltern. Hier ist eine auch die Prüfung des Kindeswohls einschließende verwaltungsbehördliche Namensänderung möglich.

Auf Grund des Verweises des Abs. 3 auf die §§ 93a und 93c des Entwurfs besteht auch für den Familiennamen des Kindes die Möglichkeit, diesen bei Vorliegen der Voraussetzungen über die Standesämter geschlechtsbezogen anzupassen oder die geschlechtsbezogene Endung überhaupt entfallen zu lassen. Schließlich ist sichergestellt, dass die Modalitäten im Hinblick auf die Abgabe und die Wirkung von namensrechtlichen Erklärungen auch für den Familiennamen des Kindes Anwendung finden.

Zu den § 158 bis 185 ABGB neu

Die Beseitigung der Unterscheidung zwischen unehelichen und ehelichen Kindern führt zur Notwendigkeit, die Regelungen des Kindschaftsrechts – mitunter unverändert – neu zu ordnen, was mit dem vorliegenden Entwurf vorgeschlagen wird.

Zu § 158 ABGB neu

§ 158 Abs. 1 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 144 Abs. 1 erster Satz ABGB. Die Pflicht zur einvernehmlichen Ausübung der Obsorge soll nun als Grundsatz in den § 137 Abs. 2 des Entwurfs aufgenommen werden. Dazu sei auf die Erläuterungen zu § 137 Abs. 2 des Entwurfs verwiesen.

§ 158 Abs. 2 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 145a ABGB.

Zu § 159 ABGB neu

§ 159 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 145b ABGB.

Zu § 160 ABGB neu

§ 160 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 146 ABGB.

Zu § 161 ABGB neu

§ 161 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 146a erster Satz und zweiter Satz 1. Halbsatz ABGB. Das so genannte „Gewaltverbot“ soll ebenfalls in die Grundsatzbestimmung des § 137 Abs. 2 aufgenommen werden.

Zu § 162 ABGB neu

§ 162 Abs. 1 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 146b ABGB. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht kommt so wie bisher zunächst dem allein mit der Obsorge betrauten Elternteil (genauer demjenigen Elternteil, der mit Pflege und Erziehung betraut ist) zu. Soweit sich das Kind aber rechtmäßig bei dem nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil aufhält, hat dieser nach dem vorgeschlagenen § 189 Abs. 1 Z 2 auch die Aufgabe, das Kind im erforderlichen Ausmaß zu pflegen und zu erziehen. Dazu kann auch die Bestimmung des Aufenthalts gehören.

Die Abs. 2 und 3 des § 162 des Entwurfs sollen die Bestimmung des Wohnorts des Kindes regeln. Die Wohnortbestimmung ist eine Maßnahme der Pflege und Erziehung im Innenverhältnis im Rahmen der Obsorge, die die Eltern möglichst einvernehmlich wahrnehmen sollen. Leben die Eltern im gemeinsamen Haushalt, ergeben sich in der Regel keine Probleme. Nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft kann der Frage des Wohnorts jedoch erhebliche Bedeutung zukommen. Hier soll die vorgeschlagene Regelung Klarheit schaffen.

Wenn und sobald die Eltern eine Vereinbarung getroffen haben, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt hauptsächlich betreut oder das Gericht die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Elternteils festgelegt hat, soll diesem Elternteil nach § 162 Abs. 2 des Entwurfs das alleinige Wohnortbestimmungsrecht zukommen. Dies gilt auch für eine Verlegung des Wohnorts in das Ausland. Mit dieser zentralen Bestimmung sollen ein „Auseinandertriften“ von (Betreuungs-)Pflichten und -Rechten der getrennt lebenden Eltern vermieden und Rechtsstreitigkeiten über den Wohnort eines Kindes möglichst eingedämmt werden.

Während in den Fällen des Abs. 2 eindeutig nur ein Elternteil das Recht hat, den Wohnort des Kindes zu bestimmen, muss in einer weiteren Bestimmung für die übrigen Fälle vorgesorgt werden. Dem Abs. 3 ist zu entnehmen, dass die Wohnortverlegung innerhalb von Österreich keiner besonderen Zustimmungs- oder Genehmigungserfordernisse unterworfen ist; eine Rechtslage, die aus dem bisherigen Kindschaftsrecht nicht einfach und sicher genug abzuleiten war.

Kommt es zu einem Umzug in das Ausland, so setzt sich der mit dem Kind umziehende Elternteil der Gefahr aus, dass ihm der andere, in den Fällen des Abs. 3 definitionsgemäß ebenfalls mit der Obsorge betraute Elternteil vorwirft, den Tatbestand des unrechtmäßigen Verbringens eines Kindes im Sinne des Haager Kindesentführungsübereinkommens verwirklicht zu haben. Dieser Vorwurf ist recht leicht zu entkräften, wenn der verbringende Elternteil eine Zustimmungserklärung des anderen oder einen Gerichtsbeschluss vorweisen kann, während er sonst zu langwierigen binationalen Verfahren führen kann, die, soweit sie durch gesetzgeberische Maßnahmen vermeidbar sind, im Interesse des Kindeswohls vermieden werden sollen. Die Klärung der Umzugsfrage vorweg ist nicht nur für einen offenen, die Interessen beider Elternteile am wichtigen kontinuierlichen Kontakt mit dem Kind berücksichtigenden Umgang, sondern auch zur Vermeidung von das Kind in höchstem Maße irritierenden, der Kontinuität der Erziehung und somit zentralen Gesichtspunkten des Kindeswohls abträglichen Konflikten geboten. Da – wie die Praxis zeigt – Grund für einen Umzug ins Ausland auch (physische und psychische) Gewalt in der Familie sein kann, hat das Gericht bei der Entscheidung über die Erteilung bzw. Nicht-Erteilung der Genehmigung auch diese Umstände zu berücksichtigen, nicht zuletzt, weil von Kindern miterlebte Gewalt auch zu einer Beeinträchtigung des Kindeswohls führt. Darüber hinaus hat das Gericht bei dieser Entscheidung nicht nur den Schutz vor Gewalt, sondern auch die grundrechtlich verankerten Rechte auf Freizügigkeit und Berufsfreiheit zu berücksichtigen.

Zu § 163 ABGB neu

§ 163 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 146d ABGB.

Zu § 164 ABGB neu

§ 164 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 149 ABGB.

Zu § 165 ABGB neu

§ 165 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 150 ABGB.

Zu § 166 ABGB neu

§ 166 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 145c ABGB.

Zu § 167 ABGB neu

§ 167 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 154 Abs. 1 bis 3 ABGB.

Zu § 168 ABGB neu

§ 168 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 154 Abs. 4 ABGB.

Zu § 169 ABGB neu

§ 169 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 154a ABGB.

Zu § 170 ABGB neu

§ 170 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 151 ABGB.

Zu § 171 ABGB neu

§ 171 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 152 ABGB.

Zu § 172 ABGB neu

§ 172 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 147 ABGB.

Zu § 173 ABGB neu

§ 173 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 146c ABGB.

Zu § 174 ABGB neu

§ 174 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 175 ABGB.

Zu § 175 ABGB neu

§ 175 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 154b ABGB.

Zu § 176 ABGB neu

§ 176 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 153 ABGB.

Zu § 177 ABGB neu

In § 177 Abs. 1 des Entwurfs soll zunächst festgehalten werden, dass beide Eltern mit der Obsorge betraut sind, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet sind bzw. ab dem Zeitpunkt der Eheschließung, wenn sie einander nachträglich heiraten. Im zweiten Fall ist im geltenden Recht von der „Legitimation“ durch den Vater die Rede, wodurch das Kind doch noch den „Status“ eines ehelichen Kindes erlangte. Eines solchen Formalakts bedarf es im Hinblick auf die Aufhebung der Unterscheidung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern nicht mehr. Es soll aber sehr wohl klarstellend festgehalten werden, dass mit dem Zeitpunkt der nachfolgenden Eheschließung beide Eltern ex lege mit der Obsorge betraut sind.

Nach § 177 Abs. 2 erster Satz des Entwurfs ist – in Entsprechung zum bisherigen § 166 erster Satz ABGB – allein die Mutter mit der Obsorge betraut, wenn die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind.

§ 177 Abs. 2 zweiter Satz des Entwurfs enthält eine Neuerung: Seit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 können die Eltern eines unehelich geborenen Kindes unabhängig davon, ob sie in häuslicher Gemeinschaft leben oder nicht, vereinbaren, dass auch der Vater ganz oder in bestimmten Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist. Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so haben sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorzulegen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll.

An diesem Konzept hält der Entwurf im Prinzip fest: Weiterhin können beide Elternteile mit der Obsorge betraut sein, wenn dies ihrem übereinstimmenden Willen entspricht. Dass es sich dabei aber nicht um eine bloß interne Vereinbarung der Eltern handelt, von der diese jederzeit abgehen können, soll in Hinkunft deutlicher zum Ausdruck kommen. Nach § 177 Abs. 2 zweiter Satz des Entwurfs „bestimmen“ die Eltern, dass sie beide mit der Obsorge betraut sind. Dazu müssen die Eltern persönlich (sie können sich also nicht vertreten lassen) vor dem Standesbeamten erklären, dass beide Eltern mit der Obsorge betraut sein sollen. Auch müssen sie vor der Abgabe ihrer Erklärung vom Standesbeamten über die mit der Obsorge für beide Teile verbundenen Rechtsfolgen allgemein belehrt werden. Die Bestimmung wird wirksam, wenn beide Eltern persönlich vor dem Standesbeamten übereinstimmende Erklärungen abgegeben haben. Sie müssen diese gleichzeitig abgeben. Die auf solche Art und Weise vereinbarte Regelung kann – grundsätzlich (zur Ausnahme siehe sogleich) – ohne entsprechenden hoheitlichen (gerichtlichen) Akt nicht aufgehoben werden.

Auf Grund der hohen Zahl unehelicher Geburten in Österreich ist es erforderlich, einen einfachen und möglichst unbürokratischen Weg zur Erlangung der Obsorge für die Eltern bereit zu stellen. Dabei geht der Entwurf davon aus, dass eine verhältnismäßig große Anzahl der unehelichen Kinder in einer intakten eheähnlichen Lebensgemeinschaft der Eltern geboren werden. In der Praxis zeigt sich aber, dass nur für relativ wenige uneheliche Kinder die Obsorge beider Elternteile vereinbart wird. Dies könnte zum einen daran liegen, dass viele Eltern nicht ausreichend über die Erlangung der Obsorge informiert sind und daher teilweise gar nicht wissen, dass eine Vereinbarung – die bisher bei Gericht abgeschlossen werden muss – erforderlich ist. Zum anderen dürfte aber auch eine gewisse Scheu davor bestehen, zu Gericht zu gehen. Die Beurkundung der Geburt und die Anerkennung der Vaterschaft erfolgen schon nach geltendem Recht durch die Eltern beim Standesamt. Das soll künftig auch für die Namensbestimmung so sein. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll und zweckmäßig, auch die Entgegennahme der entsprechenden Erklärungen der Eltern über die Bestimmung der Obsorge auf den Standesbeamten zu übertragen. Durch die vorgeschlagene Änderung können die Eltern gleichzeitig mit den personenstandsrechtlich relevanten Beurkundungsakten auch die Bestimmung der Obsorge beim Standesamt vornehmen. Die vorgeschlagene Lösung erspart damit Eltern unehelicher Kinder einen weiteren „Amtsweg“, nämlich den Gang zu Gericht zum Abschluss einer Obsorgevereinbarung.

Nach geltendem Recht (§ 167 Abs. 2 letzter Satz ABGB) bedarf die – vor Gericht abgeschlossene – Vereinbarung der Eltern zusätzlich noch der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung. Diese stellt in der Regel aber einen reinen Formalakt dar (dazu darf auf die Erläuterungen zu § 190 des Entwurfs verwiesen werden). Zu diesem Zeitpunkt – das Kind ist gerade zur Welt gekommen – werden nämlich häufig keine Informationen über das Kind und die Familie vorliegen, die eine fundierte Beurteilung des Wohles des Kindes zulassen. Nach der vom Entwurf vorgeschlagenen Lösung (Vereinbarung vor dem Standesamt) hat das Standesamt Hinweise darauf, dass die Vereinbarung der Eltern das Wohl des Kindes gefährdet, gemäß § 38 Abs. 1 PStG dem Pflegschaftsgericht schriftlich mitzuteilen. Weiters sieht § 109 Abs. 3 AußStrG in der Fassung des Entwurfs vor, dass der Standesbeamte das für die Entscheidung über die Obsorge zuständige Gericht unter Anschluss der Erklärungen der Eltern über die Bestimmung der Obsorge zu informieren hat. Der vorgeschlagene Entfall der gerichtlichen Genehmigung eröffnet daher im Vergleich zu der derzeit geltenden Rechtslage kein Rechtsschutzdefizit.

Gerichte haben nach § 38 Abs. 3 PStG Vorgänge, die von der Personenstandsbehörde einzutragen sind, der zuständigen Personenstandsbehörde schriftlich mitzuteilen. Dazu wird künftig auch eine Entscheidung über die Obsorge unehelicher Kinder gehören (z. B. die gerichtliche Entziehung der Obsorge eines Elternteils nach § 181 Abs. 1 ABGB neu). Liegt eine solche gerichtliche Entscheidung dem Standesamt vor und steht sie inhaltlich der Vereinbarung der Eltern entgegen, so können die Eltern nicht wirksam eine beiderseitige Obsorge begründen.

Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so müssen sie in der Erklärung an das Standesamt festlegen, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt betreuen wird. Anderenfalls ist die Erklärung der Eltern unwirksam.

Um der – teilweise geäußerten – Befürchtung entgegenzuwirken, die Mütter könnten unter Druck gesetzt werden, einer Obsorge beider Eltern zuzustimmen, damit der Vater die Vaterschaft anerkennt, soll vorgesehen werden, dass die Bestimmung der Obsorge einseitig und ohne Begründung innerhalb von acht Wochen gegenüber dem Standesbeamten widerrufen werden kann. Vorher gesetzte Vertretungshandlungen bleiben davon unberührt (vgl. § 161 Abs. 2 ABGB alt).

Eine alternative Möglichkeit der gerichtlichen Vereinbarung muss gegeben sein, da sonst das Gericht – sollte bei unverheirateten Eltern im Zuge eines Obsorgeverfahren eine Einigung erzielt werden können – diese an das Standesamt verweisen müsste, was unpraktisch wäre. Außerdem bietet das die Möglichkeit, die Standesämter von der – eher komplizierten – eingeschränkten Obsorge eines Elternteils zu befreien. Eine solche Vereinbarung sollte nur bei Gericht möglich sein.

