Vorblatt

Problem:

Mit Erkenntnis G 10/11, V 6/11-10 vom 30. Juni 2011 hat der Verfassungsgerichtshof § 91 Abs. 1 bis 3 und 8 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl. I Nr. 120/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 134/2008 (Kundmachung: BGBl. I. Nr. 45/2011) als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung dieser Bestimmung trat mit Ablauf des 29. Februar 2012 in Kraft.

Die für die Berechnung der Studienbeihilfe gemäß dem Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG, BGBl. Nr. 305, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009, maßgeblichen drei Freibeträge für nichtselbständige Einkünfte gemäß § 32 Abs. 4 wurden seit 1989 nicht mehr angehoben.

Ziel/Inhalt/Problemlösung:

Durch den Wegfall der genannten Bestimmungen im UG ist Rechtsunsicherheit eingetreten. Um Rechtssicherheit zu schaffen, soll das UG dahin gehend novelliert werden, dass die weggefallenen Bestimmungen in verfassungskonformer Weise wieder eingeführt werden.

Ziel der Änderung des StudFG ist eine Anhebung der Freibeträge bei nichtselbständigen Einkommen für die Berechnung der Studienbeihilfe, wodurch eine weitere soziale Verbesserung für einen großen Teil der Studienbeihilfenbezieher hergestellt wird.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Keine.

– Finanzielle Auswirkungen:

Da es sich bei der Änderung des UG um eine Fortschreibung einer ehemals bestehenden Rechtslage handelt, sind keine zusätzlichen Kosten zu erwarten.

Die Anhebung der Einkommensgrenzen im StudFG führt nach Berechnungen der Studienbeihilfenbehörde zu Mehrkosten von insgesamt etwa 2,5 Mio. Euro jährlich. Diese sind im Budget der Studienförderung laut Bundesvoranschlag bedeckbar.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

                Keine.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

                Keine.

                – Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

                Keine.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

zu Artikel I

Allgemeiner Teil

Die Studienbeitragsregelung für Studien an Universitäten ist in § 91 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl. I Nr. 120/2002, in der geltenden Fassung geregelt.

Mit Erkenntnis G 10/11, V 6/11-10 vom 30. Juni 2011 hat der Verfassungsgerichtshof § 91 Abs. 1 bis 3 und 8 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002), BGBl. I Nr. 120/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 134/2008 (Kundmachung: BGBl. I. Nr. 45/2011) als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung dieser Bestimmung trat mit Ablauf des 29. Februar 2012 in Kraft. Um Rechtssicherheit zu schaffen, ist die Regelung über die Studienbeiträge so zu adaptieren, dass den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen wird. § 91 Abs. 1 bis 3 UG wird daher entsprechend der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofs geändert.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 91 Abs. 1 bis 3):

Die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs G 10/11, V 6/11-10 vom 30. Juni 2011 geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken bezogen sich auf zwei Punkte der Studienbeitragsregelung:

Einerseits war dies die in § 91 Abs. 1 UG enthaltene Wendung „vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt“. Die verfassungsrechtlichen Bedenken beziehen sich darauf, dass nach dem aktuellen Stand des Universitätsrechts eine Unterteilung der Studiendauer in Studienabschnitte nur für Diplomstudien (die aber nicht mehr eingerichtet werden dürfen) vorgesehen ist. Dem § 91 UG konnte nicht mit hinreichender Klarheit entnommen werden, wie bei allen anderen Studien die Studienzeit zu berechnen ist, bei deren Überschreiten um mehr als zwei Semester die Beitragspflicht gemäß § 91 Abs. 2 UG einsetzt.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs führt dazu in der Folge aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden dürfe. In ständiger Rechtsprechung tue der Verfassungsgerichtshof dar, dass daher bereits im Gesetz die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns umschrieben werden müssen. Eine besonders genaue gesetzliche Determinierung wäre dabei in jenen Bereichen geboten, in denen eine exakte Vorherbestimmung möglich ist und in denen das Rechtsschutzbedürfnis (wie etwa im Strafrecht, Sozialversicherungsrecht oder auch im Steuerrecht) eine solche erfordert. Dies träfe auch auf den Bereich des Studienbeitragsrechts zu. Der nach dieser Rechtsprechung erforderliche Determinierungsgrad wurde durch § 91 Abs. 1 UG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 134/2008 nicht erreicht.

Der zweite Punkt, auf den sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs beziehen, ist die Regelung in der Studienbeitragsverordnung 2004, wonach außerordentliche Studierende, die einzelne Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern besuchen, einen Studienbeitrag zu entrichten haben. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs geht aus § 91 Abs. 1 UG nicht klar hervor, dass diese Bestimmung auf außerordentliche Studierende keine Anwendung findet. Es wäre nämlich ebenso die Auslegung möglich, dass eine Studienbeitragspflicht für Studien, bei denen eine Studienzeit nicht vorgesehen ist und damit auch eine Studienzeitüberschreitung von vornherein nicht in Betracht kommt, entfällt.

Mit der nunmehr vorgeschlagenen Neuregelung des § 91 Abs. 1 bis 3 finden die verfassungsrechtlichen Bedenken auf folgende Weise Berücksichtigung: In § 91 Abs. 1 UG wird klargestellt, dass die Studienbeitragsregelung für alle Formen von Studien (Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien) gilt. Gleichzeitig wird – unter Verweis auf § 54 Abs. 3 UG – die Studiendauer von Bachelor- und Masterstudien erläutert. Damit wird normiert, dass die studienbeitragsfreie Zeit pro Bachelor-, Master- und Doktoratsstudium sowie pro Studienabschnitt eines Diplomstudiums jeweils um zwei Semester verlängert wird. Wie bisher erhöht sich der Studienbeitrag um 10 vH, wenn er innerhalb der Nachfrist – und somit nach der allgemeinen Zulassungsfrist – entrichtet wird. Ebenso wird klargestellt, dass außerordentliche Studierende, die zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern zugelassen sind, den Studienbeitrag zu entrichten haben.

In § 91 Abs. 2 wird festgelegt, dass Drittstaatsstudierende, die nicht unter § 91 Abs. 1 fallen, oder auf die die Personengruppenverordnung nicht anzuwenden ist, den doppelten Studienbeitrag zu entrichten haben.

Überdies ist Studierenden aus den am wenigsten entwickelten Ländern nach Maßgabe einer Verordnung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 der Studienbeitrag zu erlassen.

§ 91 Abs. 3 wurde zwar ebenfalls vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, aber nur weil er in unmittelbarem Zusammenhang mit dem verfassungswidrigen Abs. 1 stand. Da Abs. 1 verfassungskonform umgestaltet wurde, kann Abs. 3 in der geltenden Fassung übernommen werden.

(Die nicht aufgehobenen Abs. 4 bis Abs. 7 bleiben unverändert bestehen.)

Zu Z 2 (§ 124 Abs. 30):

Die nunmehr verfassungskonformen Bestimmungen des § 91 Abs. 1 bis 3 und 8 UG sollen mit Sommersemester 2013 wirksam werden. Erfolgt keine Nachfolgeregelung, so bleiben diese Bestimmungen weiterhin bestehen. Für das Wintersemester 2012/13 gilt, dass die Bestimmungen jener Universitäten, die Studienbeiträge trotz der unsicheren Rechtslage eingehoben haben, für die Zeit vom 1. Juni 2012 bis zum Ablauf des Wintersemesters 2012/13 als Bundesgesetze gelten.

zu Artikel II

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Für die Berechnung der Studienbeihilfe ist im Regelfall das Einkommen der Eltern maßgeblich. Die aus diesem Einkommen errechnete zumutbare Unterhaltsleistung verringert die tatsächlich zustehende Studienbeihilfe. Mit steigendem Einkommen der Eltern nimmt die Unterhaltsleistung zu, damit sinkt die Studienbeihilfe.

Bei der Berechnung der zumutbaren Unterhaltsleistung wird das Einkommen nichtselbständig Erwerbstätiger um mehrere Freibeträge reduziert, um die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten selbständig Erwerbstätiger auszugleichen. Mit der Anhebung der Freibeträge bei nichtselbständigen Einkünften kommt es zu einer weiteren sozialen Verbesserung für einen großen Teil der Studienbeihilfenbezieher.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Anhebung der Freibeträge für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit führt nach Berechnungen der Studienbeihilfenbehörde zu Mehrkosten von insgesamt 2,5 Mio Euro jährlich. Diese sind im Budget der Studienförderung laut Bundesvoranschlag bedeckbar.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 32 Abs. 4 ):

Die drei Freibeträge für nichtselbständige Einkünfte iSd § 32 Abs. 4 wurden seit 1989 nicht mehr angehoben. Eine Wertanpassung im Ausmaß von durchschnittlich 15 % erscheint daher angemessen.

Die Erhöhung der drei Freibeträge reduziert die Bemessungsgrundlage und führt daher automatisch zu einer Anhebung der (gekürzten) Studienbeihilfen.

Diese Maßnahme kommt jenen Studierenden, deren Eltern – zur Gänze oder teilweise – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit haben, zugute. Dies betrifft auch die zumutbaren Unterhaltsleistungen von Ehegatten oder eingetragenen Partnern.