2103 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (2010 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 geändert werden

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

In der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. Nr. L 311 vom 28.11.2001 S 67, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2011/62/EU, ABl. Nr. L 174 vom 1.07.2011 S 74, sind innerhalb der Union harmonisierte Vorschriften für die Herstellung, die Einfuhr, das Inverkehrbringen und den Großhandelsvertrieb von Humanarzneimitteln sowie die Bestimmungen für Wirkstoffe festgelegt. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, Maßnahmen zur Verbesserung der Durchführung des Unionsrechts hinsichtlich der legalen Vertriebskette von Arzneimitteln zu treffen.

Im AMG werden die erforderlichen Änderungen zur Umsetzung der neuen europäischen Regelungen sowie darüber hinaus einige Anpassungen vorgenommen.

Die wesentlichen Regelungsschwerpunkte stellen sich wie folgt dar:

- Definition „Arzneimittel/gefälschtes Arzneimittel“ und „Wirkstoff/gefälschter Wirkstoff“ (Wirkstoffe fallen aus dem Arzneimittelbegriff heraus);

- Zum Schutz der legalen Lieferkette vor gefälschten Arzneimitteln und Wirkstoffen werden die Anforderungen an Hersteller erhöht (Anträge auf Zulassungen von Arzneispezialitäten müssen künftig eine Bestätigung des Herstellers über ein durchgeführtes Audit beim Wirkstoffhersteller über die Einhaltung von GMP-Anforderungen enthalten);

- gesondertes Bewilligungsverfahren für Wirkstoffhersteller und -vertreiber und Anpassung der Inspektionsbestimmungen;

- Erfassung weiterer Akteure der Vertriebskette, die mit Arzneimitteln handeln, ohne Großhändler zu sein, die sogenannten Arzneimittelvermittler;

- Sicherheitsmerkmale für besonders fälschungsgefährdete Arzneimittel, mit denen einzelne Arzneimittelpackungen identifiziert und authentifiziert werden können;

- Regelungen zum Fernabsatz von Humanarzneispezialitäten durch öffentliche Apotheken (Logo, Meldung an das BASG etc.) und damit verbunden die Erlaubnis für öffentliche Apotheken zur Abgabe von rezeptfreien Humanarzneispezialitäten im Fernabsatz sowie eine diesbezügliche Informationsverpflichtung des BASG gegenüber der Öffentlichkeit;

- Redaktionelle Anpassung der Definition des Arzneimittels an den unionsrechtlichen Arzneimittelbegriff und Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Abgrenzung einer Apotheke zu einem bewilligungspflichtigen Betrieb nach dem AMG;

- Maßnahmen gegen die Fälschung von Arzneimitteln und gegen die Verbreitung von gefälschten Arzneimitteln müssen auch entsprechende gerichtliche Straftatbestände umfassen. Die in Betracht kommenden geltenden Straftatbestände haben sich in der Praxis als zu wenig wirksam erwiesen, weil sie den Nachweis einer Körperverletzung (§§ 83 ff StGB) oder zumindest einer Gemeingefährdung (§§ 176 f StGB) voraussetzen, der im Einzelfall kaum erbracht werden kann. Zur Umsetzung von Art. 118a der Richtlinie 2001/83/EG, vor allem aber zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Fälschung von Arzneimitteln und Medizinprodukte und über ähnliche die öffentliche Gesundheit gefährdende Straftaten vom 28.10.2011 („Medicrime-Übereinkommen“) schlägt der Entwurf daher vor, in das AMG gerichtliche Straftatbestände (§ 82b) aufzunehmen, die die Fälschung, das Verbreiten von Fälschungen sowie die Fälschung von Handelspackungen, Gebrauchsinformationen und Ähnlichem unter gerichtliche Strafe stellen. Entsprechend dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Patienten/-innen einerseits und Angehörigen von Gesundheitsberufen, wie Ärzten/-innen und Apothekern/-innen, andererseits soll diese eine strengere Strafe treffen, wenn sie Arzneimittel fälschen oder gefälschte Arzneimittel in Verkehr setzen. Eine besonders strenge Strafe ist für den Fall vorgesehen, dass die Straftat den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzungen einer größeren Zahl von Menschen zur Folge hat.