In § 177 Abs. 4 des Entwurfs soll – sozusagen vor der gemeinsamen Klammer und damit für alle Fälle der beiderseitigen Obsorge – festgehalten werden, dass der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, vorbehaltlich des § 158 Abs. 2 des Entwurfs, mit der gesamten Obsorge betraut sein muss. Durch diese Vorschrift – die dem geltenden § 177 Abs. 2 zweiter Satz ABGB entspricht – soll verhindert werden, dass einem Elternteil beispielsweise die gesamte Pflege und Erziehung aufgebürdet wird, während der andere Elternteil „nur“ die Vermögensverwaltung und gesetzliche Vertretung des Kindes innehat. Auch soll so die Stellung des Elternteils, der das Kind hauptsächlich betreut, gestärkt werden, indem er sämtliche für das Kind nötigen Verfügungen treffen kann (Pfurtscheller in Klang³ § 177 Rz 27). Von diesem Grundsatz sollen die Eltern dann abgehen können, wenn ein Fall des § 158 Abs. 2 des Entwurfs vorliegt: Wenn ein Elternteil zwar nicht das Vermögen des Kindes verwalten kann und darf, im Übrigen aber eine dem Wohl des Kindes entsprechende Wahrnehmung der Obsorge sicherstellen kann, soll er auch die hauptsächliche Betreuung in seinem Haushalt übernehmen können.

Zu § 178 ABGB neu

§ 178 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 145 ABGB.

Zu § 179 ABGB neu

§ 179 des Entwurfs regelt die möglichen und notwendigen Vereinbarungen der beiden mit der Obsorge betrauten Eltern für den Fall der Eheauflösung (Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung) oder der (nicht bloß vorübergehenden) Auflösung der häuslichen Gemeinschaft.

§ 179 Abs. 1 des Entwurfs entspricht weitestgehend dem bisherigen § 177 Abs. 1 ABGB. Die Änderungen sind vorwiegend redaktioneller Natur. Wie nach geltendem Recht soll die Obsorge beider Eltern auch nach Auflösung der Ehe bzw. der häuslichen Gemeinschaft fortbestehen. Weiterhin soll aber auch die Möglichkeit bestehen, dass die Eltern eine anderslautende Vereinbarung treffen, so etwa dass ein Elternteil einvernehmlich allein mit der Obsorge betraut wird oder die Obsorge eines Elternteils nur für bestimmte Angelegenheiten, z. B. die Schul- und Berufsausbildung oder die Verwaltung des Vermögens, fortbestehen soll.

Wenn die Obsorge beider Eltern weiter bestehen bleibt, müssen sie nach § 179 Abs. 2 des Entwurfs – wie nach geltendem Recht (vgl. § 177 Abs. 2 ABGB) – eine Regelung über die Haushaltszugehörigkeit ihrer Kinder treffen. Dabei soll aber nicht mehr vom „hauptsächlichen Aufenthalt“ des Kindes, sondern davon gesprochen werden in welchem Haushalt das Kind „hauptsächlich betreut“ wird. Diese terminologische Anpassung soll den Aufgaben und Leistungen des Elternteils, bei dem das Kind in erster Linie lebt, besser gerechter werden als der bisherige Wortlaut des Gesetzes. An die Vereinbarung sind aber dieselben Rechtsfolgen geknüpft wie bisher bei der Vereinbarung eines hauptsächlichen Aufenthalts. Derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, erfüllt also beispielsweise seine Unterhaltsverpflichtung gemäß § 231 Abs. 2 erster Satz des Entwurfs durch die Betreuungsleistungen an das Kind, während der andere Elternteil geldunterhaltspflichtig wird (vgl. Gitschthaler, Unterhaltsrecht² [2008] Rz 18; Pfurtscheller in Klang³ § 177 Rz 30).

Weiterhin muss auch jenem Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, die gesamte Obsorge zustehen. Dies ergibt sich nunmehr aus § 177 Abs. 3 des Entwurfs.

Zu § 180 ABGB neu

§ 180 schlägt für die Regelung der Obsorge nach der Scheidung oder Trennung der Eltern, nach einer Änderung einer vereinbarten oder geregelten Obsorge sowie für den Antrag eines Elternteils, der bisher nicht mit der Obsorge betraut worden ist und dies nun ändern will (etwa den unehelichen Vater des Kindes, der sich an der Obsorge beteiligen will), eine differenzierende Regelung vor. Sie soll einerseits den hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, nach denen es problematisch ist, wenn ein Elternteil allein durch sein „Veto“ verhindern kann, dass der andere ebenfalls mit der Obsorge betraut wird und betraut bleibt. Andererseits ist für solche Fälle doch besondere Vorsicht angebracht, weil bei den Eltern das Einvernehmen gestört ist und dies bis zu einem gewissen Grad die Vermutung zulässt, dass das Wohl des Kindes unter diesem Zustand leiden wird. Das Gericht soll in einem solchen Fall zunächst einmal prüfen, welche Maßnahme nach der Sachlage dem Wohl des Kindes entspricht. Auch steht es ihm frei, die Streitteile zu einer Einigung zu bewegen. Wenn keine Einigung zustande kommt, hat das Gericht für die Dauer von sechs Monaten eine vorläufige Regelung im Verständnis des § 107 Abs. 2 AußStrG neu zu veranlassen. Diese in § 180 Abs. 1 ABGB neu sogenannte Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung soll allerdings nur dann eingeleitet werden, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. Eine derartige Regelung wird daher von vornherein beispielsweise dann nicht in Betracht kommen, wenn die Beziehung zwischen den Elternteilen derart nachhaltig und gravierend gestört ist, dass sich ihre Auseinandersetzungen auf das Kind sehr nachteilig auswirken, wenn ein Elternteil aufgrund bestimmter Umstände – wie etwa Krankheit oder Sucht – die Verantwortung nicht übernehmen kann oder wenn ein dringender Verdacht einer Gewalthandlung durch einen Elternteil besteht. Während dieses Zeitraums soll sich zeigen, wie die Eltern mit der veränderten Situation umgehen können, welche Probleme eine Obsorge beider Teile bereiten kann und welche Auswirkungen damit auf das Kind verbunden sind.

Die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung hat das Gericht von Amts wegen einzuleiten, wenn nach Auflösung der Ehe bzw. der häuslichen Gemeinschaft der Eltern binnen angemessener Frist keine Einigung im Sinn des § 179 – sei es nach Abs. 1 oder 2 – ABGB neu erzielt wird (Abs. 1 Z 1). Darüber hinaus kann eine derartige vorläufige Regelung getroffen werden, wenn ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge oder seine Beteiligung an der Obsorge beantragt (Abs. 1 Z 2).

Das Gericht muss mit seiner Entscheidung zum einen festlegen, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt hauptsächlich betreuen soll (dieser Teil muss jedenfalls mit der gesamten Obsorge betraut sein). Zum anderen hat es dem nicht betreuungsbefugten bzw. -verpflichteten Elternteil ausreichende Kontaktmöglichkeiten zu verschaffen, sodass er auch Gelegenheit hat, die Pflege und Betreuung des Kindes selbst in ausreichendem Ausmaß wahrzunehmen. Alles das soll unter vorläufiger Aufrechterhaltung der bisher maßgeblichen Obsorgeverhältnisse stattfinden. Derjenige Elternteil, der bis zur Trennung oder bis zum Widerruf einer vereinbarten Obsorge mit der Obsorge betraut war, soll dies auch in der Phase der elterlichen Verantwortung weiter bleiben. Es erscheint schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig, ihn von vornherein auf Kontaktrechte und die Mindestrechte eines nicht obsorgeberechtigten Teils zu setzen (sofern dies nicht als Maßnahme nach § 181 ABGB neu geboten ist). Derjenige Elternteil, der noch nicht mit der Obsorge betraut ist, soll diese in der „Phase der elterlichen Verantwortung“ noch nicht erlangen.

Die „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ muss ferner durch einen exakten Plan für die Ausübung des Kontaktsrechts (inklusive von Vorkehrungen für die Fälle, dass ein Kontakt einmal ausfällt) sowie die Wahrnehmung der Pflege und Erziehung des Kindes durch den kontaktberechtigten Elternteil vorsehen. All das erscheint geboten, um einen möglichst störungsfreien und im Interesse des Kindes friedvollen Umgang zu sichern. Es steht den Eltern frei, diesen Plan – allenfalls auch auf Anleitung des Gericht – selbst zu vereinbaren. Sind sie auch dazu nicht in der Lage, hat das Gericht die erforderlichen Anordnungen zu treffen. Außerdem muss das Gericht, falls der Unterhalt des Kindes noch ungeregelt ist, die Unterhaltsleistung festlegen.

Die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung beginnt mit der Verbindlichkeit der gerichtlichen Entscheidung im Sinn der §§ 43 f und 107 Abs. 2 AußStrG neu. Nach Ablauf der gerichtlich festgesetzten Frist von sechs Monaten (die zum Zweck der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung auch verlängert werden kann) soll dann nach Maßgabe des Kindeswohls und auch auf der Grundlage der in der „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ gemachten Erfahrungen endgültig über die Obsorgefrage entschieden werden. Die Entscheidung des Gerichts basiert daher einerseits auf den Erfahrungen der Vergangenheit (Hat sich die vorläufige elterliche Verantwortung für das Kind bewährt?) und andererseits auf einer Zukunftsprognose, die jeder Kindeswohlbeurteilung innewohnt. Das Gericht kann die Obsorge einem der beiden Elternteile zuweisen, es kann aber auch eine Obsorge beider Teile anordnen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Dabei sind die bisherigen Grundsätze anzuwenden (vgl. OGH 30.5.2012, 7 Ob 82/12b).

Der die (weitere) Beteiligung an der Obsorge bzw. die Alleinobsorge begehrende Elternteil (der also nicht „Domizilelternteil“ und daher geldunterhaltspflichtig ist), soll sich in der Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung bewähren. Dazu gehört auch, dass er – soweit er dazu z.B. gesundheitlich in der Lage ist – für den nötigen Unterhalt des Kindes sorgt. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte § 180 neu den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass „die Leistung des gesetzlichen Unterhalts“ in die endgültige Obsorgeentscheidung einzufließen hat.

Nach Abs. 3 ist für die Änderung einer in einem Verfahren nach Abs. 1 – sei dies durch Gerichtsbeschluss oder Vereinbarung vor Gericht – geregelten Obsorge ebenfalls Abs. 1 heranzuziehen. Voraussetzung für einen (neuerlichen) Antrag muss aber – allgemeinen Grundsätzen folgend – sein, dass sich die Umstände seit der letzten Entscheidung des Gerichts maßgeblich geändert haben, weil ansonsten die Rechtskraft der ursprünglichen Entscheidung fortwirkt.

Zu § 181 ABGB neu

§ 181 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 176 ABGB.

Zu § 182 ABGB neu

§ 182 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 176b ABGB.

Zu § 183 ABGB neu

§ 183 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 172 ABGB.

Zu § 184 ABGB neu

§ 184 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 186 ABGB.

Zu § 185 ABGB neu

§ 185 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 186a ABGB.

Zu § 186 ABGB neu

In § 186 des Entwurfs soll deutlich gemacht werden, dass ein Elternteil mit dem Kind eine persönliche Beziehung zu pflegen hat, auch wenn er nicht mit der Obsorge betraut ist. Es entspricht nämlich einem grundlegenden kindlichen Bedürfnis, enge und gute Kontakte zu beiden Elternteilen zu haben und stabile Bindungen zu entwickeln und aufrecht zu erhalten (vgl. § 138 Z 9 des Entwurfs). Dem soll auch das in § 187 des Entwurfs vorgesehene Recht des Kindes auf persönlichen Kontakt mit jedem Elternteil Rechnung tragen.

Zu § 187 ABGB neu

§ 187 Abs. 1 des Entwurfs entspricht im Kern dem geltenden Recht. Die Bestimmung des bisherigen § 148 ABGB soll jedoch in einigen Belangen umgestaltet und um einige von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze, die die besondere Bedeutung persönlicher Kontakte für das Kind zum Ausdruck bringen, angereichert werden:

Zunächst soll die Terminologie des Gesetzes geändert werden: Statt des missverständlichen Ausdrucks „Verkehr“ schlägt der Entwurf den Ausdruck „Kontakt“ vor. Damit soll auch verdeutlicht werden, worum es bei diesem Rechtsbereich geht: Das Recht auf persönliche Kontakte dient der Anbahnung und Wahrung des besonderen Naheverhältnisses zwischen dem Kind und seinem Elternteil. Gerade die Regelmäßigkeit und Exklusivität der Kontakte des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil nach der Scheidung können zu einer während des Zusammenlebens nicht erreichten Intensität der Beziehung führen. Dieser – schon bisher von der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0048376) anerkannte – Zweck soll nun explizit im Gesetz verankert werden. Der Elternteil, der mit dem Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, darf daher durch die Gestaltung der persönlichen Kontakte nicht in die Rolle eines gelegentlichen Besuchers gedrängt werden. Der Verwirklichung dieses Ziels dient auch der Vorschlag, dass die Regelung der Kontakte möglichst Zeiten der Freizeit als auch die Betreuung im Alltag des Kindes umfassen soll (s. Abs. 1 vorletzter Satz). Der Elternteil soll einerseits am Alltagsleben des Kindes teilhaben können und andererseits den betreuenden Elternteil entlasten. In der derzeitigen Praxis werden häufig Regelungen getroffen, die die Kontakte auf die Wochenenden beschränken. Dadurch sind aber einerseits die Intervalle zwischen den einzelnen Kontakten (zu) lange, andererseits erleben das Kind und der Elternteil nur die Freizeit gemeinsam. Das besondere Naheverhältnis umfasst aber deutlich mehr. Der Elternteil soll nicht nur „gelegentlicher Besucher“ und „Unterhalter“ in der Freizeit sein, sondern mit dem Kind den Alltag teilen, es beispielsweise beim Lernen oder den Hausübungen unterstützen. Dadurch kann auch eine Entlastung für den hauptsächlich betreuenden Elternteil eintreten.

Der Entwurf enthält weiters zusätzliche Hinweise für die elterliche bzw. – bei mangelndem Einvernehmen der Eltern – gerichtliche Ausgestaltung der persönlichen Kontakte zwischen dem Kind und dem Elternteil. Oberster Grundsatz jeder Regelung der persönlichen Kontakte ist und bleibt das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047958; Nademleinsky in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 148 Rz 4). Im Rahmen der Beurteilung des Kindeswohls sollen nach § 187 Abs. 1 letzter Satz des Entwurfs das Alter, die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes sowie die Intensität der bisherigen Beziehung besonders berücksichtigt werden.

Das Alter des Kindes ist vor allem für die Frage der Intervalle der Kontakte sowie deren Dauer von Relevanz. Es ist allgemein anerkannt, dass bei sehr jungen Kindern häufige, dafür aber eher kürzere Kontakte angemessen sind, während mit zunehmendem Alter des Kindes auch länger dauernde Besuche – beispielsweise mit einer Übernachtung oder auch mehrere Tage oder Wochen in den Ferien – bei mitunter größeren Intervallen dem Kindeswohl entsprechen können. Zu berücksichtigen ist einerseits insbesondere, dass sehr junge Kinder nicht zu lange von ihrer Hauptbezugsperson getrennt sein sollen, weil sie dadurch verunsichert werden könnten. Andererseits sind kurze Intervalle zwischen den Kontakten zweckmäßig, damit das Kind auch eine Bindung zum anderen Elternteil aufbauen und aufrecht erhalten kann. Bei zu langen Intervallen kann sich das Kind nicht mehr an den anderen erinnern, dann muss jedes Mal von Neuem mit dem Bindungsaufbau begonnen werden. Besteht bereits eine sichere Bindung, beispielsweise weil auch der nicht mehr mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteil in Karenz war, so können auch schon bei sehr kleinen Kindern längere Kontakte zweckmäßig sein. Die Situation, vom anderen Elternteil länger getrennt zu sein, ist in diesem Fall für das Kind nicht neu (dazu sogleich unten).

Die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes sind bereits als allgemeine Kriterien des Wohles des Kindes in § 138 des Entwurfs verankert, sollen hier aber – wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Ausgestaltung der persönlichen Kontakte – noch einmal erwähnt werden.

Schließlich soll auch die Bedeutung der Wahrung der bisherigen Beziehung zwischen dem Kind und dem Elternteil für die Regelung der persönlichen Kontakte hervorgehoben werden. Besteht ein besonderes Naheverhältnis zwischen Elternteil und Kind, so wird dies oft häufigere und auch längere Kontaktmöglichkeiten zwischen den beiden mit sich bringen müssen. Wenn die bisherige Beziehung hingegen von keiner besonderen Intensität geprägt war, so wird es zunächst erforderlich sein, durch entsprechende Gestaltung der Kontakte das besondere Naheverhältnis zwischen Kind und Elternteil anzubahnen und erst in der Folge – durch längere Kontakte – zu konsolidieren.

In der Diskussion über den Entwurf ist auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestmaßes für den persönlichen Kontakt eines Kindes zum Elternteil erörtert worden. Diese Idee greift der Entwurf jedoch nicht auf, weil die Regelung der Kontakte immer auf den Einzelfall abstellen und sich an den speziellen Bedürfnissen des Kindes und der Eltern orientieren muss. Insbesondere auf Grund der schon nach Altersstufen sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder, aber auch auf Grund der Bedeutung der bisherigen Beziehung, ist es nicht möglich, eine allgemein gültige Aussage zu treffen. Ein gesetzlich vorgegebenes Mindestmaß soll es daher weiterhin nicht geben, doch sollte – nach Meinung von Psychologen und Pädagogen – in der Regel zumindest ein wöchentlicher Kontakt angestrebt werden. Daher kann sich beispielsweise bei einem 14-tägigen Wochenendbesuchsrecht in der dazwischen liegenden Woche ein Kontakt unter der Woche empfehlen.

Außerdem ist – wie bereits ausgeführt – anzustreben, dass die Kontakte nicht nur in der Freizeit des Kindes, insbesondere an den Wochenenden, stattfinden, sondern auch an Wochentagen. Von großer Wichtigkeit ist die Bereitschaft der Eltern, die Regelung an veränderte Umstände anzupassen. Durch die Entwicklung des Kindes und dessen Beziehung zu den Eltern können sich die Wünsche und Bedürfnisse ändern. Wenn das Kind älter wird, können sich dessen Interessen ändern, etwa indem beispielsweise der Freundeskreis und das soziale Umfeld an Bedeutung gewinnen. Dann kann das sture Festhalten an einer einmal eingeübten Praxis für das Kind belastend sein oder von ihm als belastend empfunden werden. Dies kann im Extremfall sogar zu einer Ablehnung der Kontakte führen. Für die Eltern bedeutet dies, dass sie ein hohes Maß an Flexibilität aufbringen müssen, besonders auf die Wünsche ihres Kindes zu achten haben und diese – soweit dies auf Grund beruflicher und sonstiger Verpflichtungen möglich ist – bestmöglich umsetzen sollten.

§ 187 Abs. 2 des Entwurfs regelt die Einschränkung bzw. den Entzug der Ausübung der persönlichen Kontakte. Die vorgeschlagene Regelung entspricht weitgehend dem geltenden Recht, inhaltlich soll keine Änderung der Rechtslage eintreten. Die beispielhafte Aufzählung der Gründe, die eine Einschränkung oder Untersagung der Ausübung rechtfertigen können, soll aber dahingehend erweitert werden, dass nun auch im Gesetzestext die Anwendung von Gewalt gegen das Kind oder einen Familienangehörigen als möglicher Ausschlussgrund angeführt wird. Als weiterer Grund wird – wie bisher – ein Verstoß gegen die so genannte „Wohlverhaltenspflicht“ des § 159 ABGB neu angeführt. Es handelt sich im Übrigen nach wie vor um eine bloß beispielhafte, demonstrative Aufzählung der Entziehungsgründe. Die Ausübung der persönlichen Kontakte ist daher auch weiterhin einzuschränken oder zu untersagen, wenn dies aus sonstigen vergleichbaren Gründen erforderlich ist, um eine Gefährdung des Kindeswohls hintanzuhalten.

Zu § 188 ABGB neu

§ 188 Abs. 1 des Entwurfs entspricht dem derzeitigen § 148 Abs. 3 ABGB.

§ 188 Abs. 2 des Entwurfs regelt die persönlichen Kontakte mit dritten Personen. Neben den Eltern und Großeltern können auch andere Menschen wichtige Bezugspersonen für das Kind sein, etwa Geschwister, Stief- oder Pflegeeltern. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Beschwerdesache Anayo gegen Deutschland (EGMR 21.12.2010, Anayo, BeschwNr. 20578/07) verstößt es darüber hinaus gegen Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben), wenn nicht geprüft werden kann, ob ein Kontakt zwischen dem Kind und dem leiblichen (aber nicht rechtlichen) Vater dem Kindeswohl entspricht. Im Hinblick auf dieses Erkenntnis schlägt der Entwurf vor, auch Dritten, die in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis zum Kind stehen oder gestanden sind, ein Antragsrecht (und somit Parteistellung in einem Verfahren) einzuräumen.

Demnach soll das Gericht auf Antrag des Kindes, eines Elternteils oder einer dritten Person, die zu dem Kind in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis steht oder gestanden ist, die zur Regelung der persönlichen Kontakte mit solchen Personen nötigen Verfügungen treffen, wenn die persönlichen Kontakte dem Kindeswohl dienen. Als Entscheidungsmaßstab bei Vorliegen eines Antrags (mit Ausnahme des Jugendwohlfahrtsträgers) soll daher das Wohl des Kindes und nicht mehr dessen Gefährdung dienen. Auf eine Gefährdung des Kindeswohls soll es nur dann ankommen, wenn das Gericht auf Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers oder von Amts wegen entscheidet, also bei einer Intervention von „außerhalb der Familie“. Anderen dritten Personen, wie beispielsweise Nachbarn oder Lehrern, soll kein Antragsrecht zustehen, wenn sie zum Kind darüber hinaus nicht in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis stehen oder gestanden sind. In diesem Fall können sie eine Tätigkeit des Gerichtes nur anregen, das – sofern ansonsten das Kindeswohl gefährdet wäre – die nötigen Verfügungen zu treffen hat.

Zu § 189 ABGB neu

§ 189 Abs. 1 Z 1 des Entwurfs entspricht dem geltenden § 178 Abs. 1 erster Satz ABGB.

Nach § 189 Abs. 1 Z 2 des Entwurfs soll auch der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil den anderen Elternteil in Angelegenheiten des täglichen Lebens vertreten. Auch dieses Vertretungsrecht ist dem § 90 Abs. 3 ABGB nachgebildet und umfasst nur Angelegenheiten, „die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben“ (so IA 673/A 24. GP 26). Zu den Beispielen für Vertretungshandlungen des täglichen Lebens siehe bereits die Erläuterungen zu § 139 Abs. 2 des Entwurfs.

Die Vertretungsmacht soll schon kraft Gesetzes bestehen und somit keiner Ermächtigung des mit der Obsorge betrauten Elternteils bedürfen (vgl. IA 673/A 24. GP 24). Dieser ist aber befugt, das Tätigwerden des anderen generell (und umso mehr in Einzelfällen) zu untersagen. Im Außenverhältnis wird eine solche Einschränkung oder Untersagung nur wirksam, wenn der Dritte hiervon Kenntnis hat (Stefula, iFamZ 2009, 266 [269]).

Nach § 189 Abs. 1 Z 2 des Entwurfs hat weiters der Elternteil, der nicht mit der Obsorge betraut ist, das Kind zu pflegen und zu erziehen. Das gilt nur für Handlungen im „Innenverhältnis“ zum Kind, also z. B. die Verabreichung von Medikamenten, das Wickeln des Säuglings, die Überwachung der Erledigung von Schulaufgaben oder die Anordnung an das Kind, zu Hause zu bleiben. Der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil soll zu derartigen Pflege- und Erziehungsmaßnahmen ebenso wie zu Vertretungshandlungen im Alltag nur insoweit befugt sein, als „das die Umstände erfordern“. Dies ist der Fall, wenn der mit der Obsorge betraute Elternteil nicht anwesend ist und dennoch gehandelt werden muss. Überdies muss sich das Kind rechtmäßig – also im Rahmen vereinbarter oder gerichtlich angeordneter Kontakte – bei ihm aufhalten.

Die Bestimmungen des § 189 Abs. 2, 3 und 4 des Entwurfs entsprechen dem geltenden Recht.

Mit dem vorgeschlagenen § 189 Abs. 5 wird festgelegt, dass die Bestimmung sinngemäß auch auf einen mit der Obsorge betrauten Elternteil anzuwenden ist. Dieser soll keinesfalls schlechter gestellt sein, als ein nicht mit der Obsorge betrauter Elternteil. In Konkretisierung des allgemeinen Wohlverhaltensgebots soll es ermöglicht werden, dass ein mit der Obsorge betrauter Elternteil seine Obsorge auf Grund einer aktuellen Entscheidungsbasis wahrnehmen kann. Auch wenn dieser Elternteil selbst Auskünfte von dritten Personen oder Stellen einholen kann, so kann es im Einzelfall ohne Mitwirkung des anderen Elternteils, der über die nötigen Informationen verfügt, unzumutbar oder nahezu unmöglich sein, herauszufinden, welche Personen oder Stellen überhaupt Auskunft erteilen können. Weiß etwa der Elternteil gar nicht, welche Betreuungseinrichtung sein Kind besucht oder in welcher Krankenanstalt es behandelt wird, so kann er sich unter Umständen nur an den anderen Elternteil wenden. Dieses Auskunftsrecht, das in der Folge ein Äußerungsrecht erst ermöglicht, soll beiden Elternteilen wie einem nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil zustehen. Dabei kann es sich einerseits um denjenigen Elternteil handeln, der nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebt (was der Regelfall sein wird). Andererseits kann aber auch der andere Elternteil in die Lage kommen, vom „Besuchs- oder Kontaktelternteil“ Informationen zu benötigen, etwa über eine Krankheit während eines Urlaubs. In sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 Z 1 haben die Elternteile wechselseitig einander über wichtige Angelegenheiten zu verständigen, um dem anderen Elternteil die Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern. Auch die Pflege und Erziehung soll einem mit der Obsorge betrauten Elternteil nach Abs. 1 Z 2 zukommen, etwa wenn er in diesem Bereich nicht mit der Obsorge betraut ist; das Gleiche gilt sinngemäß für die Vertretung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (so schon die herrschende Lehre; vgl. Hopf in KBB3 § 178 Rz 1). Auch die Abs. 2 und 3, die auf die tatsächlichen persönlichen Kontakte zwischen den Eltern und dem Kind abstellen, können sinngemäß auf einen mit der Obsorge betrauten Elternteil anzuwenden sein, wenn die Kontakte nicht funktionieren (vgl. Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 178 Rz 12). Das Gericht soll nach Abs. 4 die nötigen Verfügungen treffen können, etwa gerichtlich festgesetzte Auskunftsansprüche mit den nötigen Zwangsmitteln durchsetzen können (vgl. OGH 3. 9. 2008, 3 Ob 147/08a).

Zu § 190 ABGB neu

Nach § 190 Abs. 1 des Entwurfs haben die Eltern bei Vereinbarungen über die Obsorge, die persönlichen Kontakte oder die Betreuung des Kindes das Wohl des Kindes zu wahren. Dieser – an sich selbstverständliche – Grundsatz soll in Ergänzung zu § 138 des Entwurfs klarstellen, dass auch bei außergerichtlichen Vereinbarungen das Wohl des Kindes oberster Maßstab zu sein hat.

Solange die Eltern ihre Beziehung zum Kind außergerichtlich regeln, gibt es – mit Ausnahme der Notkompetenz des Jugendwohlfahrtsträgers und der Gerichte bei Gefährdung des Kindes – keinerlei staatliche Intervention bei Vereinbarungen der Eltern. Sobald hingegen ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, bedürfen die Vereinbarungen nach geltendem Recht stets einer Genehmigung. In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle liegen aber weder dem Gericht noch dem Jugendwohlfahrtsträger Informationen vor, die über die in der Vereinbarung selbst enthaltenen Entscheidungsgrundlagen hinausgehen, sodass – wenn sich nicht schon aus der Vereinbarung selbst Bedenken ergeben – die Genehmigung erteilt wird.

Nach § 190 Abs. 2 des Entwurfs soll daher die Verpflichtung zur ausnahmslosen pflegschaftsgerichtlichen Prüfung und Genehmigung von Vereinbarungen der Eltern durch eine gerichtliche Missbrauchskontrolle ersetzt werden. Dadurch soll die Familienautonomie gestärkt werden. Die Bestimmung der Obsorge (§ 177 Abs. 2) und vor Gericht geschlossene Vereinbarungen der Eltern sind, aber durch eine gerichtliche Entscheidung im Sinn des § 181 zu ersetzen, wenn die Eltern mit ihrer Bestimmung oder Vereinbarung das Wohl des Kindes gefährden.

Nach § 190 Abs. 3 des Entwurfs sollen vor Gericht geschlossene Vereinbarungen über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen nun auch ohne gerichtliche Genehmigung wirksam sein. Damit solche Vereinbarungen eines Elternteils mit dem (im Regelfall durch den anderen Elternteil vertretenen) Kind nicht dessen gesetzlichen Unterhaltsanspruch mit für das Kind verbindlicher Wirkung schmälern können, sieht der zweite Teil des neuen Abs. 3 vor, dass solche Vereinbarungen nur für den Unterhaltsverpflichteten (nicht jedoch für das Kind) verbindlich sind.

Die neue Bestimmung stellt nicht auf einen Zusammenhang einer Vereinbarung zwischen einem Elternteil und dessen minderjährigem Kind über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch mit einer Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Eltern ab. Sofern solche Vereinbarungen in Hinkunft vor Gericht geschlossen werden, sollen sie nunmehr auch ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung rechtswirksam und vollstreckbar (§ 1 Z 5 EO) sein. Lediglich die Verbindlichkeit solcher Vereinbarungen ist zum Schutze des Kindes eingeschränkt; nur der Unterhaltsverpflichtete, nicht jedoch das Kind ist durch eine solche Vereinbarung gebunden. Durch diese Einschränkung gewährleistet die Bestimmung, dass entgegen den herrschenden Grundsätzen der Bemessung des gesetzlichen Unterhalts (§ 231 ABGB neu) getroffene Vereinbarungen zwischen einem Elternteil und dem Kind (innerhalb der Grenzen des Verjährungsrechts) jedenfalls durch einen nachfolgenden Antrag des Kindes und eine abweichende gerichtliche Unterhaltsentscheidung (allenfalls auch für die Vergangenheit) abgeändert werden können. Dadurch ist sichergestellt, dass das Kind den gesetzlichen Unterhalt ohne Einschränkung erlangt, selbst wenn die Vereinbarung in einer für das Kind nachteiligen Weise von den gesetzlichen Unterhaltsregeln abweicht. Dem gegenüber ist eine solche Vereinbarung freilich für den Unterhaltsverpflichteten ohne Einschränkung wirksam und verbindlich, sodass der darin festgesetzte Unterhaltsanspruch diesem gegenüber bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zwangsweise vollstreckt werden kann.

Eine weitere Einschränkung erfährt die vorliegende Bestimmung dadurch, dass vor Gericht geschlossene Vereinbarungen nur dann ohne gerichtliche Genehmigung wirksam sein können, wenn diese die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen betreffen. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass etwa ein gänzlicher Verzicht auf Unterhalt des Kindes gegenüber einem Elternteil auch auf Grundlage dieser Bestimmung nicht rechtswirksam wird.

Der Wegfall der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bei vor Gericht geschlossenen Unterhaltsvereinbarungen zwischen einem Elternteil und einem minderjährigen Kind stellt eine Vereinfachung der bisherigen Praxis dar, ohne dass dadurch der Rechtsschutz der betroffenen Kindern geschmälert wird. Soweit solche Vereinbarungen dem Kind zugute kommen, sind sie rechtswirksam und vollstreckbar. Soweit sie allfällige Ansprüche des Kindes nicht zur Gänze befriedigen, kann jederzeit eine gerichtliche Erhöhung (auch ohne Änderung der der Vereinbarung zu Grunde liegenden Umstände) beantragt werden. Diese Konsequenz sieht auch die herrschende Rechtssprechung zur geltenden Rechtslage vor. Danach steht der Geltendmachung einer Unterhaltserhöhung trotz gleichgebliebener Verhältnisse oder Verringerung des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten nicht entgegen, dass der dem Kind zustehende Unterhaltsanspruch früher nicht im vollen Umfang geltend gemacht wurde (EFSlg 68.429). § 190 Abs. 3 des Entwurfs stellt in diesem Sinne sicher, dass eine zwischen einem Elternteil und dem minderjährigen Kind geschlossene Vereinbarung über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen für das Kind nicht verbindlich ist (und es deshalb jederzeit eine dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch entsprechende gerichtliche Erhöhung erreichen kann), selbst wenn in der Vereinbarung ausdrücklich auf bestimmte (jedoch nicht der Tatsachenlage entsprechende) Vergleichsrelationen abgestellt wurde.

Zu § 191 ABGB neu

§ 191 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 179 ABGB.

Zu § 192 ABGB neu

§ 192 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 179a ABGB.

Zu § 193 ABGB neu

Die Bestimmung des bisherigen § 180 ABGB soll in den § 193 verschoben und wie folgt vereinheitlicht und vereinfacht werden:

§ 180 Abs. 1 erster Satz ABGB sieht für den Wahlvater und die Wahlmutter unterschiedliche Altersgrenzen vor. Nach § 180 Abs. 1 zweiter Satz ABGB alt ist eine Unterschreitung der bestehenden Altersgrenzen bei gemeinsamer Adoption durch Ehegatten oder bei Einzeladoption des leiblichen Kindes des anderen Ehegatten dann zulässig, wenn bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kind entsprechende Beziehung besteht. In diesem Fall ist nach der Judikatur die Unterschreitung der Altersgrenzen der Wahleltern bis zur Volljährigkeitsgrenze hinab zulässig.

In § 193 Abs. 1 des Entwurfs soll das unterschiedliche Mindestalter für die Wahlmutter und den Wahlvater beseitigt und durch eine einheitliche Altersgrenze ersetzt werden. Die unterschiedlichen Altersgrenzen im geltenden Recht entsprechen nicht mehr dem heutigen Verständnis und werden aus Gründen der Gleichbehandlung bedenklich gesehen. Weiters wird vorgeschlagen, das (nunmehr einheitliche) Mindestalter auf 25 Jahre zu senken. Durch die vorgeschlagene Senkung des Mindestalters ist die Möglichkeit einer weiteren Unterschreitung dieser Altersgrenze nicht mehr sachgerecht und geboten, sodass nunmehr 25 Jahre das einheitliche Mindestalter für Wahleltern sein soll, das unter keinen Umständen unterschritten werden darf.

§ 180 Abs. 2 erster Satz ABGB alt regelt den erforderlichen Altersunterschied zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind. Der Altersunterschied muss mindestens 18 Jahre betragen. Diese Grenze darf aber nach § 180 Abs. 2 zweiter Satz ABGB alt wiederum unter bestimmten Voraussetzungen geringfügig unterschritten werden. Bei einer Einzeladoption des leiblichen Kindes des Ehegatten genügt nach dieser Bestimmung ein Altersunterschied von 16 Jahren.

Auch hier schlägt der § 193 Abs. 2 des Entwurfs eine Vereinheitlichung vor. Der Altersunterschied zwischen Wahleltern und Wahlkind soll danach einheitlich mindestens 16 Jahre betragen. Eine weitere Unterschreitung dieser Altersdifferenz soll dagegen nicht mehr möglich sein.

Zu § 194 ABGB neu

§ 194 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 180a ABGB.

Zu § 195 ABGB neu

§ 195 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 181 ABGB.

Zu § 196 ABGB neu

§ 196 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 181a ABGB.

Zu § 197 ABGB neu

§ 197 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 182 ABGB.

Zu § 198 ABGB neu

§ 198 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 182a ABGB.

Zu § 199 ABGB neu

§ 199 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 182b ABGB. Vom „ehelichen“ Vater soll aber – auch im Einklang mit der herrschenden Ansicht zum geltenden Recht (siehe Ferrari-Hofmann-Wellenhof, NZ 1991, 247) – nicht mehr die Rede sein. Gemeint ist der Vater im Sinn des § 144.

Zur Aufhebung des § 183 ABGB alt

§ 183 ABGB alt zu den namensrechtlichen Wirkungen der Adoption kann entfallen. Nach § 157 Abs. 2 ABGB neu soll der Name des Wahlkindes nach einer Annahme an Kindesstatt neu bestimmt werden können, es aber zu keiner automatischen Namensänderung kommen (siehe dazu näher die Erläuterungen zu § 157 ABGB neu).

Zu § 200 ABGB neu

§ 200 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 184 ABGB.

Zu § 201 ABGB neu

§ 201 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 184a ABGB.

Zu § 202 ABGB neu

§ 202 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 185 ABGB.

Zu § 203 ABGB neu

§ 203 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 185a ABGB.

Zu §§ 187 bis 230 ABGB neu

Das vierte Hauptstück bleibt an sich unverändert. Abgesehen von §§ 220 und 221 ändern sich lediglich die Paragraphenbezeichnungen.

Zu §§ 220 f. ABGB neu

Die im Kindschaftsrecht des ABGB eingeordneten bisherigen §§ 230a und 230b ABGB regeln jene Veranlagungen des Vermögens Pflegebefohlener (minderjährige Kinder, Personen unter Sachwalterschaft oder sonstige von gerichtlich bestellten Kuratoren Vertretene), die das Gesetz als „zur Anlegung von Mündelgeld geeignet“ bezeichnet. Diese Anlegungen bedürfen, auch wenn sie nicht in den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb fallen, nach einhelliger Ansicht keiner gerichtlichen Genehmigung (Weitzenböck in Schwimann/Kodek ABGB4 I Vor §§ 230-234 Rz 2). Das Gesetz enthält in den geltenden §§ 230c Abs. 2 und 230e Abs. 1 ABGB den Hinweis auf die Beiziehung eines Sachverständigen, was in der gerichtlichen Praxis zur Unsicherheit darüber geführt hat, ob es – wie in der früheren Praxis oft vorgekommen – genügt, wenn der gesetzliche Vertreter im gerichtlichen Verfahren ein Privatgutachten vorlegt, oder ob im einzelnen Verfahren ein Gutachten einzuholen sei (so nunmehr OGH 23.2.2011, 1 Ob 210/10d).

§ 221 des Entwurfs stellt nunmehr in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung (Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 I Vor §§ 230 – 234 Rz 2; Hopf in KBB³ §§ 230 – 230e Rz 4) klar, dass der gesetzliche Vertreter allgemein keine Genehmigung des Gerichtes einzuholen hat, wenn die Angelegenheit zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Geht es um eine Genehmigung des Gerichtes, so soll das materielle Recht des ABGB nicht mehr eine Verpflichtung des Gerichtes zur Einholung eines Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen vorsehen. Diese Verpflichtung bleibt zwar grundsätzlich aufrecht, ergibt sich künftig aber aus der vorgeschlagenen Regelung des neuen § 132 Abs. 2 AußStrG.

Im neu gefassten § 220 (entspricht dem bisherigen § 230e ABGB), dem wegen des heute geringen Zinsenertrages der Anlegungen nach den §§ 216 und 217 des Entwurfs (bisher §§ 230a und 230b ABGB) und der Aufwändigkeiten der Anlegungen in hypothekarisch besicherten Forderungen oder ganzen Liegenschaften nach §§ 218 und 219 des Entwurfs (bisher §§ 230c und 230d ABGB) große Bedeutung zukommt, müssen allerdings wegen der bei der Anlegung in Wertpapieren im Immobilienbereich in jüngerer Zeit gemachten schlechten Erfahrungen dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit auch noch die Aspekte der Sicherheit und der Risikostreuung, die auch schon im § 215 Abs. 2 des Entwurfs (bisher § 230 Abs. 2 ABGB) angedeutet ist, hinzugefügt werden. Diese Verpflichtung soll mit der Maßgabe bestehen, dass eine Risikostreuung im Einzelfall auch wirklich tunlich ist. Das wird gerade bei kleineren Vermögen, bei denen die Kosten und Gebühren der Streuung unverhältnismäßig hoch sind, eine Rolle spielen. Bei der Anlegung in Wertpapieren muss sich das Gericht auch überzeugen, dass die Entwicklung von Kurs und Ertrag der Wertpapiere laufend fachkundig überwacht wird und gegebenenfalls die Umschichtung in Geld oder andere Wertpapiere vorgenommen wird. Ebenso muss die diesbezügliche Haftung, sei es des gesetzlichen Vertreters selbst oder der Depotbank, gesichert sein. Dem Aspekt der Streuung der Risken wird allerdings nicht durch die Anlegung in einem einzigen Fonds Genüge getan werden können, vielmehr wird die Anlegung mehrere Anlegungsformen, beispielsweise verschiedene Aktien, mehrere Fonds und auch Mündelgeldspareinlagen sowie Anlagen nach § 217 des Entwurfs (bisher § 230b ABGB), umfassen müssen.

Zu §§ 231 bis 235 ABGB neu

Die §§ 231 bis 234 des Entwurfs entsprechen den bisherigen §§ 140 bis 143 ABGB. § 235 des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 168 ABGB. Neu ist lediglich § 231 Abs. 4 des Entwurfs:

Nach derzeitiger Rechtslage sind Vereinbarungen, wonach sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein aufzukommen und den anderen für den Fall der Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten, grundsätzlich zulässig und dem anderen Elternteil gegenüber wirksam. Dies gilt allerdings nicht, sofern diese Vereinbarung in rechtlich geschützte Interessen minderjähriger Kinder eingreift oder wenn völlig einseitig einem Elternteil die gesamte Unterhaltslast auferlegt wird (vgl. RIS-Justiz RS0016550).

Derartige „Entlastungsverträge“ werden in der Praxis häufig dann geschlossen, wenn mehrere Kinder nach der Trennung der Eltern nicht alle bei einem Elternteil hauptsächlich betreut werden sollen. Die Eltern vereinbaren dann, dass jeder Elternteil für die von ihm betreuten Kinder selbst aufkommen soll. Da dies den Kindern – als Unterhaltsgläubigern – gegenüber nicht wirksam vereinbart werden kann, wird regelmäßig auf eine Schad- und Klagloshaltung zurückgegriffen (vgl. EF-Z 2008/37 [Gitschthaler]). Derartige Vereinbarungen, die unter der Umstandsklausel stehen, können aber nur scheinbar Rechtssicherheit schaffen und zudem einen Elternteil über Gebühr und in sittenwidriger Weise belasten. Aus diesem Grund sollen diese oftmals eher den Begriff „Belastungsverträge“ verdienenden Vereinbarungen von vornherein ungültig und unwirksam sein. Die saubere und klare Trennung von Ansprüchen der Kinder und jenen der Eltern untereinander soll zu transparenten Verhältnissen und anfechtungsfesten Vereinbarungen beitragen.

Diese gebotene Einschränkung der Privatautonomie soll aber nicht gelten, sofern die Vereinbarung über die Schad- und Klagloshaltung im Rahmen einer umfassenden Regelung der Folgen einer Trennung vor Gericht geschlossen wird. Damit soll der Umstand berücksichtigt werden, dass Schad- und Klagloshaltungen meist mit einer weitreichenden Regelung der vermögensrechtlichen Folgen einer Trennung zusammenhängen und daher regelmäßig entsprechend abgegolten werden. So soll etwa bei Vereinbarungen über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens auch eine Schad- und Klagloshaltung im Zusammenhang mit der Tragung der Last des Kindesunterhalts möglich und nicht per se unwirksam sein. Die Gefahr einer vorschnellen, unüberlegten und nachteiligen Pflichtenübernahme bei gerichtlichen Vereinbarungen scheint auch im Zusammenhalt mit den Bestimmungen über die Beratung vor Scheidungen (§ 95 Abs. 1 AußStrG, § 460 Z 6a ZPO) eher gering.

Zu § 1503 ABGB neu

Die Regelung betrifft das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen sowie das vor allem im Namensrecht notwendige Übergangsregime.

Z 1 sieht vor, dass die neuen namens- und kindschaftsrechtlichen Regeln mit 1. Februar 2013 angewendet werden sollen. Dies gilt auch für zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Verfahren.

Namensführungen nach bisherigem Recht sollen grundsätzlich nicht in Frage gestellt, sondern beibehalten werden. Das verhindert unerwünschte automatische Namensänderungen auf Grund der neuen Rechtslage.

Die Z 2 und 3 legen die Ereignisse fest, die für die Anwendung der §§ 93 bis 93c und 155 bis 157 ausschlaggebend sind.

Z 4 erlaubt (zu einem verzögerten Zeitpunkt), dass Personen, die ihren Namen auf Grund der bisherigen Rechtslage führen, durch eine entsprechende Bestimmung eine Namensführung nach dem neuen Recht bewirken können. So können etwa Ehegatten, auch wenn sie ihren (gemeinsamen) Familiennamen nach dem bisher geltenden Recht bestimmt haben, nun ihren Familiennamen – etwa als Familiendoppelnamen – nach der neuen Rechtslage bestimmen. Es ist dabei nicht von Bedeutung, ob dieser bereits nach der alten Rechtslage bestimmt werden konnte. Es soll den Bürgern ganz allgemein nicht verwehrt sein, das neue Recht nur auf Grund des Zeitpunkts ihrer Geburt oder ihrer Eheschließung nicht anwenden zu können.

Wird der Familienname eines Ehegatten oder der Eltern oder eines Elternteils geändert, so erlaubt Z 5, dass bei Beurkundung dieser Änderung nach dem 31. März 2013 ebenfalls eine Namensbestimmung nach dem neuen Recht vorgenommen werden kann. Da die namensrechtlichen Regelungen zwar grundsätzlich ab 1. April 2013 zur Anwendung kommen sollen, die Übergangsbestimmungen jedoch die Anwendbarkeit der Bestimmungen vom Zeitpunkt der Geburt abhängig machen, ist in einer weiteren Bestimmung vorzusehen, dass auch bei Änderungen des Familiennamens die neue Rechtslage anzuwenden sein soll.

Zu Art. 2 (Änderung des Außerstreitgesetzes)

Zu § 89 Abs. 2 AußStrG neu

Nach dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, BGBl. III Nr. 145/1999 (im Folgenden: HAdoptÜbk) ist eine in einem anderen Vertragsstaat vorgenommene Adoption ex lege anerkannt, wenn die zuständige Behörde des Staates, in dem sie durchgeführt wurde, bescheinigt, dass sie gemäß diesem Übereinkommen zustande gekommen ist (Art 23 HAdoptÜbk). Es ist dafür zu sorgen, dass in Österreich vorgenommene Adoptionen in den übrigen Vertragsstaaten auf möglichst einfache, die Parteien nicht noch zusätzlich belastende Weise anerkannt werden können. Bei Ratifizierung des HadoptÜbk wurden die österreichischen Pflegschaftsgerichte als „zuständige Behörde“ im Sinne des Art 23 HAdoptÜbk notifiziert. Dabei soll es auch bleiben, doch hat die Praxis gezeigt, dass diese multilaterale Verpflichtung ohne Verankerung im Gesetz leicht übersehen werden konnte und dass es den Gerichten nicht möglich ist, die Einhaltung des Verfahrens nach dem HAdoptÜbk, das sich im Vermittlungsstadium und ohne Gerichtsbeteiligung abspielt, verlässlich zu beurteilen, ohne die Äußerung der tatsächlich an der Vermittlung beteiligten österreichischen Behörden, nämlich den Landesregierungen, einzuholen. Eine entsprechende Vorgangsweise soll daher im Anwendungsbereich des HAdoptÜbk ausdrücklich im nationalen Verfahrensgesetz festgeschrieben werden. Dies betrifft also gemäß Art. 2 HAdoptÜbk Fälle, in denen ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat („Heimatstaat“) in einen anderen Vertragsstaat („Aufnahmestaat“) gebracht worden ist, wird oder werden soll, entweder nach seiner Adoption im Heimatstaat durch Ehegatten oder eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Aufnahmestaat oder im Hinblick auf eine (noch vorzunehmende) solche Adoption im Aufnahme- oder Heimatstaat.

Zu § 95 AußStrG neu

Die Trennung der Eltern ist für Kinder stets ein einschneidendes Erlebnis. Wie sehr Kinder unter der Trennung der Eltern leiden, hängt aber auch maßgeblich von deren Verhalten im Zuge der Trennung ab. Auch für die Eltern stellt eine Scheidung ein außergewöhnliches Ereignis dar, mit dem sie häufig schwer umgehen können. Gerade Kinder haben in dieser Situation besondere Bedürfnisse und Ängste (z. B. dass sie einen Elternteil verlieren). Es liegt dann in erster Linie an den Eltern, diesen Bedürfnissen bestmöglich gerecht zu werden. Häufig sind den Eltern die spezifisch mit der Scheidung der Eltern in Verbindung stehenden Bedürfnisse des Kindes jedoch nicht ausreichend bekannt. Aus Loyalität zu einem oder beiden Elternteil(en), mitunter aber auch aus (falschen) Schuldgefühlen, können oder wollen Kinder in dieser Situation ihre Anliegen oftmals nicht artikulieren.

Um den Eltern einen ersten Überblick über diese spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer Kinder zu verschaffen, sollen sie sich darüber bei einer geeigneten Einrichtung beraten lassen und dies dem Gericht bescheinigen. Schon allein durch das (derzeit oftmals nicht vorhandene) Wissen der Eltern um die Bedürfnisse ihrer Kinder ist mit einer Verbesserung der Situation für die Kinder zu rechnen. Häufig beruht nämlich ein Verhalten eines Elternteils auf falschen Annahmen bzw. aus einem falsch angewendeten Versuch, das Kind vor der Enttäuschung etc. zu schützen. Geeignete Personen oder Einrichtungen im Sinne des Entwurfes können sowohl die etablierten Familienberatungsstellen aber auch freiberuflich tätige Psychologen und Pädagogen sein. Der Entwurf erfordert es nicht, dass die Eltern eine Einzelberatung in Anspruch nehmen. Da eine allgemeine Information über die mit einer Scheidung verbundenen Folgen für minderjährige Kinder im Vordergrund steht und es nicht darum geht, eine einzelfallspezifische Beratung durchzuführen, soll es auch möglich sein, dass mehrere Elternpaare eine derartige Beratung gemeinsam in Anspruch nehmen und dadurch die allenfalls anfallenden Kosten aufgeteilt werden können.

Zu den §§ 104, 104a, 106 und 111 AußStrG neu

Die vorgeschlagenen Änderungen sind rein redaktioneller Natur. Statt des bisherigen Begriffes „persönlicher Verkehr“ soll in Zukunft der Ausdruck „persönlicher Kontakt“ verwendet werden.

Zu § 105 AußStrG neu

Die Anhörung des Minderjährigen nach § 105 Abs. 1 Satz 2 AußStrG soll künftig auch durch die Familiengerichtshilfe erfolgen können.

Zu § 106a AußStrG neu

Vorweg sei zur Einrichtung der Familiengerichtshilfe auf die im Allgemeinen Teil der Erläuterungen dargestellten Ziele des Entwurfs (Punkt 7.) verwiesen.

In Abs. 1 werden die drei Aufgabenbereiche der Familiengerichtshilfe festgeschrieben, nämlich die Sammlung von Entscheidungsgrundlagen, die Anbahnung einer gütlichen Einigung und die Information der Parteien. Zur Sammlung der Entscheidungsgrundlagen soll die Familiengerichtshilfe vor allem durch sozialarbeiterische Erhebungen, psychologische Befunde sowie darauf aufbauende Berichte und fachliche Stellungnahmen beitragen. Letztere sollten auch fachliche Schlussfolgerungen enthalten und dem Gericht auf diese Weise die nötige Fachkunde für die Entscheidung zur Verfügung stellen, sodass das Gericht allenfalls im Sinn des § 31 Abs. 3 AußStrG vom Sachverständigenbeweis absehen kann. Unter „Anbahnung einer gütlichen Einigung“ ist das Ausloten von Einigungsmöglichkeiten zu verstehen, sodass nach Möglichkeit entweder unmittelbar (etwa in einer in der mündlichen Verhandlung getroffenen Vereinbarung) eine Einigung erzielt oder immerhin aufgezeigt werden kann, welches Verfahren aussichtsreich erscheint, eine gütliche Einigung zu bewirken (z. B. eine Mediation). Mit „Information der Parteien“ ist einerseits eine Aufklärung über den möglichen weiteren Gang des Verfahrens einschließlich der Möglichkeiten einer gütlichen Streitbeilegung und andererseits auch eine Information darüber gemeint, welche Verhaltensweisen das Kindeswohl gefährden können bzw. wie es (z. B. in einer Trennungssituation) gelingen kann, eine Beeinträchtigung des Kindeswohls so gering wie möglich zu halten.

Alle diese Aufgaben erfüllt die Familiengerichtshilfe im Auftrag des Gerichts. Die Mitarbeiter der Familiengerichtshilfe werden nur tätig, wenn und soweit sie dazu vom zuständigen Rechtsprechungsorgan beauftragt worden sind.

In Abs. 2 werden der Familiengerichtshilfe Befugnisse eingeräumt, die erforderlich sind, damit sie ihre Aufgaben effektiv erfüllen kann. Die Mitarbeiter der Familiengerichtshilfe können Personen, die über die Lebensumstände eines Kindes Auskunft geben könnten, aufsuchen oder auch zu Gericht laden, um sie zu befragen, sowie unmittelbaren Kontakt mit dem Kind herstellen; vom zuständigen Rechtsprechungsorgan, also in aller Regel von der Richterin oder vom Richter, erteilte Aufträge sind dabei einzuhalten (z. B. der Auftrag, einen Hausbesuch zu machen oder die Übergabe des Kindes in die Obhut des anderen Elternteils zu Beginn und am Ende eines Besuchskontakts zu beobachten). Kommt eine dazu verpflichtete Person ihrer Mitwirkungspflicht bei Erhebungen der Familiengerichtshilfe nicht nach, kann das Gericht angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs. 2 AußStrG anordnen.

Abs. 3 regelt die Auskunftspflichten anderer Einrichtungen und Institutionen sowie die Verschwiegenheitspflicht der bei der Familiengerichtshilfe tätigen Personen. Nach dieser Bestimmung haben Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte sowie Einrichtungen zur Unterrichtung, Betreuung und Behandlung minderjähriger Personen den bei der Familiengerichtshilfe tätigen Personen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in ihre Akten und Aufzeichnungen zu gewähren. Die Pflicht zur Auskunftserteilung (nicht aber zur Gewährung der Akteneinsicht) trifft auch den Jugendwohlfahrtsträger. Die Erteilung der Auskünfte kann mündlich oder – in Absprache mit der Familiengerichtshilfe – auch durch die Übergabe von Berichten und Unterlagen aus den Akten erfolgen.

Nach Abs. 4 gelten für die Ablehnung einer bei der Familiengerichtshilfe tätigen Person die Bestimmungen über die Ablehnung eines Sachverständigen. Es kann daher auf die dazu bestehende Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Zu § 106b AußStrG neu

Von der Fortsetzung der Durchsetzung ist allgemein abzusehen, wenn und solange sie das Wohl des Minderjährigen gefährdet (§ 110 Abs. 3 AußStrG). Dies kann bei einem gegen den Willen des Elternteils erzwungenen Kontakt der Fall sein, z. B. weil dieser seine ablehnende Haltung gegenüber dem Kind nicht verbergen kann oder will. In diesen Fällen hat eine Durchsetzung auch weiterhin zu unterbleiben. Anderes gilt aber eventuell, wenn ein Elternteil grundsätzlich Interesse am Kind haben dürfte, die vereinbarten Termine aber nicht einhält und sich regelmäßig verspätet. Für den betreuenden Elternteil und das Kind können damit Enttäuschungen und Frustrationen verbunden sein. Dem soll durch die neue Regelung entgegengewirkt werden. Ein berechtigtes Interesse des Kindes ist es überdies, seinen Vater, zu dem es bisher keinen Kontakt hatte, kennen zu lernen. Lehnt der Vater dies ab, so ist eine Durchsetzung aber derzeit generell nicht möglich.

Das Recht auf persönliche Kontakte ist seit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 (auch) als Recht des Kindes verankert. Die Durchsetzung sollte sich daher am Kindeswohl orientieren. Dies entspricht auch der Grundhaltung des Entwurfs – wonach das Kindeswohl wichtigster Beurteilungsmaßstab ist – und der Judikatur zum Recht auf persönlichen Verkehr (RIS-Justiz RS0047958), wonach sich die Regelung und Durchsetzung des Besuchsrechts allein am Kindeswohl zu orientieren hat.

Die Möglichkeiten zur Durchsetzung der persönlichen Kontakte des Kindes zu dem Elternteil, mit dem es nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, werden in der Praxis als unzureichend erlebt: Zwangsmittel nach § 79 Abs. 2 AußStrG würden häufig ihr Ziel verfehlen, weil sie zwar vielleicht das Bedürfnis nach Sanktionierung eines Fehlverhaltens eines der beiden Elternteile erfüllen, aber sonst – zu Lasten des Kindes – eher zur Eskalation des Konflikts der Eltern beitragen würden (vgl. jüngst Pesendorfer, Die Durchsetzung des Besuchsrechts, iFamZ 2011, 64 und Beck, Kinder brauchen beide Eltern, EF-Z 2010, 220 [225 f]).

Dieser Befund erscheint oftmals leider zutreffend. Dazu kommt, dass auch der Einsatz eines Kinderbeistands bzw. die Anordnung von Besuchsbegleitung andere Zielrichtungen haben: Der Kinderbeistand soll – als Sprachrohr des Kindes – erreichen, dass im Verfahren zur Regelung der persönlichen Kontakte die emotional bedeutsamen Wünsche des Kindes einbezogen werden; die Besuchsbegleitung wiederum soll in erster Linie sicher stellen, dass es bei einer vom Gericht oder den Eltern getroffenen Besuchsregelung nicht zu Gefahrensituationen für das Kind kommt (siehe Horak/Pesendorfer in Barth/Deixler-Hübner, Handbuch des Kinderbeistandsrechts, insbesondere 281 und 288).

Mit § 106b wird daher ein „Besuchsmittler“ vorgeschlagen, der das Gericht bei der Durchsetzung der Besuchskontakte unterstützen soll: Erstens sollte der Besuchsmittler das Kind etwa darüber aufklären, dass es nicht schuld am Konflikt der Eltern und den Schwierigkeiten bei den Besuchskontakten ist. Zweitens wäre es seine Aufgabe, sich mit den Eltern – nach Rücksprache mit dem Kind – über die konkreten Modalitäten der persönlichen Kontakte zu verständigen und bei Konflikten zwischen diesen zu vermitteln. Dazu gehört etwa, dass geklärt wird, ob das Kind bestimmter Rituale bei der Übergabe bedarf (z. B. ruhiges Abschiednehmen vom betreuenden Elternteil eine halbe Stunde vorher), dass auf Pünktlichkeit zu achten ist, welche persönlichen Gegenständen des Kindes zu übermitteln und welche (Schul-)Aufgaben zu bewältigen sind. Leider benötigen Eltern nämlich häufig eine nachgehende Anleitung, wie sie in der Frage des Besuchsrechts ihres Kindes vorzugehen haben. Sie müssen förmlich „an die Hand genommen werden“. Dazu kann es drittens durchaus notwendig sein, dass sich der Besuchsmittler vor Ort in die Abwicklung der Kontakte einschaltet, indem er bei der Übergabe anwesend ist und Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit etwa über die Problematik von Loyalitätskonflikten für Kinder leistet, auch aktiv vermittelnd eingreift, wenn Streitpunkte auftauchen, oder aber sogar, indem er „Absagen“ eines der beiden Elternteile auf den Grund geht. Oft wird aber die Anwesenheit einer Person, die bereits mit den Eltern beratend gearbeitet hat, allein helfen, dass Konflikte weniger „aufkochen“. Daran schließt sich – viertens – eine spezifische Berichtsfunktion für das Gericht: Er hat diesem über seine Wahrnehmungen bei der Durchführung der persönlichen Kontakte des Kindes zu berichten, um so dem Gericht Entscheidungsgrundlagen zu liefern, falls dann doch Zwangsstrafen anstehen oder neue Besuchsrechtsregelungen zu treffen sind. Insoweit ist seine Verschwiegenheitspflicht auch begrenzt, darauf hat er etwa das Kind von Anfang an hinzuweisen. Diese Berichtsfunktion sollte wohl aber auch seine Autorität den Eltern gegenüber stärken.

Auch der deutsche Gesetzgeber hat die Einführung einer sog. „Umgangspflegschaft“ für notwendig erachtet. Nach der in § 1684 Abs. 3 dritter Satz BGB enthaltenen Legaldefinition hat sie ebenfalls die „Durchführung“ des Umgangs zum Gegenstand. Sie umfasst aber auch das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Dieses Konzept einer gesetzlichen Vertretung der Kinder bei der Ausübung ihres Umgangsrechts wird vielfach kritisiert: Die Umgangspflegschaft könne – weil mit einer nicht unerheblichen Einschränkung elterlicher Sorge verbunden – unverhältnismäßig sein, weil sie unabhängig davon angeordnet werden könne, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliege (so etwa Salgo in Lipp/Schumann/Veit, Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, 167). Einen tauglichen Vollstreckungsersatz stelle sie überdies nicht dar, da der Umgangspfleger zwar theoretisch den Aufenthalt des Kindes bestimmen könne, aber oftmals vor verschlossenen Türen stünde, weil es ihm an der Befugnis mangle, die Herausgabe des Kindes vom betreuenden Elternteil unter Anwendung unmittelbaren Zwangs zu verlangen (Menne, Der Umgangspfleger – ein unbekanntes Wesen?, ZKJ 2006, 445 [447]; DIJuF, Hinweise zu den gesetzgeberischen Überlegungen zur Regelung von sog. „Umgangspflegschaften“ vom 11. November 2004, JAmt 2004, 571 [573]). Wichtiger wäre vielmehr, dass die Eltern durch die fachliche Autorität des Umgangspflegers in Lernprozesse eintreten würden, die letztlich dazu führten, dass sie sich wieder in die Lage versetzt fühlten, diesen Ausschnitt ihres Lebensalltags selber zu bewältigen (Salzgeber/Menzel, Verfahrenspflegschaft und Ergänzungspflegschaft, KindPrax 2004, 15 [17 ff]).

Vor diesem Hintergrund, aber auch genährt durch die positiven Erfahrungen mit der Familiengerichtshilfe im Rahmen des Modellversuchs wird in diesem Gesetzesvorschlag von einem Modell abgesehen, das mit einer Einschränkung der Obsorge verbunden ist. Es soll vielmehr primär um emotionale Unterstützung des Kindes und auch der Eltern, um nachgehende Vermittlung zwischen den Eltern (in einer „Dichte“, die vom Pflegschaftsgericht nicht geleistet werden kann) sowie – auch als gewisses „Druckmittel“ den Eltern gegenüber – um Berichterstattung für das Gericht gehen. Insofern erscheint es geboten, dass Besuchsmittler aus dem Kreis der Mitarbeiter der Familiengerichtshilfe, die überwiegend Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeiter sind, aber sinnvoller Weise zusätzliche Qualifikationen erwerben sollten, rekrutiert werden (so auch zum deutschen Umgangspfleger Salzgeber/Menzel, KindPrax 2004, 15 [18]).

Zu § 106c AußStrG neu

In Abs. 1 wird die Bundesministerin für Justiz ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, für welche Bezirksgerichte eine Familiengerichtshilfe eingerichtet wird. Dadurch wird es möglich, die vorerst nur im Rahmen eines Modellversuchs an einigen wenigen für österreichische Strukturen möglichst repräsentativen Bezirksgerichten tätige Familiengerichtshilfe auf weitere Standorte auszudehnen. Die gesammelten Erfahrungen des Modellprojekts werden begleitend beforscht und evaluiert. Auf dieser Grundlage soll schließlich über die (schrittweise) Ausweitung auf ganz Österreich entschieden werden. Dass die Einrichtung der Familiengerichtshilfe nur schrittweise erfolgen kann, resultiert auch daraus, dass geeignetes Personal nur nach und nach angeworben und ausgebildet werden kann und die räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen nicht überall zu derselben Zeit hergestellt werden können. Die Verordnungsermächtigung schafft die nötige organisatorische Flexibilität, um die Ausweitung der Familiengerichtshilfe im Rahmen der budgetären Möglichkeiten schrittweise voranzubringen.

Mit der Formulierung „für welche Bezirksgerichte…“ (und nicht: „bei welchen Bezirksgerichten…“) soll zum Ausdruck kommen, dass eine Familiengerichtshilfe auch mehrere Bezirksgerichte unterstützen kann. Beispielsweise könnte eine an einem Bezirksgericht einer Landeshauptstadt angesiedelte Familiengerichtshilfe auch (kleinere) angrenzende Bezirksgerichte versorgen.

Zu § 107 AußStrG neu

Mit § 107 Abs. 1 Z 1 des Entwurfs soll die relative Anwaltspflicht in Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte vorgesehen werden. Der Vorschlag stellt eine Maßnahme zur Deeskalation dieser hoch emotionalen Verfahren dar. Die Praxis hat gezeigt, dass mitunter nahestehende Personen als Vertreter herangezogen werden, die in einer ähnlichen Ausnahmesituation stehen wie die Eltern selbst. Durch die Beiziehung eines beruflichen Parteienvertreters wird die fachliche Ebene stärker beleuchtet, sodass insgesamt eine Entspannung zu erwarten ist. Weiterhin soll es den Eltern aber möglich sein, sich nicht vertreten zu lassen und ihre Interessen selbst wahr zu nehmen.

§ 107 Abs. 1 Z 2 bis 5 des Entwurfs entsprechen den Z 1 bis 4 im geltenden Recht.

§ 107 Abs. 2 AußStrG regelt – in Konkretisierung des § 181 Abs. 1 ABGB neu – vorläufige Entscheidungen in Verfahren über die Obsorge und die Ausübung des Rechts auf persönliche Kontakte. Sie dürfen nach geltendem Recht nur dann getroffen werden, wenn ein so dringendes Regelungsbedürfnis besteht, dass zur Wahrung des Kindeswohls umfassende Erhebungen im Interesse einer sofortigen Entscheidung zu unterbleiben haben (vgl. 3 Ob 70/08b; 10 Ob 93/08w; 7 Ob 163/08h).

Demgegenüber soll der Entwurf die bisherige Regelung des § 107 Abs. 2 AußStrG in dreifacher Hinsicht ändern: Zum Ersten sollen die Pflegschaftsgerichte verhalten werden, schon dann eine vorläufige Entscheidung zu treffen, wenn zwar für die endgültige Entscheidung noch weiter gehende Erhebungen (z. B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens) notwendig sind, aber eine rasche Regelung der Obsorge oder der persönlichen Kontakte, die für die Dauer des Verfahrens Klarheit schafft, das Kindeswohl (bloß) fördert. Dabei kann es sich etwa um die vorläufige Einräumung (auch begleiteter) Besuchskontakte zu einem Elternteil handeln, wenn sonst eine Entfremdung des Kindes zu diesem Elternteil eintreten wird, oder generell um die vorläufige Regelung der Obsorge oder der persönlichen Kontakte im Zusammenhang mit der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Eltern, wenn dadurch eine Beruhigung der Situation für das Kind zu erwarten ist. Die Familiengerichtshilfe (siehe dazu § 106a des Entwurfs) sollte dem Gericht speziell in solchen Konstellationen rasch die Grundlagen für die vorläufige Entscheidung liefern können.

§ 107 Abs. 2 AußStrG ist bereits in der geltenden Fassung auch auf die Entziehung der Obsorge anwendbar (RIS-Justiz RS 0121416). Daran soll sich grundsätzlich nichts ändern, der Entwurf will hier lediglich eine – zweite – Klarstellung treffen.

Zum Dritten ist es nach geltendem Recht strittig, ob einer vorläufigen Obsorge- oder Besuchsentscheidung auch ohne gerichtliche Anordnung (vorläufige) Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zukommt. Diese Unklarheit soll beseitigt werden. Im Entwurf wird daher klargestellt, dass einer vorläufigen Entscheidung Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zukommt, sofern das Gericht diese nicht ausschließt. Das Gericht hat daher zu begründen, wenn es im Einzelfall die Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit ausschließt. Im Übrigen gilt § 44  AußStrG entsprechend.

Mit § 107 Abs. 3 des Entwurfs soll der Katalog der dem Pflegschaftsgericht zur Sicherung des Kindeswohls zur Verfügung stehenden Maßnahmen erweitert bzw. klargestellt werden. Nach geltendem Recht (§ 29 Abs. 1 AußStrG) besteht lediglich die Möglichkeit des Pflegschaftsgerichts, mit dem Obsorge- oder Besuchsrechtsverfahren innezuhalten, wenn „eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien, insbesondere mit Unterstützung einer dafür geeigneten Einrichtung, zu erwarten“ ist. Eine Verpflichtung der Parteien, sich auch tatsächlich an diese „geeignete Einrichtung“ zu wenden, resultiert aus der Innehaltung des Verfahrens freilich nicht. Ob das Gericht den Eltern – wenn diese durch ihr Verhalten dem Kind gegenüber dessen Wohl gefährden – nach § 176 Abs. 1 ABGB alt auch den Auftrag erteilen kann, Mediation bzw. Eltern- oder Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen, ist umstritten (für einen verbindlichen Auftrag zur Erziehungsberatung LGZ Wien 45 R 129/98y EFSlg 87.027; wohl auch OGH 7 Ob 704/82 EFSlg 42.406; dagegen Thunhart in Klang³ § 176 Rz 55 f; wohl auch OGH 6.7.2011, 3 Ob 3/11d).

Mit Abs. 3 Z 1 soll nunmehr – dem deutschen Modell des § 156 FamFG folgend – klargestellt werden, dass dem Pflegschaftsgericht die Kompetenz eingeräumt ist, Eltern zum Besuch einer Familien-, Eltern- oder Erziehungsberatung zu verpflichten. Studien der letzten Jahre (Bergmann/Jopt/Relixius, Lösungsorientierte Arbeit im Familienrecht [2002] 120 f; Figdor, Scheidungskinder – Wege der Hilfe (2005) 231; Weber, Neue Herausforderungen für die Beratung, ZKJ 2009, 324 [326]) zeigen, dass Eltern, die von sich aus nicht bereit wären, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ihre gegen die Beratung gerichteten Einstellung (z. B. Scham- und Schuldgefühle; Einfluss von Freunden, die abraten) überwinden, wenn sie – wenn auch zunächst unfreiwillig – die Gelegenheit erhalten, sich anzuvertrauen und ihre Sorgen um die Kinder zu besprechen. Mütter und Väter brauchen nämlich oftmals einen Raum, in dem ihre persönlichen Schwierigkeiten und Gefühle ernst genommen werden und in dem sie (wieder) pädagogisch verantwortungsvolle Haltungen ihren Kindern gegenüber erlangen (so Pröstler, Ich will, dass wir Eltern bleiben, aber es gelingt mir nicht!, iFamZ 2007, 260 [261]).

Zur Erzielung eines Einvernehmens in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren wird in vielen europäischen Rechtsordnungen sowie in den USA zunehmend auch auf Mediation gesetzt; dabei ist mitunter die Möglichkeit vorgesehen, Mediation bindend vorzuschreiben (siehe Martiny, Umgangs- und Sorgerechtsregelung im Elternstreit, ZKJ 2010, 351 [357 f]). Jedenfalls dürfte sich auch auf die Bereitschaft zur Mediation eine positive „Umgebungshaltung“ sehr förderlich auswirken (so Stadlmaier, Familienmediation: Einladung zum konstruktiven Miteinander, iFamZ 2010, 54 [56]). Ordnet das Gericht nun die Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation oder ein Schlichtungsverfahren an, wofür § 107 Abs. 3 Z 2 des Entwurfs die Grundlage bietet, bringt es damit sehr deutlich zum Ausdruck, dass es diese für sinnvoll hält. Dies soll Anstoß sein, sich mit dieser Form der Konfliktbeilegung auseinanderzusetzen. Von einer echten „Zwangsmediation“ der Eltern wird dagegen Abstand genommen, weil eine solche wohl mit der Grundidee der „Verführung zum konstruktiven Miteinander“ (Stadlmaier, iFamZ 2010, 54 [56]) nicht vereinbar ist (ähnlich auch § 135 Abs. 1 FamFG).

Gerade die Ausübung von Gewalt oder ein aggressives Verhalten durch einen Elternteil oder beide Eltern sind dem Kindeswohl besonders abträglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die Gewalt oder Aggression direkt gegen das Kind richtet oder das Kind Gewalt gegen eine wichtige Bezugsperson miterlebt. Neben der Schaffung einer sicheren Umgebung, die gewährleistet, dass das Kind nicht weiterer Gewalt ausgesetzt wird, bildet die Verantwortungsübernahme durch den gewalttätigen oder aggressiven Elternteil sowie eine Änderung seines Verhaltens einen elementaren Schritt, um weiterhin bzw. in Zukunft eine Beteiligung am Leben des Kindes zu ermöglichen, ohne dass das Kindeswohl weiter beeinträchtigt wird. Es soll dem Gericht daher nach § 107 Abs. 3 Z 3 des Entwurfs die Befugnis eingeräumt werden, einem Elternteil die Teilnahme an einer Beratung oder Schulung zum Umgang mit Gewalt und Aggression aufzuerlegen.

Nach § 107 Abs. 3 Z 4 und 5 des Entwurfs soll das Gericht auch ein Verbot der Ausreise mit dem Kind verhängen und die Abnahme der Reisedokumente des Kindes anordnen können und so – auch als gelinderes Mittel zur Obsorgeentziehung – der Verbringung des Kindes in das Ausland (bzw. in ein Land außerhalb des „Schengen-Raums“) vorbeugen.

Die in § 107 Abs. 3 des Entwurfs angeführten Maßnahmen dienen der „Sicherung“ des Kindeswohls. Eine Gefährdung des Kindeswohls ist nicht Voraussetzung; ebenso wenig müssen sie ultima ratio zur Sicherung des Kindeswohls sein, sodass sie erst nach Ausschöpfung anderer Maßnahmen zulässig wären. Allerdings muss das Gericht hier stets den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren. Die angeordnete Maßnahme muss zur Sicherung des Kindeswohls erforderlich und geeignet sein. Außerdem darf der damit verbundene Eingriff in das Privatleben der betroffenen Person nicht außer Verhältnis zu der damit intendierten Förderung der Interessen des Kindes stehen.

Nicht in § 107 Abs. 3 des Entwurfs erwähnt ist die Befugnis des Pflegschaftsgerichts, einen Kinderbeistand zu bestellen und Besuchsbegleitung anzuordnen. Sie ergibt sich bereits aus den §§ 104a bzw. 111 AußStrG.

Die Innehaltung des Verfahrens ist schon nach geltendem Recht möglich (§ 29 AußStrG), wenn eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien, insbesondere mit der Unterstützung dafür geeigneter Einrichtungen, zu erwarten ist. Nach dem vorliegenden Entwurf soll das Gericht mit dem Verfahren auch bei der Anordnung von Maßnahmen nach Abs. 3 des Entwurfs innehalten können, wenn die Durchführung dieser Maßnahmen Einfluss auf den Fort- oder Ausgangs des Verfahrens haben können. Durch die Neuregelung wird lediglich der Anwendungsbereich für die Innehaltung ausgedehnt. In Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte soll auch ein wiederholtes Innehalten zulässig sein, sofern dies im Einzelfall erforderlich ist. Inhaltlich ändert sich darüber hinaus nichts, was durch den Verweis auf § 29 AußStrG zum Ausdruck gebracht wird. Ein Innehalten ist daher auch bei Durchführung einer Maßnahme nach Abs. 3 nur zulässig, sofern dadurch nicht Belange einer Partei oder der Allgemeinheit gefährdet werden, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist.

Durch die Einfügung der neuen Abs. 3 und 4 verschiebt sich § 107 Abs. 3 AußStrG in den § 107 Abs. 5 des Entwurfs.

Zu § 107a AußStrG neu

Mit dieser Bestimmung soll der Rechtsschutz für Eltern und Kinder bei Maßnahmen des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 215 Abs. 1 zweiter Satz ABGB alt (wegen Gefahr im Verzug) verbessert werden. Nach dieser Bestimmung kann der Jugendwohlfahrtsträger bei Gefahr im Verzug die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese gerichtliche Entscheidung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge betraut.

Setzt der Jugendwohlfahrtsträger eine solche Maßnahme (z. B. indem er das Kind in einem Heim oder bei Pflegeeltern unterbringt) und ist er daher im Umfang der getroffenen Maßnahme vorläufig mit der Obsorge betraut, so stellt dies (in der Regel) einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Eltern und des Kindes nach Art. 8 MRK dar. Im Verfahren auf Grund eines Antrags des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 215 Abs. 1 zweiter Satz ABGB alt obliegt es dem Gericht, rasch zu erheben und zu beurteilen, ob die Maßnahme gerechtfertigt ist. Nimmt das Gericht keine Gefährdung oder keine Rechtfertigung der Maßnahme an, so hat es die vom Jugendwohlfahrtsträger getroffenen Maßnahmen durch gerichtliche Verfügung abzuändern bzw. aufzuheben (vgl. OGH 2 Ob 9/98g; 1 Ob 70/04g; 1 Ob 60/05p; 2 Ob 177/10h). Ansonsten bleibt die getroffene Maßnahme nach herrschender Rechtsprechung vorläufig ohne weiteres bis zur Endentscheidung des Gerichts aufrecht. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Maßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers oder deckungsgleiche eigene Maßnahmen des Gerichts nach § 176 ABGB alt kommen nach herrschender Auffassung nicht in Betracht (OGH 2 Ob 13/04g; 2 Ob 270/04a; 1 Ob 60/05p; 2 Ob 177/10h; RIS-Justiz RS0007018).

Unbefriedigend daran ist, dass es auf Grund der Erfordernisse des Verfahrens, insbesondere der Pflicht des Gerichts zur Aufklärung aller für die Entscheidung maßgebender Tatsachen nach § 16 Abs. 1 AußStrG, längere Zeit dauern kann, bis das Gericht zu einer endgültigen Entscheidung gelangt. Während dieses Zeitraums bleibt – solange die Maßnahme aufrecht ist – der Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Recht bestehen, ohne dass darüber eine ausdrückliche Entscheidung des Gerichts ergeht und ohne dass die Eltern und das Kind die Möglichkeit hätten, die (implizite) Entscheidung des Gerichts, die Maßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers nicht aufzuheben oder abzuändern, mit einem Rechtsmittel zu bekämpfen. Dies ist umso bedenklicher, als allein durch den Fortbestand der Maßnahme über einen längeren Zeitraum hinweg eine Änderung der Verhältnisse eintreten kann (etwa eine Entfremdung des Kindes von seinen leiblichen Eltern), auf Grund derer eine ursprünglich möglicherweise gar nicht gerechtfertigte Maßnahme letztlich doch aufrechterhalten werden muss.

Vorgeschlagen wird daher, dem Kind und derjenigen Person, in deren Obsorgerecht durch die Maßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers eingegriffen wird, in § 107a Abs. 1 erster Satz des Entwurfs ein Antragsrecht einzuräumen, mit dem sie die unverzüglich zu treffende Entscheidung des Gerichts über die Unzulässigkeit oder vorläufige Zulässigkeit der Maßnahme bewirken können. Über den Antrag ist mündlich zu verhandeln. Um der Bedeutung und Dringlichkeit dieser Verfahren gerecht zu werden, soll das Gericht die mündliche Verhandlung tunlichst binnen vier Wochen durchführen. Am Ende der Verhandlung hat das Gericht seine Entscheidung mündlich zu verkünden. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die Entwicklungen zu berücksichtigen, die sich seit der Setzung der Maßnahme ergeben haben. Die Beurteilung der Unzulässigkeit oder vorläufigen Zulässigkeit der Maßnahme erfolgt nach dem zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnisstand. Erklärt das Gericht die Maßnahme für unzulässig, so ist sie sogleich zu beenden. Ansonsten hat die Entscheidung nur provisorischen Charakter: Liegen (im Sinne einer Bescheinigung im Provisorialverfahren) ausreichende konkrete Anhaltspunkte vor, um die Maßnahme als wahrscheinlich gerechtfertigt erscheinen zu lassen, so hat sie das Gericht für vorläufig zulässig zu erklären – ohne dass damit der endgültigen Entscheidung vorgegriffen würde. Die Entscheidung des Gerichts nach Abs. 1 enthält keine Beurteilung darüber, ob die Maßnahme ursprünglich zu Recht vorgenommen worden ist oder nicht.

Gegen die vorläufige Zulässigerklärung der Maßnahme steht ein Rechtsmittel nicht zu. Das Gericht hat vielmehr in seiner Stoffsammlung fortzufahren, bis es eine endgültige Entscheidung über den Antrag nach § 211 Abs. 1 ABGB neu fällen kann. Erst gegen diese Entscheidung kann ein Rechtsmittel erhoben werden. Wird die Maßnahme hingegen für unzulässig erklärt, so ist die Maßnahme sogleich zu beenden, sofern nicht der Jugendwohlfahrtsträger sogleich Rekurs anmeldet, das Gericht diesem aufschiebende Wirkung einräumt und das Rechtsmittel innerhalb von drei Tagen ausgeführt wird.

§ 107a Abs. 2 des Entwurfs enthält ein nachträgliches Antragsrecht für den Fall, dass die Maßnahme bereits beendet wurde. In diesen Fällen endet zwar auch die vorläufige Betrauung des Jugendwohlfahrtsträgers mit der Obsorge gemäß § 211 Abs. 1 dritter Satz ABGB neu, doch haben das Kind und diejenige Person, in deren Obsorgerecht eingegriffen wurde, trotzdem ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob der durchgeführte Grundrechtseingriff zulässig war (vgl. Beck, Kindschaftsrecht Rz 259; betreffend Eingriffe in das Grundrecht auf persönliche Freiheit RIS-Justiz RS0071267). Ob daraus schon nach geltendem Recht ein Anspruch auf eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme abgeleitet werden kann, wird in der Rechtsprechung des OGH bisher nicht eindeutig beantwortet (bejahend 2 Ob 270/04a, tendenziell auch 2 Ob 177/10h; verneinend 1 Ob 60/05p). Deshalb soll nun ausdrücklich ein solches Antragsrecht der durch die Maßnahme beschwerten Parteien normiert werden. Das Gericht hat auf Antrag des Kindes oder derjenigen Person, in deren Obsorge eingegriffen wurde, zu beurteilen, ob die Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Setzung unzulässig war. Entscheidungsgrundlage sind daher jene Informationen, die dem Jugendwohlfahrtsträger zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung standen bzw. – bei sorgfältiger Ermittlung aller erheblichen Umstände – zur Verfügung gestanden wären. Nachträglich hervorgekommene Umstände, die die Maßnahme unzulässig erscheinen lassen, haben in die Entscheidung hingegen nicht mehr einzufließen. Das Antragsrecht ist mit drei Monaten ab Beendigung der Maßnahme befristet.

Zu § 108 AußStrG neu

Derzeit ist die Durchsetzung einer Regelung der persönlichen Kontakte gegen den Willen des nicht mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils rechtlich nicht vorgesehen. Dies wird u. a. damit begründet, dass das Kind im Zuge erzwungener Besuchskontakte – konfrontiert mit der ablehnenden Haltung des Elternteils – zu Schaden kommen könne.

An dieser Rechtslage wird zu Recht kritisiert, dass eine Prüfung im Einzelfall (die zu dem Ergebnis führen könnte, dass das Kind doch von der Besuchsrechtsdurchsetzung profitieren würde) von vornherein ausgeschlossen ist (Beck, EF-Z 2010, 220 [225]). In § 108 des Entwurfs soll daher nur noch dem mündigen Minderjährigen ein „Vetorecht“ zukommen, die Wendung „oder ein nicht mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebender Elternteil“ soll dagegen entfallen. Die Durchsetzbarkeit gegen den Elternteil soll weiters explizit in § 110 Abs. 2 des Entwurfs vorgesehen werden. In Hinkunft sollen also eine Festsetzung und Vollstreckung auch gegen den Willen des Elternteils zulässig sein. Zu den Details siehe die Erläuterungen zu § 110 AußStrG.

Zu § 109 AußStrG neu

Die Anpassung ist auf Grund der vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der gerichtlichen Kontrolle elterlicher Vereinbarungen erforderlich. Schließen die Eltern eine Vereinbarung über die Obsorge oder über die persönlichen Kontakte, so hat das Gericht eine Ausfertigung an das zuständige Pflegschaftsgericht zu übermitteln, damit dieses erforderlichenfalls eine Entscheidung nach § 190 ABGB des Entwurfs treffen kann.

Nach dem vorgeschlagenen Abs. 3 hat der Standesbeamte das für die Entscheidung über die Obsorge zuständige Gericht unter Anschluss der Erklärungen der Eltern über eine Bestimmung der Obsorge (§ 177 Abs. 2 ABGB des Entwurfs) zu verständigen. Dies ist erforderlich, damit das Gericht seiner Aufgabe nach § 190 ABGB des Entwurfs nachkommen und – sofern im Einzelfall erforderlich – eine abweichende Regelung treffen kann, wenn aus Sicht des Wohles des Kindes wichtige Gründe dafür sprechen.

Zu § 110 AußStrG neu

Die in § 110 Abs. 1 des Entwurfs vorgesehenen Anpassungen sind auf Grund der vorgeschlagenen Änderungen im ABGB erforderlich.

In § 110 Abs. 2 des Entwurfs soll – ergänzend zu den in § 108 vorgesehenen Änderungen – klargestellt werden, dass Regelungen, die die persönlichen Kontakte betreffen, auch gegen den Willen des Elternteils durchzusetzen sind, der mit dem Minderjährigen nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.

Zu Art. 3 (Änderung des Ehegesetzes)

Zu § 55a EheG neu

§ 55a Abs. 2 des Entwurfs soll terminologisch an die vorgeschlagene Änderung des § 179 Abs. 2 ABGB angepasst werden, wonach nicht mehr ein „hauptsächlicher Aufenthalt“, sondern die „Betreuung des Kindes“ zu vereinbaren ist. Die Elternteile müssen sich weiter entweder auf eine Alleinobsorge eines Elternteils einigen oder die Betreuung der Kinder (bei Fortbestehen der Obsorge beider Elternteile) festlegen.

Als weitere Änderung wird vorgeschlagen, die Möglichkeit der Eltern, die Regelung der persönlichen Kontakte mit dem Kind vorzubehalten, abzuschaffen. Eltern vermeinen im Zeitpunkt der Scheidung häufig, dass sie sich über die Modalitäten der Besuche ohnedies einig werden können. In der Praxis zeigt sich, dass dies nicht immer der Fall ist, worauf der einvernehmlichen Scheidung – mitunter langwierige – Besuchsrechtsverfahren folgen. Durch die vorgeschlagene Änderung werden die Eltern verhalten, bereits zum Zeitpunkt der Scheidung eine Regelung über die Ausübung des Kontaktrechts zu treffen, sodass nachträgliche Streitigkeiten möglichst vermieden werden.

Zu Art. 4 (Änderung des Justizbetreuungsagentur-Gesetzes)

Zu § 2 JBA-G neu

Diejenigen Aufgaben der Justizbetreuungsagentur, die außerhalb des Strafvollzugs liegen, sollen geringfügig erweitert werden: So sollen in Abs. 5, der bislang nur die Bereitstellung von Kinderbeiständen vorsieht, auch sonstige Experten zur Unterstützung der Gerichte im familiengerichtlichen Verfahren angeführt werden. Lediglich klarstellenden Charakter hat dagegen die ausdrückliche Erwähnung von durch die Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellten Dolmetschern, deren Heranziehung im sozialgerichtlichen Verfahren sowie im Strafverfahren bereits mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, ermöglicht wurde (vgl. § 75 Abs. 4 ASGG, § 126 Abs. 2a StPO).

Zu § 24 JBA-G neu

Es soll klargestellt werden, dass die in § 24 JBA-G vorgesehene Befreiung der Justizbetreuungsagentur von bundesgesetzlichen Abgaben für alle im JBA-G angeführten Aufgaben dieser Anstalt öffentlichen Rechts gilt, zumal eine eindeutige Zuordnung von Abgaben oder Gebühren zu einzelnen Aufgaben nicht immer möglich sein dürfte.

Zu § 30 JBA-G neu

Hier wird das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen geregelt.

Zu Art. 5 (Änderung des Rechtspflegergesetzes)

Zu § 19 RpflG neu

Mit der vorgeschlagenen Neufassung des § 19 Abs. 2 Z 2 sollen sämtliche Verfahren und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Regelung und Entziehung einzelner oder aller aus den familienrechtlichen Beziehungen erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten, insbesondere über die Obsorge und die persönlichen Kontakte, sowie die Verfahren zur Ersetzung von Einwilligungen und Zustimmungen dem Richter vorbehalten werden.

Nach geltendem Recht fällt die Aufnahme von und die Entscheidung über Vereinbarungen über die persönlichen Kontakte eines Elternteils (von Großeltern) mit seinem Kind (ihrem Enkelkind) und von Vereinbarungen der Eltern darüber, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll, oder über die Betrauung mit der Obsorge in die Zuständigkeit des Rechtspflegers.

Der Umfang dieser Zuständigkeit ändert sich durch die vorgeschlagenen Änderungen des ABGB erheblich:

Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung in ihrer derzeitigen Form soll durch eine gerichtliche Missbrauchskontrolle ersetzt werden. Im Rahmen der Missbrauchskontrolle hat das Gericht, sofern wichtige Gründe des Kindeswohls dies erforderlich machen, eine von der Vereinbarung der Eltern abweichende Regelung zu treffen. Die Missstandskontrolle ist daher einem Verfahren zur Regelung und Entziehung rein persönlichen Rechte und Pflichten vergleichbar, das schon bisher dem Richter vorbehalten ist. Sie sollte daher ebenfalls vom Richter ausgeübt werden. Eine effektive Wahrnehmung dieser Kontrollfunktion setzt aber voraus, dass Vereinbarungen, die bisher vor dem Rechtspfleger getroffen werden konnten, in Zukunft direkt beim Richter geschlossen werden, sodass dieser einen unmittelbaren Eindruck von den Parteien bekommt und so besser als allein auf Grund der Aktenlage beurteilen kann, ob wichtige im Kindeswohl gelegene Gründe eine von der Vereinbarung der Eltern abweichende Regelung erforderlich macht.

Auch die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Vereinbarung einer gleichteiligen Betreuung eines Kindes in den Haushalten beider Eltern soll in die richterliche Zuständigkeit fallen.

Zu Art. 6 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes)

Zu Z 1, 2, 4 lit. d und e (§ 2 Z 1, § 28, Tarifpost 12 samt Anmerkungen 8 bis 10) neu

Die Bestimmungen regeln die Gebühren für die Beauftragung der Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler. Sie belaufen sich auf 200 Euro je Partei für die ersten drei Monate ab Beauftragung und jeweils weitere 200 Euro für jede weiteren begonnenen drei Monate. Die Gebühren sind – so wie jene für die Bestellung eines Kinderbeistands – grundsätzlich von den Eltern zu tragen. Sollten sie außer Stande sein, die Kosten des Besuchsmittlers ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts zu bestreiten, hat das Gericht unter den Voraussetzungen der §§ 63 ff. ZPO die Verfahrenshilfe zu bewilligen. Dabei kann es mit Rücksicht auf das Einkommen die Verfahrenshilfe auch zum Teil bewilligen. Soweit die Gebühr ohne Beeinträchtigung einer einfachen Lebensführung nur zum Teil bestritten werden kann, ist die Partei vom Rest der Gebühr im Weg der Verfahrenshilfe zu befreien.

In der neuen Anmerkung 9 zur Tarifpost 12 soll vorgesehen werden, dass sich die Gebühren für die Bestellung eines Kinderbeistands oder die Beauftragung eines Besuchsmittlers auf ein Viertel ermäßigen, wenn dessen Tätigkeit innerhalb der ersten zwei Wochen ab Bestellung bzw. Beauftragung endet, etwa weil die Eltern zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen sind.

Anmerkung 10 zur Tarifpost 12 dient lediglich der Klarstellung. Wird ein Kinderbeistand oder Besuchsmittler für mehrere Kinder tätig, so fällt die Gebühr dennoch jeweils – d.h. einmal für die Bestellung eines Kinderbeistands und einmal für den Einsatz eines Besuchsmittlers – nur einmal an. Das gleiche soll gelten, wenn es in Ausnahmefällen erforderlich ist, für mehrere Kinder einer Familie verschiedene Kinderbeistände oder Besuchsmittler einzusetzen. Auch in diesen Fällen sollen die Gebühren nach TP 12 lit. h (Kinderbeistand) und lit. i (Besuchsmittler) jeweils nur einmal anfallen.

Zu Z 3 und 4 lit. a und b (Anmerkung 8 zur Tarifpost 7 und Tarifpost 12 lit. b Z 8 und lit. g) neu

Die Änderungen dienen lediglich der Verweis- sowie Terminologieanpassung.

Zu Z 4 lit. e (Anmerkungen 6 und 7 zur Tarifpost 12) neu

Die Regelungen dienen der Verweisanpassung sowie der Aktualisierung der Terminologie, aufgrund der vorgeschlagenen Änderungen im ABGB.

Weiters wird in Anmerkung 6 zur Tarifpost 12 eine Gebührenerleichterung für Verfahren zur Regelung der persönlichen Kontakte vorgeschlagen. Derzeit wird die Gebühr nach Tarifpost 12 lit. g, wenn sich ein Antrag auf mehrere Kinder bezieht, für jedes Kind gesondert vorgeschrieben, sodass sich die Gebühr verdoppelt bzw. verdreifacht, wenn sich ein Antrag für zwei bzw. drei Kinder bezieht. Dies soll mit der vorgeschlagenen Regelung der Anmerkung 6 zur Tarifpost 12 geändert werden. In Zukunft soll, wenn sich ein Antrag auf mehr als ein Kind bezieht, die Gebühr nach Tarifpost 12 lit. g zuzüglich eines Mehrbetrags in sinngemäßer Anwendung des § 19a zu entrichten sein. Bezieht sich der Antrag daher beispielsweise auf drei Kinder, kommt es nicht mehr zu einer Verdreifachung der Gebühr – wie nach geltendem Recht – sondern ist der „Grundgebühr“ der Tarifpost 12 lit. g lediglich ein Mehrbetrag von 15% hinzuzurechnen. Durch die vorgeschlagene Änderung kommt es somit zu einer Vergünstigung für die Parteien in Verfahren zur Regelung der persönlichen Kontakte.

Zu Art. 7 (Änderung des Bundesgesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung)

Zu § 3 neu

In einem Rückstellungsverfahren nach dem Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, BGBl. Nr. 512/1988, das aus dem Ausland beantragt und in Österreich geführt wird, sind die Parteien durch die Möglichkeit der Verfahrenshilfe – der außerhalb Österreichs wohnende Antragsteller sogar ohne weitere Prüfung der Voraussetzungen (§ 5 Abs. 2 des Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, BGBl. Nr. 513/1988 – im Folgenden Durchführungsgesetz genannt) begünstigt. Der Elternteil, der das Kind zurückzustellen hat, kann zumindest dann Verfahrenshilfe genießen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 63 ZPO vorliegen.

Für Verfahren, bei denen die Antragstellung in Österreich erfolgt – das Kind also in einen anderen Staat verbracht worden ist – kommt zwar ebenfalls die Gewährung von Verfahrenshilfe zur Abdeckung insbesondere der Kosten für nötige Übersetzungen in Frage, nicht aber die Beigabe eines Parteienvertreters, sei es über Verfahrenshilfe oder über das Institut der juristischen Prozessbegleitung. Das Verfahren in Österreich ist durch die Antragstellung weitestgehend abgeschlossen, ein Rechtsanwalt in Verfahrenshilfe ist nicht dazu da, ein ausländisches Verfahren zu kommentieren oder zu „begleiten“. Das Bedürfnis, eine Begleitung des ausländischen Verfahrens durch eine österreichische Vertrauensperson vorzusehen, ist damit im Verfahrenshilferegime nicht gedeckt. Hierfür müsste ein anderes Institut herangezogen werden.

Die juristische Prozessbegleitung, wie sie die StPO vorsieht, ist in Zivilverfahren nicht mitverwiesen. Es wäre aber auch ganz verfehlt, eine juristische Prozessbegleitung in Österreich für ein Verfahren vorzusehen, das in einem anderen Staat nach dessen prozessualen Vorschriften geführt wird. Anders ist die Lage in Bezug auf die psychosoziale Prozessbegleitung einzuschätzen. Bedenkt man, in welcher Situation sich Elternteile befinden, deren Kinder unter Bruch ihres Sorgerechts in einen anderen Staat verbracht worden sind, so zeigt die Erfahrung, dass die damit verbundene Belastung erheblich ist, vor allem wegen der – trotz allem Bemühen um rasche Erledigung in nahezu allen Vertragsstaaten – zu erwartenden Zeitspanne, die zwischen der Entführung und einer Rückstellungsentscheidung liegt, wegen der Ungewissheit um das Wohl des Kindes, die zukünftige Situation und die Frage, wie mit der allfälligen Verhandlung vor dem ausländischen Gericht umzugehen ist, einen Ausgleich und eine Unterstützung erfordert, die die psychosoziale Prozessbegleitung bieten kann.

Allerdings setzt die Gewährung psychosozialer Prozessbegleitung in einem Zivilverfahren gemäß § 7 Abs. 1 AußStrG in Verbindung mit § 73b ZPO voraus, dass einem Opfer im Strafverfahren psychosoziale Prozessbegleitung gewährt wurde. Nur diese gilt auf sein Verlangen auch für ein zwischen ihm und dem Beschuldigten des Strafverfahrens geführtes zivilgerichtliches Verfahren, wenn der Gegenstand des Zivilverfahrens in sachlichem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Strafverfahrens steht und soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter größtmöglicher Bedachtnahme auf seine persönliche Betroffenheit erforderlich ist.

Somit muss der Prozessbegleitung im Zivilverfahren eine solche im Strafverfahren vorausgegangen sein. Das kann in Entführungsfällen insbesondere aus zweierlei Gründen fehlen, nämlich einerseits weil auch der entführende Elternteil mit der Obsorge betraut war und § 195 StGB daher gar nicht anwendbar, die Entführung also nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, anderseits weil das Strafverfahren – weil der Beschuldigte im Ausland unauffindbar ist – so schnell abgebrochen werden musste,, dass es zu keiner psychosozialen Prozessbegleitung im Strafverfahren kommen konnte.

Um den unleugbar auch in solchen Fällen bestehenden Bedarf nach einer psychosozialen Prozessbegleitung abzudecken, soll das Durchführungsgesetz um eine Bestimmung (§ 3 Abs. 2) ergänzt werden, die für den Zeitraum eines in Österreich beantragten und im Ausland geführten Rückstellungsverfahren nach dem HKÜ die psychosoziale Prozessbegleitung ermöglicht, ohne dass zuvor ein Strafverfahren in Österreich eingeleitet worden sein muss. In Bezug auf alle übrigen Regelungen kann auf die bereits bestehenden Anordnungen des § 7 AußStrG und des § 73b ZPO verwiesen werden. Es sei nur kurz darauf hingewiesen, dass der psychosoziale Prozessbegleiter im Verfahren die Stellung einer Vertrauensperson hat.

Der Bedarf nach einer solchen Prozessbegleitung wird längerfristig in allenfalls 15 Fällen im Jahr bestehen, in denen ein Elternteil, dessen Kind aus Österreich entführt wurde, eine solche Begleitung unabhängig von einem (nicht abgebrochenen) Strafverfahren einer solchen Unterstützung bedürfte. Die abzudeckenden Stundensätze betragen etwa 66 €, der Durchschnittsaufwand pro Fall etwa 1.500 €.

Zu Art. 8 (Änderung des Namensänderungsgesetzes)

Zu Z 1

Mit der Novelle der namensrechtlichen Bestimmungen im ABGB (§§ 93 ff und §§ 155 ff ABGB) müssen die Tatbestände des NÄG betreffend die Namen der Ehegatten und Kinder angepasst werden. Nach der einmalig möglichen Bestimmung des Familiennamens nach § 93b ABGB soll weiterhin eine Namensänderung möglich sein.

Zu Z 2, 3, 5

Ein wichtiger Grund für eine Namensänderung nach § 2 Abs. 1 Z 11 NÄG ist laut VwGH (14. Juli 2005, 2005/06/0021) jedenfalls dann gegeben, wenn ein Antragsteller, der zwei Staatsangehörigkeiten besitzt und nach den beiden Staatsangehörigkeiten unterschiedliche Familiennamen zu führen hat, mit der begehrten Namensänderung das Ziel verfolgt, nach den beiden Heimatrechten denselben Namen zu führen (vgl auch Rs Garcia Avello [EuGH, 2.10.2003, C-148/02]). Mit einem speziellen Bewilligungstatbestand soll nunmehr klargestellt werden, dass eine solche Namensänderung von Verwaltungsabgaben und Gebühren befreit sein soll (vgl § 6 iVm § 2 Abs. 1 NÄG).

Zu Z 4

In § 93a Abs. 2 ABGB wird nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, bei Auflösung der Ehe einen rechtmäßig geführten Familiennamen wieder anzunehmen. Dementsprechend wird nunmehr vorgesehen § 2 Abs. 1 Z 5 aus der 10-jährigen Sperrfrist für die Antragstellung auszunehmen.

Zu Z 6

Z 6 regelt das Inkrafttreten.