Flankiert werden die Straftatbestände durch eine Bestimmung über Einziehung (§ 82c) sowie die Befugnis der Zollbehörden, gefälschte Arzneimittel sicherzustellen (§ 82d).

Der in der Z 30 (§ 59a) genannte § 27 Abs. 4, der in den Z 51, 52 und 61 (§ 83 Abs. 1 Z 14) angeführte § 75q und der in Z 66 (§ 85b) genannte § 78a werden durch die Regierungsvorlage einer Arzneimittelgesetz-Novelle zur Umsetzung der Richtlinie 2010/84/EU zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Pharmakovigilanz, ABl. Nr. L 348 vom 31.12.2010 S 74, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 276 vom 21.10.2011 S 63, die bereits dem Nationalrat zugeleitet wurde (vgl. die Regierungsvorlage 1898 BlgNR XXIV. GP), in das Arzneimittelgesetz eingefügt werden. Die §§ 75q, 83 Abs. 1 Z 14 und 85b werden durch den vorliegenden Entwurf weiter geändert bzw. ergänzt.

Durch Änderungen des Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetzes - NPSG werden insbesondere die dort geregelten Befugnisse der Zollbehörden mit den ins AMG eingefügten §§ 82c und 82d kongruent formuliert, weil in der behördlichen Praxis beim Auffinden einschlägiger Substanzen zunächst oft nicht klar sein wird, ob es sich um gefälschte Arzneimittel oder andere Substanzen, wie etwa Neue Psychoaktive Substanzen, handelt.

Durch die Änderung des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2007 - ADBG soll eine bessere Abstimmung auf die in der StPO vorgesehene Aufgabenverteilung zwischen Kriminalpolizei (an deren Stelle hier die Zollbehörden treten), Staatsanwaltschaft und Gericht erfolgen.

Durch eine Änderung des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes – GESG wird eine zentrale Überwachung jener öffentlichen Apotheken, die Humanarzneimittel im Wege des Fernabsatzes anbieten, durch das BASG vorgesehen sowie die Möglichkeit einer pauschalierten Bezahlung der Medizinprodukteabgabe im Sinne einer verwaltungsökonomischen Vorgangsweise geschaffen.

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. November 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Gertrude Aubauer die Abgeordneten Ursula Haubner, Mag. Johann Maier, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Wolfgang Spadiut und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (Einleitungssatz im § 59a Abs. 5):

Im Zusammenhang mit dem Bezug von rezeptfreien Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes erscheint es zielführend, gleichlautend mit dem im BGBl. I Nr. 79/2010 kundgemachten und vom Nationalrat einstimmig beschlossenen Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 (vgl. § 17 Abs. 3), auch im Arzneimittelgesetz den Bezug von Arzneimitteln im Fernabsatz auf eine den persönlichen Bedarf entsprechende Menge zu begrenzen. Dies wird vom Apotheker produktbezogen zu beurteilen sein. Eine darüber hinausgehende Einschränkung innerhalb der Gruppe der rezeptfreien Arzneimittel würde den europarechtlich zulässigen Fernabsatz dieser Arzneimittel in einem solchen Maß beschränken, dass es einem Verbot gleichzusetzen wäre. Dies erscheint vor dem Hintergrund des geltenden EU-Rechts sowie der Judikatur des EuGH geeignet, die Warenverkehrsfreiheit zu beschränken. Im Gegensatz zu den apothekenrechtlichen Vorschriften enthält das Arzneimittelgesetz im Zusammenhang mit dem Bezug von rezeptfreien Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes die explizite Verpflichtung zur aktiven Beratung im Rahmen der Arzneimittelabgabe (vgl § 59a Abs. 6 und 7).

Zu Z 2 (§ 71a Abs. 3):

Es erfolgt eine redaktionelle Anpassung.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen in getrennter Abstimmung teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 11 29

                          Mag. Gertrude Aubauer                                        Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau